Hygiene ist Bestandteil des täglichen Lebens. Sie resultiert aus der Tatsache, dass einerseits ein Überleben des Menschen ohne die Anwesenheit von Bakterien nicht denkbar ist und andererseits in der allgegenwärtigen Auseinandersetzung mit Bakterien auch die Ursache möglicher Infektionserkrankungen zu sehen ist. Ein gesundes Immunsystem ist in der Lage, den Organismus vor fakultativ pathogenen Erregern zu schützen.

Neben den Veränderungen in der Gesellschaft mit ungesunder Ernährung, mangelnder körperlicher Aktivität und Zunahme der Länder und Kontinente übergreifenden Mobilität werden innerhalb der Gesundheitsversorgungssysteme immer mehr Patienten mit immer aufwendigeren Methoden und Implantaten behandelt.

Diese Entwicklung stellt die Akteure in der Gesundheitsversorgung vor neue Herausforderungen zur Umsetzung der Hygiene, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in der Gesellschaft und den Einrichtungen zur Krankenversorgung zu verhindern.

Im vorliegenden Beitrag werden die verschiedenen Aspekte zur Umsetzung der Hygienemaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Isolation dargestellt.

Hygiene

Nur durch die Synergie von Hygiene, aseptischen Operationsverfahren, Antiseptik und rationaler Antibiotikatherapie kann das Ziel der Prävention von Infektionen im Krankenhaus sowie der Infektsanierung und -freiheit erreicht werden.

Die persönliche Hygiene stellt die Basis für eine physiologische Auseinandersetzung des Organismus mit der Umwelt dar. Das Ziel besteht darin, durch die Reduktion von pathogenen Keimen im unmittelbaren persönlichen Umfeld Infektionskrankheiten zu vermeiden, jedoch durch den Kontakt mit Erregern aus der Umwelt das Immunsystem zu schulen und für eine erfolgreiche Infektabwehr zu trainieren.

Hygienemaßnahmen im Krankenhaus müssen zusätzlich zu den genannten Wirkungen auch dazu beitragen, eine Übertragung von pathogenen Erregern zwischen den Patienten, den Angehörigen und dem Personal zu verhindern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Krankenhaus einerseits ein erhöhter Selektionsdruck für Bakterien durch den, im Vergleich zur Umgebungssituation, erhöhten Einsatz von Antibiotika zur vermehrten Ausbildung von resistenten Erregerstämmen führt und anderseits die Abwehrlage der Patienten im Krankenhaus eher vermindert ist. Durch diese Konstellation erhöht sich das Risiko für die Entstehung einer Infektion im Krankenhaus.

Da eine Kontamination mit Mikroorganismen meist nicht sichtbar ist, gilt es unter rationalen Gesichtspunkten die Maßnahmen umzusetzen, die sowohl die Übertragung von Bakterien als auch den Selektionsdruck auf die Erreger reduzieren.

Übertragungswege

Ein wesentlicher Aspekt zur Reduktion des Selektionsdrucks auf die Mikroorganismen besteht in der Reduzierung, d. h. dem rationalen Einsatz, der Antibiotika. Aus hygienischer Sicht ist eine Reduktion der Übertragungsmöglichkeiten durch eine Limitierung der Kontaktmöglichkeiten aller Beteiligten im Krankenhaus und die Desinfektion, besonders der Hände, umzusetzen [1]. Da die Übertragungswege für verschiedene Erreger unterschiedlich seien können, werden die Standardhygiene und die Kontaktisolierung, evtl. ergänzt durch Atemschutz bei aerogen übertragbaren Infektionen in einem Stufenschema zur Infektprävention unterschieden [2].

Eine der wirksamsten Maßnahmen zur Verhinderung der Übertragung von Krankheitserregern auf infektionsgefährdete Personen besteht in der Expositionsprophylaxe. Diese beschränkt sich jedoch nicht nur auf die räumliche Isolierung, sondern umfasst auch Maßnahmen, die eine Übertragung von Krankheitserregern über Transferwege verhindert. Sie ist besonders bei Infektionskrankheiten erfolgreich, bei denen wirksame Antibiotika oder Chemotherapeutika nicht zur Verfügung stehen [3]. Aktuell kann die Herausforderung der Umsetzung solcher Maßnahmen bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie beobachtet werden.

Im Krankhaus ist daher die Expositionsprophylaxe durch Isolierungsmaßnahmen nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) bei multiresistenten Erregern (MRE) vorzunehmen. Dazu zählen derzeit im Bereich der Orthopädie/Unfallchirurgie besonders der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und multiresistente gramnegative Stäbchen (MRGN; [3]).

Die hygienische Händedesinfektion ist der wesentliche Pfeiler für eine erfolgreiche Umsetzung der Standardhygiene, wobei alle anderen Maßnahmen, wie rationaler Antibiotikaeinsatz, Surveillance-Programme mit Screening zur Identifikation von Risikopatienten, Kontaktisolierung und die Schulung des Personals ebenso unabdingbarere Bestandteile der Hygiene im Krankenhaus sind [36].

Richtlinien

In der Novelle des Infektionsschutzgesetzes wird in § 23 Abs. 3 (IfSG 2011) festgehalten, dass die Leiter von Krankenhäusern und Einrichtungen für ambulantes Operieren, aber auch von Arztpraxen u. a. medizinischen Einrichtungen sicherzustellen haben, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu vermeiden und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solche mit Resistenzen, zu verhindern.

In den AWMF-Leitlinien der Maßnahmen beim Auftreten von MRE wird die Isolierung als eine Maßnahme zur Reduktion der Ausbreitung im Krankenhaus empfohlen [7].

Isolierung

Obwohl die Isolierung eine wirksame Maßnahme zur Expositionsprophylaxe darstellt, ist der Einsatz im klinischen Alltag nicht unumstritten. Gründe hierfür dürften sowohl in der negativen emotionalen Besetzung des Begriffs selbst, aber auch in den erhöhten ökonomischen und personellen Aufwendungen für die Kostenträger, der psychischen Belastung für den Betroffenen und der Barriere bei der täglichen Verrichtung im Rahmen medizinischer und pflegerischer Tätigkeiten liegen [8]. Bereits seit vielen Jahrhunderten ist die Stigmatisierung von Menschen, die z. B. an der Pest, Cholera, Pocken oder Lepra erkrankt waren, bekannt und auch heute beim Umgang mit infektiösen Patienten zu beobachten [9, 10].

Neben den Vorteilen der Isolierungsmaßnahmen, wie Schutz des Personals und anderer Patienten, Erhöhung der Aufmerksamkeit für die MRE-Problematik und die Erhöhung der Akzeptanz durch transparente Darstellung der Situation sind auch negative Aspekte, wie schlechtere medizinische Betreuung von isolierten Patienten, Stigmatisierung und höhere ökonomische Aufwendungen bekannt [2, 3, 9].

Während die erwähnten Infektionskrankheiten in der westlichen Welt eher als Ausnahmen zu betrachten sind, spielen nosokomiale Infektionen mit MRE in der Chirurgie und Orthopädie eine zunehmende Rolle. Deshalb ist die Hygiene ein wesentlicher Bestandteil der chirurgischen Tätigkeit und erfordert die konsequente Umsetzung im chirurgischen Alltag. Bereits 1990 war Probst [11] der Ansicht, dass die „Disziplin das Rückgrat der Asepsis“ ist.

Compliance

Damit wird auch ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt, nämlich die Compliance der Mitarbeiter und Patienten, für eine erfolgreiche Hygiene genannt.

Da die Übertragung von Krankheitserregern physisch primär nicht erlebbar ist und ein unmittelbares Feedback der unzureichenden Hygiene nicht existiert, erfordern Hygienemaßnahmen ein hohes Maß an Wissen, Verständnis und Disziplin. Während Wissen und Verständnis erlernbar sind, setzt die praktische Anwendung der theoretischen Kenntnisse immer wieder die physische und mentale Überwindung von Barrieren voraus, die bei oberflächlicher Betrachtung nicht notwendig erscheinen.

Daher wird auch in zahlreichen Untersuchungen immer wieder betont, dass die regelmäßige Schulung und Fokussierung auf die Problematik unverzichtbar für einen kontinuierlichen Hygienestandard sind [9, 12, 13].

Nahezu allen Untersuchungen zum Thema Isolationsmaßnahmen bei MRE ist gemein, das aussagefähige Studien zur wissenschaftlich fundierten Beurteilung der Fragestellung fehlen [8, 14, 15]. Legt man die Ergebnisse der vorhandenen Untersuchungen mit allen Einschränkungen zugrunde, ergibt sich der Eindruck, dass Isolationsmaßnahmen bei MRE nicht den Effekt aufweisen, der ihnen zugeschrieben wird [15]. Allerdings sind in diesem Zusammenhang neben den sog. harten statistischen Kriterien auch Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die sich in der wissenschaftlichen Auswertung nicht abbilden lassen, aber durchaus einen wesentlichen Einfluss auf die beschriebenen Ergebnisse nahelegen. So ist der Einfluss der Compliance des Personals auf den Erfolg von Hygienemaßnahmen bekannt und dürfte im Rahmen von Studien jedoch höher zu erwarten sein als im klinischen Alltag ohne diesen besonderen Fokus. Die Erfahrung im klinischen Alltag zeigt, dass die unter Labor- bzw. Studienbedingungen ermittelten Ergebnisse den Faktor „Mensch“ nicht ausreichend in die Interpretation der Ergebnisse einbeziehen.

In den Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (§ 34 SGB VII) an Krankenhäuser zur Teilnahme an der besonderen stationären Behandlung von Schwer-Unfallverletzten (Verletztenartenverfahren, VAV) sind eigenständige räumliche Bedingungen für die operative Behandlung von Patienten der Kategorie III und IV (Operation in kontaminierter Körperregion bzw. manifest infizierter Region, MRE-Besiedelung) unabdingbar.

Da das Hygieneverständnis nicht nur durch Schulungen des Personals vermittelt werden kann, bedarf es unterstützend spezieller baulich-funktioneller Strukturen, um die betrieblich-organisatorischen Abläufe sicherzustellen (Abb. 1). Damit wird einerseits den Anforderungen des RKI entsprochen und andererseits werden die Patienten mit septischen Erkrankungen gegenüber anderen Patienten nicht benachteiligt. Die Erfahrungen im Umgang mit MRE haben gezeigt, dass die Umsetzung von Hygienestandards lediglich auf betrieblich-organisatorischer Basis immer wieder an Grenzen stößt, die mit entsprechenden baulich-funktionellen Konzepten konstant umgesetzt werden könnten.

Abb. 1
figure 1

Sonderstation für MRE-Patienten. Isolierstation der BG-Unfallklinik Murnau 2005

Die konsequente Umsetzung von Hygienestandards im Zeitalter multiresistenter Erreger ist unabdingbar für die operative Medizin, unabhängig vom Kontaminationsgrad.

Eigene Erfahrungen mit einer Isolierstation

In der Unfallklinik Murnau wurde zur Behandlung von Patienten mit MRE 2005 eine Isolierstation eingerichtet, die interdisziplinär alle Patienten aufnimmt, die mit MRE kontaminiert oder infiziert sind und nicht auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Während die Anzahl der MRSA-Patienten von 2000 bis 2010 zunahm und dann ein gewisses Niveau erreichte, ging die Zahl der MRSA-Übertragungen zurück und stabilisierte sich auf niedrigem Niveau. Trotz der Häufung von MRSA-Patienten auf der Isolierstation war die Übertragungsrate auf dieser Station am geringsten (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Anzahl der zuverlegten MRSA-Patienten und der nosokomialen Übertragungen in der Unfallklinik Murnau 2005–2012. Trotz zunehmender Anzahl der MRSA-Patienten konnte eine Reduktion der nosokomialen Übertragungen in allen Bereichen, besonders auf der Isolierstation, erreicht werden. WRV Versorgung Rückenmarkverletzter

Schlussfolgerungen

Da belastbare Daten aus wissenschaftlichen Studien zur Frage des Effekts von Isolationsmaßnahmen bei MRE nicht existieren, erscheint es gerechtfertigt, unter rationalen Gesichtspunkten die Übertragung von Krankheitserregern im Krankenhaus durch alle Maßnahmen, auch der Isolierung, zu realisieren, die dem Schutz der Mitpatienten und des Personals dienen. Die existierenden Richtlinien des RKI spiegeln diese Überlegungen wider.

Ziel der Bemühungen zur Reduktion von nosokomialen Infektionen durch MRE sollte die rationale und ökonomisch ausgewogene Umsetzung der erforderlichen Hygienemaßnahmen sein. Nicht die Reduktion der Isolierungsmaßnahmen als Teil der Hygienestrategie, sondern die Optimierung der Versorgung der betroffenen Patienten unter Isolierungsmaßnahmen sollte angestrebt werden. Alle Beteiligten im Gesundheitssystem sind herausgefordert, die Gesamtheit der Präventions- und Therapiemaßnahmen zu optimieren, um gezielt und ökonomisch vertretbar dem Anspruch der Patienten gerecht zu werden und das Bewusstsein für die Thematik zu schärfen.

Fazit

  • Hygienemaßnahmen sind unverzichtbarer Bestandteil jeder chirurgischen Behandlung.

  • Durch die Zunahme von MRE im Krankenhaus ergeben sich spezielle Aspekte für die Reduktion von nosokomialen Infektionen insbesondere in der Chirurgie und Orthopädie.

  • Die Isolation von Patienten mit MRE ist eine einfache und wirksame Maßnahme zur Expositionsprophylaxe zum Schutz der Mitpatienten und des Personals.

  • Die negativen Begleitumstände der Isolation sollten Ansporn für die Verbesserung der medizinischen und psychologischen Betreuung der betroffenen Patienten und Angehörigen sein.

  • Bauliche und strukturell-organisatorische Bedingungen können einen Beitrag zur Optimierung der Umsetzung der Hygienemaßnahmen leisten.

  • Neben der Händehygiene ist die kontinuierliche Schulung des Personals ein wesentlicher Pfeiler für eine erfolgreiche Realisierung der Maßnahmen zur Reduktion nosokomialer Infektionen, besonders durch MRE.