Zusammenfassung
Luxationen der großen Gelenkreihen des Fußes sind seltene Verletzungen, stellen jedoch in der Regel eine dringliche Operationsindikation dar. Schnittbildverfahren sollten bei der Diagnostik und zur Kontrolle des postoperativen Ergebnisses großzügig eingesetzt werden. Bei der Implantatwahl sollte an die spätere Schnittbilddiagnostik gedacht werden. Es empfiehlt sich daher der vermehrte Einsatz von Titanimplantaten. Grundvoraussetzung für ein gutes Outcome ist die exakte anatomische Reposition der Gelenkflächen und die korrekte Wiederherstellung der Längen und Achsen des Fußes. Bei der Versorgung von Verletzungen der Lisfranc-Reihe hat die Schraubenosteosynthese ein tendenziell besseres Spätergebnis als die perkutane Kirschner-Draht-Osteosynthese. Das Kompartmentsyndrom des Fußes stellt eine häufige Komplikation der Luxationen der großen Gelenkreihe des Fußes dar und muss rechtzeitig erkannt werden.
Abstract
Dislocations of the major joints of the foot are rare injuries, but they usually require urgent surgery. Imaging methods should be used generously in diagnostics and for postoperative follow-up, and should be taken in consideration when chosing the implant. Therefore the increased use of titanium implants is recommended. The basic requirements for a successful outcome are the exact anatomical reconstruction of the joint surfaces, the foot length and axes. Treatment of Lisfranc’s dislocation tends to have better long-term results when using screw fixation rather than K-wire osteosynthesis. Common complication of injuries of the major foot joints is the compartment syndrome, which must be timely recognized.
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Subtalare Luxationen
Subtalare Luxationen im Sinne einer luxatio pedis sub talo sind insgesamt sehr seltene Verletzungen. Aufgrund der Dislokationsrichtung unterscheidet man zwischen einer medialen und einer lateralen Luxation. Die mediale Luxation betrifft ca. zwei Drittel der Fälle. Hier handelt es sich meistens um eine geschlossene Verletzung. Gehäuft tritt sie als Unfall beim Basketball auf.
Die laterale Luxation betrifft ungefähr ein Drittel der Fälle. Sie findet ihre Ursache gehäuft in Rasanztraumen. Gehäuft finden sich hier auch offene Verletzungen.
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst neben der klinischen Untersuchung, insbesondere der Beurteilung der Weichteile, die Anfertigung von Röntgenaufnahmen des Fußes in 2 Ebenen. Bibbo [1] empfiehlt zusätzlich die Durchführung eines Fuß-CT, da bei all seinen Patienten zusätzliche Verletzungen im CT gefunden wurden und dadurch bei 45% der Patienten ein Wechsel der Behandlung erforderlich wurde.
Therapie
Die Therapie besteht in einer umgehenden Reposition und anschließenden Stabilisation mit K-Drähten und tibiotarsaler Transfixation (Abb. 1a–d). Die meisten Verletzungen lassen sich geschlossen reponieren. Bei ca. ein Drittel der Fälle treten Repositionshindernisse auf. Dies sind in der Regel Weichteilstrukturen, die eingeschlagen sind oder den Taluskopf umfangen, so z. B. die Tibialis-posterior-Sehne bei der lateralen Luxation oder auch das Retinaculum extensorum bei der medialen Luxation. Hier ist dann ein offenes Vorgehen notwendig.
Nach Reposition und Stabilisierung erfolgt eine nochmalige Röntgenkontrolle, ggf. nochmals bei unklaren Befunden eine Schnittbilddiagnostik, ggf. auch in Form einer Magnetresonanztomographie. Bei der Auswahl des Osteosynthesematerials sollte hierauf Rücksicht genommen werden und in der Regel Titanimplantate verwendet werden.
Die Ruhigstellung erfolgt für insgesamt 6 Wochen. Anschließend werden in Lokalanästhesie die Drähte und der Fixateur entfernt.
Ergebnisse
Die Spätergebnisse nach subtalarer Luxation sind befriedigend. Gehäuft finden sich jedoch Arthrosen im subtalaren Bereich, die zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen führen. Hansen [3] ist der Ansicht, dass es bei lateralen subtalaren Luxationen generell ein schlechteres Ergebnis gibt, da gehäuft Verletzungen auch des N. tibialis oder der Tibialis-posterior-Sehne vorhanden seien, die das Spätergebnis beeinträchtigen. Bibbo [2] und auch Perugia [11] kommen jedoch bei ihren Arbeiten zu dem Ergebnis, dass sowohl für laterale als auch für mediale Luxationen ein gleiches Outcome besteht.
Chopart-Luxationen
Dislokationen in der Chopart-Gelenkreihe sind aufgrund der starken kapsoligamentären Führung der Gelenkreihe immer Ausdruck einer extremen Gewalteinwirkung auf den Fuß. Dem Vorschlag von Zwipp [14] folgend, unterscheidet man 6 verschiedene Formen der Chopart-Luxation, wobei die rein transligamentäre Verletzung extrem selten ist. Die übrigen Formen entstehen durch knöcherne Mitbeteiligung der angrenzenden Fußwurzelknochen in das Dislokationsgeschehen.
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst neben der klinischen Untersuchung, insbesondere des Erkennens der Weichteilsituation, die radiologische Diagnostik. Hierbei sind 3 Röntgenaufnahmen erforderlich—zum einen die Aufnahme des Fußes dorsoplantar mit um 30° kraniokaudal gekippter Röntgenröhre, die exakt seitliche Position des Fußes und die 45°-Schrägaufnahme des Fußes. Im eigenen Vorgehen wird bei allen Chopart-Luxationen zusätzlich ein Fuß-CT durchgeführt.
Behandlung
Die Ziele der Behandlung einer Chopart-Luxation sind zum einen das Wiederherstellen der Gelenkflächen, der Schutz des Bandapparates und der Weichteile, aber insbesondere die Wiederherstellung der Länge der medialen und der lateralen Säule des Fußes. Der letzte Punkt ist von entscheidender Bedeutung. So konnte Mittlmeier [8] in seiner experimentellen Arbeit zeigen, dass die spätere Funktion des Fußes, insbesondere die Gangfunktion, nicht durch den radiologischen Grad der Arthrose beeinflusst wird, sondern durch einen Längenverlust der medialen oder lateralen Säule oder ein Verschieben der mechanischen Achse in horizontaler oder vertikaler Ebene.
Die Behandlung hat sich an diesen Grundsätzen auszurichten. Konservativ behandelt werden können daher nur undislozierte Frakturen im Bereich der Chopart-Linie oder Subluxationen kalkaneokuboidal und talonavikular und reponierte komplette Luxationen, wenn sie reponibel sind und sicher retiniert werden können. Alle anderen Verletzungen müssen nach den oben genannten Grundsätzen operativ versorgt werden.
Alle Luxationen, die zwar geschlossen zu reponieren sind, aber anschließend nicht stabil sind, sollten mit einer perkutanen Kirschner-Draht-Osteosynthese versorgt werden. Die Drähte sollten bei gleichzeitiger Gipsruhigstellung des Fußes (Abb. 2a–e) für 6 Wochen belassen bleiben.
Alle Luxationsformen, die geschlossen nicht reponiert werden können oder Gelenkstufen bzw. eine Verkürzung der medialen oder lateralen Säule zeigen, sollten offen operativ versorgt werden.
Die Nachbehandlung besteht in der Regel in einer Ruhigstellung im Gipsverband für 6 Wochen. Anschließend Entfernung der Kirschner-Drähte in Lokalanästhesie und die Vollbelastung in der Regel nach 8–12 Wochen.
Ergebnisse
Die Spätergebnisse sind trotz der differenzierten Behandlung eher mäßig. Kotter [5] fand bei der Nachuntersuchung seiner Patienten, dass in 60% der Fälle ein mäßiges und schlechtes Ergebnis zu finden war, dass nur ein Viertel der Patienten das Arbeitsniveau der Zeit vor dem Unfall erreichten und keiner der Patienten das sportliche Niveau aus der Zeit vor dem Unfall.
Lisfranc-Luxationen
Luxationen der tarsometatarsalen Gelenkreihe beruhen in der Regel auf einer indirekten Gewalteinwirkung, einen Sturz auf den plantar-flektierten Fuß oder ein Dezelerationstrauma im Fußraum des PKW. Die Einteilung erfolgt nach der Einteilung von Quenú [15] sowie den Vorschlägen von Hardcastle [4] in einen homolateralen Typ, in einen divergierenden Typ und in einen isolierten Typ.
Peicha [10] konnte in einer vergleichenden Arbeit feststellen, dass auch die individuelle Gelenkanatomie als Risikofaktor für das Auftreten einer Lisfranc-Luxation anzusehen ist. In einer vergleichenden Studie konnte er zeigen, dass das Risiko einer Lisfranc-Luxation steigt mit der Abnahme der Tiefe der sog. Lisfranc-Gabel zwischen der Basis des 1. und 2. Mittelfußknochens (Abb. 3).
Diagnostik
Die Diagnostik einer Lisfranc-Luxation umfasst zum einen den klinischen Befund, hier ist insbesondere auf das Auftreten eine Kompartmentsyndroms zu achten. Die konventionellen Röntgenaufnahmen sollten in 3 Ebenen erfolgen: Zum einen die exakt seitliche Ebene, zum anderen die dorsoplantare Aufnahme mit um 20° kaudal-kranial gekippter Röhre sowie die 45°-Schrägaufnahme des Fußes. Darüber hinaus ist jedoch in eigentlich allen Fällen die Anfertigung eines Fuß-CT zu fordern. Peicha [9] konnte in seiner Arbeit ganz klar die Überlegenheit der Schnittbilddiagnostik gegenüber dem konventionellen Röntgenbild bei der Evaluation von Verletzungen der Lisfranc-Reihe zeigen.
Darüber hinaus konnte Lu [7] in seiner experimentellen Arbeit nachweisen, dass Dislokationen von 1 mm im Bereich der Lisfranc-Reihe im Nativröntgen zu 100% nicht zu erkennen waren, Dislokationen von 2 mm im Röntgen zu 70% nicht erkennbar waren. Dies belegt eindeutig die Überlegenheit des CT im Vergleich zu den konventionellen Röntgenaufnahmen.
Behandlung
Ziel der Behandlung der Lisfranc-Luxation muss die anatomische Rekonstruktion der Gelenkflächen sein und die Wiederherstellung der Stabilität. Daher ist eine konservative Therapie nur in Ausnahmefällen indiziert. Bei der operativen Behandlung stehen sich offene und geschlossene Verfahren gegenüber. Bei der geschlossenen Reposition und Stabilisierung perkutan mit Kirschner-Drähten handelt es sich um eine sehr weichteilschonende und schnelle Methode. Die Exaktheit der Reposition ist jedoch nur radiologisch zu beurteilen, und auch ein möglicherweise drohendes Kompartmentsyndrom lässt sich hiermit nicht behandeln. Für die offene Reposition und Schraubenosteosynthese spricht die Exaktheit der Versorgung sowie die höhere Primär- und Sekundärstabilität. Des Weiteren ergibt sich durch den operativen Zugang eine deutliche Druckentlastung der Weichteile.
Ergebnisse
Für das spätere Outcome ist die Exaktheit der Reposition der entscheidende Faktor. Dies belegen Übersichtsarbeiten von Richter [12] und Kuo [6]. Richter [12] fand bei der Auswertung seiner Fälle ein tendenziell besseres Outcome bei offener Reposition und Schraubenosteosynthese.
Bei einem Teil der Patienten resultiert trotz anatomischer Reposition der Gelenkflächen doch ein schlechtes Spätergebnis. Kuo [6] ist der Auffassung, dass die schlechteren Spätergebnisse bei rein ligamentärer Verletzung zu erwarten sind. Teng [13] kann bei den von ihm untersuchten Fällen die Ursache hierfür nicht erfassen.
Die Nachbehandlung besteht bei geschlossenem Verfahren und Kirschner-Draht-Osteosynthese in einer 6-wöchigen Gipsruhigstellung, Entfernen der K-Drähte nach ca. 8 Wochen und schrittweiser Belastungsaufbau mit Erreichen der Vollbelastung nach ca. 10–12 Wochen. Die mittels stabiler Schraubenosteosynthese versorgten Fälle können bei guter Compliance auch gipsfrei nachbehandelt werden. Das Erreichen der Vollbelastung ist jedoch auch in diesen Fällen nicht früher möglich (Abb. 4a, b).
Kompartmentsyndrom
Das Kompartmentsyndrom ist eine häufige Komplikation von Luxationen im Bereich des Fußes. Die Diagnose wird klinisch aufgrund der massiven Schwellung mit Sensibilitäts- und Funktionsstörungen im Bereich der Zehen gestellt. Die Kompartmentdruckmessung ist sicherlich ein Hilfsmittel. Werte über 25 mmHg sind als pathologisch anzusehen. Die Behandlung erfolgt durch Spaltung der Kompartimente des Fußes über eine dorsale gerade Inzision mit zusätzlicher Durchtrennung der Retinakula. Gelegentlich kann auch die 2-Schnitt-Technik mit Inzision über dem Zwischenraum zwischen dem 1. und 2. Strahl und über dem Zwischenraum zwischen 4. und 5. Strahl erfolgen.
Fazit
Zwar sind Luxationen der großen Gelenkreihen des Fußes Verletzungen, die selten vorkommen, doch stellen sie in der Regel eine dringliche Operationsindikation dar. Der begleitende Weichteilschaden muss exakt erfasst werden, um insbesondere ein Kompartmentsyndrom zu erkennen.
Literatur
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Teng AL, Pinzur MS, Lomasney L et al. (2002) Functional outcome following anatomic restauration of tarsal- metatarsal fracture dislocation. Foot Ankle Int 23: 922–926
Zwipp H (1994) Chirurgie des Fußes. Springer, Wien New York
Quenú E, Küss G (1909) Études sur les luxationes du metatarse. Rev Chir 39: 281, 720, 1093
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Quirini, W. Luxationen des Fußes. Trauma Berufskrankh 7 (Suppl 1), S167–S171 (2005). https://doi.org/10.1007/s10039-004-0978-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-004-0978-2