Zusammenfassung
Navigationsgestützte Operationsverfahren beruhen auf der Interaktion von Kamera und chirurgischem Instrument, was eine geometrische Positionsbestimmung von Letzterem erlaubt. Das Rechnersystem, an welches die Daten weitergeleitet werden, setzt die räumliche Lage des Instruments in Bezug zur Knochenanatomie des Patienten. Im vorliegenden Beitrag wird insbesondere auf CT-basierte Navigation, C-Arm-Navigation und ihre Einsatzmöglichkeiten eingegangen.
Abstract
The computer system to which the data are forwarded sets the spatial position of the instrument in relation to the bony anatomy of the patient. In this paper particular attention is paid to CT-based and C-arm navigation systems and their applications.
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Navigationsgestützte Operationsverfahren wurden klinisch erstmals im Bereich der Wirbelsäule und bei neurochirurgischen Eingriffen eingesetzt.
Das Prinzip der intraoperativen Navigation ist den Systemen eines Pkw vergleichbar. Durch die Interaktion von Kamera (Satellit) und chirurgischem Instrument (Auto) ist eine geometrische Positionsbestimmung des Instruments (Auto) möglich. Die übermittelten Daten werden an das Rechnersystem weitergeleitet (workstation), das dann die räumliche Lage des Instruments (Auto) in Bezug setzt zur Knochenanatomie des Patienten (Landkarte).
Systeme
Unabhängig vom gewählten Navigationsmodus (CT oder C-Arm) basieren alle Navigationseinheiten auf so genannten Workstations, deren Sinn und Zweck es ist, die zur Operation herangezogenen Bilder in einem Realtime-Modus in 2- bzw. 3D-Qualität darzustellen [2].
Die Rechengeschwindigkeit dieser Systeme beeinflusst direkt die intraoperative Darstellungsweise: Je leistungsfähiger der Rechner und je höher die Kapazität des Systems, desto besser können Datensätze visualisiert werden.
Für die Navigation selbst ist ein Kamerasystem erforderlich. Die Kamera dient dazu, die benutzten chirurgischen Instrumente räumlich zu lokalisieren, um deren Position dann an das Rechensystem weiterzugeben.
Es werden im Allgemeinen 2 verschiedene Kamerasysteme benutzt. Einmal Systeme, die Infrarotlicht empfangen können (z. B. Optotrac®), zum anderen Kamerasysteme, die Licht aussenden, das von den Instrumenten reflektiert wird, und dann die reflektierte Strahlung wieder auffangen können (z. B. Polaris®). Physikalisch gesehen können beide Systeme eine annähernd gleiche Ortungsgenauigkeit erreichen.
CT-basierte Navigation
Das CT-basierte Modell beruht auf einem präoperativen CT-Datensatz. Dieser muss den frakturierten Wirbelkörper enthalten sowie einen Wirbel kranial und kaudal des oder der frakturierten Wirbelkörper. In der Regel kann anhand von 100–150 CT-Schichten eine Lokalisation und Planung der Pedikelinstrumentation erfolgen.
Die klinische Erfahrung zeigt, dass es im Bereich der BWS erforderlich ist, mehr Wirbelkörper im präoperativen Datensatz zu erfassen als nur den verletzten und die angrenzenden Wirbelkörper, um eine exakte Höhenlokalisation bzw. Planung durchführen zu können.
Thorakal müssen prinzipiell die beiden nächsten kaudalen Wirbelkörper mit erfasst werden, da die Überlappung der thorakalen Dornfortsätze nach kaudal wesentlich ausgeprägter ist als lumbal oder zervikal. Die intakten Dornfortsätze sind wiederum für den so genannten Matchingprozess (Registrierung) erforderlich.
Der CT-Datensatz wird anschließend in das Navigationssystem, d. h. den Navigationsrechner, transferiert und für die präoperative Planung aufbereitet [1].
Matching-Vorgang
Dieser muss durchgeführt werden, um beim CT-basierten Verfahren dem Navigationssystem mitzuteilen, in welcher Position sich der Knochen im OP befindet.
Intraoperativ wird zunächst die chirurgische Exposition des zu operierenden Wirbelsäulenabschnitts in gewohnter Weise vorgenommen. Die Praxis hat gezeigt, dass für die Navigation, insbesondere thorakal der Zugangsweg nach kaudal etwas weiter als üblich erfolgen muss. Der erste zu navigierende Wirbelkörper wird identifiziert. Hierbei muss in der Regel der Bildverstärker herangezogen werden, da das Navigationssystem per se nicht entscheiden kann, welcher Wirbelkörper vorliegt. Anschließend wird der identifizierte Wirbelkörper mit einer Markierung versehen (Dynamic reference base: DRB). Diese dient dazu, dem Navigationssystem mitzuteilen, in welcher Region die Punkte abgegriffen werden. Gleichzeitig wird über diese Referenzierungsbasis jegliche weitere Bewegung des Wirbelkörpers ab dem Zeitpunkt des Matchings nachgerechnet, sodass, wenn ein Wirbelkörper einmal erfasst wurde, das System auch Bewegungen desselben verfolgen kann.
Die präoperativ geplanten Punkte werden abgegriffen. Hieraus errechnet das System einen Genauigkeitswert, der in etwa angibt, wie präzise diese Punkte in Bezug auf den CT-Datensatz gematcht werden konnten. Dieser Vorgang muss u. U. mehrfach wiederholt werden, bis eine ausreichende Genauigkeit erzielt wurde.
Die Präzision des Matchingverfahrens kann erhöht werden, indem weitere Punkte auf der Oberfläche des Wirbelkörpers abgegriffen werden (Surface-Matching). Diese willkürlich operativ abgegriffenen Punkte bilden eine mathematische Punktewolke, die mit dem präoperativen Datensatz in Übereinstimmung gebracht werden kann.
Pedikelschraubenimplantation
Nach Abschluss des Registrierungsprozesses beginnt die eigentliche Implantation der Pedikelschrauben. Hierbei kann unterschieden werden zwischen einem so genannten Zielführungsprogramm und einer Echtzeitdarstellung, d. h., mit dem Instrument, welches zur Eröffnung des Pedikeleintritts dient, wird intraoperativ der Punkt aufgesucht, der präoperativ als Eintrittspunkt definiert wurde. Anschließend kann der Pedikelschraubenkanal mit einem weiteren digitalisierten Instrument ausgetastet werden und letztlich über einen navigierbaren T-Handgriff die Pedikelschraube eingeführt werden. Nach Einbringen der beiden Pedikelschrauben in den Wirbelkörper ist dieser Vorgang abgeschlossen.
Vorteile
Die CT-basierte Navigation der Wirbelsäule bietet den Vorteil der präoperativen Planung und weist eine hohe Genauigkeit auf. Letzteres ist insbesondere in anatomisch schwierigen Regionen wie HWS und oberer BWS von Nutzen.
C-Arm-Navigation
Sie beruht auf den intraoperativ angefertigten Durchleuchtungsbildern mittels eines navigierten C-Arms.
Das Prinzip dabei ist, dass der intraoperativ verwendete C-Arm mit Elektroden ausgestattet ist, welche vom Navigationssystem erkannt werden können. Da diesem durch einen einmal durchzuführenden Kalibrierungsvorgang die geometrischen Daten des C-Armes sowie dessen Bildmittelpunkt bekannt sind, ist es mathematisch möglich, nach Durchführung eines intraoperativen Durchleuchtungsbilds mit dem navigierten C-Arm die Position des Bilds im Raum zu berechnen. Gleichzeitig kann jedes navigierte Instrument sofort in den Röntgenbildern visualisiert werden. Ein zusätzliches Matching-Verfahren, wie zuvor beschrieben, ist nicht erforderlich.
Die C-Arm-Navigation ist prinzipiell jederzeit intraoperativ im Bereich der gesamten Wirbelsäule einsetzbar. Entscheidend hierbei ist die erreichbare Bildqualität in den einzelnen Abschnitten der Wirbelsäule. Daher ergeben sich im Bereich der oberen BWS und auch der HWS oft Einschränkungen der C-Arm-basierten Navigation.
Modelle mit intraoperativer CT-ähnlicher Bilderstellung
Seit 2 Jahren stehen C-Arm-Modelle zur intraoperativen Generierung CT-ähnlicher Daten von Knochen zur Verfügung. Durch motorgetriebene Umwendung des C-Bogens lassen sich intraoperativ CT-ähnliche Datensätze erstellen, die dann ohne weitere Registrierungsvorgänge zur Navigation genutzt werden können. Auf diese Weise sind die bisherigen Nachteile der Vorgehensweisen an der Wirbelsäule — CT- oder C-Arm — beseitigt. Diese neue Applikationsform hat die Vorteile der CT-ähnlichen Visualisierung der Wirbelsäule ohne die Nachteile der so genannten eingefrorenen präoperativen Realität, da in diesen Fällen die intraoperative Realität beliebig oft reproduziert werden kann. Darüber hinaus hat diese neue Modalität der 3D-C-Arm-Systeme im Vergleich zur konventionellen C-Arm-Navigation den Vorteil, dass sie aufgrund der dreidimensionalen Bildgebung weitgehend unabhängig ist von Einschränkungen der Bildqualität, wie sie im Bereich der thorakalen Wirbelsäule oder der kranialen Halswirbelsäule bei Standardprojektion auftreten können.
Einsatzmöglichkeiten
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die computerassistierte Chirurgie im Bereich der Wirbelsäule für alle Wirbelsäulenabschnitte zur dorsalen und ventralen Instrumentation angewandt werden.
Für die Akutversorgung der Wirbelsäule bietet die C-Arm-Navigation den Vorteil der universellen und unabhängigen Verfügbarkeit im OP-Bereich, wohingegen die CT-basierte Navigation aufgrund ihrer aufwändigen Datenerhebung und präoperativen Planung eine Einschränkung für den Notfallbereich hat.
Komplexe Verletzungen der Wirbelsäule, schwierige Anatomie, wie bei Skoliose oder Morbus Bechterew, haben durch die computerunterstützte Navigation im Bereich der Wirbelsäule eine deutliche Verbesserung der Implantatlagen erfahren.
Der universelle Einsatz der computerassistierten Chirurgie im Bereich der Wirbelsäule hat durch die Einführung der navigierten dreidimensionalen intraoperativen C-Arm-basierten Navigation einen so deutlichen Fortschritt erfahren, dass diese Technologie heute bereits im Akuttraumabereich eingesetzt werden kann. Dies hat dazu geführt, dass die Präzision der Schraubenlage in den Pedikeln deutlich erhöht werden konnte. Klinische und experimentelle Studien zeigen eine genaue Pedikelschraubenpositionierung in über 90% der Fälle.
Literatur
Gebhard F, Kinzl L, Arand M (2002) Navigation an der Wirbelsäule. OP J 17: 8–14
Visarius H, Gong J, Scheer C et al. (1997) Man-machine interfaces in computer assisted surgery. Comput Aided Surg 2: 102–107
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Kinzl, L., Gebhard, F. Navigation an den Wirbelsäule. Trauma Berufskrankh 7 (Suppl 1), S145–S147 (2005). https://doi.org/10.1007/s10039-004-0904-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-004-0904-7