Vorbemerkungen

Seit der ersten systematischen Klassifikation der Beckenfrakturen nach dem Grad der Instabilität und der Azetabulumfrakturen in einfache und kombinierte Frakturformen als Grundlage der Therapie wurden große Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik, insbesondere der Computertomographie (CT), die heute ubiquitär an Traumazentren verfügbar ist, erzielt.

Verletzungen von Becken und Azetabulum sind insgesamt selten, nur etwa 2–8% aller Frakturen bei unfallchirurgischen Patienten betreffen den Beckenring [7]. Verkehrsunfälle mit hoher kinetischer Energie stellen die häufigste Unfallursache dar, gefolgt von Haus-, Arbeits- und Sportunfällen sowie Suizidversuchen. Die Mehrzahl der Fälle wird durch eine stumpfe Gewalteinwirkung verursacht, nur in bis zu 30% durch penetrierende Verletzungen [8].

Knöcherne und ligamentäre Beckenringverletzungen treten selten isoliert auf. Die Begleitverletzungen der vom knöchernen Becken geschützten Organe bestimmen die Morbidität und Mortalität, die mit bis zu 29% angegeben wird. Der Anteil der Schwerverletzten und Polytraumatisierten beträgt über 30% [8].

Prognose und Therapie hängen entscheidend von einer effizienten Diagnostik ab. Eine differenzierte bildgebende Diagnostik hat gerade bei schweren Verletzungsmustern einen hohen Stellenwert. Sie muss immer und rasch verfügbar sein und ohne zeitliche Verzögerung eine Beurteilung des Verletzungsausmaßes gewährleisten sowie Begleitverletzungen sicher erfassen.

Im Folgenden sollen die zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren bei der Diagnostik von Beckenverletzungen mit ihren Möglichkeiten vorgestellt und ihre Grenzen erläutert werden.

Präoperative bildgebende Verfahren

Radiographie

Nach der klinischen Untersuchung ist sie das Standardverfahren bei der Frage nach einer Fraktur des Beckenskeletts. Die Übersichtsaufnahme des Beckens ventrodorsal im Liegen dient häufig der Erstbeurteilung. Es sollten die 6 charakteristischen, stets vorhandenen Knochenlinien als sogenannte Leitlinien sowie weitere Leitstrukturen in ihrem Verlauf verfolgt und auf Kontinuitätsunterbrechungen und Formabweichungen überprüft werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Übersichtsaufnahme des Beckens mit schematischer Darstellung der Leitlinien und Leitstrukturen, LWK Lendenwirbelkörper, SIG Sakroiliakalgelenk

Als Zusatzprojektionen dienen beim Verdacht auf Beckenringfrakturen gekippte a.-p. Aufnahmen nach Pennal:

  • die Inlet-View-Aufnahme und

  • die Outlet-View-Aufnahme.

Inlet-View-Aufnahme (Aufnahme des Beckeneingangs)

Bei ihr wird die Röntgenröhre um 40° nach kranial gekippt. Sie ermöglicht Aussagen zu Verschiebungen der Anteile des Beckenrings nach ventral oder dorsal, zu Medial- oder Lateralverlagerungen von Fragmenten sowie zu Rotationsfehlstellungen vorderer Beckenabschnitte.

Outlet-View-Aufnahme (Aufnahme des Beckenausgangs)

Bei ihr wird die Röntgenröhre um 40° nach kaudal gekippt. Sie zeigt Verschiebungen des Beckenskeletts in kranialer oder kaudaler Richtung an. Gleichzeitig entspricht diese Projektion einer eigentlichen a.-p. Aufnahme des Sakrums. Die knöcherne Begrenzung der Neuroforamina bezüglich Konturunterbrechungen ist gut beurteilbar.

Seitliche Zielaufnahme des Sakrums

Sie dient dem Nachweis von Querfrakturen und Luxationen von Os sacrum und Os coccygis.

Ala- und Obturatoraufnahme

Beim Verdacht auf eine Fraktur des Azetabulums sollten Schrägaufnahmen, die Ala- und die Obturatoraufnahme, angefertigt werden. Bei der Ala-Aufnahme wird die nicht verletzte, bei der Obturatoraufnahme die verletzte Beckenseite um etwa 45° angehoben. Das Hüftgelenk wird dadurch durch 2 annähernd senkrecht aufeinander stehende Ebenen abgebildet.

Die hier vorgestellten Aufnahmen der Beckenserien ermöglichen eine systematische Analyse von kontrastgebenden Linien, die eine Zuordnung zu den anatomischen Pfeilern des Hüftgelenks und Beckenrings erlauben und zu einer ersten Frakturklassifikation führen [12]. Die Angaben zur diagnostischen Sicherheit variieren stark. 1986 gingen Young et al. [14] davon aus, dass 94% aller Beckenfrakturen in der a.-p. Aufnahme richtig klassifiziert werden können. 1996 wurden in einer retrospektiven Studie von Berg et al. [1] nur 66% aller Beckenfrakturen in der a.-p. Röntgenaufnahme erkannt. Auch die Inlet- und Outlet-Aufnahmen erreichten nur eine Quote von 56% im Vergleich zum CT. In einer 2010 erschienenen Arbeit von Kirby u. Spritzer [6] wurden eine Sensitivität von 57% und eine Spezifität von 85% für die Röntgendiagnostik im Vergleich zur MRT berechnet.

Nachteile der Röntgenaufnahmen

In instabilen Situationen ist der Zeitaufwand zur Erstellung mehrerer Aufnahmen nicht mehr zeitgemäß. Die Notwendigkeit von Umlagerungen zur Anfertigung der Azetabulumserie birgt nicht unerhebliche Risiken. Die unter Schockraumbedingungen angefertigten Aufnahmen sind häufig von minderer Qualität und können nur z. T. durch die Vorteile digitaler Systeme ausgeglichen werden. Aufgrund der komplexen Anatomie des Beckenskeletts und der Überlagerungen von Darmstrukturen ist in hohem Maße (bis zu 70%) mit Fehleinschätzungen des Verletzungsmusters am hinteren Beckenring und am Azetabulum zu rechnen. Gerade Verletzungen der SIG (Sakroilikalgelenke) und Fakturen des hinteren Pfeilers des Azetabulum werden auf Übersichtsaufnahmen übersehen (Abb. 2). Die Anfertigung einer Röntgenserie mit Beckenübersichts-, Inlet-, Outlet-View-, Ala- und Obturatoraufnahme geht mit einer effektiven Strahlendosis von etwa 5 mSv einher, die höher als die Dosiswerte bei einer Mehrzeilen-CT (MSCT) des Beckens sind [6].

Abb. 2
figure 2

Männlicher, 57 Jahre alter Patient nach Sturz, geh- und stehunfähig, a Beckenübersichtsaufnahme a.-p., b,c Ala- und Obturatoraufnahme, in Radiographie (a–c) kein Frakturnachweis; bei persistierender Klinik d,e MSCT (Mehrzeilen-CT) des Beckens transversal, Nachweis der nichtdislozierten Fraktur des Azetabulums mit Beteiligung des vorderen und hinteren Pfeilers; aus CT Anfertigung einer röntgenbildähnlichen Rekonstruktion als Grundlage für weitere Röntgenkontrollen: f koronare multiplanare Rekonstruktion (MPR), g–i Dickschicht-MPR, röntgenbildsimulierende 2D-Rekonstruktion

Resümee

Die radiographische Standarddiagnostik bildet, trotz aller Einschränkungen vielerorts noch die Grundlage für die Frakturklassifikation [7, 8, 12]. Im postoperativen Intervall ist die Röntgendiagnostik weiterhin das wichtigste bildgebende Verfahren.

Sonographie

In der Notfallsituation wird sie zum Nachweis von freier intraperitonealer Flüssigkeit eingesetzt. Bei der Detektion und Einschätzung der Größe von extraperitonealen, insbesondere retroperitonealen Hämatomen und Organverletzungen ist die CT überlegen [11]. In der Verlaufskontrolle und bei stabilen Kreislaufverhältnissen ist die Sonographie weiterhin zu empfehlen.

Die Ultraschalluntersuchung wird mit einem 7,5-MHz-Schallkopf ausgeführt und kann Skrotal- und Penisschaftverletzungen in der Regel adäquat einschätzen. Gegebenfalls ist eine dopplersonographische Untersuchung bei Verdacht auf Hodentorsion oder Ischämie des Hodens sinnvoll.

Computertomographie

Besteht aufgrund des Traumamechanismus oder des primären klinischen Befunds der dringende Verdacht auf ein Beckentrauma, sollte umgehend die Indikation zur CT gestellt werden. Auf eine vorhergehende Beckenübersichtsaufnahme kann aufgrund der zeitlichen Verzögerung, der Strahlenhygiene und der diagnostischen Grenzen der Radiographie verzichtet werden [9].

In unfallchirurgisch/orthopädischen Übersichtsarbeiten wird die CT häufig noch als eine Methode der erweiterten Diagnostik aufgeführt. Mit der Einführung moderner MSCT-Geräte und standardisierter Reformatierungsalgorithmen gewinnt sie jedoch weiter an Bedeutung und stellt das wichtigste bildgebende diagnostische Verfahren bei der Evaluation eines Polytraumatisierten dar und löst Röntgenaufnahmen im Schockraum immer weiter ab [9].

Mit modernen, vielzeiligen Computertomographen (MSCT) wird bei Schichtdicken unter 1 mm ein isotroper Volumendatensatz mit hoher räumlicher Auflösung in wenigen Sekunden gewonnen. Ältere Geräte arbeiteten mit einer Schichtdicke von 3–10 mm. Das Bildmaterial wird im Knochen-, Weichteil- und Lungenfester analysiert, wobei die isolierte Untersuchung des Beckens den 5. Lendenwirbelkörper einschließt und somit Verletzungen im lumbosakralen Übergang miterfasst.

Dünne Schichtdicken, kurze Untersuchungszeiten und Rekonstruktionsintervalle, die geringer als die primär gewählte Schichtdicke sind, sind Voraussetzungen für qualitativ hochwertige sekundäre Rekonstruktionen [2D und 3D, MPR, MIP (Maximumintensitätsprojektion), VRT („volume rendering technique“)], anhand welcher die Frakturklassifikation und die erste Therapieplanung möglich sind (Abb. 3 a).

Gerade 3D-Rekonstruktionen erleichtern die räumliche Vorstellung der Frakturen und ermöglichen durch beliebige Angulationen die Simulation des Operationssitus (Abb. 3 b–e).

Zusätzlich gelingt mit der kontrastmittelunterstützten Untersuchung das Aufdecken von Begleitverletzungen und Weichgewebsinterpositionen. Die CT ist eine verlässliche Methode zur Detektion von Hämatomen und zum Abschätzen des Blutverlusts sowie zum Ausschluss einer aktiven Blutung [13]. Sie kann intraartikuläre Fragmentdislokationen und Stufenbildungen in der Gelenkfläche sowie begleitende urogenitale Verletzungen dokumentieren bzw. bei einem dringenden Verdacht eine weiterführende Abklärung initiieren.

Instabile Beckenverletzungen können mit lebensbedrohlichen Blutungen aus dem Venenplexus, den Frakturflächen und oder seltener aus Ästen der A. iliaca interna einhergehen. Die CT-Angiographie deckt Gefäßverletzungen auf. Hier ist eine Kombination aus einer arteriellen Phase und der Parenchymphase von Vorteil. Es können aktive arterielle und venöse Blutungen (Kontrastmittelextravasate) visualisiert werden (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Sekundäre Rekonstruktionen nach MSCT (Mehrzeilen-CT) mit Kontrastmittelapplikation i. v., a 3D-Rekonstruktion (VRT,“volume rendering technique“) bei instabiler Beckenringverletzung mit Sprengung der Symphyse und des Sakroiliakalgelenks links sowie transforaminaler Fraktur des Os sacrum rechts, b–e arterielle Begleitverletzung mit aktivem Kontrastmittelaustritt (b, Pfeil, c) aus einem Ast der A. iliaca interna dextra, b transversale Ebene, c koronare 2D-Reformatierung, d,e diagnostische Angiographie (DSA) mit der Option der interventionellen Therapie nach primären chirurgischen stabilisierenden Maßnahmen mit Anlage einer Beckenzwinge ohne suffiziente Stabilisierung der Kreislaufsituation, e selektive Coilembolisation eines Asts der A. glutea superior mit suffizienter Blutungsstillung

Vorteile

Erst die CT ermöglicht die Schweregradeinteilung der iliosakralen ligamentären Läsion. Gerade am hinteren Beckenring können diffizile Verletzungsmuster aufgedeckt werden, die der Radiographie entgehen. Die Strukturen des Hüftgelenks, insbesondere der Gelenkpfanne, können überlagerungsfrei exploriert werden. Nach Subtraktion des Femurkopfs können 3D-Rekonstruktionen über den freien Einblick in das Azetabulum die Situation anschaulich darstellen und zur Frakturklassifikation und Therapieplanung einen Betrag leisten.

Die CT kann im Vergleich zur Radiographie nichtdislozierte Frakturen sicher diagnostizieren und Fehleinschätzungen zum Verletzungsausmaß vermeiden [9]. Des Weiteren können röntgenbildähnliche Projektionen aus dem Datensatz errechnet werden, die als Grundlage weiterer Röntgenverlaufskontrollen dienen (Abb. 2).

Nachteile

Die diagnostische Sicherheit, die uns mit der CT zur Verfügung steht, kann auch zu einem undifferenzierten Einsatz verführen. Der hohen Strahlenexposition bei jungen Patienten sollte Beachtung geschenkt werden, insbesondere wenn eingangs bereits Röntgenaufnahmen angefertigt wurden. Bei älteren und geriatrischen Patienten kann der Einsatz der CT zu einer Überdiagnostik ohne therapeutische Konsequenzen führen. Es sollte aber auch beachtet werden, dass die CT in der frühen Therapieplanung (konservativ vs. operativ) über den Nachweis von Kriterien einer Instabilität gerade bei Azetabulumfrakturen des älteren Patienten hilfreich ist.

Interventionelle Angiographie

Zur Therapie aktiver Blutungen gibt es 2 scheinbar konkurrierende Verfahren:

  • die im angloamerikanischen Raum verbreitete interventionelle Angiographie und

  • die im deutschsprachigen Raum bevorzugte äußere Schienung und Kompression.

In jüngster Zeit scheint sich ein Paradigmawechsel mit Annäherung zu vollziehen [5, 10].

Der Anteil der arteriellen Blutungen wird auf 10–20% geschätzt. Die Mehrzahl der Blutungen ist venösen Ursprungs bzw. aus der Fraktur selbst entstammend und nicht embolisierbar.

Sind die primär durchzuführenden kreislaufstabilisierenden Maßnahmen nicht zielführend und gelingt durch chirurgische Stabilisierung des Beckenrings mit der Anlage einer Beckenzwinge bzw. eines Fixateur externe keine suffiziente Blutstillung, wird in vielen Traumazentren bei Vorliegen einer arteriellen Blutung die Indikation zur Coilembolisation (Metallspiralen) gestellt. Damit sie zu einem therapeutischen Erfolg führt, muss ein erfahrenes Team in Bereitschaft gehalten werden. Die Coilembolisation erfolgt so selektiv wie möglich (Abb. 3 e).

Der computertomographische Nachweis eines aktiven arteriellen Kontrastmittelaustritts ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für ein interventionelles Vorgehen. Eine rein diagnostische Angiographie ist in der Ära der modernen MSCT in der Regel nicht erforderlich.

Intraoperative Diagnostik

Mit dem Einzug der 3D-Bildwandler in den OP (Operationssaal) wird dem Operateur die Chance gegeben, mit hoher Abbildungsqualität und geringem Zeitaufwand den Repositionserfolg und die Lage der Osteosynthesematerialien zu dokumentieren. Zugleich besteht die Möglichkeit, evtl. Korrekturen während des primären operativen Eingriffs vorzunehmen (Schraubenfehllage, Stufenbildungen in der Gelenkfläche, intraartikuläre Fragmente) und einen Zweiteingriff entbehrlich zu machen ([3], Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Intraoperative Diagnostik mittels 3D-Bildwandler, a Anwendung bei Azetabulumfraktur und Nachweis eines intraartikulären Fragments mit medialem Gelenkspalt, b Dokumentation der regulären Lage der Spongiosaschraube nach Sprengung des Sakroiliakalgelenks rechts

Die Bildqualität der intraoperativen 3D-fluoroskopiebasierten Navigation in der Becken- und Azetabulumchirurgie kann im Hochkontrast den Ergebnissen der Computertomographie weitgehend standhalten. Der Einsatz an den Extremitäten ist etabliert, mit Einschränkungen gilt dies auch für die Beckenchirurgie. Nachteilig sind das limitierte Abbildungsvolumen mit einem FoV („field of view“) von 12 cm2 und die sinkende Abbildungsqualität gerade bei adipösen Patienten.

Bei der CT-basierten Navigation besteht die Möglichkeit, die präoperativ gewonnenen, dreidimensionalen Bildinformationen dem Operationssitus zu überlagern. Ihr Einsatz ist zurzeit auf stabile Fraktursituationen, Osteotomien und die Tumorchirurgie begrenzt, da bei instabilen Situationen mit möglichen Fragmentdislokationen zwischen CT und Operation die intraoperative Fragmentlage nicht mehr sicher der Situation in der präoperativen CT entspricht. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse ist eine weitere Zunahme des Einsatzes dieser Verfahren anzunehmen. In Anwendungen konnten eine erhöhte Präzision der Osteosynthese und eine Reduktion der Durchleuchtungszeit nachgewiesen werden [3].

Retrograde Urethrographie/Zystographie

Der Urogenitaltrakt ist eine bevorzugte Lokalisation für Begleitverletzungen am Becken. Bei Makrohämaturie muss nach einer Verletzung der Nieren, der Ureteren, der Harnblase und der Urethra gefahndet werden. Bei dem Verdacht auf eine Verletzung Letzterer sollte vor dem Legen eines transurethralen Katheters eine Röntgenkontrastdarstellung der Harnröhre erfolgen. Rupturen werden durch Extraluminate angezeigt (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Retrograde Urethrographie, vordere Beckenringverletzung mit Sprengung der Symphyse und Grad-III-Verletzung der Pars membranacea der Urethra, Kontrastmittelextraluminat nach Anspritzen des diagnostischen Katheters und zusätzlichem Blasenhochstand in Projektion auf die Prostataloge

Die Harnblasendarstellung zum Ausschluss einer Harnblasenruptur erfolgt über den liegenden Katheter (evtl. suprapubisch sonographisch gestützt eingelegt) und die Applikation von mindestens 250 ml, besser 350 ml eines verdünnten jodhaltigen Kontrastmittels. Die Dokumentation schließt Aufnahmen in 2 Ebenen und eine Entleerungsaufnahme zum Ausschluss auch kleinster Extraluminate ein [4].

Magnetresonanztomographie

Die MRT ist im Rahmen der Erstdiagnostik in der Regel nicht indiziert. Ausnahmen bilden rein ligamentäre Verletzungen, die Suche nach Stress- oder Insuffizienzfrakturen ([2]; Abb. 6) und die Traumadiagnostik in der Pädiatrie.

Abb. 6
figure 6

MRT des Sakrums, a STIR-Sequenz (STIR: „short time inversion recovery“) koronar mit diffusem Ödem im Os sacrum beidseits (Pfeil), b TSE (Turbospinecho) T1w (T1-Gewichtung) koronar mit Demarkierung der signalarmen Frakturlinien (Pfeil)

Die MRT ist das bildgebende Verfahren der Wahl zum Nachweis der Hüftkopfnekrose, vorausgesetzt einliegendes Osteosynthesematerial schränkt die Aussage nicht ein Abb. 7.

Abb. 7
figure 7

MRT des rechten Hüftgelenks, TSE (Turbospinecho) a T2w (T2-Gewichtung) koronar, b T1w (T1-Gewichtung) fettgesättigt nach i. v. Kontrastmittelapplikation, Demarkierung der Osteonekrosezone im kraniolateralen Femurkopf (a,b, Pfeil) ohne Zeichen der Sinterung oder eines Knorpeldefekts nach Materialentfernung bei knöchern konsolidierter Schenkelhalsfraktur

Die Überlegenheit gegenüber den anderen bildgebenden Verfahren liegt in dem hohen Weichteilkontrast. Dieser dient u. a. zur Evaluation von Plexus- und Nervenschäden, ebenso zur Abklärung von Folgen einer Pfählungsverletzung.

Der Plexus lumbosakralis ist bei instabilen Beckenringverletzungen sehr häufig betroffen, wohingegen eine Schädigung des N. ischiadicus eher auf eine Azetabulumfraktur zurückgeht. Nervenschäden nach Sakrumfrakturen nehmen in Abhängigkeit vom Frakturverlauf in ihrer Häufigkeit nach zentral zu. Ursächlich ist häufig eine Überdehnung der nervalen Strukturen. Eine direkte Kompromittierung durch Knochenfragmente ist seltener (Abb. 8).

Abb. 8
figure 8

Klinischer Befund einer Verletzung des Plexus lumbosacralis nach instabiler Beckenringfraktur mit transforaminaler, dislozierter Os-sacrum-Fraktur links, im MRT des Becken, TSE (Turbospinecho) a T2w (T2-Gewichtung) koronar, b T1w (T1-Gewichtung) koronar, Nachweis eines Nervenwurzelausrisses (a, dunkler Pfeil) und einer direkten Nervenwurzelquetschung durch Fragmentverschiebungen (a,b heller Pfeil) sowie Schwellung der Wurzel L5 (L: lumbal) links (b, dunkler Pfeil)

Fazit für die Praxis

Der bildgebenden Diagnostik kommt die Aufgabe zu, die bereits klinisch gestellten Diagnosen zeiteffizient zu überprüfen und Begleitverletzungen aufzudecken. Dislozierte Beckenring- und Azetabulumfrakturen sind keine einfachen Verletzungen. Ein standardisiertes diagnostisches und therapeutisches Vorgehen scheint die Voraussetzung für die individuelle Analyse der Verletzungsschwere zu sein und die adäquate Therapieplanung einzuleiten.

Die Radiographie mit den Standardserien für Beckenringtraumen und Azetabulumfrakturen stellt weiterhin die primäre radiologische Diagnostik dar. Sind höhere kinetische Energieeinwirkungen anzunehmen und liegt ein instabiles Verletzungsmuster vor, erscheint die CT als Methode der Wahl, da sie zeitgerecht nicht nur die knöchernen und ligamentären Schäden aufdeckt, sondern lebensbedrohliche Begleitverletzungen (z. B. aktive Blutungen) anzeigt. Eine Verletzung des Venenplexus bzw. eine arterielle Blutung stellen eine lebensbedrohliche Situation dar und bedürfen sofortiger chirurgischer stabilisierender Maßnahmen. Erst bei deren fehlendem oder nicht ausreichendem Erfolg ist eine interventionelle radiologische Therapie (Embolisation) indiziert. Der Urogenitaltrakt ist eine bevorzugte Lokalisation für Begleitverletzungen und bedarf einer raschen Evaluation (retrograde Urethrographie). Verletzungen nervaler Strukturen beruhen häufiger auf eine Überdehnung als auf eine Kompression, sollten unmittelbar klinisch dokumentiert und können mit der MRT weiter abgeklärt werden.