Die Aufgabenbeschreibung in §1 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) vereint die Bereiche Prävention, Rehabilitation und Entschädigung im Verantwortungsbereich des Unfallversicherungsträgers und ermöglicht damit ein erfolgreiches Handeln in einem offenen Gestaltungsspielraum. Für den Bereich der Rehabilitation soll sich dieser an den Zielvorstellungen einer ganzheitlichen, zügigen und möglichst nahtlosen Durchführung der Rehabilitation ausrichten.

Steuerung der Heilverfahren

Die Unfallversicherungsträger steuern im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Rehabilitation (§26 Abs. 1 SGB VII), und zwar unter Mitwirkung der Ärzte auf der Grundlage des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger. Dessen Regelungen sehen ein umfassendes Berichts- und Informationswesen vor. Dieses allein reicht für die Steuerung und Überwachung des Heilverfahrens jedoch nicht aus. Vielmehr ist eine aktive Rolle des Unfallversicherungsträgers im Sinne eines Agierens gefordert, die über typisch verwaltende Tätigkeiten hinausgeht und Elemente der Kommunikation aufgreift.

  Untersuchungen in der eigenen Verwaltung zeigten, dass die Effektivität des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens durch verwaltungsinterne Schnittstellen gestört sein kann. Ebenso wurde festgestellt, dass Schnittstellen beim Übergang von Reha-Phasen zu vermeidbaren Verzögerungen führen. Dies verlangte ein Konzept, das darauf ausgerichtet ist, die Erfordernisse der Rehabilitation sowohl aus Sicht der Leistungserbringer als auch der Leistungsempfänger zu bündeln und zu optimieren mit dem Ziel,

  • unnötige Arbeitsunfähigkeitszeiten zu vermeiden

  • Komplikationen im Heilverfahren vorzubeugen

  • alte Arbeitsplätze zu erhalten

  • Renten zu vermeiden

Reha-Management ist ein solches Konzept, in dem Reha-Verläufe auf der Grundlage einer gemeinsamen Zielvereinbarung zwischen den Reha-Beteiligten geplant, gesteuert und überwacht werden.

Reha-Management

Organisatorische Ausgestaltung

Zur Realisierung dieses von der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover entwickelten Modells müssen Aufbau- und Ablauforganisation innerhalb einer Verwaltung geändert bzw. angepasst werden. Das Konzept geht von einer umfassenden Verantwortung des Sachbearbeiters (Back-Office) aus, die nicht auf Teilbereiche der Rehabilitation beschränkt ist und somit hohe Fachkompetenz sowie Handlungsvollmachten erfordert.

Weiterhin verlangt das Bewusstsein, als moderner Dienstleister vor Ort auftreten zu wollen, fachkompetente Mitarbeiter im Außendienst (Front-Office), die den Unfallsachbearbeiter unterstützen. Diese sind der berufliche Reha-Berater (ehemals Berufshelfer) sowie der medizinische Reha-Berater, dessen Stelle neu geschaffen wurde.

Eine große organisatorische Veränderung bestand in der Auflösung der Berufshilfe als eigenständigem Arbeitsbereich und der Integration der Berufshelfer in die vorhandenen Unfallabschnitte. Mit der Überwindung einer verwaltungsinternen Schnittstelle wurden der Verwaltungsaufwand minimiert und die Verfahren beschleunigt. Im Übrigen haben die organisatorischen Neuerungen—hier mit Blick auf die neue Stelle eines medizinischen Reha-Beraters—nicht zwangsläufig eine Peronalaufstockung zur Folge, da durch den relativ hohen Aufwand durch das Tätigwerden vor Ort Effekte erzielt werden, die sich später an anderer Stelle auswirken.

Inhaltliche Ausgestaltung

Das Reha-Management mit seinem umfassenden Ansatz beinhaltet eine Unterteilung in ein standardisiertes und ein besonderes Reha-Management.

Standardisiertes Reha-Management

Von ihm werden diejenigen Fälle erfasst, die der Sachbearbeiter—quasi vom Schreibtisch aus—mit den ihm zur Verfügung stehenden technischen Hilfen planen und steuern kann.

Besonderes Reha-Management

Ihm werden—auf der Grundlage von 3 Fallgruppen—Fälle zugeteilt, für welche die Handlungsmöglichkeiten des standardisierten Reha-Managements nicht ausreichen:

Fallgruppe 1

Ihr werden diejenigen Fälle zugeordnet, bei denen sofort erkennbar ist, dass Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich werden. Von Anbeginn ist klar, dass verwaltungsseitig im Hinblick auf die Maßnahmen zur Rehabilitation und deren Abstimmung ein hoher Mitteleinsatz erforderlich wird. Schnittstellen, die sich störend auf den Rehabilitationsverlauf auswirken können, werden durch Kommunikation und gegenseitige Information durch Festlegung und Fortschreibung der Reha-Ziele vermieden. Dies geschieht in einem abgestuften Verfahren, welches zunächst darauf ausgerichtet ist, die genaue Tätigkeit des Versicherten zu erfassen. Anschließend werden Tätigkeit und Unfallfolgen miteinander abgeglichen. In aller Regel wird der behandelnde Arzt bereits an dieser Stelle in die Überlegungen zur beruflichen Wiedereingliederung mit einbezogen, sodass er—abgesehen vom Erhalt dieser wichtigen Informationen bereits zu diesem Zeitpunkt—auch sein Behandlungsziel entsprechend ausrichten kann.

Fallgruppe 2

In einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen kann von Anbeginn an eine konkrete Aussage zur Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht gemacht werden. Lässt der Reha-Verlauf jedoch vermuten, dass Probleme bei der beruflichen Wiedereingliederung auftreten können, läuft auch hier das besondere Reha-Management an.

Gerade in dieser Fallgruppe wird angestrebt, den Arbeitgeber frühzeitig in das Reha-Verfahren einzubeziehen, weil wegen fehlender Planungssicherheit ein Verlust des Arbeitsplatzes drohen könnte. Diese Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des alten Arbeitsplatzes wirken sich auf den Reha-Verlauf positiv aus.

Fallgruppe 3

Steuerung und Überwachung der Heilverfahren werden zunehmend mit dv-gestützter Hilfe durchgeführt. Der Sachbearbeiter wird dadurch unterstützt, dass anhand eines Diagnoseschlüssels in Form von Tabellen Regelbehandlungsverläufe auf der Grundlage von Expertenwissen hinterlegt sind. Diese ermöglichen eine Einordnung des Falls in das standardisierte Reha-Management, so lange die hinterlegten Endtermine für den Fall nicht überschritten werden. Bei Überschreiten dieser Termine wird der Fall durch das besondere Reha-Management aufgegriffen, wobei sämtliche Maßnahmen auf das Ziel „Eintritt der Arbeitsfähigkeit“ ausgerichtet sind.

Nach bisherigen Erfahrungen tritt Arbeitsfähigkeit in der Regel im Rahmen der Regelverläufe ein. In den übrigen Fällen bestimmen oftmals Umstände die andauernde Arbeitsunfähigkeit, deren Ursachen außerhalb des Arbeitsunfalls zu suchen sind.

Durch aktive Beteiligung der Reha-Manager können gute Lösungen für alle Reha-Beteiligten erarbeitet werden.

Reha-Plan

Die in den Fallgruppen 1–3 beschriebenen Verfahren sehen Zielvereinbarungen vor, die zwischen den am Reha-Verfahren Beteiligten getroffen werden. In der praktischen Umsetzung ist diese Zielvereinbarung der Reha-Plan (Tabelle 1).

Tabelle 1 Von der Bau-BG entwickelter Reha-Plan

Der eigens entwickelte Vordruck soll ökonomischen Gesichtspunkten Rechnung tragen: Er ist darauf ausgerichtet, dass die Ziele ergebnisorientiert festgehalten werden—in der Regel reicht dies aus. Weiterhin wird angestrebt, dass der Reha-Plan zeitnah zum Beratungsgespräch vor Ort geschrieben, gedruckt und ausgehändigt wird. Anfängliche Bedenken, dass die Unterschrift ein kritischer Punkt sein könnte, haben sich in der Praxis nicht bestätigt, weil Kooperation und Kommunikation den Reha-Plan bestimmen: Er ist das Ergebnis eines gemeinsamen Gesprächs vor Ort.

Fazit

Seit 1.7.2002 wird das zuvor beschriebene Reha-Management in den 3 Bezirksverwaltungen der Bau-Berufsgenossenschaft Hannover umgesetzt. Es ist festzustellen:

  1. 1.

    Die Versicherten erhalten eine Perspektive für ihre Rehabilitation. Sie werden auf diese Weise mobilisiert; sie beschäftigen sich aktiv mit ihrer Wiedereingliederung. Eine Lösung vom Erwerbsleben tritt nicht ein.

  2. 2.

    Die Unternehmer begrüßen eine frühzeitige Information über die Wiedereingliederung. Sie erhalten dadurch die erforderliche betriebliche Planungssicherheit; sie legen in der Regel Wert auf eine Rückkehr ihrer Arbeitnehmer.

  3. 3.

    Das Modell wurde den Durchgangsärzten im Bereich des Landesverbands Nordwestdeutschland der gewerblichen Berufsgenossenschaften präsentiert und fand große Zustimmung. Auch in der Praxis zeigt sich ein hohes Maß an Akzeptanz, weil den Verfahren durchgängig das kooperative Element zugrunde liegt.

  4. 4.

    Durch Reha-Management optimiert die Bau-Berufsgenossenschaft die Rehabilitation und erfüllt damit ihren gesetzlichen Auftrag. Mit dem entwickelten Modell wird nicht nur eine Verzahnung, sondern eine Verschmelzung der Rehabilitationsphasen angestrebt. Kostenreduzierungen sind nicht das primäre Ziel, wohl aber ein Nebenprodukt dieser Verfahren.