Mit der Einführung der ersten penicillinasefesten Penicilline in die Klinik und der Entwicklung der Klasse der Cephalosporine wenige Jahre später, schien das Resistenzproblem bei Staphylococcus aureus für den klinisch tätigen Arzt von eher untergeordneter Bedeutung zu sein, obwohl bereits 1961 erstmals ein methicillinresistenter Staphylococcus-aureus(MRSA)-Stamm beschrieben wurde. In der Folge konzentrierten sich Anstrengungen zur Entwicklung neuer antimikrobieller Substanzen auf den Bereich der gramnegativen Erreger mit der Konsequenz, dass der Selektionsdruck insbesondere auf Staphylococcus aureus deutlich zunahm. So war es letztlich nicht überraschend, dass zu Beginn der 1980er Jahre zunächst in den USA zunehmend MRSA-Klone auftraten, die parallel Resistenzen gegenüber anderen Antibiotikaklassen wie den Aminoglykosiden, Lincosamiden, Makroliden, Tetrazyklinen, Fluorochinolonen und den Sulfonamiden aufwiesen, und damit die Behandlungsmöglichkeiten von MRSA-Infektionen deutlich einschränkten.

Epidemiologie

Trotz des inzwischen weltweiten Anstiegs der MRSA-Prävalenz sind beträchtliche Unterschiede zwischen europäischen Ländern, innerhalb Deutschlands zwischen verschiedenen Krankenhäusern und selbst innerhalb verschiedener Abteilungen eines Krankenhauses zu beobachten. Bei einer 1996–1999 durchgeführten multizentrischen Studie zu Blutkulturisolaten (1448 Staphylococcus-aureus-Isolate) konnte ein MRSA-Anteil von 13,5% gefunden werden, wobei Unterschiede in der Prävalenz von 1,7–41,0% zwischen verschiedenen Krankenhäusern dokumentiert wurden [5].

In den USA, Japan und den südeuropäischen Ländern muss derzeit von einer hohen MRSA-Prävalenz ausgegangen werden (zwischen 30 und 80%), während sie in den Niederlanden und den skandinavischen Ländern (noch) sehr niedrig ist.

Aktuell wird die Situation durch das Auftreten so genannter „community-acquired MRSA“ (CA-MRSA, exprimieren meist, jedoch nicht immer das Panton-Valentine-Leucocidin [17]) bei Patienten ohne bekannte MRSA-Risikofaktoren, insbesondere in den USA, z. T. dramatisch verschärft [22]. In Deutschland stieg der Anteil von MRSA – im Verhältnis zu allen Staphylococcus-aureus-Isolaten – innerhalb einer Dekade um mehr als das 10-Fache von 1,7% (1990) auf 22,6% (2004) [9].

Therapie

Infektionen mit MRSA bedeuten für den Patienten, dass dieser für oberflächliche bis tiefe bzw. systemische Infektionen verantwortliche Erreger nicht mehr mit den gegen ihn wirksamsten Antibiotika therapierbar ist [18]; denn grundsätzlich gilt für MRSA, dass alle derzeit verfügbaren β-Laktam-Antibiotika, zu denen die Penicilline, Cephalosporine und Peneme gezählt werden, unabhängig vom Ausfall des Resistenztestes als unwirksam einzustufen sind. Als Antibiotikaklasse der Wahl gelten daher Glykopeptide, v. a. Vancomycin, wobei jedoch die nur mäßige Gewebegängigkeit dieser Substanz zu beachten ist [2]. Während in einigen Regionen der Welt, insbesondere in Japan, bereits eine hohe Prävalenz von Staphylococcus-aureus-Stämmen mit verminderter Vancomycinempfindlichkeit (VISA) zu verzeichnen ist bzw. bereits erste vancomycinresistente Staphylococcus-aureus-Stämme (VRSA) in den USA isoliert werden konnten, ist in Mittel- und Nordeuropa zurzeit noch von einer hohen Wirksamkeit von Vancomycin auszugehen.

Die in den vergangenen Jahren bzw. kürzlich zugelassenen Vertreter neuer Antibiotikaklassen, z. B. Quinupristin/Dalfopristin als erstes injizierbares Pristinamycin, Linezolid als erstes Oxazolidinon, Daptomycin als erstes zyklisches Lipopeptid und Tigecyclin als erster Vertreter der Glyzylzykline, stellen mögliche Alternativen zu den bislang angewendeten Glykopeptiden dar, wobei sich die einzelnen Spektren deutlich unterscheiden [2]. Gleiches kann zukünftig für neue Generationen der Cephalosporine mit MRSA-Wirkung, z. B. für Ceftobiprol (zurzeit noch nicht verfügbar) zutreffen [1]. Ihre Einsatzgebiete liegen je nach Klasse und aktueller Zulassung insbesondere bei schweren Pneumonien, Endokarditiden, intraabdominellen Infektionen, Haut- und Weichteilinfektionen und/oder Osteomyelitiden. Erste resistente Stämme auch gegenüber diesen neuen Antibiotika konnten jedoch z. T. schon beobachtet werden.

Diese Einschränkungen der therapeutischen Optionen bei Infektionen durch MRSA bedingen, dass ggf. auf weniger wirksame, pharmakodynamisch ungünstigere und/oder nebenwirkungsreichere Mittel ausgewichen werden muss. Die Situation wird dadurch kompliziert, dass 20–30% der Bevölkerung immer mit Staphylococcus aureus (kolonisiert ohne Zeichen der Infektion) und weitere 60% intermittierend mit dem Erreger besiedelt sind. Ausgehend vom Vestibulum nasi kann sich der Erreger dann auf weitere Bereiche der Haut und Schleimhäute ausbreiten. Der Nasenvorhof gilt somit als Reservoir und Quelle für nachfolgende Staphylococcus-aureus-Infektionen (sowohl für MRSA als auch für methicillinsensible Stämme) [4], wobei als Hauptübertragungsweg die Hände des medizinischen Personals gelten.

Aspekte zur Prävention

Zahlreiche Studien belegten, dass Infektionen durch MRSA-Stämme eine höhere Mortalität zeigen (wobei auch Studien publiziert wurden, die keine Assoziation aufzeigen konnten), zu einer längeren Verweildauer im Krankenhaus führen und höhere direkte Kosten für Diagnostik und Therapie verursachen [10, 11]. Betrachtet man z. B. die durch MRSA-Stämme verursachten nosokomialen Wundinfektionen und Septikämien und die daraus entstehenden Kosten, wird deutlich, dass hier deutliche Einsparpotenziale vorhanden sind, die für ein Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe sicher im 6-stelligen Eurobereich pro Jahr liegen [15, 19, 20, 21].

Um der weiteren Zunahme der MRSA-Rate entgegenzuwirken, wurden daher bereits 1999 von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut (RKI) entsprechende Richtlinien für den Umgang mit MRSA verfasst [8]. Die sehr unterschiedlichen MRSA-Raten in deutschen Krankenhäusern begründen sich offenbar u. a. auf die unterschiedliche Herangehensweise bei der Umsetzung der RKI-Richtlinien, die von Ignoranz bis hin zu effizienten Strategien in enger Zusammenarbeit zwischen Klinikern, Hygienikern und Mikrobiologen reicht.

Zur Verhinderung von MRSA-Übertragungen sind besondere präventive Maßnahmen zu treffen. Basierend auf einer gründlichen Schulung und Motivation des gesamten Personals umfassen diese:

  • das frühzeitige Erkennen resistenter Staphylococcus-aureus-Stämme (Screening bei stationärer Aufnahme und in regelmäßigen, z. B. wöchentlichen Intervallen),

  • die konsequente Isolierung MRSA-kolonisierter bzw. -infizierter Patienten (evtl. auch Kohortenisolierung),

  • die strikte Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen (v. a. der Händedesinfektion) und

  • die Sanierung einer MRSA-Besiedlung.

Ein Eingangsscreening zum Nachweis von MRSA, d. h. Abstrich der Nasenvorhöfe und von Wunden, evtl. auch Rachen und Perinealregion, ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn der Patient bereits anamnestisch MRSA-besiedelt oder -infiziert war oder aus Einrichtungen mit bekanntem oder vermutetem MRSA-Vorkommen (Dialyseeinrichtungen, Brandverletztenzentren, Pflegeheime, Einrichtungen in Ländern mit hoher MRSA-Prävalenz) kommt. Kosten-Nutzen-Analysen ergaben, dass Screeningprogramme zur Identifizierung unerkannter MRSA-Träger bei der Krankenhausaufnahme effektiv sind. Sie tragen zur Senkung der MRSA-Übertragung bei und senken dadurch die erheblichen Kosten für zusätzliche Isolierungsmaßnahmen [3, 12, 16].

Bei MRSA-Ausbrüchen, die laut IfSG §6 in Deutschland meldepflichtig sind, ist – nach Ermittlung der MRSA-Träger unter den Patienten der betroffenen Behandlungseinheit sowie unter dem ärztlichen und Pflegepersonal mit Kontakt zu MRSA-Patienten – die Sanierung von MRSA-Trägern bei Patienten und Mitarbeitern der wichtigste Bestandteil krankenhaushygienischer Maßnahmen. Das topische Antibiotikum Mupirocin stellt das Mittel der Wahl zur Eradikation einer nasalen MRSA-Kolonisation dar. Alternativ werden antiseptische Wirkstoffe oder andere lokal applizierbare Antibiotika insbesondere bei Mupirocinresistenz angewendet. Zur Sanierung einer Hautkolonisation sind bei intakter Haut antiseptisch wirkende Seifen und Lösungen zur Ganzkörperwaschung zu empfehlen. Nach Abschluss von Sanierungsmaßnahmen, d. h. frühestens nach 3 Tagen, ist der Erfolg durch 3 negative Untersuchungsergebnisse zu kontrollieren.

Auch darüber hinaus gehende Maßnahmen können bei der MRSA-Bekämpfung eine wichtige Rolle spielen. Die Entwicklung automatisierter „Frühwarnsysteme“ durch molekulare Typisierung der Erreger („genetischer Fingerabdruck“) kann zur rechtzeitigen Erkennung von Ausbruchsituationen führen und Hinweise auf die generelle lokale und regionale MRSA-Situation geben [13, 14].

Beispiele aus den Niederlanden und skandinavischen Ländern, aber auch von einzelnen deutschen Einrichtungen zeigten, dass eine konsequente Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einer Eindämmung oder deutlichen Reduzierung der MRSA-Raten führt. Durch in den 1980er Jahren initiierte Kontrollprogramme, die u. a. ein Eingangsscreening (anfangs generell, dann für Risikopatienten) in allen Krankenhäusern, eine standardisierte Dekolonisierung und eine strukturierte Nachversorgung (auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, inklusive Registrierung von Dauerträgern beim Gesundheitsamt) vorsahen, konnte in Dänemark die MRSA-Rate um 15–20% gesenkt werden.

Ein Blick auf die Zunahme des Antibiotikaverbrauchs in deutschen Kliniken in den letzten Jahren zeigt parallel zur steigenden Prävalenz multiresistenter Erreger einen beunruhigenden Trend an. Steigender Verbrauch an Glykopeptiden und Carbapenemen aufgrund einer hohen Prävalenz multiresistenter Erreger führt zu einer weiteren Erhöhung des Selektionsdrucks gerade auf MRSA-Stämme, mit der möglichen Konsequenz, dass wir zukünftig ggf. auch in Deutschland mit dem Auftreten von VISA- bzw. sogar VRSA-Stämmen rechnen müssen. Ein gezielter Antibiotikaeinsatz, basierend auf einer qualifizierten mikrobiologischen Diagnostik und infektiologischen Beratung, kann helfen, diesen Selektionsdruck zu vermindern sowie Therapiekosten und die MRSA-Kolonisationsrate zu senken [6, 7].