Hintergrund

Mit der Beschreibung des Gesetzes für die Transformation des Knochens durch den Berliner Anatomen und Chirurgen Julius Wolff wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Basis für unser heutiges Verständnis des Knochenwachstums sowie der Frakturheilung gelegt [5, 6]. Wolff erkannte die aktive Ausrichtung des knöchernen Wachstums entsprechend der Richtung einwirkender Kräfte als Ursache für die trabekuläre Architektur des Knochens.

Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckten Fukada u. Yasuda [2] piezoelektrische Eigenschaften des Knochens, die nicht, wie zunächst vermutet, durch die Apatitkristalle, sondern vielmehr die polar uniaxialen Struktureigenschaften des matrixbildenden Kollagens verursacht sind. Die Vermutung lag also nahe, dass physiologisch einwirkende Last im unmittelbaren Zusammenhang mit dem bereits von Wolff beschriebenen gerichteten Knochenwachstum steht.

Mit dem Beginn und der rasanten Entwicklung der operativen Frakturversorgung vor etwa 100 Jahren dominierte die Plattenosteosynthese zunächst als führendes Stabilisierungsprinzip. So ist es nicht verwunderlich, dass mit deren verbreiteter Anwendung in zunehmendem Maß auch Plattenversagen und periimplantäre Frakturen beobachtet wurden. Im Lauf der Zeit wurden verschiedene Ursachenmodelle für das Auftreten plattennaher Frakturen postuliert.

Ursachenmodelle

Stressprotektion

Als erstes Ursachenmodell für plattennahe Frakturen wurde die sog. Stressprotektion angenommen [4]. Basierend auf den Erkenntnissen von Julius Wolff verstand man hierunter die mechanische Überlegung, dass der Knochenabschnitt unterhalb der anliegenden Platte vor pathologischer, aber eben auch physiologischer Lasteinwirkung im Sinne von repetitiver Schwingung bzw. Dehnung sozusagen geschützt ist. Unter dieser Vorstellung war die Erklärung für die zunehmende Rarefizierung dieses Knochenabschnitts gemäß dem Wolff-Gesetz aufgrund des verminderten Dehnungsreizes als Ursache für Frakturen am Lastübergang bestechend klar nachvollziehbar.

Frühe lokale Porose unter der Platte

Dass Stressprotektion als mechanischer Denkansatz eher einen Mythos als ein realistisches Ursachenmodell darstellt, konnte die damalige Davoser Arbeitsgruppe um Stephan Perren im Rahmen biomechanischer Analysen anhand der Composite-Beam-Theorie nachweisen [1, 4]. Zudem lieferte sie den tierexperimentellen Nachweis einer frühen knochennahen Porose unterhalb des Implantats als Folge der periostalen Nutritionsstörung durch den Plattenanpressdruck. Dieses eher biologische Ursachenmodell hat bis heute für plattennahe, periimplantäre Frakturen Gültigkeit [3].

Basierend auf diesen Erkenntnissen folgten zahlreiche gewinnbringende Neuentwicklungen von Plattendesigns wie das Limited-Contact-Prinzip mit deutlich geringerer Beeinträchtigung der periostalen Perfusion oder auch winkelstabilen Platten, die, korrekt angewendet, keinerlei Anpressdruck des Implantats auf den Knochen mehr erzeugen.

Osteoporose

Sie stellt eine generalisierte Erkrankung des skelettalen Systems dar. Hierbei bedingt der epidemiologische Wandel in Deutschland und in den westlichen Industrienationen eine stetig steigende Inzidenz. Neben dem Problem einer zunehmenden Zahl osteoporotischer Frakturen an typischen Lokalisationen spielt die generalisierte Kalksalzminderung unweigerlich auch bei Frakturen an einliegenden metallischen Implantaten eine immer größere Rolle. Während also in der Vergangenheit die Hauptursache für eine z. B. plattennahe Fraktur im Implantat und in dessen lokalem mechanischem bzw. biologischem Einfluss auf den darunter befindlichen Knochen gesucht wurde, tritt in jüngster Zeit als drittes Ursachenmodell die generalisierte Brüchigkeit des kalksalzgeminderten, spröden Knochens statt einer lokalen plattenassoziierten Schwächung des angrenzenden Knochenabschnitts zunehmend in den Vordergrund.

Fragestellung

In obigem Kontext stellt sich die Frage, in welchem Maß das Versagen von Plattenosteosynthesen neben z. B. Implantatbrüchen aufgrund verzögerter Knochenbruchheilung durch periimplantäre Frakturen verursacht wird und welche Rolle hierbei die 3 genannten Ursachenmodelle spielen. Zur Beantwortung dieser Frage wurden im Rahmen einer retrospektiven Analyse Patientendaten unserer Einrichtung über den 10-jährigen Zeitraum von Anfang 2004 bis Ende 2013 herangezogen und ausgewertet.

Material und Methoden

Aus der Gesamtheit aller von Anfang 2004 bis Ende 2013 durchgeführten Operationen wurden zunächst alle Eingriffe mit dem ICD-10-Schlüssel (ICD-10: „international classification of diseases and related health problems, 10th edition“) T84.1 „Mechanische Komplikation durch eine interne Osteosynthesevorrichtung an Extremitätenknochen“ herausgefiltert. Dies entsprach einer Anzahl von 779 Fällen. Anschließend wurden anhand der Krankenakten sowie der Röntgenbilder alle Fälle mit dem Versagen einer Plattenosteosynthese herausgearbeitet. Ausgeschlossen wurden Plattenosteosynthesen bei Humeruskopffrakturen sowie von hüftgelenknahen Brüchen, deren Versagensspezifik vielmehr dem Problem der Implantatverankerung im jeweiligen Kopffragment als dem eigentlichen Funktionsprinzip der Platte geschuldet ist. Hiernach fanden sich insgesamt 49 Fälle, was einem Anteil von lediglich 6,3 % aller mechanischen Komplikationen nach dem Schlüssel T84.1 entspricht.

Als 3 Versagenskriterien wurden

  • der Plattenbruch,

  • Schraubenlockerung bzw. -bruch auf einer Seite der Platte und

  • die Fraktur am Plattenende

definiert. In Bezug auf die jeweilige Versagensursache wurden alle Fälle folgendermaßen eingeteilt:

  • adäquates Trauma,

  • inadäquate Lasteinwirkung als Ausdruck für eine vorbestehend geschwächte Knochenstruktur (z. B. Osteoporose),

  • verzögerte Frakturheilung bzw. Pseudarthrose (keine Konsolidierung der primären Fraktur nach 8 Wochen) und

  • fehlendes Traumaereignis.

Zusätzlich wurden die Fälle hinsichtlich ihrer Lokalisation an den langen Röhrenknochen der oberen und unteren Extremität unter Berücksichtigung des betroffenen dia- oder epi-/metaphysären Segments in Anlehnung an die Müller-AO-Klassifikation (AO: Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen) gegliedert. Des Weiteren wurde für alle Fälle die jeweils gewählte operative Versorgungsstrategie erfasst und der Versagensursache gegenübergestellt.

Der in Abb. 1 dargestellte ausgewählte Fall zeigt den „worst case“ einer 69-jährigen Patientin mit kompliziertem Heilverlauf einer primär geschlossenen Humerusschaftfraktur nach Fahrradsturz. Im mittlerweile insgesamt 44 Monate andauernden Behandlungsverlauf traten alle 3 genannten Versagensmuster einer Plattenosteosynthese auf. Trotz adäquater operativer Versorgungen war es bis zum aktuellen Zeitpunkt nicht möglich, einen definitiven Ausheilungszustand zu erreichen. Die Behandlung dauert noch an.

Abb. 1
figure 1

Komplizierter Behandlungsverlauf einer Humerusschaftfraktur (a), primär plattenosteosynthetische Stabilisierung (b), Fraktur am distalen Plattenende nach erneutem Sturz 2 Monate später (c), anschließende zusätzliche Verplattung (d), distaler Schraubenausriss 3 Monate nach primärem Unfall bei verzögerter Frakturheilung (e), Reosteosynthese mit Spongiosaplastik (f), Plattenbruch nach 11 Monaten bei persistierender Pseudarthrose (g), wiederholte Verplattung mit Anlagerung von Spongiosa (h), Plattenausriss nach 26 Monaten bei weiterhin ausbleibender Frakturheilung (i), Plattenrevision mit zusätzlicher Locking-Attachment-Platte (Fa. Synthes, j), nach 44 Monaten weiterhin unvollständige knöcherne Durchbauung (k)

Ergebnisse

Die Auswertung der gefilterten Fälle schloss insgesamt 34 Frauen und 15 Männer ein, was einem Geschlechterverhältnis von etwa 2:1 entspricht. Das mittlere Lebensalter unterschied sich signifikant zu Ungunsten der zumeist geriatrischen weiblichen Patienten mit durchschnittlich 71 ± 14,6 Jahren gegenüber 47 ± 13,7 Jahren bei Männern im zumeist erwerbstätigen Lebensabschnitt (Abb. 2).

Das Versagen der Plattenosteosynthese war unerwarteterweise am häufigsten im diaphysären Bereich der Röhrenknochen zu finden. Hierbei waren der Unterarm zu 28 %, Humerus und Femur jeweils zu 15 % und die Tibia zu 13 % betroffen. Im Bereich der epi-/metaphysären Segmente kam es lediglich bei einem Teil der Plattenosteosynthesen, zwischen 0 und 6 % der Fälle, zu einem Versagen derselben (Abb. 3).

Hinsichtlich der Art des Versagens wurde in 21 Fällen ein Bruch der Platte auf der ehemaligen Frakturhöhe (43 %) festgestellt, in jeweils 14 Fällen (je 29 %) versagte das Konstrukt durch Schraubenbruch bzw. -auslockerung oder aber der Patient erlitt eine neuerliche periimplantäre Fraktur am Plattenende (Abb. 4).

In den Fällen, in denen ein Plattenbruch zum Osteosyntheseversagen geführt hatte, war 19-mal (90,5 %) eine verzögerte Frakturheilung bzw. Pseudarthrose ursächlich. In jeweils 1 Fall waren ein adäquates Trauma bzw. eine inadäquate Lasteinwirkung eruierbar.

Verplattungen, bei denen Schraubenlockerungen bzw. -brüche zum Versagen geführt hatten, wurden 6-mal nach inadäquatem Trauma bei Osteoporose und ebenfalls 6-mal im Rahmen einer ausbleibenden Frakturheilung (jeweils 42,9 %) gesehen. In lediglich 2 Fällen wurde das Versagen durch ein adäquates Unfallereignis provoziert.

Eine periimplantäre Fraktur am Ende der einliegenden Platte dagegen war fast immer mit einem Unfallereignis assoziiert. Auffällig war jedoch, dass hierbei das Ereignis in 7 Fällen (50 %) als inadäquat einzustufen war. Hierunter waren 5 Frauen jenseits des 65. Lebensjahres. Bei 5 Patienten (35,7 %), allesamt Männer im erwerbsfähigen Alter, konnte die periimplantäre Fraktur auf eine adäquate Lasteinwirkung, zumeist im Rahmen von Mehrfachverletzungen oder von Polytraumen, zurückgeführt werden. In lediglich 2 Fällen (14,3 %) kam es zu einer sog. Spontanfraktur im Sinne eines Ermüdungsbruchs ohne nachvollziehbares Unfallereignis.

Tab. 1 bietet einen Überblick über die Fallverteilung in Bezug auf Art und Ursache des Plattenosteosyntheseversagens.

Abb. 2
figure 2

Altersverteilung

Abb. 3
figure 3

Lokalisationsverteilung des Versagens von Plattenosteosynthesen im Bereich der langen Röhrenknochen in Anlehnung an die AO-Klassifikation (AO Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen)

Tab. 1 Fallverteilung nach Versagensart und -ursache

Hinsichtlich der angewendeten operativen Versorgungsstrategien wurde bei Plattenbrüchen infolge einer verzögerten Knochenbruchheilung (n = 21) neben der Metallentfernung (ME) zumeist eine Reosteosynthese mit Platte und zusätzlicher Anlagerung von autologem Knochenmaterial durchgeführt (n = 9). Bei entsprechend gelenknaher Lokalisation wurde 4-mal die Indikation zum endoprothetischen Ersatz gestellt. Auch für ein Plattenversagen durch Schraubenlockerung oder -bruch wurden am häufigsten (n = 6) die ME und die erneute Verplattung mit Spongiosaplastik gewählt. Am zweithäufigsten (n = 5) kam hierfür eine erneute Plattenosteosynthese ohne zusätzliche Anlagerung von autologem Knochenmaterial zum Einsatz. Bei periimplantären Frakturen am Plattenende wurde 5-mal eine zusätzliche, überlappende Platte unter Belassen des alten Implantates eingesetzt. Jeweils 2-mal wurde entweder auf eine Marknagelung mit Spongiosaplastik oder aber auf eine Endoprothese konvertiert. Einen Überblick über die angewandten Operationsstrategien bietet Abb. 5.

Abb. 4
figure 4

Verteilung der 3 Versagensarten der Plattenosteosynthese

Abb. 5
figure 5

Überblick operativer Versorgungsstrategien in Bezug auf die einzelnen Versagensformen der Plattenosteosynthese, Fix. ext. Fixateur externe, ME Materialenfernung, zusätzl. zusätzlich

Diskussion

Bis heute wurde die Plattenosteosynthese, mit Ausnahme von Unterarmschaftfrakturen, in Hinblick auf die Versorgung diaphysärer Frakturen weitgehend von der Marknagelung verdrängt. Dies äußert sich auch darin, dass Fälle eines plattenassoziierten Osteosyntheseversagens an langen Röhrenknochen, bezogen auf die Gesamtheit mechanischer Komplikationen durch interne Osteosynthesevorrichtungen (ICD-10: T84.1), recht selten sind (6,3 %). Die Platte ist jedoch gerade bei epi-/metaphysären Frakturen immer noch das Verfahren der Wahl. Insbesondere durch die bahnbrechenden Entwicklungen in Bezug auf das Plattendesign stehen uns heute moderne Plattensysteme mit anatomischer Vorformung, unterschnittenem, kontaktlimitierendem Design und winkelstabiler Schraubenverankerung zur Verfügung.

Fraktur am Plattenende

Die klassische Spontanfraktur des Knochens im Sinne des Ermüdungsbruchs am Plattenende stellt heutzutage eine Rarität dar und hat im klinischen Alltag unserer Erfahrung nach keine relevante Bedeutung. So erfordert eine periimplantäre Fraktur in der Regel ein mehr oder minder adäquates Traumaereignis.

Von den im Lauf der Entwicklung der Plattenosteosynthese postulierten Ursachenmodellen muss die mechanische Vorstellung der Stressprotektion des Knochens unter der Platte als veraltet angesehen werden [1, 4]. Die von Perren [3] beschriebene sog. frühe Porose des plattennahen Knochens infolge der periostalen Minderperfusion ist zwar weithin plausibel und anerkannt. Ihre Bedeutung für eine lokale Knochenrarefizierung unterhalb der Platte als Ursache für das Versagen von Plattenfixationen scheint jedoch heutzutage durch zumeist unterschnittene Low-Contact-Plattendesigns oder winkelstabile Konstrukte in den Hintergrund zu treten. Vielmehr bedürfen Frakturen am Ende des mit der Platte geschienten Knochenabschnitts beim gesundem Knochen einer entsprechend hohen kinetischen Energie, was sich in unserer Analyse in den in dieser Gruppe mit einem hohen Anteil vertretenen zumeist mehrfachverletzten bzw. polytraumatisierten, in der Regel männlichen Patienten im erwerbsfähigen Alter widerspiegelt. Demgegenüber steht eine im klinischen Alltag immer präsenter werdende Gruppe geriatrischer Patienten zumeist weiblichen Geschlechts, bei denen bereits inadäquate Lasteinwirkungen, z. B. infolge eines simplen Sturzes aus dem Stand oder Gang, zu periimplantären Brüchen führen können. Die generalisierte Schwächung des spröden Knochens im Rahmen der Osteoporose muss also als weitere Ursache angesehen werden und wird künftig zunehmende Bedeutung erlangen.

In den meisten Fällen kann plattennahen Frakturen mit einer neuerlichen Plattenosteosynthese, zumeist in um 90 ° versetzter Position, begegnet werden. Das bereits einliegende Implantat stört hierbei in der Regel nicht und kann daher belassen werden, insbesondere wenn die primär erlittene Fraktur noch nicht ausreichend knöchern durchbaut erscheint.

Osteosyntheseversagen durch Plattenbruch

Als häufigste Ursache für einen Plattenbruch erwies sich in unserer Analyse eine verzögerte Frakturheilung über die 8. postoperative Woche hinaus, bei der fortwährende, repetitive Lastwechsel letztlich zum mechanischen Versagen des Implantats führten. Die Gründe für den gestörten knöchernen Heilungsprozess sind vielfältig und wurden im Rahmen unserer Datenanalyse nicht mit berücksichtigt. Sie reichen jedoch bekanntermaßen von mechanischen Ursachen im Sinne der fehlerhaften Anwendung bzw. Missachtung biomechanischer Prinzipien der Plattenosteosynthese über Nutritionsstörungen im Frakturbereich, nicht selten infolge einer begleitenden traumatischen Schädigung der umgebenden Weichteile, bis hin zu infektassoziierten Störungen der Frakturkonsolidierung.

In jedem Fall sollte das unfallchirurgische Bestreben primär darin liegen, dem Versagen der Platte entweder durch geeignete supportiv-konservative (z. B. gepulster Ultraschall, extrakorporale Stoßwellenbehandlung) oder adäquate chirurgische Maßnahmen (z. B. Korrektur mechanischer Ursachen, Spongiosaplastik, knochenwachstumsstimulierende Faktoren, Infektbehandlung durch chirurgische Sanierung usw.) zuvorzukommen.

Ist es erst einmal zum Implantantbruch gekommen, ist in der Regel eine vollständige Materialentfernung angezeigt, bevor eine Reosteosynthese erfolgen kann. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ursache für eine ausbleibende Heilung sind entsprechende Maßnahmen wie die Anfrischung der Pseudarthrose und eine Spongiosaplastik bis hin zur Beimengung von Knochenwachstumsfaktoren erforderlich. Wir wählten in der überwiegenden Zahl der Fälle erneut die Stabilisierung mittels Plattenfixation. Alternativ sollte jedoch auch ein Verfahrenswechsel auf eine intramedulläre Osteosynthese in Betracht gezogen werden. Bei sehr gelenknahen Heilungsstörungen und entsprechender Indikation stellt auch der sekundäre endoprothetische Ersatz eine zielführende Strategie dar.

Osteosyntheseversagen durch Schraubenlockerung oder -bruch

Der nachweisbare Alterspeak beim weiblichen Geschlecht (Durchschnittsalter 71 Jahre) sowie die Häufigkeit des Plattenversagens auf Basis eines inadäquaten Unfallereignisses in Verbindung mit Schraubenlockerungen sind eklatant. In Zusammenschau dessen muss die generalisierte Kalksalzminderung im Rahmen einer postmenopausalen Osteoporose als Hauptursache für das durch Schraubenauslockerungen verursachte Versagen einer Plattenosteosynthese angenommen werden. Auffällig hierbei ist, dass das lockerungsbedingte Versagen der Plattenfixation zumeist im Bereich der Diaphyse und weniger im epi-/metaphysären Segment lokalisiert ist. Es ist zu vermuten, dass moderne, anatomisch vorgeformte Plattensysteme dem kortexschwachen gelenknahen Knochen in den meisten Designs durch eine hohe Anzahl von Plattenlöchern mit strategisch günstigen Schraubenverläufen Rechnung tragen. Die kortikale Ausdünnung und spongiöse Rarefizierung im Schaftanteil osteoporotischer Knochen scheinen jedoch im Plattendesign häufig noch nicht ausreichend berücksichtigt zu sein. Zukünftig besteht im Hinblick auf den demografischen Wandel der mitteleuropäischen Bevölkerung mit stetig steigender Zahl geriatrischer Patienten diesbezüglich weiteres Entwicklungspotenzial für moderne Implantate. Außerdem kann die Verwendung möglichst langer Platten im Sinne der großzügigen Schienung weiterer Abschnitte des dia- und metaphysären Knochens bei zugleich deutlich höherer Ausrissfestigkeit des Plattenkonstrukts zur Vermeidung von Schraubenlockerung oder auch plattennaher Frakturen beitragen.

Wann immer möglich, sollten sog. Sollbruchstellen an Stressübergängen, z. B. durch Überlappung von intra- und extramedullären Implantaten, vermieden werden [4]. Nicht zuletzt muss bei unseren betagten Patienten zukünftig neben dem eigentlichen chirurgischen Akt der operativen Frakturversorgung zwingend vermehrtes Augenmerk auf eine entsprechende medikamentöse Therapie der Osteoporose im Sinne der primären oder sekundären Prävention gelegt werden.

Resümee

Für die hier vorgestellte retrospektive Fallanalyse sind abschließend einige Limitierungen zu nennen. So erscheint das untersuchte Patientengut hinsichtlich der Frakturlokalisation sehr heterogen, und Osteosyntheseversagen an unbelasteter oberer und körperlasttragender unterer Extremität sind nur eingeschränkt vergleichbar. Auch fanden die Implantatgröße und das -material, das jeweilige Design und das diesem entsprechende biomechanische Fixationsprinzip keine Berücksichtigung. Dennoch geben die präsentierten Zahlen gute Hinweise und einen interessanten Ausblick darauf, welche Faktoren das Versagen einer Plattenosteosynthese bzw. einer periimplantären Fraktur begünstigen und welche sekundären Operationsstrategien Erfolg versprechend sind.

Fazit für die Praxis

  • Plattenosteosyntheseversagen treten im Vergleich zu mechanischen Komplikationen bei anderen internen Fixationen selten auf.

  • Bei plattennahen Frakturen gilt das mechanische Ursachenmodell der Stressprotektion als veraltet.

  • Die frühe Porose des unter der Platte befindlichen Knochens als Folge der kompromittierten periostalen Nutrition hat als biologische Ursache nach wie vor ihre Berechtigung. Dem wird jedoch durch moderne Plattendesigns adäquat Rechnung getragen. Vielmehr sind plattennahe Frakturen beim gesunden Knochen in der Regel Folge hoher kinetischer Energien z. B. im Rahmen von Rasanztraumen, während beim spröden osteoporotischen Knochen oft schon ein einfacher Sturz ausreichend ist.

  • Die häufigste Ursache für das Versagen einer Plattenosteosynthese bleibt ein Bruch der Platte auf ehemaliger Frakturhöhe bei verzögerter knöcherner Konsolidierung. Die hierfür zugrunde liegende Ursache sollte möglichst früh erkannt und konsequent adressiert werden, bevor es zum Plattenbruch kommt.

  • Ein Versagen der Plattenosteosynthese durch Schraubenlockerung oder -bruch kommt meist bei betagten weiblichen Patienten vor und scheint in der überwiegenden Zahl der Fälle einer Osteoporose zuzuschreiben zu sein.

  • Letztlich werden osteoporosebedingte Osteosyntheseversagen nicht nur im Hinblick auf die Plattenfixation in Zukunft einen immer bedeutenderen Stellenwert im Management periimplantärer Frakturen haben.