Die distale Radiusfraktur stellt den häufigsten Bruch des Erwachsenen dar. Während bis weit in die 1990er Jahre eine konservative Behandlung und die minimalinvasive Bohrdrahtosteosynthese mit anschließender Ruhigstellung über 4–6 Wochen die Behandlungsregimes dominierten, hat sich in den letzten 10 Jahren ein deutlicher Trend zur operativen Therapie mit anschließender funktioneller Nachbehandlung entwickelt [7]. Mit diesen Techniken können kürzere Verweildauern sowie reduzierte Arbeitsunfähigkeitszeiten erzielt werden. Zudem erhöht die funktionelle Nachbehandlung den Komfort für den Patienten.

Diagnostik

In den meisten Fällen reichen Röntgenaufnahmen des Handgelenks in 2 Ebenen aus, um die Verletzung und das Ausmaß zu beurteilen und eine Klassifikation vorzunehmen.

Bei sehr starker Beteiligung der Gelenkfläche (C2- bis C3-Frakturen) kann eine CT-Untersuchung die Analyse erleichtern. Sie kann auch bei begleitenden knöchernen und Bandverletzungen der distalen Handwurzelreihe bedeutsam werden, die bei C-Frakturen in 30–60% der Fälle beobachtet werden [6].

Die MRT-Untersuchung gehört noch nicht zu den Standardverfahren und kann auch wegen der heute noch eingeschränkten Verfügbarkeit nicht als Routineuntersuchung bei distalen Radiusfrakturen empfohlen werden.

Frakturklassifikationen

Im deutschsprachigen Raum wird überwiegend die Einteilung der AO verwendet [7]. Alternativ wird an einigen Zentren die Klassifikation von Frykman bevorzugt.

Indikationen zur Operation

A-Frakturen

A1-Frakturen können, sofern sie unverschoben sind, sicher konservativ behandelt werden.

Bei A2-Frakturen kann nach Reposition ebenfalls eine konservative Therapie angestrebt werden. Wesentlich ist, dass es gelingt, die dorsale und palmare Kortikalis sicher aufeinander zu verankern oder achsgerecht minimal einzustauchen [1].

Bei A3-Frakturen muss wegen der zumeist dorsal liegenden Trümmerzone häufig mit einer Redislokation nach Reposition gerechnet werden. Auch bei initial achsgerechten Verhältnissen ist die sekundäre Dislokation dieses Bruchtyps mit Abkippen des distalen Fragments nach dorsal sehr häufig. Daher werden diese Frakturen zunehmend operativ behandelt.

B-Frakturen

Unverschobene Frakturen des Processus styloideus oder dorsale Kantenabsprengungen (B2-Frakturen) eignen sich für eine konservative Behandlung.

Die palmaren Absprengungen (reversed Barton, B3) sollten durch eine Abstützosteosynthese therapiert werden.

C-Frakturen

Absolut unverschobene stabile intraartikuläre Frakturen können zunächst konservativ behandelt werden. Bleibt die Stellung bei den nachfolgenden Röntgenkontrollen unverändert, kann die konservative Therapie fortgeführt werden.

Liegt eine Stufenbildung vor, die 2 mm überschreitet, wird grundsätzlich eine Operation empfohlen. C2- und C3-Frakturen stellen eine absolute Operationsindikation dar.

Verfahren

Neben der Bohrdrahtosteosynthese können isolierte Schraubenosteosynthesen, volare und dorsale Plattenosteosynthesen sowie die Behandlung mit einem Fixateur externe in Kombination mit einer internen Fixationstechnik durchgeführt werden.

Schraubenosteosynthese

Verschobene A2-Frakturen, die nach einer Reposition in eine gute stabile Situation gebracht werden können, können perkutan durch eine Schraubenosteosynthese versorgt werden.

Technik

Nach geschlossener Reposition erfolgt über Hautinzisionen eine Zug- und Stellschraubenosteosynthese. Die Positionierung der Schrauben entspricht ungefähr der der Karpandji-Technik. In der Regel werden 2 Schrauben über dem Processus styloideus radii eingebracht, während eine 3. von dorsal aus nach palmar in das proximale Fragment platziert wird. Wir verwenden kanülierte Schrauben, die in minimalinvasiver Technik eingebracht werden. Eine rein perkutane Technik wird nicht empfohlen, da es durch die Drähte ebenso wie während des Eindrehens der Schrauben zu einer Verletzung von Sehnen kommen kann.

Indikation

Die Schraubenosteosynthese ist insbesondere bei A2-, B1-, B2- und C1-Frakturen indiziert. Bei Osteoporose ist die Schraubenverankerung häufig nicht ausreichend, sodass sie nicht empfohlen werden kann. Bei jugendlichen, kooperativen Patienten kann auch die A3-Fraktur durch isolierte Schraubenosteosynthese sicher stabilisiert werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Jugendlicher, A3-Fraktur, a Unfallbild a.-p., b Unfallbild seitlich, c nach geschlossener Reposition und Schraubenosteosynthese, d Ausheilung nach ME

Plattenosteosynthese

Durch Einführen der winkelstabilen Osteosynthesesysteme hat sich die Konzeption bei der Behandlung von distalen Radiusfrakturen mit Hilfe der Osteosyntheseplatten deutlich gewandelt.

Dorsale Plattenosteosynthese

Bei nach dorsal dislozierten Frakturen wurde die Platte im Sinne einer Abstützosteosynthese folgerichtig dorsal platziert [3, 4]. Die Komplikationsrate dieser Positionierung ist nicht unerheblich. Insbesondere werden Verletzungen der Sehnen beobachtet, v. a. die des M. extensor pollicis longus ist gefährdet. Eine entscheidende Verbesserung war durch Einführung der anatomisch geformten 2,4-mm-Plattensysteme möglich (z. B. Jupiterplatte). Die Ergebnisse mit diesem System sind sehr günstig. Allerdings ist der Zugang recht aufwändig und groß, zudem können auch bei diesem System Sehnenverklebungen vorkommen.

Volare Plattenosteosynthese

Volare Abstützplatten wurden in der Regel bei B3-Frakturen (Smith-Frakturen) routinemäßig angewandt. Seit Einführung der winkelstabilen 3,5-mm- und 2,4-mm-Platten kann die volare Plattenosteosynthese auch bei dorsal dislozierten Frakturen, insbesondere bei A3-Frakturen, eingesetzt werden [2, 3] (Abb. 2). Mit dieser Technik werden sekundäre Dislokationen, wie sie für die konventionelle volare Plattenosteosynthese bei diesen Frakturen die Regel waren, nur sehr selten beobachtet. Wegen der guten muskulären Deckung der Platte sind Verklebungen mit den Flexorensehnen oder eine Schädigung des N. medianus extrem selten.

Abb. 2
figure 2

Dorsal dislozierte A3-Fraktur, Therapie mit volarer Plattenosteosynthese, a Unfallbild, b postoperatives Röntgenbild, c Ausheilung

Eine besondere Schwierigkeit ist allerdings die Platzierung der distalen winkelstabilen Schrauben. Diese müssen subchondral liegen. Intraoperativ kann auch bei exakter Bildwandlerkontrolle nicht immer mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Gelenkfläche von den Schrauben tangiert oder perforiert wird. Bei C3-Frakturen oder sehr weit distal liegenden A3-Frakturen stößt diese Osteosynthesetechnik daher an ihre Grenzen.

Bei distalen Unterarmfrakturen ist es notwendig, auch die Ulna durch Plattenosteosynthese oder isolierte Schraubenosteosynthese oder eine 3,5-mm- oder 2,4-mm-Platte zu fixieren, wenn eine funktionelle Therapie angestrebt wird (Abb. 5). Ausnahme ist der isolierte Abriss des Griffelfortsatzes, der eine Abrissfraktur des ulnaren Seitenbands ist und keiner Refixation bedarf, wenn die Diastase 2–3 mm nicht überschreitet. Allerdings erfordert diese Fraktur ohne interne Fixation eine 4- bis 5-wöchige Ruhigstellung.

Fixateur externe

Transfixation des Handgelenks

Die Transfixation des Handgelenks über einen Fixateur externe mit Schanz-Schrauben im Radiusschaft und zweiten Mittelhandknochen ist die Standardtechnik zur Behandlung distaler Frakturen mit einem äußeren Fixationssystem [6]. Eine alleinige Transfixation führt aber nicht zu einer ausreichenden Stabilität im Bruchspalt, sodass stets eine additive Osteosynthese, entweder mit Bohrdrähten oder mit Schrauben, empfohlen wird (Abb. 3). Die Indikation für diese Verfahren sind der schwere Weichteilschaden mit gleichzeitiger Spaltung der Unterarmkompartmente sowie der mehrfach verletzte Patient, bei dem eine provisorische Stabilisierung ohne großen Zeitverlust notwendig ist. Nach Stabilisierung des Patienten oder nach Weichteilkonsolidierung kann eine sekundäre interne Osteosynthese vorgenommen werden.

Abb. 3
figure 3

Einsatz des Fixateur externe, a Unfallbild, b Röntgen postoperativ, c Ausheilung 3 Monate nach dem Unfall

Nicht gelenküberbrückender Fixateur externe

Neuere Entwicklungen ermöglichen es, die distale Radiusfraktur mit Schanz-Schrauben und gewindetragenden Kirschner-Drähten zu fixieren, ohne das Handgelenk zu transfixieren. Diese Verfahren werden derzeit weiterentwickelt, eine definitive Beurteilung, insbesondere im Vergleich zu den internen Osteosynthesen, steht noch aus (Abb. 4). Da diese Technik überwiegend perkutan ausgeführt wird, sind Verletzungen der Sehnen im Bereich des Handgelenks möglich. Ein entscheidender Vorteil gegenüber der transfixierenden Technik ist, dass zumindest eine limitierte Bewegung des Handgelenks ermöglicht wird.

Abb. 4
figure 4

Distale Radiusfraktur, a nicht gelenküberbrückender Fixateur, b klinisches Bild 4 Wochen nach Operation, c Ausheilung, nach Entfernung des Fixateurs

Bewegungsfixateure

Sie werden der komplexen Anatomie des Handgelenkes derzeit noch nicht vollständig gerecht. Sie ermöglichen einen eingeschränkten Bewegungsablauf für Dorsalextension und Palmarflexion.

Auch sie sollten mit einer internen Osteosynthese kombiniert werden, um im Bruchbereich eine ausreichende Stabilisierung der Fragmente zu erzielen.

Wertung der einzelnen operativen Verfahren

Sie ist außerordentlich schwierig. Es fehlt nicht nur an vergleichenden prospektiven Studien, sondern auch an langen Beobachtungszeiträumen. Ein direkter Vergleich der einzelnen Operationstechniken ist daher extrem erschwert. Zudem sind die Indikationen für die einzelnen Verfahren inkonstant. Das Ausmaß des Weichteilschadens und die Zertrümmerung, insbesondere der Gelenkfläche, sind in der Literatur z. T. nicht erwähnt oder nicht bewertet. Es besteht jedoch eindeutig ein Trend zu den winkelstabilen Plattenosteosynthesen, wobei zunehmend geringer dimensionierte Implantate verwendet werden. Die volare Position wird bevorzugt. Sehr gute Ergebnisse können aber auch nach dem derzeitigen Stand mit der anatomisch geformten dorsalen distalen Radiusplatte erzielt werden.

Die operative Versorgung dislozierter distaler Radiusfrakturen (Abb. 5) bestimmt heute den Goldstandard in der Unfallchirurgie. Eine konservative Therapie wird ausschließlich noch bei A2-Frakturen diskutiert.

Abb. 5
figure 5

Distale Unterarmfraktur, a Unfallbild, b Röntgen postoperativ, c Ausheilung

Werden A3-Frakturen mit dorsal anatomisch geformten Platten, Schraubendurchmesser 2,4 mm, oder mit volaren winkelstabilen Platten mit einem Schraubendurchmesser von 2,4 mm oder 3,5 mm versorgt, ist in der Regel eine funktionelle Nachbehandlung möglich. Bei Patienten mit festem Knochen kann alternativ auch die minimalinvasive Versorgung mit Schraubenosteosynthese erfolgen. Der Fixateur externe wird bei Frakturen mit schwerem Weichteilschaden zur temporären Transfixation des Handgelenks eingesetzt. In neuerer Zeit wurden Systeme entwickelt, die nicht gelenküberbrückend montiert werden können. Vorteil sind die minimalinvasive Implantation mit geringer Narbenbildung und der minimale Aufwand bei der Metallentfernung. Die isolierte, minimalinvasive Schraubenosteosynthese mit halboffener Reposition des distalen Radius hat sich bei den leichteren Frakturformen (A2-, B1-, B2-, C1-Frakturen) durchgesetzt. A3- und C2-Frakturen eignen sich nur bei festem Knochen für diese Technik.

Bei schwerem Weichteilschaden sollte die Fraktur zunächst mit einem Fixateur externe transfixiert werden, bis eine Weichteilkonsolidierung erreicht ist. Die alleinige Behandlung mit einem Fixateur externe reicht in der Regel nicht aus, um die Fraktur in achsgerechter Stellung zur Ausheilung zu bringen. Zumindest müssten additive interne Osteosynthesen durchgeführt oder aber grundsätzlich auf ein internes Stabilisierungssystem gewechselt werden.

Komplikationen der operativen Behandlungen

Sie müssen als eher gering angesehen werden. Neben den eher seltenen Infektionen (<2%) sind es v. a. Sehnenverletzungen bei dorsalen Plattenosteosynthesen, die das funktionelle Ergebnis beeinträchtigen. Bei C-Frakturen muss auch mit einer hohen Inzidenz von posttraumatischen Arthrosen gerechnet werden. Die Algodystrophie ist ebenfalls eine nicht seltene Komplikation, die von der Bruchschädigung selbst sowie von Begleitverletzungen und dem Therapiemanagement induziert werden kann.

Arthroskopie

Die arthroskopisch kontrollierte Rekonstruktion der karpalen Gelenkfläche wird kontrovers diskutiert.

Als wesentliche Nachteile werden die ungünstige Übersicht auch bei Anwendung verschiedener Portale angeführt. Zudem ist die Technik eher schwierig und kann zu einer zusätzlichen Knorpel- und Bandschädigung führen. Derzeit kann auch nicht belegt werden, dass die Arthroskopie zu einer besseren Rekonstruktion der Gelenkfläche beiträgt [5].

Metallentfernung

Während volare Platten in der Regel nicht entfernt werden müssen, wird die Entfernung von isoliert liegenden Schrauben, insbesondere am Processus styloideus radii, empfohlen. Dies gilt auch für die dorsalen Platten, da hier immer mit einer Sehnenirritation durch das Implantat gerechnet werden muss.

Die anatomisch geformte dorsale Platte (Jupiterplatte) muss dagegen nach heutiger Erkenntnis nicht entfernt werden.