Als Synostosen werden Verbindungen zweier Knochen bezeichnet, die sowohl angeboren als auch posttraumatisch auftreten können. Eine solche Vereinigung führt im Fall einer radioulnaren Fusion in der Regel zur Aufhebung der Unterarmumwendbewegung und kann somit deutliche Einschränkungen im alltäglichen Leben des Patienten zur Folge haben. Die Behandlung erfolgt nicht einheitlich, und die Ergebnisse sind häufig nicht zufriedenstellend.

Im Folgenden soll im Speziellen die Behandlung der posttraumatischen radioulnaren Synostosen des proximalen Unterarms im Kindesalter betrachtet werden.

Hintergrund

Die posttraumatische radioulnare Synostose des proximalen Unterarms im Kindesalter stellt eine seltene Komplikation nach Radiusköpfchen- bzw. -hals- und proximalen Unterarmfrakturen sowie Ellenbogenluxationen dar [9, 21, 25].

Historie und Klassifikation

Die als Synostose bezeichnete Kallusbrücke zwischen Radius und Ulna, welche die Pro- und Supination des Unterarms aufhebt, wurde 1864 erstmalig von Gross [8] beschrieben. Der erste Bericht einer solchen an Kindern wurde von Mouchet [23] im Jahre 1900 veröffentlicht.

In der existierenden Literatur sind posttraumatische radioulnare Synostosen in der Regel im Rahmen von Fallbeispielen und kleineren Fallbeispielserien beschrieben [6, 31, 36]. Vince u. Miller [36] analysierten 1987 10 Kinder mit radioulnaren Synostosen nach Unterarmfrakturen oder -osteotomien. Dieser Veröffentlichung ging eine Studie zu Synostosen im Erwachsenenalter voraus [35]. Die Autoren beschrieben eine Inzidenz von 2 % in einer Population von 2318 Erwachsenen mit Unterarmfrakturen und entwickelten ein auf der Lokalisation der Synostose beruhendes Klassifikationssystem aus 3 Typen [35]:

  • Typ 1 (distaler Typ) ist dem distalen intraartikulären Bereich des Unterarms zugeordnet,

  • Typ 2 (diaphysär) dem mittleren extraartikulären und

  • Typ 3 (proximal) dem proximalen Unterarmdrittel.

Jupiter u. Ring [15] entwickelten zusätzlich eine Subklassifikation der nach Vince u. Miller [35] als Typ 3 klassifizierten Synostose. Sie beschrieben

  • einen Typ A, lokalisiert distal der Tuberositas radii,

  • einen Typ B im Bereich des radioulnaren Gelenks und

  • einen Typ C mit additiver Ankylose des Ellenbogengelenks mit zusätzlichen humeroulnaren Ossifikationen [15].

Therapieempfehlungen

In der Literatur existiert derzeit keine standardisierte Behandlungsmethode. Mehrere operative Verfahren mit und ohne Interpositionstechniken sind beschrieben [1, 15, 16, 29, 36, 38]. Der richtige Zeitpunkt der Behandlung stellt ebenfalls einen wichtigen Diskussionspunkt dar. Vince u. Miller [36] beschrieben einerseits erhöhte Rezidivraten nach früher Synostosenresektion, andererseits kann eine verspätete Resektion durch Vernarbungen und osteophytäre Knochendeformitäten erschwert werden.

Aufgrund von fehlenden Behandlungsempfehlungen und der begrenzten Literatur werteten wir alle Kinder und Jugendlichen mit posttraumatischer Synostose, die innerhalb der letzten 15 Jahre in unserer Klinik operativ behandelt wurden, aus, um eine Empfehlung hinsichtlich des Behandlungszeitpunkts und der operativen Technik zu erarbeiten.

Klinische Ergebnisse

Patienten

Unser Patientengut umfasste 8 operativ behandelte Patienten mit posttraumatischen Synostosen im Bereich des proximalen Unterarms (Typ 3 nach Vince u. Miller [36]). Ursache der radioulnaren Synostose waren Radiusköpfchen- bzw. -halsfrakturen (5 Kinder), und proximale Unterarmfrakturen (3 Kinder). Bei den Patienten handelte es sich um 4 Mädchen und 4 Jungen.

Das Durchschnittsalter der Kinder zum Zeitpunkt der Fraktur betrug 9,0 ± 2,56 Jahre (6 bis 14 Jahre) und zum Zeitpunkt der operativen Therapie 11,9 ± 3,09 Jahre (7 bis 16 Jahre).

Art und Zeitpunkt der Therapie

Bei 5 Patienten erfolgte die Resektion der Synostose ohne Interpositionsverfahren, 2-mal mit gleichzeitiger Arthrolyse des Ellenbogengelenks und 1-mal mit Interposition eines lokalen Faszienlappens (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Proximale radioulnare Synostose bei einem 10-jährigen Jungen nach Radiushalsfraktur (a,b), Resektion der Synostose 10 Monate nach dem initialen Trauma (c,d)

Die früheste Synostosentherapie erfolgte 5 Monate, die späteste 5 Jahre nach dem Trauma. 2 Patienten wurden primär mittels Radiusköpfchenresektion und Ellenbogengelenkarthrolyse aufgrund von Osteophyten, Weichteilvernarbungen und vorangeschrittener Ellenbogengelenkankylose 6 bzw. 7 Jahre nach Radiushalsfraktur behandelt.

Mit Ausnahme einer Patientin erhielten alle anderen Kinder postoperativ eine Ossifikationsprophylaxe mittels NSAID („non steroidal anti inflammatory drugs“). Postoperativ bestrahlt wurden 3 Patienten.

Resultate

Bei 2 Kindern schlug die primäre Therapie der Synostose fehl. Bei dem Patienten mit der längsten zeitlichen Spanne zwischen dem Trauma und der Resektion der Synostose (5 Jahre) erfolgte schließlich die Radiusköpfchenresektion. Einmalig wurde auf Wunsch der Eltern keine operative Therapie einer Rezidivsynostose durchgeführt. Bei dem Patienten mit Interposition des lokalen Faszienlappens mussten im Verlauf (1 Monat nach der Operation) eine Narkosemobilisation und Physiotherapie mittels Regionalanästhesie durchgeführt werden.

Eine Verbesserung des Bewegungsausmaßes im Vergleich zur präoperativen eingesteiften Situation konnte bei allen Patienten beobachtet werden. Das durchschnittliche Bewegungsausmaß für Pronation/Supination betrug postoperativ 36 °/0 °/53 °. Jedoch kam es bei allen Patienten zu einem postoperativen Verlust des intraoperativ erlangten Bewegungsausmaßes.

Diskussion

Die proximale radioulnare Synostose ist selten. Sie stellt eine ernsthafte Komplikation nach Radiusköpfchen- bzw. -halsfrakturen [7, 22, 25, 33, 34], aber auch nach Radiusköpfchenluxationen oder Monteggia-Frakturen dar und ist nach operativer Behandlung von deutlich dislozierten Frakturen beschrieben [3, 5, 19, 28]. Neben Dislokationen wurden auch periostale Interposition [26], Operationstraumen [4, 10] sowie wiederholte Manipulation [31] in der Literatur als Ursache genannt.

Newman [25] beobachtete ein Auftreten in 10 % seiner Fälle. Nenopoulus et al. [24] wiederum beschrieben in ihrer aus 45 Kindern bestehenden Studienpopulation eine Inzidenz von 9 % mit Ausbildung nach dislozierten Frakturen. Vocke u. von Laer [37] berichteten in ihrer Publikation, dass es nach Radiusköpfchenfrakturen in 1 von 38 Fällen zur Ausbildung einer Synostose kam. Häßle u. Mellerowicz [9] analysierten 116 Frakturen des proximalen Unterarms im Kindesalter und konnten die Ausbildung von 2 radioulnaren Synostosen beobachten. Sie berichteten, dass in allen Fällen eine Seitdislokation des Radiusköpfchens bzw. -halses zwischen 2 und 5 mm vorlag. Ähnliches wurde auch von Newman [25] beobachtet, in 4 von 5 Fällen, in denen es zur Ausbildung einer Synostose kam, lag eine Seitdislokation von mehr als 2 mm vor.

Ebenso wie die Ursache der Synostenausbildung nicht endgültig geklärt ist, besteht auch keine Einigkeit über die richtige Art sowie den korrekten Zeitpunkt der Behandlung. Im Erwachsenenalter empfahlen Vince u. Miller [35] die Synostosenentfernung nach Ablauf 1 Jahres nach Verletzung, um den Abschluss der Kallusformation abzuwarten, im Kindesalter warnten sie jedoch vor einer zu späten Resektion, da durch Vernarbungen und Kontrakturen bei lange bestehender Synostose eine Wiedergewinnung des Bewegungsausmaßes erschwert sein kann. Im Gegensatz dazu empfahl Ogden [27] die Resektion im Lauf der ersten 6 Monate.

In unserem Patientengut betrug der Zeitraum bis zur Entfernung der Synostose nach dem Trauma in 5 Fällen zwischen 5 und 30 Monate. Alle Patienten, bei denen die Operation im Intervall von weniger als 30 Monaten nach dem Trauma erfolgte, wurden durch Resektion der Synostose behandelt, und die Ergebnisse waren akzeptabel, sodass wir uns der Empfehlung von Vince u. Miller [36] anschließen.

In 2 von 3 Fällen, bei denen die primäre Therapie der Synostose erst mehr als 5 Jahre nach dem Trauma durchgeführt wurde, erfolgte primär die Radiusköpfchenresektion aufgrund von deutlichen Osteophyten, Weichteilvernarbungen und einer vorangeschrittenen Ankylose des Ellenbogengelenks. In beiden Fällen kam es nicht zur Rezidivausbildung. Im 3. Fall wurde primär nur die Synostose reseziert, es kam jedoch zum Rezidiv, weshalb dann auch in diesem Fall das Radiusköpfchen reseziert wurde.

Merke

Die Radiusköpfchenresektion im Kindes- und Jugendalter sollte als Salvage-Prozedur angesehen und nur nach sorgfältiger Indikationsstellung in Erwägung gezogen werden.

Die Behandlungsmöglichkeiten der radioulnaren Synostose sind in der Regel in Fallbeispielen oder kleinen Fallserien beschrieben [1, 17, 21, 29, 36]. Aner et al. [1] berichteten über 2 Fälle radioulnarer Synostosen. Einmal wurde die Resektion ohne Interponat, 33 Monate nach initialer Frakturversorgung, mit einem resultierenden Bewegungsausmaß von 45 °/0 °/70 ° Pronation/Supination, durchgeführt. Im zweiten Fall erfolgte bei einer Typ-2-Synostose nach Vince u. Miller [36] die Resektion 8 Monate nach initialer Versorgung mittels Interposition eines GORE-TEX® Vascular Grafts um die Ulna als experimentelles Vorgehen. Hiermit konnte ein Bewegungsausmaß von 80 °/0 °/90 ° erreicht werden. Die Autoren berichteten ein ansteigendes Risiko für die Ausbildung von Synostosen nach dem Alter von 10 Jahren und bei ausgeprägter Frakturdislokation [1]. Wierer et al. [38] wendeten die Methode von Kamineni et al. [16] mittels Segmentresektion von 1 cm des Knochens (des Radius unter Belassen der Synostose) in einem Fallbeispiel mit gutem Ergebnis an. Auch die Behandlung mittels Radiusköpfchenresektion als Salvage-Prozedur ist in der Literatur mit guten Ergebnissen beschrieben [11, 12].

Die Interposition von freien vaskularisierten Faszienfettlappen [17] oder Silikonmembranen [29] nach Synostosenresektion ist publiziert. Von Laer [20] erwähnte 2004, dass eine erfolgreiche Behandlung von posttraumatischen Synostosen wahrscheinlicher ist als die von kongenitalen Synostosen und dass die Interposition von vaskularisierten Transplantaten vielversprechend sei.

Im Falle der Synostosenresektion mit Interposition eines lokalen Faszienlappens erfolgte in unserem Patientengut 1 Monat nach der Operation die Narkosemobilisation bei zunehmender Bewegungseinschränkung. Dies war aber aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine unzureichende Physiotherapie zurückzuführen. Die postoperative Nachbehandlung stellt, neben dem Zeitpunkt der Resektion und der operativen Technik, daher einen wichtigen und bisher wenig untersuchten Punkt dar. Insbesondere da alle Patienten postoperativ eine Abnahme des intraoperativ erzielten Bewegungsausmaßes zeigten, sind unserer Ansicht nach die intensive krankengymnastische Nachbehandlung und engmaschige Kontrolle der Kinder zur Überprüfung des Therapieerfolgs unabdingbar. Diese Patienten sollten engmaschig nachuntersucht und an die Klinik gebunden werden.

Merke

Die postoperative intensive Physiotherapie und engmaschige Kontrolle sind unverzichtbar, um einem Verlust des Bewegungsausmaßes vorzubeugen.

Diese Einschätzung wird unserer Meinung nach durch die Tatsache bekräftigt, dass alle Kinder auch ohne radiologisches Synostosenrezidiv postoperativ einen Verlust der Beweglichkeit erlitten, was am ehesten auf Weichteilkontrakturen zurückzuführen ist und somit initial intensiv physiotherapeutisch angegangen werden sollte.

Wir führten zusätzlich die medikamentöse Rezidivprophylaxe mittels eines Antiphlogistikums, wie auch von anderen Autoren in der Literatur beschrieben [30, 32], durch, wobei dies nicht evident ist und in der Literatur gerade in Bezug auf Kinder hierzu keine Aussage getroffen wird. Die Bestrahlung wird ebenfalls kontrovers diskutiert [2, 18], wobei diese bei verzögert diagnostizierten und behandelten Synostosen mit osteophytären Ausziehungen und Ankylosen in Einzelfällen angewendet wurde. Dies geht allerdings nur auf Daten aus der Behandlung von periartikulären Ossifikationen bei Erwachsenen oder Schädel-Hirn-Verletzter zurück [2, 13, 14, 18].

Resümee

Zusammenfassend zeigen unsere Ergebnisse, dass die Behandlung der Typ-3-Synostose eine weiterhin schwierige Aufgabe darstellt, deren Ergebnisse nicht zufriedenstellend sind. In unserem Patientengut konnte in 7 von 8 Fällen ohne Zuhilfenahme der oben genannten Interponate eine durchschnittliche Beweglichkeit von etwa 40 °/0 °/50 ° für Pronation/Supination erreicht werden.

Eine sehr lange zeitliche Verzögerung kann unserer Meinung nach, ähnlich wie bei Vince u. Miller [36] erwähnt, zu Vernarbungen des Weichteilgewebes führen und eine Wiedergewinnung des Bewegungsausmaßes erschweren. Unsere Ergebnisse unterstützen diese Erfahrungen, denn insbesondere die sehr späten Behandlungen in unserer Patientengruppe waren alle von Radiusköpfchenresektionen gefolgt.

Bei verzögert diagnostizierter Synostose und sehr späten Resektionen sowie bei Vorliegen eines ankylotischen Ellenbogengelenks kann die Radiusköpfchenresektion mit oder ohne Arthrolyse eine Salvage-Prozedur darstellen und zu akzeptablen Ergebnissen führen, wobei die hiermit erreichte durchschnittliche Bewegung in unserem Kollektiv nicht zufriedenstellend war.

Fazit für die Praxis

  • Die Resektion der posttraumatischen proximalen radioulnaren Synostose sollte im Intervall zwischen 6 und 24 Monaten erfolgen, da dabei anscheinend die besten Ergebnisse erzielt werden können.

  • Eine intensive und engmaschige Physiotherapie und Nachuntersuchung sind dringend zu empfehlen, um die intraoperativ erzielte Beweglichkeit aufrechtzuerhalten.