Zusammenfassung
Stürze sind vermeidbar. Mit einer gut gestalteten Sturzprävention im Krankenhaus und Pflegeheim lassen sie sich nachweislich verringern. Dabei werden die Maßnahmen so konzipiert, dass die Faktoren für ein Sturzrisiko minimiert werden können. Ein wesentliches Instrument auf der Grundlage der aktuellen Pflegeforschung ist der nationale Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege. Mit seiner Hilfe ist eine adäquate, multidimensionale und systematische Sturzprophylaxe möglich. Er ist für die Versorgung sowohl im Krankenhaus als auch im Pflegeheim gültig und anwendbar.
Abstract
Falls can be prevented. Evidence indicates that they can be reduced by a well-conceived fall prevention program in hospitals and nursing homes. The measures are designed in such a fashion that risk factors for falls can be minimized. An important instrument based on current healthcare research is the national expert consensus guideline on fall prevention in nursing care which helps to ensure that adequate, multidimensional, and systematic fall prevention is possible. It applies to both hospital and nursing home care.
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Die Sturzprävention im Krankenhaus und Pflegeheim stellt einen wesentlichen Teil der pflegerischen Arbeit dar. Besonders ältere Menschen stürzen häufiger. Die Sturzinzidenz im Krankenhaus bei 46- bis 55-jährigen Patienten liegt bei 1,29 bezogen auf 1000 Pflegetage. Sie verfünffacht sich bei über 85-Jährigen auf 5,61 [1]. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt die Sturzprävention zunehmend an Bedeutung.
Im vorliegenden Beitrag wird auf die Thematik Sturz eingegangen, und der nationale Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege [1] wird kurz vorgestellt.
Definition
„Ein Sturz ist ein plötzliches, nicht willentlich beeinflussbares Gelangen auf dem Boden oder eine andere, im Vergleich zur Ausgangslage deutlich tiefer gelegene Ebene. Ausgeschlossen sind hierbei Stürze, die durch Kollision mit Fahrzeugen entstehen; nicht ausgeschlossen sind Stürze infolge Herzinfarkt, Schlaganfälle und jede Form plötzlichen Bewusstseinsverlustes“ [3]
Sturzfolgen
Sie betreffen verschiedene Ebenen. Durch die Vielzahl der möglichen Konsequenzen stellen sie ein gravierendes Problem dar. Auswirkungen eines Sturzes können physischer, psychischer und ökonomischer Art sein.
Physische Folgen
Hierzu zählen beispielsweise Mortalität, hüftnahe Frakturen und Immobilität.
Psychische Folgen
Ein zentrales Thema hierbei stellt die Angst dar. Zum einem ist die Angst vor dem Stürzen eine wesentliche Sturzursache und zum anderen begünstigt sie den Verlust des Vertrauens in die eigene Mobilität, was zu einer massiven Einschränkung der Lebensqualität des Betroffenen führen kann [1, 4].
Ökonomische Folgen
Die ökonomischen Folgen für die Krankenhäuser und Pflegeheime spiegeln sich in resultierenden Imageschäden, haftungsrechtlichen Konsequenzen und erhöhten Kosten wider.
Sturzprävention
Stürze sind keine unvermeidbaren Schicksalsschläge. Mit einer konsequenten Sturzprävention können sie nachhaltig vermieden werden. Hierbei ist von einer umfassenden, individuellen Sturzprävention auszugehen, welche viel mehr beinhaltet, als freiheitsbeschränkte Maßnahmen zu verordnen. Sie ist gekennzeichnet durch [4]:
-
das Erfassen von individuellen Sturz- und Sturzfolgerisiken,
-
das Analysieren der jeweiligen Ressourcen und
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dem Ableiten von multimodalen Maßnahmen.
Dabei ist die Individualität jedes Einzelnen unbedingt zu berücksichtigen.
Expertenstandard
Den 3 oben genannten Ebenen der Sturzprävention wird der Nationale Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) [1] gerecht. Aus diesem Grund wird der Aufbau nationaler Expertenstandards grob vorgestellt.
Expertenstandards verstehen sich als ein evidenzbasiertes Instrument, mit dessen Hilfe Qualität von Leistungen definiert, eingeführt und bewertet werden kann. Sie unterstützen die Pflegenden, ihre hohe Verantwortung gegenüber den Pflegebedürftigen gerecht zu werden. Sie spiegeln den aktuellen Stand der Pflegeforschung und -wissenschaft wider.
Expertenstandards sind nach Donabedian [2] in Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterteilt und beinhalten verschiedene Ebenen, welche die jeweiligen Einrichtungen erfüllen sollen.
Jeder Expertenstandard verfügt über eine Standardaussage, die Standardaussage des Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege lautet:
„Jeder Patient/Bewohner mit einem erhöhten Sturzrisiko erhält eine Sturzprophylaxe, die Stürze verhindert oder Sturzfolgen minimiert.“
Um dieser großen Anforderung gerecht zu werden, wurden die Ebenen mit folgenden Inhalten gefüllt:
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Die erste Ebene stellt die Identifikation des Sturzrisikos dar.
-
Die zweite Ebene fordert die Information und Beratung des Patienten bzw. Bewohners bezüglich der individuellen Sturzrisikofaktoren und der geeigneten Interventionen.
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In der dritten Ebene wird die Erstellung des Maßnahmenplans festgehalten [1]. Beispielhaft werden anschließend besondere Maßnahmen genannt:
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Balance- und Kräftetraining,
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angemessene, gut funktionierende Hilfsmittel,
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Umfeldgestaltung und
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Transfertechniken.
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Die Gewährleistung der Maßnahmen für die Sturzprävention wird mit der vierten Ebene eingefordert.
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Die Informationsweitergabe über das Sturzrisiko an alle an der Versorgung Beteiligten ist in der fünften Ebene festgehalten.
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Die sechste und letzte Ebene des Expertenstandards widmet sich der systematischen Sturzerfassung und -analyse.
Zusammengefasst versteht sich der Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege als eine Sammlung von Zielaussagen, welche in Struktur-, Prozess- und Ergebnissaussagen unterteilt sind und sich auf die Pflegefachkraft, die Einrichtung und den Patienten bzw. Bewohner beziehen. Zudem wird eine Reihe von Maßnahmen zur Sturzprophylaxe angeboten.
Fazit für die Praxis
Der nationale Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege bietet ein umfassendes Instrument zur Vermeidung von Stürzen im Krankenhaus und Pflegeheim.
Insbesondere die multifaktoriell angelegte Sturzprävention findet hier Berücksichtigung und unterstützt die Pflegenden adäquat, eine individuelle Risikoanalyse zu erfassen, Ressourcen zu analysieren, daraus multimodale Maßnahmen abzuleiten und somit Stürze im Krankenhaus und Pflegeheim zu vermeiden.
Literatur
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (2006) Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege. Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege, Osnabrück
Donabedian A (1966) Evaluating the quality of medical care. Milbank Memorial Fund Quarterly XLIV(3),2
Funk M, Pierobon A (2007) Sturzprävention bei älteren Menschen: Risiken – Folgen – Maßnahmen. Thieme, Stuttgart New York
Tideiksaar R (2000) Stürze und Sturzprävention: Assessment – Prävention – Management. Huber, Bern Stuttgart Toronto
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Pericie, I. Sturzprävention im Krankenhaus und Pflegeheim. Trauma Berufskrankh 14 (Suppl 2), 222–223 (2012). https://doi.org/10.1007/s10039-011-1766-4
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-011-1766-4