Material und Methode

Zur Beantwortung der Frage, welche laborchemischen Untersuchungen zur Diagnostik und zur Kontrolle der Therapie einer Osteitis geeignet sind, wurden 2 internetbasierte Literaturrecherchen durchgeführt. In der Cochrane-Library wurde mit den Stichwörtern: „osteitis“, „osteomyelitis“, „crp“, „pct“ gesucht. Im Pubmed-Verzeichnis waren „Osteomyelitis“, „bone infection“, „crp“ und „pct“ in unterschiedlicher Kombination die Suchwörter.

Eine Analyse der unfallchirurgischen Lehrbücher [5, 7] und der Spezialwerke zu Knocheninfektionen [2, 3, 9, 13] zum Thema wurde durchgeführt.

Abschließend werden die an der BG-Unfallklinik Murnau gebräuchlichen Verfahren dargestellt.

Ergebnisse

Die Cochrane-Analyse erbrachte je nach Sortierung der Suchwörter 128–185 Treffer. Es fand sich keine Arbeit, in der eine Grad-1- oder -2-Evidenz für einzelne Laboruntersuchungen zur Diagnostik der Osteitis angegeben worden war.

Die Pubmed-Analyse zeigte 4–120 Treffer. Lediglich die Arbeiten von Unkilla-Kallio et al. [10, 11] zeigten eine Grad-2-Evidenz, dass das CPR (C-reaktives Protein) den Verlauf einer kindlichen hämatogenen Osteomyelitis signifikant besser anzeigt als Blutbild und -senkung.

In den Standardwerken der Unfallchirurgie und rekonstruktiven Extremitätenchirurgie wird zur Primärdiagnostik einer Osteitis auf Blutbild, CRP und Blutsenkungsgeschwindigkeit verwiesen. Ein Cut-off-Wert für einzelne Laborparameter existiert nicht. Im Behandlungsverlauf ist das CRP der entscheidende Parameter, um einen günstigen Heilungsverlauf anzuzeigen.

Generell ist zu klären, in welcher Phase der Entzündungskaskade sich der Patient gerade befindet (Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3):

Abb. 1
figure 1

Klinische Zeichen der Entzündung

Abb. 2
figure 2

Akute Osteitis nach operativ versorgter Pilon-tibiale-Fraktur

  • Handelt es sich um eine akut aufgetretene Knocheninfektion oder liegt ein jahrzehntelanger chronischer Knocheninfekt vor?

  • Handelt es sich um eine regionale Entzündung oder liegen bereits eine systemische Körperantwort in Form einer SIRS („systemic inflammatory response syndrom“) oder einer Sepsis oder gar ein septischen Organversagen vor?

Im Folgenden sollen die gebräuchlichen Laboruntersuchungen auf ihre Eignung dargestellt werden [1].

Blutbild (BB)

Die heute automatisierte Blutbildbestimmung wird im EDTA-Blut vorgenommen. Hierbei werden die Menge und Größe von Erythrozyten, die Anzahl der Leukozyten und der Thrombozyten aufgelistet. Unterschiedliche Normwerte ergeben sich bezüglich des Lebensalters und diverser hämatologischer Grunderkrankungen.

Gemeinhin als erhöht gelten Leukozytenzahlen über 10×103, und eine Thrombozytenzahl unter 150×103 gilt als vermindert. Die Sensitivität des Blutbildes zur Diagnostik einer Osteitis wird mit etwa 90% angegeben, die Spezifität dafür ist gering. Eine mikrozytäre Anämie kann u. a. Ausdruck einer chronischen Infektanämie sein.

Störgrößen ergeben sich durch Blutungsanämien, hämatologische Grunderkrankungen und die heparininduzierte Thrombopenie (HIT).

Differenzialblutbild (diffBB)

Es wird ebenfalls automatisiert im EDTA-Blut untersucht: Dabei werden die Leukozyten nach ihrer Morphologie eingeteilt und gezählt. Ein Übermaß an segmentkernigen Leukozyten gibt einen Hinweis auf eine bakterielle Entzündung. Es liegen keine Angaben zur Sensitivität und Spezifität vor.

Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG)

Sie wird nach der Westergren-Methode durch Sedimentation antikoagulierten Na-Zitrat-Vollblutes allein durch Schwerkraft bestimmt. Als pathologisch gelten Senkungen >20 mm/h. Die Methode ist einfach, billig, aber unspezifisch (Sensitivität etwa 60%). Als Verlaufskontrolle ist sie auch in der Osteitisbehandlung etabliert, der 2-h-Wert ist ohne Aussagekraft.

C-reaktives Protein (CRP)

Es wird maschinell im Serum bestimmt. Werte <0,3 mg/dl gelten als normal. Das CRP steigt binnen 24 h nach einer Entzündung an, kann also in einer hoch akuten Phase noch normal sein. Die Produktion ist abhängig von der Leberfunktion, kann also in einer späten Sepsisphase mit Organversagen nicht mehr als Verlaufparameter herangezogen werden. Weitere Störgrößen ergeben sich bei aktiviertem Komplementsystem, Pankreatitis sowie Tumor- und rheumatischen Erkrankungen. Als Verlaufsparameter einer Entzündungsaktivität ist das CRP bestens evaluiert. Es fällt in wenigen Tagen bei Genesung ab und bleibt bei chronischer Infektion erhöht. Es werden eine Sensitivität von >90% und eine Entzündungsspezifität von 95% angegeben. Eine Zuordnung zur Osteitis ist nicht möglich.

Prokalzitonin (PCT)

Es wird ebenfalls im Serum bestimmt (http://de.wikipedia.org/wiki/procalcitonin). Werte >0,5 ng/ml gelten als erhöht. Das PCT ist chemisch die Vorstufe des Kalzitoninhormons und steigt bei schweren Infektionen oder Sepsis binnen Stunden hoch an. Die PCT hilft bei der Differenzierung zwischen bakteriellen und viralen Infektionen und ist ein unabhängiger Prognosefaktor für das Multiorganversagen. Als Screeningtest ist sie ungeeignet, da sie teuer und bezüglich einer Osteitis unspezifisch ist.

Akutphaseproteine

In der Sepsisforschung etabliert sind Zytokine, PMN-Elastase (polymorphkernige Elastase), Serumamyloid und Antithrombin (AT) III. Keiner dieser aufwändigen Tests ist zur Diagnostik der Osteitis geeignet. Die höchste Spezifität besitzt noch die PNM-Elastase [6], allerdings werden die Sensitivitäten des CRP nicht erreicht.

Diskussion

In der Unfallklinik Murnau werden als Aufnahmelabor bei Verdacht einer Knochen- und Gelenkinfektion das Blutbild, die Gerinnung, die Nieren- und Leberwerte sowie das CRP bestimmt. Bei Verdacht einer septischen Komplikation werden diffBB und PCT mitbestimmt sowie mehrere Blutkulturen abgenommen [12].

Zur Verlaufskontrolle bei Sanierung einer Osteitis werden Blutbild und CRP bestimmt [8]. Diese Regeln gelten gleichermaßen für Kinder [4].

Fazit für die Praxis

Zur Diagnosefindung einer akuten Osteitis oder Osteomyelitis braucht es das klinische Bild von Rötung, Schwellung, Schmerz, Überwärmung und Funktionsverlust sowie Röntgen- und nuklearmedizinische Untersuchungen (Abb. 3). Diffizile Blutuntersuchungen sind nicht notwendig. Eine Knochen- oder Gelenkinfektion führt zu einer lokalen und systemischen Entzündungsreaktion, die sich laborchemisch in einer Erhöhung der Akutphaseproteine und der Leukozytenzahl widerspiegelt. Selten führt diese Entzündung zur Sepsis. Den Beginn einer solchen zeigt die Erhöhung des Prokalzitoninspiegels an. Als Verlaufsparameter bei der Behandlung von Knochen- und Gelenkinfektionen haben sich das CRP und die Blutsenkungsgeschwindigkeit bewährt. Bei langen komplizierten Krankheitsverläufen sinkt die Zuverlässigkeit der Blutuntersuchungen weiter ab. Bei chronischen fistelnden Osteitiden können laborchemische Entzündungszeichen völlig fehlen.

Abb. 3
figure 3

Schulterempyem