Die Behandlungsziele bei der Therapie von Infektionen des Skelettsystems sind klar definiert. Sie bestehen aus [6]:

  • der Eradikation bzw. der Infektberuhigung an Knochen und Weichteilen,

  • der Wiederherstellung bzw. dem Erhalt eines belastbaren Knochens,

  • der Wiederherstellung bzw. dem Erhalt funktionsfähiger Gelenke,

  • der Wiederherstellung bzw. dem Erhalt der bestmöglichen Lebensqualität für den Patienten.

Will man diese Ziele realisieren, muss man sich der breiten Palette von Faktoren bewusst sein, die die Umsetzung der oben genannten Forderungen beeinflussen können. Grundsätzlich sind hierbei endo- und exogene Faktoren zu unterscheiden [4, 5].

FormalPara Endogene Faktoren [3]
  • lokale Faktoren (z. B. Frakturausmaß, -lokalisation usw.)

  • systemische Faktoren [z. B. Begleiterkrankungen wie HIV-Infektion („human immunodeficiency virus“) oder Rheuma]

FormalPara Exogene Faktoren
  • Inokulation von Keimen nach Trauma oder chirurgischen Maßnahmen

  • „therapeutischer Effekt“ (positive und negative Beeinflussung des Heilverlaufs durch die einzelnen Behandlungsmaßnahmen)

  • Beginn der Infektbehandlung

Gerade Letzteres spielt eine wesentliche Rolle, da seit langem bekannt ist, dass die Inokulation von Keimen innerhalb von kürzester Zeit (Staphylococcus aureus innerhalb von Stunden) irreversible Veränderungen am Knochen hervorruft. Insofern sind die frühzeitige Diagnose und eine sich daran anschließende frühzeitige Therapie die Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung [6]. Sie basiert auf 3 Säulen:

  1. 1.

    konsequente chirurgische Infektsanierung

  2. 2.

    Kenntnis und Einsatz von Antibiotika

  3. 3.

    Kenntnis und Einsatz adjuvanter Maßnahmen

Infektbehandlung

Schritt 1: Chirurgische Infektsanierung

Die konsequente chirurgische Infektsanierung stellt unverändert die Basis jedweder Behandlung von Knochen- und Gelenkinfektionen dar (Abb. 1). Daran hat auch die Entwicklung neuer Antibiotika nichts geändert. Wesentlich für die korrekte Durchführung dieser Operationen ist, dass nicht nur die infizierten Knochenareale entfernt werden müssen, sondern ebenso die infizierten umgebenden Weichteile, und zwar ohne Rücksicht auf den Typ des infizierten Weichgewebes (Sehnen, Muskeln, Gefäße, Nerven). In Anlehnung an die onkologische Chirurgie ist eine R0-Resektion anzustreben. Nur im Frühstadium eines Knocheninfekts kann unter bestimmten Voraussetzungen (geringe Infektausdehnung an Knochen und Weichteilen, Titanimplantate, fester Sitz des implantierten Materials) der Erhalt einer vorhandenen Osteosynthese erwogen werden [2].

Ein Goldstandard für das chirurgische Vorgehen existiert nicht. Das Spektrum reicht von der befundadaptierten Revisionschirurgie (Operationen nach Klinik, Paraklinik und Mikrobiologie) bis hin zur so genannten Etappenlavage, bei der die Patienten in einem festen Zeitrhythmus (alle 48 h) lokal so lange revidiert werden, bis aus den intraoperativ gewonnenen mikrobiologischen Proben kein Keimnachweis mehr gelingt.

Im eigenen Vorgehen wird ein 3-Eingriffs-Modell bevorzugt. Nach der ersten Operation mit möglichst radikaler Infektherdsanierung („R0-Resektion“) erfolgt geplant nach etwa 1 Woche ein weiterer Eingriff quasi zur Erfolgskontrolle. In Abhängigkeit vom dann erhobenen Befund wird ggf. die Indikation zu einer weiteren Operation, wiederum nach etwa 1 Woche gestellt.

Abb. 1
figure 1

Algorithmus für die Behandlung eines Knocheninfekts, WT Weichteile

Die Defektdeckung während dieser Sanierungsphase kann mit unterschiedlichen Maßnahmen gewährleistet werden. Das Spektrum reicht vom Feuchtverband mit NaCl 0,9% bis hin zur Vakuumversiegelung. Niemals ist jedoch der primäre Wundverschluss zu erzwingen, durch welchen das Gewebe noch zusätzlich kompromittiert werden kann.

Schritt 2: Weichteilrekonstruktion

Sie ist im Anschluss an die Infektberuhigung vordringlich anzustreben, aus dem Wissen heraus, dass intakte Weichteile die Voraussetzung für eine erfolgreiche Knochenrekonstruktion sind.

Die chirurgischen Maßnahmen reichen von der Meshgraft-Plastik bis hin zu ausgedehnten mikrovaskularisierten Muskellappen. Nach Heppert et al. [1] ist die Methode der Weichteilrekonstruktion von folgenden Kriterien abhängig:

  • geplante oder vorhandene Osteosynthese,

  • Lokalisation und Ausmaß des Weichteildefekts,

  • Durchblutungssituation und

  • Compliance des Patienten.

Schritt 3: Knochenrekonstruktion

Ist ein intakter Weichteilmantel wiederhergestellt kann, mitunter auch überlappend, die Knochenrekonstruktion erfolgen, für welche ebenfalls eine weite Palette operativer Maßnahmen zur Verfügung steht. Als Faustregel kann die in Tab. 1 dargestellte Beziehung zwischen dem Ausmaß des Knochendefekts und der Verfahrenswahl gelten:

Tab. 1 Faustregel zu Knochenrekonstruktion

Stabilisierungsmaßnahmen

Die mechanische Stabilität der befallenen Areale ist während der gesamten Behandlung gefordert, da bekannt ist, dass Instabilität einen Infekt unterhalten oder wieder anfachen kann. Auch hier steht ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Verfügung, als wesentlichste Maßnahme kann jedoch die Stabilisierung mittels Fixateur externe angesehen werden. Schmidt et al. [5] empfahlen den Gebrauch des Ilisarov-Fixateurs insbesondere dann, wenn weitreichende Rekonstruktionen am Knochen absehbar notwendig werden [5].

Fazit für die Praxis

Die Kenntnis der 3 Säulen der Therapie ist die Basis für die erfolgreiche Behandlung von Knocheninfekten:

  • Chirurgie

  • Antibiotika

  • Adjuvanzien

Die chirurgische Infektsanierung ist die Grundlage der Behandlung.

Insuffiziente Chirurgie wird nicht durch den Einsatz von Antibiotika und adjuvanten Maßnahmen ausgeglichen.

Die Kenntnis und Beachtung des Therapiealgorithmus sind unabdingbar:

  • Schritt 1: Infektberuhigung an Knochen und Weichteilen

  • Schritt 2: Weichteilrekonstruktion

  • Schritt 3 (individuell überlappend mit Schritt 2): Knochenrekonstruktion