Der Begriff des Rehabilitationsmanagements ist inhaltlich mehrdeutig. Eine allgemeingültige gesetzliche oder untergesetzliche Definition existiert für die unterschiedlichen Träger von Rehabilitationsleistungen ebenso wenig wie ein allgemein anerkannter Sprachgebrauch. Dabei sind die Voraussetzungen für ein gemeinsames Begriffsverständnis auf den ersten Blick gar nicht schlecht. Beide Begriffsbestandteile, Rehabilitation und Management, sind den im Rehabilitationsbereich beteiligten Akteuren (Versicherte bzw. Antragsteller, Leistungsträger, Leistungserbringer) durchaus vertraut. So zählt der Gesetzgeber z. B. in § 26 Abs. 2 und 3 SGB (Sozialgesetzbuch) IX Einzelleistungen auf, die regelhaft Bestandteil einer medizinischen Rehabilitation sind, und unternimmt damit den Versuch, die medizinische Rehabilitation als Komplexleistung trägerübergreifend näher zu beschreiben. Ebenso wird der Begriff Management an mehreren für Rehabilitationsträger relevanten Stellen verwendet (betriebliches Eingliederungsmanagement im Sinne von § 84 Abs. 2 SGB IX; Versorgungsmanagement im Sinne von § 11 Abs. 4 SGB V). Dennoch setzte sich der Begriff bei den Krankenkassen bislang nicht durch.

Im vorliegenden Beitrag wird daher versucht, den Begriff Rehabilitationsmanagement aus der Perspektive der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) näher zu betrachten. Es wird dargestellt, welche Verfahren, die bei Krankenkassen im Umgang mit Rehabilitanden üblich sind, am ehesten darunter verstanden werden können. Gleichzeitig illustriert der Beitrag die aktuelle Situation der medizinischen Rehabilitation der GKV und stellt so den Kontext dar, in welchem ein Rehabilitationsmanagement der Krankenkassen eine Rolle spielen kann.

Abgrenzung zu anderen Rehabilitationsträgern

Zuständigkeiten

Im gegliederten System der sozialen Sicherung erfüllen die gesetzlichen Krankenkassen als Rehabilitationsträger einen spezifischen Auftrag. Nach § 11 Abs. 2 SGB V erbringen sie für ihre Versicherten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um eine drohende Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden oder eine bereits eingetretene Behinderung oder Pflegebedürftigkeit zu beseitigen, zu mindern oder auszugleichen. Gegenüber den Trägern der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung sind Krankenkassen nur subsidiär zuständig (§ 40 Abs. 4 SGB V). Das bedeutet, dass sie notwendige Rehabilitationsleistungen nur dann erbringen, wenn die gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht zu einer Bedrohung oder sogar Minderung der Erwerbsfähigkeit führen (dann realisiert sich das Versicherungsrisiko der Rentenversicherung) oder Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sind (Versicherungsrisiko der Unfallversicherung). Faktisch führt diese gesetzliche Konzeption zu einer Zuständigkeit der Krankenkassen v. a. für Versicherte außerhalb des Erwerbslebens.

Die medizinische Rehabilitation v. a. älterer Menschen ist daher auch im Vergleich zu anderen Rehabilitationsträgern ein Alleinstellungsmerkmal der GKV. Eine Analyse der Altersstruktur der Rehabilitanden zeigt das anschaulich: Über 80% der Rehabilitanden der GKV sind älter als 65 Jahre, während der Anteil dieser Alterskohorte an allen Versicherten nur etwas mehr als 1/4 beträgt. Das ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Häufigkeit des Rehabilitationsbedarfs mit zunehmenden Alter steigt, und zum anderen darauf, dass für Versicherte im erwerbsfähigen Alter regelmäßig die Träger der Renten- oder Unfallversicherung vorrangig zuständig sind.

Aufwendungen

Etwa 2,2 Mrd. EUR jährlich wendeten die Krankenkassen in den vergangenen Jahren für Rehabilitationsleistungen auf. Der Hauptteil entfiel mit etwa 1,7 Mrd. EUR auf stationäre Leistungen im Anschluss an eine Krankenhausversorgung. Für stationäre Leistungen ohne vorangegangene akut-stationäre Versorgung gaben die Krankenkassen jährlich etwas mehr als 300 Mio. EUR aus, für ambulante Leistungen etwa 150 Mio. EUR. Gemessen am finanziellen Gesamtvolumen aller Leistungen der GKV von etwa 160 Mrd. EUR/Jahr ist das nur ein geringer Anteil, zur Verbesserung der individuellen Lebenssituation der etwa 750.000 Rehabilitanden/Jahr aber ein wichtiger Beitrag.

Die genauen Ausgabevolumina der Leistungen für Vorsorge und Rehabilitation werden jährlich vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlicht, zuletzt für das Jahr 2009 [1].

Bedeutung der Rehabilitation der Krankenkassen

Die Bedeutung der Krankenkassen als Rehabilitationsträger wird perspektivisch deutlich zunehmen. Die demografische Entwicklung wird in den nächsten Jahrzehnten zu einer starken Zunahme der Bevölkerungsgruppe führen, für die allein die Krankenkassen zuständiger Rehabilitationsträger sind. Das Statistische Bundesamt nimmt an, dass in Deutschland bis zum Jahr 2030 der Anteil der über 65-Jährigen auf etwa 22 Mio. ansteigen wird. Davon werden voraussichtlich sogar 6 Mio. über 80 Jahre alt sein.

In allen Indikationsbereichen der Rehabilitation müssen daher die Krankenkassen und die Leistungserbringer diese absehbaren Veränderungen in der Alterstruktur der Rehabilitanden berücksichtigen und die konzeptionelle Ausrichtung sowie die strukturelle Ausstattung der Rehabilitationseinrichtungen darauf abstimmen. Altersbedingte Begleiterkrankungen werden eine viel größere Rolle spielen als heute. Die einzelnen Leistungsbestandteile der Rehabilitation sollten daher individuell auf den gesundheitlichen Zustand der Rehabilitanden zugeschnitten sein und während der Leistung variiert und angepasst werden können. Daneben wird sich voraussichtlich die Ausweitung der geriatrischen Rehabilitation, die bereits in den vergangenen Jahren zu verzeichnen war, fortsetzen [2].

Individuelle Voraussetzungen

Für eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation lassen sie sich abstrakt folgendermaßen beschreiben: Der Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse als Rehabilitationsträger nach § 40 SGB V entsteht, wenn die in § 11 Abs. 2 SGB V normierten Rehabilitationsziele (Abwendung, Beseitigung, Minderung oder Ausgleich einer drohenden oder bereits eingetretenen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit) nur durch eine Rehabilitation als Komplexleistung erreicht werden können.

Die Zugangsvoraussetzungen für eine medizinische Rehabilitation der Krankenkasse sind regelmäßig dann erfüllt, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Schädigung nicht nur vorübergehende alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Teilhabe drohen oder bereits entstanden sind (Rehabilitationsbedürftigkeit). Zusätzlich müssen die körperliche und die seelische Fähigkeit sowie die Bereitschaft zur Teilnahme an der mehrwöchigen Rehabilitation bestehen, und der Versicherte muss über eine ausreichende Motivation verfügen, die mit der Leistung verfolgte Zielsetzung auch zu erreichen (Rehabilitationsfähigkeit). Schließlich kann eine Rehabilitation nur dann durchgeführt werden, wenn eine positive Rehabilitationsprognose besteht, d. h. wenn die medizinisch begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Rehabilitand auch die Rehabilitationsziele erreicht. Die Krankenkassen müssen als Rehabilitationsträger, ggf. unter Beteiligung des Medizinischen Diensts der Krankenkassen (MDK), beurteilen, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für eine Rehabilitation erfüllt und ob die spezifischen Ziele, die die Krankenkasse mit dieser Leistung verfolgt, erreicht werden können. Die Einschaltung des MDK ist in der Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation des medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) vom Oktober 2005 (aktualisiert im Januar 2011) geregelt [6], die im Internet zum Download zur Verfügung steht (Infobox 1).

Die allgemeinen Zugangsvoraussetzungen (Rehabilitationsbedarf, Rehabilitationsfähigkeit, positive Rehabilitationsprognose) gelten im Wesentlichen für alle Rehabilitationsträger. Die speziellen Leistungsvoraussetzungen und auch die spezifischen Rehabilitationsziele der übrigen Träger fallen dagegen unterschiedlich aus. Mit dem SGB IX im Jahr 2001 wurden die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für Rehabilitationsleistungen vom Gesetzgeber bewusst nicht vereinheitlicht, sodass nach wie vor der Prüfungsmaßstab in den spezialgesetzlichen Regelungen der Rehabilitationsträger zu suchen ist [5].

Rehabilitationsmanagement – Rehabilitationszugangsmanagement

Der Erfolg einer Rehabilitation hängt von unterschiedlichen Voraussetzungen ab. Neben der richtigen Leistungsform (ambulant oder stationär) und einer bedarfsgerechten Zusammenstellung und Dosierung der Einzelleistungen während der Rehabilitation kommt es auch auf das frühzeitige Erkennen des Rehabilitationsbedarfs und die schnelle Einleitung der Leistung an. Gerade in diesem Handlungsfeld, also bei Bedarfserkennung, Einleitung der Leistung und Auswahl der Einrichtung, spielt sich das ab, was man als Rehabilitationsmanagement im Sinne der Krankenkassen bezeichnen kann. Rehabilitationsmanagement ist danach v. a. Rehabilitationszugangsmanagement.

Zugang zu Leistungen zur Rehabilitation

AHB- bzw. Anschlussrehabilitationsverfahren

Die meisten Leistungen werden heute vom Krankenhaus aus während einer akut-stationären Versorgung eingeleitet. Die Rehabilitation erfolgt dann als sogenannte Anschlussheilbehandlung (AHB) [3] oder Anschlussrehabilitation.

Eine medizinische Rehabilitation einer Krankenkasse heißt AHB, wenn die Krankenkasse als Rehabilitationsträger am gemeinsamen AHB-Verfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund teilnimmt. Dieses sieht im Wesentlichen vor, dass der Versicherte unmittelbar im Anschluss an die Krankenhausversorgung in die Rehabilitation verlegt werden kann und die Zuständigkeit zwischen Krankenkasse und Rentenversicherung erst nach Beginn derselben geklärt wird. Die Klärung von Zuständigkeitsfragen verzögert also nicht den medizinisch notwendigen, schnellen Antritt des Rehabilitanden zur Leistung. Die Fallsteuerung und die Auswahl der geeigneten Rehabilitationseinrichtung übernimmt in diesen Fällen regelmäßig der Sozialdienst des Krankenhauses.

Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) wollten sich dem AHB-Verfahren nicht anschließen. Sie entscheiden vor Antritt der Rehabilitation über ihre Zuständigkeit und die Durchführung der Leistung. Im Bereich der AHB bzw. der Anschlussrehabilitation funktioniert die Verzahnung von Akutversorgung und medizinischer Rehabilitation insgesamt bereits gut.

Antragsverfahren

Auch niedergelassene Vertragsärzte können einen Anstoß zur Rehabilitation geben und gemeinsam mit dem Versicherten ohne vorherigen Krankenhausaufenthalt die Leistung beantragen. Die Krankenkassen klären in einem 2-stufigen Verfahren ihre Zuständigkeit und entscheiden über Art und Form, Umfang und Dauer der Leistung und wählen dabei auch die geeignete Einrichtung aus. Antragsteller und der niedergelassenen Haus- oder Facharzt spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie v. a. durch ihre Antragsunterlagen [die mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gemeinsam entwickelten Verordnungsvordrucke (Infobox 1) stehen im Internet zum Download zur Verfügung] die entscheidungsrelevanten Informationen liefern, die die Krankenkasse für eine sachgerechte Entscheidung und eine fehlerfreie Ausübung ihres Auswahlermessens benötigt.

Für die Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind allerdings nur noch diejenigen Vertragsärzte berechtigt, die über eine entsprechende Genehmigung der KBV verfügen[4]. Die Auswahl der passenden Leistungsform hängt letztlich vom Bedarf des Rehabilitanden ab. Jede der möglichen Leistungsformen – ambulant, stationär oder mobil – bietet spezifische Vorteile, von denen Rehabilitanden mit bestimmten Bedarfslagen besonders profitieren können. Dabei spielen aber auch die individuellen Vorstellungen der Versicherten eine wichtige Rolle. Sie können durch ihr Wunsch- und Wahlrecht (§ 9 SGB IX) die Leistungsform, aber auch den konkreten Leistungsort und die auszuwählende Einrichtung mit beeinflussen und so zur konkreten Ausgestaltung ihrer Rehabilitation maßgeblich beitragen.

Fallmanagement der Krankenkassen

Die Krankenkassen haben auch selbst durch ihr Fallmanagement die Möglichkeit, Versicherte mit Rehabilitationspotenzial zu identifizieren und entsprechende Leistungen anzuregen. Sie gehen hierbei sehr unterschiedlich vor. Einige Krankenkassen stützen sich auf interne Auswertungen, um Versicherte frühzeitig zu erkennen, für die Rehabilitationsleistungen in Betracht kommen, und gehen anschließend auf diese zu. Andere nutzen die regelhaften Kontakte zu Versicherten, um auf Rehabilitationsmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Ob und in welchem Umfang diese Möglichkeiten genutzt werden und die einzelne Krankenkasse initiativ wird, hängt von zahlreichen Faktoren wie von der regionalen Präsenz der Krankenkasse, von den personellen Ressourcen und schließlich von ihrer Servicephilosophie ab.

Pflegebegutachtung durch den MDK

Die medizinische Rehabilitation der Krankenkassen folgt dem Prinzip Reha vor Pflege. Dies bewirkt, dass bei Anträgen auf Leistungen der Pflegeversicherung immer auch auf die Möglichkeit einer Rehabilitation eingegangen werden muss. Ein weiterer wichtiger Zugangsweg zur Rehabilitation besteht daher im Rahmen der Pflegebegutachtung nach § 18 Abs. 1 Satz 3 SGB XI. Pflegekassen müssen bei Anträgen ihrer Versicherten auf Leistungen der Pflegeversicherung durch den MDK überprüfen lassen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welche Stufe derselben vorliegt. Bei dieser Prüfung, die regelmäßig im häuslichen Wohnumfeld des Antragstellers stattfindet, macht sich der Gutachter des MDK ein Bild von den Einschränkungen bei den gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen des Antragstellers und vom Umfang, der Art und der voraussichtlichen Dauer der möglicherweise bestehenden Hilfebedürftigkeit. Das Ergebnis dieser Begutachtung dient zur Festsetzung einer Pflegestufe im Sinne des § 15 SGB XI. Gleichzeitig soll der Gutachter aber auch feststellen, ob und welche Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung der Pflegebedürftigkeit geeignet erscheinen. Sofern Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Betracht kommen, informiert die Pflegekasse mit Einwilligung des Antragstellers den behandelnden Arzt und den zuständigen Rehabilitationsträger. Diese Mitteilung gilt bereits als Antrag auf Rehabilitationsleistungen (§ 18 Abs. 3 Satz 3 SGB XI). Der zuständige Rehabilitationsträger (regelmäßig die Krankenkasse) entscheidet dann über den Antrag.

Fazit für die Praxis

Rehabilitationsmanagement bedeutet bei den Krankenkassen v. a. Rehabilitationszugangsmanagement. Rehabilitationsbedarf kann in mehreren unterschiedlichen Lebenslagen entstehen bzw. deutlich werden. Die Krankenkassen entwickelten – teilweise gemeinsam mit anderen Rehabilitationsträgern – unterschiedliche Verfahren, mit denen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation schnell und bedarfsgerecht initiiert werden können. Dies gilt v. a. für die Rehabilitation im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt (AHB-Verfahren), während einer vertragsärztlichen ambulanten Behandlung (Antragsverfahren) und bei Anträgen auf Leistungen der Pflegeversicherung (Anregung im Rahmen der Pflegebegutachtung). Darüber hinaus kann jede Krankenasse selbst entscheiden, wie sie im Rahmen eines individuellen Fallmanagements auf ihre Versicherten zugeht und Rehabilitationsleistungen anregt.