Auf die zunehmende Inzidenz von Infektionen mit methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA) haben wir bereits in unserer vorausgegangenen Abhandlung hingewiesen [8]. Inzwischen liegen aktuellere und detaillierte Angaben vor. Bis zu 90% aller Staphylococcus-aureus-Stämme, die bei japanischen Krankenhauspatienten isoliert wurden, erwiesen sich als methicillinresistent [4]. Im europäischen Vergleich ist der größte Anstieg der MRSA-Prävalenz in Deutschland zu verzeichnen [15].

Die Behandlungskosten bei Patienten mit MRSA sind signifikant höher als bei Patienten, die mit methicillinsensiblen Stämmen kolonisiert sind [1, 7]. Diese vermeidbaren Mehrkosten bei chirurgischen MRSA-Patienten werden in Deutschland auf über 9000 EUR/MRSA-Fall beziffert [7].

Transmissionen von MRSA können auf mehreren Wegen erfolgen. Der mit Abstand wichtigste Weg ist jedoch über die kontaminierte Hand [14]. Das wichtigste MRSA-Reservoir ist dagegen der Nasen-Rachen-Raum [2], ein Ort, von dem aus es immer wieder zur Kontaminierung der Hände kommen kann [13]. Es gilt als unstrittig, dass kolonisiertes Personal als ein aktives Glied der nosokomialen Transmissionskette angesehen werden kann, seine quantitative Bedeutung bei diesen Transmissionen ist hingegen nicht ausreichend untersucht. Dieser Umstand bedingt den von den Gegnern des Personalscreenings häufig formulierten Einwand, jene Screeningmaßnahmen würden die erhoffte, die Übertragungen reduzierende Wirkung nicht erzielen können, sondern vielmehr zu Stigmatisierungseffekten führen [3]. Dieses Argument ist wie auch sein Antagonist nicht durch einschlägige Untersuchungen belegt. Das Personalscreening wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Während in den Niederlanden das aktive Screening nach Kontakt mit MRSA-positiven Patienten befürwortet wird [11], sind die Empfehlungen der deutschen und nordamerikanischen Fachgesellschaften weit restriktiver [6, 12].

Material und Methode

Die Methode wurde von uns in der Vergangenheit detailliert beschrieben [8] und inzwischen durch Langzeituntersuchungen ergänzt [9]. Im Folgenden wird eine Zusammenfassung der Daten wiedergegeben.

Zwischen Oktober 2001 und Februar 2002 wurden 324 Mitarbeiter der chirurgischen Klinik einem einheitlichen MRSA-Screening unterzogen. Bei den MRSA-positiven Mitarbeitern wurden Kontrolluntersuchungen durchgeführt, und es wurde zwischen dauerhaften Trägern und temporär kolonisierten Beschäftigten unterschieden. Bei den dauerhaft kolonisierten Personen wurde ein einheitliches Eradikationsprogramm durchgeführt. Für dessen Dauer wurden die Betroffenen von der Arbeit ausgeschlossen. Der Erfolg der Eradikation wurde durch mehrfache, auch langfristige Kontrolluntersuchungen gesichert.

Ergebnisse

Der Anteil der temporär kolonisierten Mitarbeiter betrug 1,8% (n=6), 11 Mitarbeiter (3,4%) erwiesen sich als dauerhafte MRSA-Träger.

Der Anteil an Patienten mit MRSA-Nachweis betrug zum Untersuchungszeitpunkt in der chirurgischen Klinik 3,2% (2001) und 5,6% (2002). Bei allen betroffenen Mitarbeitern konnte eine dauerhafte Eradikation erreicht werden. Auch hier verweisen wir im Detail auf unsere weiter führenden, vorausgegangenen Publikationen [8, 9].

Diskussion

Der prozentuelle Anteil der dauerhaften MRSA-Träger unter medizinischem Personal entsprach in unserer Untersuchung weitgehend dem Anteil der MRSA-positiven Patienten am gesamten Patientenkollektiv der chirurgischen Klinik. Andere Autoren berichteten MRSA-Raten beim Personal zwischen 0,9% und 13,2% [5, 10].

Während Einigkeit darüber besteht, dass medizinisches Personal MRSA-Transmissionen verursachen kann, wird die Sinnhaftigkeit des Personalscreenings kontrovers diskutiert. Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektprävention am Robert Koch-Institut befürwortet das Screening des Personals nur bei gehäuftem Nachweis von MRSA bei mehreren Patienten und nachgewiesener klonaler Identität [12]. Blok et al. [2] argumentierten hingegen mit dem holländischen Modell und betonten, dass Isolationsmaßnahmen allein nicht ausreichend sind, Krankenhausmitarbeiter vor MRSA-Akquirierung zu schützen. Deshalb werden Postexpositionsscreening und Ausschluss der betroffenen Mitarbeiter von der aktiven Arbeit an Patienten als sinnvoll erachtet, um andere Patienten zu schützen [2].

Die restriktive deutsche Haltung bei den Screeningmaßnahmen ist zweifelsohne auch in der Tragweite der daraus resultierenden Konsequenzen für den betroffenen Mitarbeiter sowie den Klinikträger begründet. Zum einen ist das Screening zeit- und kostenintensiv. Zum anderen sind die vorgestellten Modelle zur Eradikation der dauerhaften Träger [8, 9] in unserem Kollektiv zwar effektiv, jedoch keine Garanten für eine definitive Sanierung. Versagen in diesem Eradikationsregime können mannigfaltige Ursachen haben, von bestehenden Risikofaktoren, wie Haut- oder nasopharyngealen Läsionen, chronischen Ekzemen oder Tonsilitiden, bis hin zu wiederkehrender Keimakquirierung aus der kontaminierten häuslichen Umgebung. Im Fall einer nicht realisierbaren Eradikation können die beruflichen, sozialen und ökonomischen Folgen für die Betroffenen verheerend sein. Aus den Niederlanden sind Fälle bekannt, die bei dauerhafter MRSA-Trägerschaft zur Aufgabe der Arbeitsstelle und zur beruflichen Umorientierung geführt haben [2]. Dabei handelte es sich nicht nur um Einzelschicksale [2].

Vordringlich ist deshalb die Notwendigkeit der Verankerung dieser Problematik in der gesetzlichen Rechtssprechung. In der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung ist die dauerhafte Kontamination mit MRSA beim medizinischen Personal nicht berücksichtigt. Die Fachgesellschaften sind als Kompetenzträger gefordert, diesbezüglich einen Lösungsansatz anzubieten. Die Befürwortung oder Ablehnung des Personalscreenings ist in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend. Wichtiger ist, ein klar strukturiertes und lückenloses Management des kolonisierten Personals zu entwerfen. Die Betroffenen müssen vor den genannten Konsequenzen geschützt werden.