Die Multiresistenz bei Bakterien nimmt weltweit zu und stellt ein zunehmendes medizinisches und ökonomisches Problem dar. Die multiresistenten Erreger lassen sich nur noch sehr eingeschränkt antibiotisch behandeln. Die eingeschränkte Therapierbarkeit von schwerwiegend verlaufenden Infektionen, verursacht durch multiresistente Erreger, führt zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität. Der Aufwand in der stationären Behandlung ist durch die notwendigen hygienischen Maßnahmen (Abb. 1) deutlich erhöht [3]. Die direkten Kosten für Diagnostik und Therapie sind höher [12, 13]. Die Dauer des stationären Aufenthaltes ist im Regelfall deutlich verlängert, da neben dem erhöhten Aufwand der medizinisch schwerer zu behandelnden Infektion auch nach erfolgreicher Therapie die Verlegung in eine Anschlussheilbehandlung oder Geriatrie nur verzögert möglich ist. Multiresistente Erreger in der Klinik sind der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), die multiresistenten gramnegativen Stäbchen (3-MRGN oder 4MRGN wie Escherichia coli, Klebsiella, Enterobacter, Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter baumanii) sowie die Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE). Nicht eingegangen wird auf die multiresistenten Mykobakterien.

Abb. 1
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Übernahme eines Patienten mit Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus

Problem Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

MRSA traten bereits vor der Einführung von Methicillin und den Isoxazolylpenizillinen vereinzelt in England auf und haben sich seit dem Ende der 1970er-Jahre weltweit ausgebreitet. Methicillinresistenz bedeutet Resistenz gegen alle β‑Lactam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme, Monobactame). Häufig liegen Resistenzen auch gegen andere Antibiotikaklassen vor – mit Resistenzraten für Chinolone 94 %, Clindamycin 66 %, Makrolide 72 % [21]. Der MRSA ist resistent gegen Austrocknung, ein wochenlanges Überleben auf Oberflächen (bis zu 7 Monate) ist möglich. Das Reservoir wird gebildet durch den kolonisierten Patienten als Keimträger. Etwa 20–30 % der Bevölkerung sind dauerhaft kolonisiert. Einer Besiedelung durch Staphylococcus aureus kommt per se keine pathogene Bedeutung zu; Menschen können besiedelt sein, ohne Symptome zu entwickeln. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Staphylococcus aureus (z. B. nach Verletzungen der Hautbarriere) eine Vielzahl von Infektionen hervorrufen (u. a. Furunkel, Karbunkel, Pyodermien, Abszesse, Empyeme, Wundinfektionen sowie Mastitis puerperalis, Otitis media, Parotitis, Sinusitis, Meningitis, Pneumonie, Osteomyelitis, Endokarditis, Sepsis, katheter- und Paul-Ehrlich-Gesellschaft(PEG)-assoziierte Infektionen, fremdkörperassoziierte Infektionen z. B. bei Endoprothesen und Pyomyositis). Bei der Infektion kommt es zum Eindringen des Erregers in den Organismus. Die Übertragung und Verbreitung von Staphylococcus aureus und damit auch von MRSA erfolgen v. a. über direkten Kontakt (Hände!), indirekt über Flächen oder Gegenstände, an Partikel oder Aerosole gebunden über die Luft (Absaugen) oder bei Besiedelung des Nasen-Rachen-Raums über Luft (selten). Häufigste Ursachen sind ungenügende basishygienische Maßnahmen [8, 9, 16, 17].

Aufgrund der Tatsache, dass bestimmte MRSA-Stämme, die durch molekulare Typisierungen gut definiert werden können, eine besondere Fähigkeit haben, sich unterschiedlich epidemisch auszubreiten, wurden die Begriffe „hospital-acquired MRSA“ bzw. „healthcare-associated MRSA“ bzw. „nosokomialer MRSA“ (HA-MRSA, auch haMRSA) und „community-acquired MRSA“ bzw. „community-associated MRSA“ (CA-MRSA, auch caMRSA) geprägt. Seit ca. 2004 wird zunehmend über MRSA-kolonisierte landwirtschaftliche Nutztiere und damit im Zusammenhang stehenden Kolonisationen und Infektionen beim Menschen berichtet, weshalb der Begriff „livestock-associated MRSA“ (LA-MRSA) geprägt wurde. LA-MRSA findet man heute in Deutschland bei ca. 50–70 % der schweinehaltenden Betriebe [18].

Die Ziele von Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen sind die Vermeidung der Weiterverbreitung im Hinblick auf Kolonisierung und/oder Infektion. Unerlässlich sind Identifizierung, Erfassung und Bewertung möglicher Patienten mit MRSA-Kolonisation oder -Infektion [4, 15]. Durch die gezielte Anamnese und Screeningmaßnahmen nach Vorgabe des RKI (Abb. 2) sind MRSA-Träger zu identifizieren. Neben einer konsequenten Umsetzung der Basishygiene ist die Isolierung der Patienten durchzuführen [5]. Die Eradikationsbehandlung von kolonisierten Patienten ist zur Verminderung der Infektionsgefahr und zur Verhinderung einer möglichen Transmission notwendig. Ein kontrollierter Antibiotikaeinsatz hat nur zur Therapie bei Infektion zu erfolgen, nicht bei Kolonisation. Die Antibiotikatherapie ist entsprechend dem Antibiogramm durchzuführen, zu verwendende Präparate sind Vancomycin, Teicoplanin, Linezolid, Tigecyclin oder Daptomycin.

Abb. 2
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Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus (MRSA)-Stämmen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Aktualisierte Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) vom Juni 2014, erstellt von Prof. Dr. M. Mielke und Dr. C. Ruscher

Problem der gramnegativen Bakterien mit Resistenzen

In den letzten Jahren ist ein deutlicher Anstieg bei gramnegativen Erregern (MRGN) als Pathogene für Krankenhausinfektionen festzustellen. Die Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS)-Referenzwerte von 2013 von Intensivstationen zeigen eine Gesamtprävalenz von MRGN, die etwa der MRSA-Prävalenz entspricht [20]. Die in den letzten Jahren festgestellte Zunahme der Resistenzen bei gramnegativen Stäbchenbakterien ist nicht nur durch die Verbreitung einzelner Resistenzgene in einzelnen Spezies gekennzeichnet, sondern auch durch das Auftreten und die rasche Verbreitung immer neuer Resistenzgene, die zwischen verschiedenen gramnegativen Spezies ausgetauscht werden können [7]. Für gramnegative Enterobakterien wurde die Resistenzeigenschaft zunächst phänotypisch als erweiterte Resistenz gegenüber β‑Lactam-Antibiotika beschrieben [1, 11].

β-Lactamasen zerstören den Antibiotika-β-Lactam-Ring, sodass Antibiotika nicht zum Penicillin-bindenden Protein binden können und damit die Zellwandsynthese von Bakterien nicht hemmen können. Die wichtigsten β‑Lactamasen sind klassische β‑Lactamasen, AmpC-β-Lactamasen, Extended-Spectrum β‑Lactamasen (ESBL) und Carbapenemasen (Imipenem, Meropenem, Ertapenem, Doripenem).

Aufgrund des zunehmenden Wissens über molekulare Mechanismen und des Auftretens neuer Resistenzmechanismen verwendet die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) eine Definition auf Basis der phänotypischen Resistenz gegen klinisch wichtige Antibiotikagruppen. Die 4 klinisch relevanten Antibiotikagruppen sind Cephalosporine der 3./4. Generation (z. B. Cefotaxim, Ceftazidim), Acylureidopenicilline (z. B. Piperacillin), Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin) und Carbapeneme (z. B. Imipenem, Meropenem). 3MRGN bedeutet multiresistentes gramnegatives Stäbchen mit Resistenz gegen 3 der 4 Antibiotikagruppen, 4MRGN multiresistentes gramnegatives Stäbchen mit Resistenz gegen 4 der 4 Antibiotikagruppen (Tab. 1).

Tab. 1 Definition multiresistenter gramnegativer Erreger (MRGN) nach Musterpräsentation: Management von MRGN, Robert Koch-Institut 2013

In den letzten Jahren hat sich die Resistenzlage bei gramnegativen Erregern in Deutschland verschlechtert. 3MRGN sind ein schon länger bestehendes Problem, 4MRGN haben sich mittlerweile in Deutschland etabliert. Noch ist die Prävalenz niedrig und betrifft relativ gut zu beschreibende Risikogruppen. Bedenklich ist v. a. die Verbreitung von Carbapenemasen. Abhängig vom Erreger und der Resistenz breiten sich 3MRGN und 4MRGN klonal aus und reproduzieren sich im Krankenhaus. Die 3MRGN und 4MRGN führen in einer relevanten Anzahl der Fälle zu Infektionen und sind mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Besonders kritisch sind 4MRGN, da alle 4MRGN Carbapeneme-resistent sind und somit Carbapeneme als Therapieoption entfallen.

Das Screening sollte durchgeführt werden bei Patienten mit anamnestisch bekannter stationärer Behandlung in einem Krankenhaus einer Region mit gehäuftem Vorkommen von 4MRGN für mehr als 3 Tage in den letzten 12 Monaten, Behandlung auf einer Intensivstation (ITS) für mehr als 7 Tage in den letzten 12 Monaten und Kontakt zu Patienten, für die eine Besiedelung mit 4MRGN nachgewiesen wurde (Pflege im gleichen Zimmer) [6, 14].

Am häufigsten werden Rektalabstriche zum Screening auf ESBL-Bildner eingesetzt. Die Sanierung wird nicht empfohlen, da der Erfolg ungeklärt ist. Bei Patienten mit Besiedelung oder Infektion durch 3MRGN in Normalbereichen sind basishygienische Maßnahmen ausreichend, in Risikobereichen sind diese Patienten zu isolieren.

Patienten mit Besiedelung oder Infektion durch 4MRGN Escherichia coli sind in allen Krankenhausbereichen zu isolieren. Die Risikobereiche werden durch die Krankenhäuser nach individueller Risikoabwägung, z. B. auf Basis des Patientengutes und baulich struktureller Gegebenheiten, festgelegt ([6]; Tab. 2.).

Tab. 2 Screening und Isolierung Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus entsprechend Musterpräsentation: Management von MRGN, Robert Koch-Institut 2013

Im BG-Klinikum Hamburg sind als Risikobereiche definiert die traumatologische Intensivstation, die Brandverletzten-Intensivstation, im Querschnittgelähmtenzentrum die Hochgelähmten-Station mit Beatmungsplätzen, im Zentrum für Rehabilitationsmedizin und im neurotraumatologischen Zentrum die jeweiligen Intermediate-Care-Stationen sowie alle Operationsbereiche.

Die Antibiotikumtherapie hat entsprechend dem Antibiogramm des Erregers zu erfolgen und sollte nach Rücksprache mit einem Mikrobiologen erfolgen. Nicht selten besteht die Notwendigkeit, ein Reserveantibiotikum wie Colistin geben zu müssen.

Problem Vancomycin-resistente Enterokokken

Enterokokken mit Vancomycinresistenz können krankenhaushygienisch und therapeutisch problematisch werden. Bei den Enterokokken handelt es sich um grampositive Erreger (Enterococcus faecalis, Enterococcus faecium). Enterococcus faecium verfügt über ein breiteres Spektrum an intrinsischen (z. B. natürliche Resistenz gegen Cephalosporine und einige Penicilline) und extrinsischen Antibiotikaresistenzen als Enterococcus faecalis.

Für die europäischen Länder werden Zahlen von durchschnittlich 8,1 % bei klinischen Enterococcus-faecium-Isolaten beschrieben. Enterokokken zeichnen sich durch ihre leichte Übertragbarkeit aus.

Infektionsquelle ist der infizierte oder kolonisierte Mensch (Dickdarm, Mundhöhle, Vagina, Harnröhre). Enterokokken können auf trockenen Oberflächen, auch Textilien, lange überleben. Neben der Gefahr der weiteren Ausbreitung besteht die Gefahr der Übertragung der Resistenzgene über Plasmidtransfer auf Staphylococcus aureus.

Infektionswege sind der direkte oder indirekte Kontakt mit Exkrementen, Sekreten, besiedelten Körperstellen oder über kontaminierte Gebrauchsgegenstände und Handkontaktpunkte (Kontaktübertragung). Als erregerhaltiges Material sind Exkremente, Sekrete und besiedelte Körperstellen anzusehen [10, 19].

Ein Screening sollte durchgeführt werden bei Patienten mit anamnestischem VRE-Nachweis, Kontaktpatienten, bei Übernahme aus Einrichtungen mit hoher VRE-Rate, bekannter Immunsuppression, vorausgegangener intraabdominaler Operation oder länger liegendem Katheter [2].

Isolierung und Standardhygiene sind die notwendigen Hygienemaßnahmen. Sanierungsmöglichkeiten sind nicht gegeben.

Nur klinische Infektionen müssen antibiotisch therapiert werden.

Da bei VRE-Stämmen meist eine Resistenz gegen alle β‑Lactam-Antibiotika vorliegt und oft auch eine Hochresistenz gegen Gentamicin und/oder Streptomycin, stehen bei Enterococcus faecium (vanA-Typ) und bei den seltener vorkommenden Enterococcus-faecalis-Isolaten (vanA-Typ) Linezolid, Doxycyclin und die neueren Medikamente Tigecyclin sowie mit Einschränkungen Daptomycin zur Verfügung. Allerdings ist seit 2010 ein ansteigender Trend von Einsendungen Linezolid-resistenter Enterococcus-faecium-Isolate zu beobachten. Beim vanB-Typ kann ggf. zusätzlich Teicoplanin in Kombination eingesetzt werden. Auf das Antibiogramm des Erregers muss geachtet werden.

Fazit für die Praxis

  • Bereits das Einhalten grundlegender Hygienemaßnahmen, insbesondere die Beachtung der Händehygiene, vermindert nachweislich die Ausbreitung resistenter Erreger.

  • Bei Besiedelung mit multiresistenten Erregern sollten die über die basishygienisch notwendigen hinausgehenden Maßnahmen durchgeführt werden.

  • Die Vorgaben des RKI hinsichtlich des Screenings sind zu befolgen.

  • Eine rationale Antibiotikatherapie ist erforderlich.

  • Am Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) ist entsprechend den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) teilzunehmen.

  • Entsprechend den Richtlinien zum Hygienemanagement und zur Prävention nosokomialer Infektionen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert Koch-Instituts und des Infektionsschutzgesetzes ist die Teilnahme an regionalen Multiresistente Erreger(MRE)-Netzwerken unerlässlich.