Der Ellenbogen ist ein komplexes Gelenk, das seine Stabilität neben der knöchernen Führung durch die muskuloligamentären Strukturen erhält. Schwere Verletzungen, welche die Gelenkintegrität und -stabilität kompromittieren, erfordern komplexe Therapiestrategien, wobei das Risiko für postoperative Komplikationen nicht unerheblich ist. Zur Vermeidung eben solcher Komplikationen müssen die anatomischen Strukturen und ihre Bedeutung für die Gelenkbiomechanik berücksichtigt werden.

Im vorliegenden Beitrag werden wichtige Aspekte erläutert, die im Revisionsfall bedacht werden sollten, um das postoperative Ergebnis möglichst positiv zu beeinflussen.

Vollständige Anamneseerhebung und zielführende Bildgebung

Bei anstehenden posttraumatischen Korrekturen und Revisionen ist die detaillierte Anamneseerhebung essenziell. Insbesondere vorausgegangene Operationen mit ggf. stattgehabter Transposition des N. ulnaris sollten erfragt oder anhand alter Operationsberichte nachvollzogen werden. Die klinische Untersuchung unter Einschluss der neurovaskulären Strukturen ist ebenso bedeutsam. Bei Hinweisen auf eine neurogene Einschränkung ist die präoperative neurologische Abklärung mittels Elektromyographie/Nervenleitgeschwindigkeit (EMG/NLG) obligat.

Als bildgebendes Verfahren dient zunächst die standardisierte konventionelle Röntgenaufnahme des Ellenbogengelenkes in 2 Ebenen (a.-p. und streng seitlich). Die sonographische Untersuchung kann zur Detektion einer Seitenbandinstabilität additiv verwendet werden. Ein Vorteil der Sonographie liegt in der dynamischen Untersuchungsmethode, wobei die Untersucherabhängigkeit als Negativkriterium zu erwähnen ist. Das Standarddiagnostikum zur Evaluation einer Bandläsion bleibt die Magnetresonanztomographie (MRT). Zur Beurteilung der knöchernen Strukturen bzw. zum besseren Verständnis der ehemaligen Frakturmorphologie und/oder zur Beurteilung der knöchernen Konsolidierung (Pseudarthrose?) dient die Computertomographie (3-D-Rekonstruktion mit koronarer und sagittaler Schichtung).

Nach vollständiger Diagnostik ist unter Berücksichtigung der initialen Verletzung und der vorliegenden Komplikationen das individuelle Therapieregime festzulegen.

Terrible-triad-Verletzung

Die posteriore oder posterolaterale Ellenbogenluxation in Kombination mit einer Fraktur des Radiuskopfes und des Processus coronoideus wird als Terrible-triad-Verletzung bezeichnet [13]. Hieraus resultiert eine komplexe Ellenbogeninstabilität, die mit einem erhöhten Risiko für eine posttraumatische Bewegungseinschränkung sowie frühzeitige degenerative Gelenkveränderungen mit konsekutiver funktionaler Einschränkung assoziiert ist [1, 2, 4, 5]. In der Literatur lässt sich dies durch eine hohe Komplikations- und Revisionsrate belegen [6].

Das übergeordnete Ziel der Therapie ist die Wiederherstellung der Gelenkstabilität durch Rekonstruktion der primären und sekundären Stabilisatoren [3]. Zur Vermeidung von Komplikationen spielt der Erhalt der radialen Säule eine entscheidende Rolle. Die axial auf das Handgelenk einwirkenden Kräfte werden am gestreckten Ellenbogengelenk mit bis zu 60 % über die radiale Säule übertragen [7]. Zudem wirkt der Radiuskopf als wichtiger sekundärer Valgusstabilisator [8]. Bei Wegfall der radialen Säule ist daher – durch die vermehrte humeroulnare Belastung – das Risiko für eine frühzeitige Degeneration in Kombination mit einer relevanten Valgusinstabilität erhöht. Durch neuere winkelstabile, anatomisch präformierte Plattendesigns können zum Teil auch Radiuskopftrümmerfrakturen suffizient adressiert werden. Ist der Rekonstruktionsversuch frustran, sollte der Radiuskopf durch eine Endoprothese ersetzt werden, wobei ein Overstuffing der Prothese mit konsekutiver Arrosion des Capitulums strikt vermieden werden sollte (Abb. 1a–c). Die Ausrichtung der Prothese erfolgt in Bezug auf die laterale Kante des Processus coronoideus, sodass sich die Gelenkfläche des Radiuskopfersatzes auf Höhe oder bis maximal 0,9 mm proximal der lateralen Koronoidkante befindet [9]. Die alleinige Radiuskopfresektion sollte nach Möglichkeit nicht erfolgen.

Abb. 1
figure 1

a Humerusschaftfraktur auf Höhe der radialen Schanz-Schrauben mit begleitender Radialisaffektion bei extern versorgter Terrible-triad-Verletzung mittels Radiuskopfprothese, lateraler Kollateralbandrefixation und Bewegungsfixateur. b, c Revision mit offener Reposition und Plattenosteosynthese der Humerusschaftfraktur. Bei einem Overstuffing der initial eingebrachten Radiuskopfprothese erfolgten der Wechsel und die Neuausrichtung des Implantates (MoPyC Radiuskopf-Prothese, Fa. Tornier). Nach lateraler und medialer Bandrefixation zeigten sich intraoperativ stabile Gelenkverhältnisse, sodass auf einen Fixateur verzichtet werden konnte. (© Mit freundl. Genehmigung Prof. Dr. L. P. Müller, all rights reserved)

Die Wiederherstellung der Bandstabilität durch Refixation des lateralen Kollateralbandkomplexes ist essenziell. Sollte sich unter intraoperativer Durchleuchtung im Anschluss weiterhin eine Instabilität nachweisen lassen, ist auch das mediale Kollateralband zu refixieren. Im eigenen Vorgehen erfolgt die Bandrefixation – unter Berücksichtigung der knöchernen humeralen Ursprünge – unter Verwendung von Fadenankern. Bei dennoch persistierender Instabilität unter Durchleuchtung trotz erfolgter medialer und lateraler Bandrefixation bzw. Bandrekonstruktion („internal bracing“) empfehlen wir zusätzlich die Anlage eines Bewegungsfixateurs für 6 Wochen, um die Gelenkstabilität positiv zu beeinflussen (Abb. 2a–e und 3a, b). Bei der Fixateuranlage müssen die Verläufe der neurovaskulären Strukturen bedacht werden. Zur Vermeidung von Nervenläsionen werden die Schanz-Schrauben im eigenen Vorgehen in Mini-open-Technik unter Sicht platziert.

Abb. 2
figure 2

a Postoperatives Röntgenbild nach extern versorgter Terrible-triad-Verletzung mittels Radiuskopfresektion und Anlage eines gelenküberschreitenden Fixateur externe mit postoperativ bestehender Affektion des N. ulnaris und N. radialis. b, c Humeroulnare Subluxationsstellung in der postoperativen Computertomographie. d Darstellung des N. ulnaris (Pfeil) im Rahmen des Revisionseingriffes in unmittelbarer Nähe zu den Schanz-Schrauben des Fixateurs. e Der N. radialis (Pfeil) wird durch die eingebrachte Schanz-Schraube unmittelbar kompromittiert. (© Mit freundl. Genehmigung Prof. Dr. L. P. Müller, all rights reserved)

Abb. 3a,b
figure 3

Postoperatives Röntgenbild nach erfolgreicher Revision bei Terrible-triad-Verletzung mit endoprothetischem Ersatz (MoPyC Radiuskopf-Prothese, Fa. Tornier) der radialen Säule, Refixation des lateralen und medialen Kollateralbandes mit humeral eingebrachten Fadenankern sowie Umsetzung der Schanz-Schrauben in Mini-open-Technik unter Retraktion der Weichteile und sicherem knöchernem Kontakt und Anbringung eines gelenküberschreitenden Bewegungsfixateurs. (© Mit freundl. Genehmigung Prof. Dr. L. P. Müller, all rights reserved)

Der Processus coronoideus wirkt insbesondere in Streckstellung Varuskräften entgegen [10] und ist für die Aufrechterhaltung der posterioren Gelenkstabilität ebenso von Bedeutung. Transversale Koronoidfragmente, die über 50 % des Processus einschließen, sollten anatomisch reponiert und fixiert werden [10]. Berücksichtigt werden sollte zudem die anatomische Insertion des anterioren Bündels des medialen Kollateralbandes am Tuberculum subliminus. Bezieht der Frakturverlauf innerhalb des Processus coronoideus die anteriomediale Facette mit ein, so resultiert eine mediale Instabilität [11], die in der operativen Therapie adressiert werden muss, um die Valgusstabilität wiederherzustellen.

Radiuskopfluxationsfrakturen (Mason Typ IV)

Kommt es zu einer hochenergetischen axialen Belastung des pronierten Unterarmes – wie bei einem abgefangenen Sturz –, werden die osteoligamentären Strukturen stark belastet, sodass das Risiko für eine Radiuskopffraktur und auch das Risiko für eine ligamentäre Verletzung steigen [12]. Bereits einfache Radiuskopffrakturen können mit ligamentären Begleitverletzungen assoziiert sein [13]. Die Schwere der Radiuskopffraktur korreliert mit dem Verletzungsrisiko der Membrana interossea mit konsekutiver Beeinträchtigung der longitudinalen Unterarmstabilität [14]. Die klinische Untersuchung der Bandstabilität unter Einschluss des distalen Radioulnargelenkes ist daher essenziell. Bei Verdacht auf eine Beteiligung der Membrana interossea sollte schon frühzeitig eine MRT-Diagnostik des Unterarmes erfolgen, um eine Verletzung der Membran im Sinne einer Essex-Lopresti-Läsion auszuschließen.

Die alleinige Resektion des Radiuskopfes führt zur humeroulnaren Überbelastung mit frühzeitiger Degeneration und begünstigt eine Valgusinstabilität. Zudem kann es durch die fortwährende Belastung der Membrana interossea zu einer longitudinalen Instabilität (chronische Essex-Lopresti-Läsion) kommen, sodass sekundär eine radiale Verkürzung mit konsekutivem ulnarem Vorschub resultiert [15, 16]. Der Erhalt der radialen Säule durch Rekonstruktion bzw. Ersatz des Radiuskopfes ist bei Radiuskopfluxationsfrakturen ebenso wichtig wie im Falle der Terrible-triad-Verletzung des Ellenbogens. Das operative Weichteilmanagement – mit Rekonstruktion der Kollateralbandkomplexe und im Falle der chronischen Essex-Lopresti-Läsion ggf. auch durch Rekonstruktion der Membrana interossea – ist für das funktionale Ergebnis wichtig.

Monteggia-Verletzung

Die von G. B. Monteggia [17] erstmals 1814 beschriebene Kombinationsverletzung aus proximaler Ulnafraktur mit begleitender Radiuskopfluxation stellt ebenso eine schwerwiegende Verletzung des Ellenbogens dar, die mit hohen Komplikations- und Revisionsraten einhergeht [18, 19]. Ist der Radiuskopf nicht nur luxiert, sondern zusätzlich frakturiert, spricht man von einer „Monteggia-like-lesion“. Der Erhalt der radialen Säule ist in diesem Fall wie auch bei der Terrible-triad-Verletzung von Bedeutung. Ebenso ist die Wiederherstellung der Bandstabilität essenziell.

Die exakte anatomische Rekonstruktion des dorsalen Alignements der Ulna sowie die regelhafte Reposition im humeroradialen Gelenk sind bei der initialen operativen Therapie wichtig. Bei fehlerhafter Einstellung des dorsalen Alignements ist eine postoperative Achsabweichung des Unterarmes möglich, die zu funktionalen Einschränkungen führen kann. Nur eine sekundäre operative Achskorrektur kann in diesen Fällen die Beschwerden beheben.

Besteht zudem eine Fraktur des Koronoids, so ist das Fragment unter Berücksichtigung der Frakturmorphologie anatomisch zu refixieren, um zum einen die Gelenkstabilität zu erhalten und zum anderen die freie Umwendebewegung im proximalen Radioulnargelenk (PRUG) sicherzustellen. Die anatomische Rekonstruktion der Incisura trochlearis ist für die humeroulnare Artikulation ebenso bedeutsam. Bei Verlust des Koronoids besteht die Möglichkeit des endoprothetischen Ersatzes, wobei diese Therapieoption zum jetzigen Zeitpunkt noch weitestgehend experimentell ist. Wird der Radiuskopf endoprothetisch ersetzt, so kann alternativ das Koronoid mit einem knöchernen Radiuskopffragment augmentiert werden, um die anatomischen Verhältnisse wiederherzustellen.

Komplexe Transolekranonluxationsfraktur

Nach schweren Transolekranonluxationsfrakturen ist trotz initialer anatomischer Gelenkrekonstruktion das Risiko für eine degenerative Gelenkdestruktion erhöht. Das Risiko für andere Komplikationen wie beispielsweise eine persistierende Gelenkinstabilität oder eine sekundäre Frakturdislokation steigt ebenso an. Die anatomische Rekonstruktion der Ulna (Varusangulation, anteriore Deviation) sowie des Kapselbandapparates stehen im therapeutischen Fokus. Liegt begleitend eine distale Humerusfraktur vor und kommt es hier zu einer sekundären Frakturdislokation oder einer Pseudarthrose des distalen Humerus nach initialer Osteosynthese, sollte zunächst stets die gelenkerhaltende Revisionsoperation angestrebt werden [20]. Durch eine Umpositionierung der distalen Humerusplatten und/oder durch einen Herstellerwechsel des verwendeten Plattendesigns gelingt möglicherweise die suffiziente Re-Osteosynthese des distalen Humerus. Die Knochenheilung kann durch Anlagerung von z. B. autologem oder allogenem Knochenersatzmaterial unterstützt werden. Beim älteren Patienten (>75 Jahre) mit geringerem funktionalem Anspruch oder vorliegenden Komorbiditäten ermöglicht die zementierte und gekoppelte Ellenbogentotalendoprothese (EBTEP) eine umgehende stabile Gelenkversorgung und Schmerzreduktion, wodurch eine frühfunktionale Nachbehandlung ermöglicht wird (Abb. 4a–d). Die Indikation zum endoprothetischen Ersatz muss individuell erfolgen und kann möglicherweise auch schon bei Patienten unter 75 Jahren gestellt werden (z. B. bei geringem funktionalem Anspruch, schwerer Grunderkrankung mit reduzierter Lebenserwartung etc.). Unter Berücksichtigung der notwendigen Gewichtslimitation (<5 kg) nach EBTEP lassen sich bei sichergestellter Patientencompliance gute bis sehr gute funktionelle Ergebnisse erzielen [21, 22].

Abb. 4
figure 4

a, b Nach stattgehabter offener Reposition und interner Fixierung einer Transolekranonluxationsfraktur mit zusätzlicher distaler Humerusfraktur zeigt sich im Verlauf eine schwere Kubitalarthrose mit begleitender Fraktur des Humerusschaftes im Bereich der ehemaligen Schanz-Schrauben nach Behandlung mittels Fixateur externe. c, d Unter Berücksichtigung des Patientenalters von 79 Jahren erfolgte neben der osteosynthetischen Versorgung der Humerusschaftfraktur der endoprothetische Ersatz des Ellenbogengelenkes mit einer zementierten, gekoppelten Latitude-Prothese (Fa. Tornier). (© Mit freundl. Genehmigung Prof. Dr. L. P. Müller, all rights reserved)

Fazit für die Praxis

  • Komplexe Ellenbogenverletzungen benötigen bereits initial komplexe Therapieregimes, um die Wiederherstellung der anatomischen osteoligamentären Gelenkverhältnisse zu ermöglichen.

  • Anamnese und weiterführende Bildgebung sind zur Revisionsplanung wichtig.

  • Revisionen nach komplexen Ellenbogenverletzungen sind oftmals kompliziert und erfordern zum Teil individuelle Entscheidungen.

  • Im Revisionsfall gilt es – unter Berücksichtigung der anatomischen Strukturen – das Gelenk zu stabilisieren. Der Erhalt der radialen Säule ist anzustreben.

  • Koronoidfragmente sollten unter Berücksichtigung der Frakturmorphologie zum Erhalt der Stabilität refixiert werden. Die anatomische Koronoidreposition ist für die freie Bewegung im PRUG und im Humeroulnargelenk entscheidend.

  • Bei fortgeschrittener Kubitalarthrose ist der endoprothetische Gelenkersatz beim älteren Patienten (>75 Jahren) eine Möglichkeit zur umgehenden Gelenkstabilisation mit Schmerzreduktion und frühfunktionaler Nachbehandlung.