Für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist gegenwärtig von etwa 40.000 Schädel-Hirn-Verletzungen pro Jahr in Deutschland auszugehen. Dabei handelt es sich in der Mehrzahl um leichte Schädel-Hirn-Verletzungen, die Anzahl von mittel- und schweren Schädel-Hirn-Verletzungen mit der Gefahr dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen wird auf ca. 4000 Personen jährlich geschätzt.

Die Behandlung und Rehabilitation Schädel-Hirn-Verletzter stellt in ihrer Komplexität eine große Herausforderung dar. Sie erfordert von Beginn an besondere strukturelle, organisatorische und personelle Voraussetzungen der medizinischen Einrichtungen als auch ein enges Zusammenwirken der beteiligten Institutionen.

Das besondere Bemühen der Unfallversicherungsträger um eine optimale Steuerung des Heilverlaufs mit dem Ziel einer schulischen/beruflichen Wiedereingliederung und sozialen Teilhabe möglichst vieler Schädel-Hirn-Verletzter stellt dabei hohe Ansprüche an die zu erbringenden rehabilitativen Leistungen und ihre Dokumentation.

Die 2015 von der DGUV beschlossenen Qualitätsstandards sollen eine bestmögliche Heilung und Wiedereingliederung der Verletzten sicherstellen [1]. Diese betreffen u. a. die schnelle Verfügbarkeit bildgebender Untersuchungen, intensivmedizinische und neurochirurgische Interventionsmöglichkeiten in der Akutversorgung und im weiteren Heilverlauf als auch die kompetente Behandlung von Begleitverletzungen durch andere medizinische Fachrichtungen. Die entsprechenden Handlungsabläufe wurden dabei in Behandlungspfaden für leichte und für mittel- und schwere Schädel-Hirn-Verletzungen definiert.

Die vorliegenden Qualitätsstandards sind phasenübergreifend vom Leitgedanken der Inklusion geprägt, also das Recht jedes Menschen, als vollwertiges und gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft anerkannt zu werden. Für die Rehabilitation von Patienten mit Schädel-Hirn-Verletzung ist hinsichtlich der Langzeitperspektive von großer Bedeutung, dass neben Therapie und Versorgung ein wichtiger Fokus auch auf der Chancenverbesserung, Gesundheitsförderung und Selbstbestimmung der betroffenen Menschen sowie auf einer barrierefreien Gestaltung der Umwelt liegt.

Die Qualitätsstandards beschreiben die Phasen A (Akutbehandlung), B (Frührehabilitation), C (Stabilisierungsphase), D (medizinisch-therapeutische und medizinisch-schulisch/berufliche Rehabilitation) und E (ambulante Rehabilitation und Nachsorge, schulische und berufliche Rehabilitation) sowie F (funktionserhaltende Dauerpflege).

Für jede einzelne Phase wurden klare und messbare Ein- und Ausgangskriterien definiert. Nach Erhebung der Eingangskriterien mittels geeigneter Assessment-Instrumente sollen Behandlungs- und Teilhabeziele nach Ermittlung des Teilhabe- und Behandlungsbedarfs festgelegt werden. Für die Erhebung des Teilhabebedarfs ist die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) anzuwenden. Alle an einer Behandlungsphase beteiligten Leistungserbringer richten ihre Behandlung dann gemeinsam auf die Erreichung der Behandlungs- und Teilhabeziele aus.

In den behandelnden Abteilungen bzw. Einrichtungen muss die Möglichkeit zur Isolierung und Behandlung von Patienten mit multiresistenten Erregern bestehen. Außerdem muss eine qualifizierte und lückenlose konsiliarärztliche Versorgung (z. B. Chirurgie, Augenheilkunde, innere Medizin, HNO) gewährleistet sein.

Im Folgenden werden wesentliche Neuerungen in den einzelnen Phasen dargestellt.

Phase A: Akutbehandlung

Die Akutbehandlung einschließlich der Intensivpflege umfasst die Zeit unmittelbar nach dem Unfall, die Stabilisierung der Vitalfunktionen, die Therapie intrakranieller Verletzungsfolgen mit deren Begleitverletzungen einschließlich operativer Versorgung bis zum Abklingen akuter, ggf. operationsbedürftiger Komplikationsmöglichkeiten. Die Dauer der Akutbehandlung ist je nach Schwere der Hirnverletzung, der bestehenden Begleitverletzungen und der Komplikationsgefahren unterschiedlich. In der Mehrzahl der Fälle beträgt diese etwa 1 bis 3 Wochen, zum Teil auch erheblich mehr.

Die Einteilung des Schädel-Hirn-Traumas (SHT) erfolgt nach der Glasgow Coma Scale (GCS). Dabei liegt ein leichtes SHT bei einem initialen GCS von 15 bis 13 Punkten, ein mittelschweres SHT bei einem GCS von 12 bis 9 Punkten und ein schweres SHT bei einem GCS von 8 bis 3 Punkten vor.

Neben dem GCS-Score sind weitere Kriterien des leichten SHT die Dauer von initialer Bewusstlosigkeit und Amnesie sowie das Fehlen von krankhaften neurologischen Befunden, Schädelfrakturen oder fokalen Hirnschäden in der kranialen Computertomographie (CCT). Sollte die initiale Dauer der Bewusstlosigkeit 15 min überschreiten bzw. eine posttraumatische Amnesie von mehr als 24 h bestehen, so ist nicht mehr von einem leichten SHT auszugehen.

Im Falle einer leichten Schädel-Hirn-Verletzung muss im Laufe der ersten 2 Wochen eine fachärztliche neurologische oder neurochirurgische Untersuchung durchgeführt werden. Ergänzend hierzu stellt der verantwortliche D‑Arzt die Versorgung des Verunfallten mit Aufklärungsunterlagen zum SHT sicher.

Bei persistierenden Beschwerden oder einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über einen Zeitraum von 3 Monaten hinaus ist eine Vorstellung in einer berufsgenossenschaftlichen neurotraumatologischen Einrichtung zu veranlassen (Brain check nach 3 Monaten). Bei einer mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Verletzung erfolgt die Akutbehandlung des Verletzten in einem neurotraumatologischen Zentrum.

Phase B: Frührehabilitation

Die Frührehabilitation ist aufgrund der komplexen Anforderungen innerhalb der gesamten Behandlungskette in der Rehabilitation von schwer Schädel-Hirn-Verletzten von herausragender Bedeutung und bedarf besonderer räumlicher, personeller und apparativer Voraussetzungen.

Im Allgemeinen liegen bei den Patienten eine oder mehrere der folgenden Bedingungen vor:

  • initial eine schwere und länger andauernde Bewusstseinsstörung,

  • Hirnblutungen oder offene Hirnverletzungen,

  • erhebliche neurologische, vegetative oder psychische Beeinträchtigungen oder Störungen,

  • erhebliche morphologische Traumafolgen des Gehirns in der Computertomographie,

  • eine traumatische Epilepsie.

Der Frühreha-Barthel-Index als Maß für die funktionelle Beeinträchtigung des Patienten beträgt zum Zeitpunkt der Aufnahme ≤30 Punkte.

Die neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation stellt eine umfassende, frühzeitig beginnende, individuelle interdisziplinäre Therapie mit folgender Zielsetzung dar:

  • den Verlauf der Spontanremission zu unterstützen oder zu beschleunigen,

  • das bestehende Rehabilitationspotenzial unter Ausnutzung der Plastizität des Gehirns optimal zu fördern, um Fehlentwicklungen gegenzusteuern,

  • Folgeschäden zu vermeiden, Sekundärschäden zu beheben und zu erkennen (z. B. Hydrozephalus, epileptische Krampfanfälle), Tertiärschäden zu mildern und zu vermindern (z. B. Gelenkkontrakturen, Dekubitalgeschwüre, Osteoporose usw.),

  • Betreuung von Angehörigen zur Bewältigung der Situation, ggf. Schulungen zur häuslichen Pflege des Unfallverletzten.

Die regelmäßige und enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Ärzten anderer Fachrichtungen (z. B. Neurochirurgie, Kieferchirurgie, Unfallchirurgie, Augen- und HNO-Heilkunde, innere Medizin, Dermatologie) ist notwendig.

Ferner ist das Vorhandensein einer Intensivstation erforderlich, um die Patienten bei akuten Komplikationen im Hause versorgen zu können.

In der Zusammenarbeit von therapeutischer Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie/Sprachtherapie und ggf. zusätzlich notwendigen Therapiegruppen (z. B. Neuropsychologie oder Musiktherapie) sollte im Mittel eine Mindestdauer von 300 Therapieminuten täglich nicht unterschritten werden.

Phase C: Stabilisierungsphase

Diese Phase dient der Behandlung noch nicht voll mobilisierter Patienten, die kooperationsfähig sind und außer den syndromspezifischen Therapien der Hirnverletzung weitgehend noch ärztliche und pflegerische Betreuung benötigen.

Die Therapie hat ihren Schwerpunkt in der Wiedererlangung praktischer Fähigkeiten, im weiteren Aufbau allgemein kognitiver und intellektueller Leistungen, im Sprachverständnis und in der Sprachwiedergabe, im adäquaten Verhalten sowie der Wiedererlangung der Mobilität und der Willkürmotorik. Ziel ist eine möglichst weitgehende Selbstständigkeit auf geistigem, psychosozialem und körperlichem Gebiet, um spezifische und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen anschließen zu können.

Die Behandlungsintensität liegt zwischen 3 und 5 h täglich, wobei ein sinnvoller Wechsel zwischen intellektueller, kognitiver, motorischer und vorberuflicher Belastung notwendig ist: Ergotherapie >45 min, Physiotherapie >60 min, Neuropsychologie >45 min, ggf. Logopädie >30 min, ggf. Sporttherapie >45 min.

Wie in Phase B ist eine lückenlose Versorgung durch Konsiliarärzte erforderlich.

Die Computertomographie (evtl. in Kooperation mit Akutklinik) muss zeitnah erreichbar und in 24-stündiger Bereitschaft sein.

Phase D: Medizinisch-therapeutische und medizinisch-berufliche Rehabilitation

Die medizinische und die berufliche Rehabilitation stellen in dieser Phase eine Einheit dar. Ein fließender Übergang vom medizinisch-therapeutischen in den beruflich-therapeutischen Abschnitt muss strukturell und personell in spezialisierten Einrichtungen gewährleistet sein. In Abhängigkeit von der individuellen Zielsetzung und der jeweiligen Versorgungsstruktur werden schwerpunktmäßig Teile der schulischen und beruflichen Rehabilitation auch in der Phase E erbracht.

Die Behandlungsmaßnahmen beinhalten alle erforderlichen Anstrengungen bezüglich der Reintegration des Verletzten in Familie und Beruf bzw. in die schulische Ausbildung bei Kindern und Jugendlichen. Falls hemmende persönliche Kontextfaktoren vorliegen (z. B. mehrmonatige stationäre Vorbehandlung und daraus resultierend geringe Motivation), kann davon im Einzelfall abgewichen werden.

Die Unfallverletzten weisen folgende Beeinträchtigungen auf:

  • posttraumatische neuropsychologische Störungen (kognitive Störungen/emotional-affektive Störungen, Wesensänderungen, Verhaltensstörungen),

  • posttraumatische, psychoreaktive Verhaltens- und Anpassungsstörungen,

  • Sprach- oder Sprechstörungen, Schluckstörungen,

  • Störungen der Sensomotorik, Koordination,

  • zusätzliche Verletzungsmuster im Bereich anderer Fachrichtungen (Augen, HNO, Chirurgie).

Allgemeine Zielstellungen sind:

  • Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Fähigkeiten,

  • Einleitung von Maßnahmen zur Teilhabe am beruflichen/schulischen Alltag,

  • Einleitung von Maßnahmen zur Unterstützung der Teilhabe am Sozialleben,

  • Optimierung der Umweltfaktoren (Hilfsmittelversorgung, Umgestaltung der Häuslichkeit und des Arbeitsplatzes, Fahrzeughilfe).

Berufsbezogene Zielstellungen sind:

  • Belastungserprobung: Ermittlung des arbeitsrelevanten Leistungsprofils und der sozialen Anpassungsfähigkeit. Zudem wird das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes, bzw. der Ausbildung berücksichtigt und ein Profilvergleich vorgenommen. Es überwiegen diagnostische Aspekte, Dauer 6 Wochen.

  • Arbeitstherapie: Steigerung der Belastbarkeit, Stabilisierung und Verbesserung der Arbeitsfähigkeit und spezieller Fähigkeiten für die berufliche Wiedereingliederung. Es überwiegen therapeutische Aspekte, Dauer bis zu 12 Wochen.

  • Maßnahme zur Abklärung der beruflichen Eignung: Erarbeitung beruflicher Integrationsvorschläge, die für den Schädel-Hirn-Verletzen geeignet sind und seinen Neigungen entsprechen, Dauer bis zu 8 Wochen.

  • Arbeitserprobung: praktische Abklärung der Fähigkeiten und der Eignung des Verletzten unter besonderer Berücksichtigung der für ihn erforderlichen Arbeitsbedingungen, Dauer 10 Tage.

  • Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen sind für Jugendliche mit noch nicht abgeschlossener Ausbildung notwendig. Sie sind unterteilt in eine diagnostische Eignungsanalyse und eine anschließende Grund-, Förder- und Stabilisierungsstufe. Eine Übergangsqualifizierung kann je nach Bedarf ergänzt werden. Die gesamten Maßnahmen werden kontinuierlich und in enger Abstimmung mit den Unfallversicherungsträgern durch einen Bildungsbegleiter und/oder Integrationsbegleiter gesteuert.

  • Anpassungsmaßnahmen für Erwachsene, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine angemessene Berufserfahrung verfügen, die jedoch zur Erreichung des Zieles der Teilhabe am Arbeitsleben eine Aktualisierung ihres Wissens bzw. Teilqualifizierungen benötigen.

Die Behandlungsintensität ist abhängig von der Zielstellung sowie der Belastbarkeit des Patienten und umfasst zwischen 4 und 6 h täglich: 60–180 min Ergotherapie bzw. Arbeitstherapie mit schrittweiser zeitlicher Steigerung, 45 min Neuropsychologie, 45–60 min Physiotherapie, 45–60 min Sporttherapie, ggf. 30–60 min ergänzende Therapie (Logopädie, Schwimmen, Physiotherapie in der Gruppe, Psychotherapie, Freizeittherapie).

Phase E: Ambulante Rehabilitation und Nachsorge

Schulische und berufliche Rehabilitation

Bestehen nach der stationären Rehabilitation weiterhin Einschränkungen von Funktionen, Aktivitäten oder Teilhabe und/oder negative Kontextfaktoren, kann dies eine ambulante Rehabilitation und Nachsorge rechtfertigen. Dem Störungsbild als auch den Rehabilitationszielen entsprechend können therapeutische Einzelbehandlungen (z. B. Logopädie, Physiotherapie), aber auch ein Konzert aus unterschiedlichen medizinischen und sozialen Maßnahmen einschließlich einer intensivierten vorübergehenden neuropsychologischen oder psychotherapeutischen Behandlung angemessen sein. Für eine ambulante Rehabilitation müssen die erforderlichen individuellen Voraussetzungen wie Selbstständigkeit, Kooperationsfähigkeit, Orientierung des Schädel-Hirn-Verletzten und die Erreichbarkeit der ambulanten Therapie- oder Rehabilitationseinrichtung in einer zumutbaren Fahrzeit erfüllt sein. Die ambulante Nachsorge schließt sich jeweils an die stationären Rehabilitationsphasen an.

Die Dauer der Phase E ist von den individuellen Teilhabezielen, Einschränkungen und Kontextfaktoren abhängig. In vielen Fällen ist eine lebenslange Unterstützung des Schädel-Hirn-Verletzten erforderlich.

Schulische und berufliche Rehabilitation

Die schulische und berufliche Rehabilitation muss frühzeitig eingeleitet werden. Hierzu ist eine enge Kooperation mit dem Unfallversicherungsträger erforderlich. Die notwendigen Maßnahmen sind so vorzubereiten, dass Unterbrechungen zwischen der medizinischen Rehabilitation und der schulisch/beruflichen Rehabilitation vermieden werden. Die schulische und berufliche Rehabilitation soll einsetzen, wenn die Notwendigkeit einer intensiven medizinischen Betreuung in einer speziellen Rehabilitationseinrichtung nicht mehr im Vordergrund der erforderlichen Maßnahmen steht.

Schulische Rehabilitation

Grundsätzlich ist ein Verbleiben in der vor dem Unfall besuchten Schule anzustreben. In der Zusammenarbeit mit der bisher besuchten Schule ist rechtzeitig zu klären, ob und auf welchem Niveau eine schulische Belastung wieder begonnen werden kann, wie die dazu notwendigen Lernbedingungen geschaffen werden können, ob zusätzliche Hilfen erforderlich sind (z. B. zusätzliche pädagogische Assistenz, auch stundenweise bzw. zusätzlicher Förderunterricht). Vor jeder Empfehlung zur Überweisung in eine Förderschule ist dringend zu prüfen, ob das Kind/der Jugendliche im Sinne der Inklusion nicht durch Schaffung besonderer Voraussetzungen in der Regelschule verbleiben kann.

Berufliche Rehabilitation

Als spezielle Leistungen der Unfallversicherung stehen zur Verfügung:

  • Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme sowie Eingliederungshilfen an Arbeitgeber,

  • Berufsfindung und Arbeitserprobung, Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen Behinderung erforderlichen Grundausbildung,

  • berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung einschließlich eines zur Teilnahme an diesen Maßnahmen erforderlichen schulischen Abschlusses.

Phase F: Dauerhafte neurologische Pflege- und Therapiebedürftigkeit

Diese Phase umfasst die zustandserhaltende Langzeittherapie und/oder Dauerpflege von Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen, bei denen trotz intensiver rehabilitativer Maßnahmen vorübergehend oder auf Dauer kein weiterer Rehabilitationsfortschritt zu verzeichnen ist. Dies schließt aber im Einzelfall nicht aus, dass dennoch Rehabilitationspotenzial vorhanden ist.

Übergeordnete Ziele der dauerhaften pflegerischen und therapeutischen Maßnahmen stellen der Erhalt des erreichten Zustandes, möglichst aber auch die Verminderung der Funktionsbeeinträchtigungen und eine Verbesserung der Teilhabe am sozialen Leben dar. Sekundäre Krankheiten oder Komplikationen müssen vermieden werden.

Da eine Verbesserung des Zustandes bei schwer Schädel-Hirn-Verletzten auch noch nach einem längeren Zeitraum eintreten kann, muss in regelmäßigen Abständen sachkundig geprüft werden, ob sich im weiteren Verlauf Ansatzpunkte für erneute rehabilitative Maßnahmen ergeben. Gleiches gilt, um Verschlechterungen im Zustand des Schädel-Hirn-Verletzten nicht zu übersehen oder diesen vorzubeugen.

Diagnostisches Modul „Brain Check“

Bei persistierenden Beschwerden und/oder anhaltender Arbeitsunfähigkeit nach leichtem SHT ist spätestens nach einem Zeitraum von 3 Monaten eine umfassende diagnostische Neubewertung der Verletzungsschwere vorzunehmen. Zu diesem Zweck bieten die Neurozentren der berufsgenossenschaftlichen Kliniken das Diagnose-Modul „Brain Check“ an, das im Unfallkrankenhaus Berlin entwickelt und in der dortigen klinischen Praxis hinsichtlich der Effektivität bereits hinreichend evaluiert wurde. Das Diagnosemodul umfasst eine stationäre Abklärung innerhalb von 10 Werktagen. Es beinhaltet radiologische, elektrophysiologische, neuropsychologische, psychologische Untersuchungen. Die Vorteile liegen in einer frühen interdisziplinären Gesamtbeurteilung, optimierten Reha-Planung, Abgrenzung organischer und psychischer Ursachen und Abgrenzung von unfallabhängigen und -unabhängigen Beschwerden.

Zudem erfolgt die Bestimmung des Bedarfs an therapeutischen und berufsfördernden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit oder der Reintegration des Versicherten in den Arbeitsprozess.

Fazit für die Praxis

  • Die Qualitätsstandards stellen eine Handlungsanleitung und Qualitätskriterien für Reha-Manager, D‑Ärzte, BG- und Krankenhausverwaltungen dar.

  • Sie definieren die Behandlung aller Schweregrade des SHT (Aussagen über einheitliche Einteilung, Diagnostik, standardisierte Aufklärung und Berichterstattung).

  • Besondere Diagnoseverfahren (z. B. Brain check) wurden integriert.

  • Der Leitgedanke ist die Spezialisierung und Zentralisierung des BG-Heilverfahrens SHT mit rehabilitativen Leistungen möglichst aus einer Hand.

  • Die Kommunikation zwischen Leistungserbringern und Leistungsträgern wird auf einer einheitlichen Grundlage gefördert.