Vorbemerkung

Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 1.199.040 Hüft- und 135.393 Kniegelenkendoprothesen implantiert und statistisch 66.571 Komplikationen durch orthopädische Endoprothesen erfasst. Ein weiteres Ansteigen dieser Rate ist zu erwarten [1].

Abb. 1
figure 1

Verschleiß einer Polyethylenkomponente einer Knieendoprothese (Anfärbung der Oberfläche)

Ursachen für Komplikationen im Zusammenhang mit einer Gelenkendoprothesenimplantation können u. a. sein:

  • Mechanische Komplikationen durch Fehlpositionierung der Prothese

  • Eingebaute oder nicht behobene Achsfehler

  • Rotationsfehler

  • Längenunterschiede

  • Fehlerhafte Größenbestimmung der Prothesenkomponenten

  • Ungenügende Berücksichtigung des Weichteilmantels

Daraus resultieren häufig:

  • Funktionsdefizite des Gelenks

  • Schmerzen

  • Instabilität

  • Erhöhter Verschleiß (Abb. 1)

  • Vorzeitige Lockerung mit erforderlicher Wechseloperation

  • Erhöhtes Risiko periprothetischer Frakturen

Navigation

Knieendoprothetik

Frühzeitig wurde der Zusammenhang zwischen einer achsgenauen Implantation einer Endoprothese und deren Standzeit erkannt [2, 4, 5].

Zunächst stellten mechanische intramedulläre Ausrichtsysteme den Standard in der Knieendoprothetik dar. Es folgten computergestützte Navigationsgeräte, die die Genauigkeit bei der Implantation weiter erhöhten. Die Entwicklungsschritte verliefen hierbei von den kabelbasierten Systemen hin zu den heutigen infrarotbasierten Methoden mit „aktiver“ oder „passiver“ Messsondentechnik.

Technik

Bei der Anwendung der beschriebenen Navigationsgeräte wird das Kniegelenk zunächst über eine parapatellare mediane Arthrotomie aufpräpariert, und es werden 2 Navigationstracker gesetzt, über die mittels Infrarotkamera des Geräts die eigentliche Navigation stattfindet (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Kniegelenk mit 2 Navigationstrackern (Fa. Stryker)

Mit einem Pointer wird die Oberfläche des Gelenks abgetastet, aus den erhaltenen Daten generiert das Navigationsgerät ein entsprechendes Kniemodell. Geräte der neuesten Generation liefern anschließend Vorschläge für die entsprechende Größe der Prothesenkomponenten und deren Implantation (Abb. 3). Eine computergestützte Variation der Größe der Komponenten durch den Operateur ist möglich, ersetzt aber nicht die standardmäßige präoperative Planung.

Abb. 3
figure 3

Navigationssoftware mit Vorschlägen für die Implantatgröße (Fa. Stryker)

Abb. 4
figure 4

Navigationssoftware mit Ausrichtung des femoraler Schnitts ( Fa. Stryker)

Abb. 5
figure 5

Navigationssoftware mit Ausrichtung des tibialer Schnitts ( Fa. Stryker)

Die Schnittblöcke für die femorale (Abb. 4) und tibiale Zurichtung (Abb. 5) werden mit Hilfe des Navigationscomputers platziert. Nach der Implantation der Prothese sind Messungen des Implantationsergebnis möglich und können exakt dokumentiert werden.

Eigene Untersuchungen

An den BG-Kliniken Bergmannstrost werden Knieendoprothesen seit 2004 mit Unterstützung eines Navigationscomputers implantiert.

88 Patienten mit ausschließlich posttraumatischer Gonarthrose wurden nachuntersucht. Bei 35 Patienten wurde die Prothese konventionell mit intramedullärer Achsausrichtung implantiert, bei 53 Patienten erfolgte die Versorgung unter Nutzung des Navigationsgeräts. Bei allen Patienten wurde der gleiche Prothesentyp verwendet. Die Ergebnisse wurden nach dem Knee Society Score nach Insall et al. [2] nach 12, 18 und 24 Monaten bewertet. Kontrolluntersuchungen der Achse erfolgten röntgenologisch, die Rotation wurde computertomographisch nachkontrolliert. Die Schnitt-, Naht- und Säulenzeiten wurde erfasst.

Im Ergebnis zeigte sich eine um durchschnittlich 14 min verlängerte Schnitt-/Nahtzeit in der Navigationsgruppe. Die postoperative Achsabweichung lag bei den konventionell implantierten Prothesen bei ±5° und in der Navigationsgruppe bei ±2° (Abb. 6). Der postoperative Rotationsfehler war bei der Navigationsgruppe ebenfalls geringer.

Abb. 6
figure 6

Achsabweichung postoperativ nach Knieprothesenimplantation Varus/Valgus

Bei der Bewertung durch den Knee Score zeigten die navigiert implantierten Prothesen nach 18 und 24 Monaten gering bessere Ergebnisse im Vergleich zu konventionell behandelten Patienten. Eine Signifikanz zugunsten der Navigation war nicht nachweisbar. Tendenziell ist die Genauigkeit der computergestützen Implantation jedoch größer. Die Prothesenstandzeit kann noch nicht beurteilt werden.

Eindeutige Vorteile der Navigation wurden bei Patienten mit extrem starken Weichteilmänteln oder mit vorbestehenden polyaxialen Fehlstellungen der Extremitäten oder einliegendem Osteosynthesematerial gesehen (Abb. 7).

Abb. 7
figure 7

Polyaxiale Fehlstellung des linken Beins (a), Ergebnis nach navigierter Knieendoprothetik (b)

Hüftendoprothetik

Die Entwicklung dieser Systeme setzte später ein. Die heutigen Modelle nutzen die bereits unter „Knieendoprothetik“ beschriebene technische Basis.

Abb. 8
figure 8

Intraoperative Navigation bei Präparation der Hüftpfanne

Es besteht die Möglichkeit, Pfanne und Schaft navigiert gestützt einzubringen, nach navigierter Implantation ist eine kinematische Prüfung möglich (Abb. 8, Abb. 9, Abb. 10, Tab. 1).

Tab. 1 Navigierbare Parameter der Hüftprothesenimplantation
Abb. 9
figure 9

Navigationssoftware mit Bild der Pfannenposition (Fa. Stryker)

Abb. 10
figure 10

Navigationssoftware mit Bild der Schaftnavigation (Fa. Stryker)

Probleme bei der Hüftnavigation

  • Sichtprobleme bei Lagerungswechsel

  • Verreißen der Instrumente beim Einschlagen

  • Instrumentarium zurzeit nicht mit minimalinvasiver Zugangstechnik kombinierbar

  • Weichteilprobleme an Trackerbefestigung

Fazit für die Praxis

Trotz der noch fehlenden Langzeitergebnisse rechtfertigt der relativ geringe zusätzliche Zeitaufwand bei gleichmäßig guten und sehr guten Implantatpositionen auch weiterhin die Anwendung von Navigationssystemen. Diese sind v. a. bei schwierigen Ausgangssituationen besonders wirkungsvoll. Zu beachten ist, dass eine geplante Navigation präoperativ in die Aufklärung einfließen muss. Der Operateur muss dass System intraoperativ auf Plausibilität der Werte kontrollierten und bei einem Ausfall der Navigation in der Lage sein, die Operation konventionell fortzuführen. Ein positiver Nebeneffekt des Systems ist die hervorragende Dokumentation.

Nachteilig ist der hohe Kostenaufwand für die Anschaffung der Navigationssysteme.