Zusammenfassung
Periprothetische Frakturen treten bei Patienten mit einer Knietotalendoprothese selten auf. Die Betroffenen sind meist sehr alt, leiden häufig an einer schweren Allgemeinerkrankung, und ihre Knochenqualität ist in der Regel schlecht. Zudem sind sie meist nicht in der Lage, postoperativ eine Teilbelastung einzuhalten. Die kaum zu erreichenden Ziele der Behandlung sind eine Ausheilung der Fraktur in anatomischer Stellung, Übungsstabilität der Osteosynthese und ein möglichst geringes Operationstrauma. Die Komplikationsrate ist aufgrund der schlechten Ausgangsbedingungen hoch (25–27%). Patellafrakturen Typ 1 sollten konservativ, Typ-2-Brüche operativ behandelt werden. Bei Typ-3-Frakturen hängt das Vorgehen von den Beschwerden des Patienten ab. Bei Tibia-/Femurfrakturen mit fest sitzendem Implantat sollte eine Osteosynthese durchgeführt werden, bei gelockertem Implantat ist ein Prothesenwechsel indiziert. Typ-1-Frakturen können in Ausnahmefällen konservativ behandelt werden.
Abstract
Periprosthetic fractures rarely occur in patients with total knee endoprosthesis, and when they do, the patients are usually of advanced age and suffering from severe systemic disease with poor bone quality. Moreover, they are generally unable to partially bear weight postoperatively. The almost unattainable goals of therapy are healing of the fracture in an anatomic position, mobilisation of the osteosynthesis and as little surgical trauma as possible. The complication rate is high (25–27%) due to the poor initial conditions. Type 1 patella fractures should be treated conservatively, while type 2 fractures should be treated surgically. In the case of type 3 fractures, the therapeutic approach depends on the patient’s symptoms. Osteosynthesis is the method of choice in tibia/femur fractures with fixed implants, while prosthesis replacement is indicated in lose implants. In exceptional cases, type 1 fractures can be treated conservatively.
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Ausgangssituation
Die Inzidenz periprothetischer Frakturen bei liegender Knietotalendoprothese (Knie-TEP) ist insgesamt niedrig. Sie nimmt vom Femur über die Tibia zur Patella ab [1, 3]. Das Patientenalter ist überdurchschnittlich hoch. Eine schwere Allgemeinerkrankung (ASA 3) weisen 35% der Patienten auf. Die Knochenqualität ist in der Regel schlecht.
Meist liegt ein Oberflächenersatz vor, oft sind aber auch intramedulläre Implantate (Prothesenstiel, gleichseitige Hüft-TEP) vorhanden. Die betroffenen Patienten sind meist nicht in der Lage, postoperativ eine Teilbelastung einzuhalten.
Behandlungsziele
Um die Prothese möglichst dauerhaft zu erhalten, sollte eine Ausheilung der Fraktur in anatomischer Stellung erreicht werden. Zum Erhalt der Prothesenbeweglichkeit ist zumindest eine Übungsstabilität der Osteosynthese zu fordern. Aufgrund des Allgemeinzustandes der Patienten sollte das Operationstrauma möglichst gering sein.
Diese zur schlechten Ausgangssituation in Widerspruch stehenden ehrgeizigen Behandlungsziele resultieren letztlich in einer hohen Komplikationsrate von 25–27% in der Literatur [3].
Implantate
Der Markt für Endoprothesen hält modulare Revisionsimplantate bis hin zum totalen Femurersatz bereit (Abb. 1). An Osteosynthesematerial kommen bevorzugt winkelstabile Platten und ggf. Marknägel zum Einsatz. Auch auf Cerclagen kann häufig nicht verzichtet werden. Diese können bei modernen Plattensystemen an die Platte gekoppelt werden, sodass sie auf den schrägen Oberflächen der Metaphyse nicht abrutschen und sich so lockern. Aufgrund der häufig vorliegenden knöchernen Defekte kann der Einsatz von sowohl Knochenzement als auch autologem oder allogenem Knochen als auch Knochenersatzmaterialien erforderlich werden.
Patellafrakturen
Sie können nach Ortiguera u. Berry [4] eingeteilt werden (Tab. 1). Diese fanden in einem Kollektiv von 12.464 Patienten 78 periprothetische Patellafrakturen.
Das Primat der Therapie ist die Rekonstruktion des Streckapparats, das Patellaimplantat zu erhalten, ist sekundär. Typ 2 wird somit in der Regel operiert. Bei der Osteosynthese kommen konventionelle Zuggurtungen und Schraubenosteosynthesen zum Einsatz (Abb. 2). Die Komplikationsrate bei operativem Vorgehen ist mit bis zu 42% Reoperationen [4] allerdings sehr hoch. Deshalb sollte bei intaktem Streckapparat und festem Implantat (Typ 1) eine konservative Therapie durchgeführt werden. Hier wurden nur selten Therapieversager beobachtet. Bei intaktem Streckapparat und gelockertem (Typ 3) Implantat hängt die Therapie von den Beschwerden des Patienten ab, beschwerdefreie Patienten sollten ebenfalls konservativ behandelt werden. Abrissfrakturen der Tuberositas tibiae sind nur bei größeren knöchernen Fragmenten gut zu refixieren. Bei kleinen Fragmenten oder Avulsionen der Patellarsehne sind oft Sehnenautografts oder Allografts erforderlich.
Tibia und Femur
Die Tibiafrakturen werden nach Felix et al. [2] (n=102 Patienten) eingeteilt (Abb. 3).
Bei fest sitzendem Implantat erfolgt in der Regel eine Osteosynthese. Die Frakturen vom Typ 1, bei denen es sich meist um Ermüdungsbrüche des medialen Tibiakopfs handelt, können in Ausnahmefällen konservativ behandelt werden. Hierbei ist allerdings mit Bewegungsdefiziten zu rechnen. Bei gelockertem Implantat wird ein Prothesenwechsel durchgeführt. In Ausnahmefällen, meist bei jüngeren Patienten, können zunächst die Fraktur zur Ausheilung gebracht und dann das Implantat gewechselt werden. Der Sinn dieses Vorgehens liegt in der Vermeidung von übergroßen Revisionsimplantaten.
Aktuelle Klassifikationen der periprothetischen Femurfrakturen sind die Einteilungen nach Rorabeck u. Taylor [6] sowie Su et al. [7] (Abb. 4). Rorabeck u. Taylor [6] unterscheiden 3 Typen (Tab. 3).
Das oft als Risikofaktor eingeschätzte anteriore femorale Notching zeigte sich in einer größeren klinischen Serie nicht als solcher [5]. Als Grund hierfür ist ein knöchernes Remodelling zu sehen. Den therapeutischen Algorithmus zeigt Abb. 5. In Ausnahmefällen, insbesondere bei jüngeren Patienten kann auch hier zunächst eine Ausheilung der Fraktur angestrebt werden, um übergroße Revisionsimplantate zu vermeiden.
Fazit für die Praxis
Bei in großer Zahl und Variation vorhandenen Implantaten ist die Problematik der periprothetischen Femurfraktur hauptsächlich im schlechten Allgemeinzustand der Patienten sowie der schlechten Knochenheilung und den oft vorhandenen knöchernen Defekten zu sehen. Da dieses Problem nach wie vor ungelöst ist, ist mit einer wesentlichen Reduktion der hohen Komplikationsrate in nächster Zeit nicht zu rechnen. Insgesamt ist die Inzidenz der periprothetischen Femurfrakturen glücklicherweise jedoch niedrig.
Literatur
Diehl P, Burgkart R, Klier T et al (2006) Periprothetische Frakturen nach Knietotalendoprothetik. Orthopäde 35:961–974
Felix NA, Stuart MJ, Hanssen AD (1997) Periprosthetic fractures of the tibia associated with total knee arthroplasty. Clin Orthop 345:113–124
Mittlmeier T, Stöckle U, Perka C, Schaser KD (2005) Periprothetische Frakturen nach Knietotalendoprothetik. Unfallchirurg 108:481–496
Ortiguera CJ, Berry DJ (2004) Patellar fracture after total knee arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 84-A:532–540
Ritter MA, Faris PM, Keating EM (1988) Anterior femoral notching and ipsilateral supracondylar femur fracture in total knee arthroplasty. Orthop Clin North Am 30(2):209–214
Rorabeck CH, Taylor JW (1999) Classification of periprosthetic fracture complicating total knee arthroplasty. Orthop Clin North Am 30:209–214
Su ET, DeWal H, Di Cesare PE (2004) Periprosthetic femoral fractures above knee replacements. J Am Acad Orthop Surg 12:12–20
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Heineck, J., Rein, S. Periprothetische kniegelenknahe Fraktur. Trauma Berufskrankh 11 (Suppl 2), 179–183 (2009). https://doi.org/10.1007/s10039-008-1468-8
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-008-1468-8
Schlüsselwörter
- Periprothetische Fraktur
- Knietotalendoprothese
- Ausheilung in anatomischer Stellung
- Übungsstabilität der Osteosynthese
- Komplikationsrate