Gelenkinfektionen führen bekanntermaßen unbehandelt oder unzureichend therapiert zur Gelenkzerstörung, die unterschiedlich schnell eintreten kann. Diagnostik und Therapie einer Gelenkinfektion erfordern deshalb stets rasches und konsequentes Handeln.

Bei der Therapie ist das Behandlungsziel grundsätzlich einerseits die Beseitigung der Infektion andererseits der Erhalt der Gelenkfunktion. Da ein Grundsatz der Infektionsberuhigung die Ruhigstellung dargestellt, diese aber beim Wiedergewinnen einer Gelenkfunktion nur kurzfristig stattfinden darf,erfordert die Therapie ein Abwägen und unterschiedliches Forcieren von Bewegung und Ruhigstellung, wobei man sich insbesondere nach dem klinischen Verlauf richtet.

An der unteren Extremität stellt bei Gelenkinfektionen die Wiedererlangung der Funktion bei Stabilität das wichtigste Behandlungsziel dar, während an der oberen Extremität eher auf die Stabilität verzichtet werden kann und die Funktion oberstes Behandlungsziel ist.

Klassifikation

Begriffe und Einteilungen von Gelenkinfektionen sind sowohl in Deutschland als auch weltweit wenig standardisiert, sodass ein versuchter Vergleich der Wirksamkeit verschiedener therapeutischer Konzepte häufig durch die unterschiedlichen Begriffe erheblich erschwert wird.

Die derzeit gängigen Klassifikationen von Gächter [5, 6] oder Jensen et al. [8] und anderer Autoren berücksichtigen meist nur das Ausmaß der vorliegenden Gelenkschädigung, ohne auf andere — uns wesentlich erscheinende — Parameter einzugehen. Wir verwenden deshalb seit Jahren mit Erfolg eine eigene Klassifikation der Gelenkempyeme, die wir erstmals 2001 in dieser Zeitschrift vorgestellt hatten (Tabelle 1). Sie berücksichtigt:

Tabelle 1 Eigene Klassifikation der Gelenkinfektionen
  • Vorbehandlung,

  • Infektionsausdehnung und

  • Gelenkschädigung.

Dabei unterscheiden wir bei der Vorbehandlung:

  • V1: keine chirurgische Vorbehandlung

  • V2: nur arthroskopische Vorbehandlung

  • V3: offene chirurgische Vorbehandlung

Bei Infektionsausdehnung differenzieren wir in 4 Gruppen:

  • A: Infektion der Weichteile und des Gelenks, wobei die Weichteilinfektion wesentlichen Charakter haben muss

  • B: überwiegende Infektion ausschließlich des Gelenks

  • C: Infektion des gelenknahen Knochens mit unwesentlicher Beteiligung des Gelenks (z. B. sympathischer Gelenkerguss)

  • D: Infektion von Knochen- und Gelenk, wobei beide Strukturen wesentlich von der Infektion betroffen sind

Bei der Einstufung der Gelenkschädigung werden Parameter des arthroskopischen und des offenen Vorgehens gleichzeitig berücksichtigt. Hierbei finden sich zu den Klassifikationen von Gächter [5, 6] und Jensen et al. [8] die meisten Parallelen.

  • Gelenkschädigungsgrad I: Synovialishyperämie mit meist serösem Erguss

  • Gelenkschädigungsgrad II: Synovialishypertrophie mit eitrigem Erguss

  • Gelenkschädigungsgrad III: Synovialisschwamm, d. h. wesentliche Verdickung der Synovialis mit beginnenden Knorpelschädigungen

  • Gelenkschädigungsgrad IV: Synovialis“malignität“, also hypertrophe Synovialis mit erheblichen Knorpelschäden

    Wir nennen dieses IV. Stadium der Synovialisveränderungen deshalb maligne Veränderungen, weil die Synovialis den Knorpel auflöst, um eine Gelenkankylosierung zu erreichen, was es bei fehlendem therapeutischen Eingreifen dem Organismus ermöglichen würde, die eitrige Infektion zu überleben.

Diagnostik

Auch wenn auf sie im Rahmen dieser Darstellung nicht speziell eingegangen werden soll, sei hervorgehoben, dass für die Diagnose Gelenkempyem Folgendes entscheidend ist:

  • Klinik

  • einfaches Labor

  • Sonographie

  • Gelenkpunktat

Klinik

Bei akuter Gelenkinfektion sind die Gelenke deutlich geschwollen, überwärmt, weisen einen Erguss auf, und die Funktion ist meist erheblich eingeschränkt. Im Fall der chronischen Infektion können diskrete Schwellung vorliegen, der Erguss diskret sein oder fehlen, die Funktionseinschränkung sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Insbesondere beim Vorliegen einer Fistel aus dem Gelenk selbst ist das klinische Bild außerordentlich diskret, sodass die vorliegende Problematik sehr leicht unterschätzt werden kann.

Labor

BSG, CRP und Leukozyten mit Differenzialblutbild werden untersucht, wobei die BSG bei akuter Infektion bereits in der ersten Stunde eine Beschleunigung von über 100 mm zeigt, das CRP deutlich erhöht ist und die Leukozyten in aller Regel mit auffälliger Linksverschiebung deutlich vermehrt sind. Im Fall der chronischen Infektion können die Laborveränderungen — genau wie die klinischen — deutlich weniger auffällig sein, wobei auch hier eine Fistelung wesentliche Reduktion der Veränderungen erzeugt.

Ultraschall

Bei der sonographischen Untersuchung eines fraglich entzündeten Gelenks ist in aller Regel insbesondere bei akuter Infektion ein Erguss festzustellen, bei lang anhaltender Infektion, d. h. bereits nach wenigen Tagen, ist die Synovialis deutlich hypertrophiert, bei der chronischen Infektion kann das Ausmaß dieser Hypertrophie aber auch gering sein.

Gelenkpunktat

Es ist bei Gelenkschädigung Grad I serös flockig, häufig trübe, bei Schädigungsgrad II deutlich flockig, trübe bis eitrig, im Stadium III–IV häufig eitrig, kann aber auch hier in Abhängigkeit vom verursachenden Keim noch flockig trüb sein. Wesentlich bei den zahlreichen möglichen Untersuchungen des Punktats auf Veränderungen ist die Untersuchung auf Leukozyten. Die eitrige Infektion ist dann bewiesen, wenn in 1 ml mehr als 25.000 Leukozyten nachzuweisen sind.

Therapie

Die Behandlung einer Gelenkinfektion stellt grundsätzlich einen unfallchirurgischen Notfall dar, weshalb bei akuter Infektion unverzüglich operativ vorgegangen werden sollte. Nur bei chronischer Infektion, bei welcher—insbesondere bei fistelnder Gelenkinfektion—das Erkennen Schwierigkeiten bereiten kann, ist eine aufwändigere Diagnostik über die oben genannten Maßnahmen hinaus empfehlenswert, sodass die Therapie in diesem Fall 1–2 Tage aufgeschoben werden kann.

Auch wenn sich in den letzten Jahren bei der Therapie von Gelenkempyemen keine standardisierten Vorgehenswesen ergeben haben, hat sich doch die Meinung durchgesetzt, Stadien adaptiert zu behandeln, was u. E. voll zu unterstützen ist.

Bei der Auswahl des Behandlungsverfahrens—arthroskopisch, offen oder kombiniert—gibt unsere Klassifikation der Gelenkempyeme Entscheidungshilfen.

Wahl des Behandlungsverfahrens

Einfluss der Vorbehandlung

Bei den Vorbehandlungsgraden V1 (keine chirurgische) und V2 (nur arthroskopisch) bietet sich das primär arthroskopische Vorgehen an. Bei zuvor bereits offener Therapie der Gelenkinfektion oder zuvor durchgeführter offener chirurgischer Maßnahme, die die Infektion ausgelöst hat, empfehlen sich im Stadium V3 (vorangegangenes offenes chirurgisches Vorgehen) das unverzügliche offene oder das arthroskopische Vorgehen, wobei Letzteres selbstverständlich in das offene Verfahren umgewandelt werden kann.

Bedeutung der Infektionsausdehnung

Bei der Infektionsausdehnung A (Weichteile plus Gelenk) kann die mögliche Gelenkbeteiligung arthroskopisch oder, weil die Weichteilinfektion häufig offen behandelt werden muss, gleichzeitig auch das Gelenk offen therapiert werden. Bei der Infektionsausdehnung B (nur Gelenk) kann arthroskopisch, offen oder kombiniert vorgegangen werden. Im Fall der Infektionsausdehnung C (gelenknahe Knochen) und D (Knochen plus Gelenkinfektion) ist in aller Regel das offene Vorgehen erforderlich—auch für das Gelenk.

Rolle der Gelenkschädigung

Gelenkschädigung Grad I:

Bei dieser, der Synovialishyperämie, bietet sich die arthroskopische Spülung an. Bei diesem Schädigungsgrad handelt es sich in aller Regel um ein Frühstadium einer akuten Infektion, die nicht selten mit einer einmaligen Spülung bei gleichzeitiger Diagnostik und Ausschluss von wesentlichen weiteren Gelenkschädigungen ausreichend ist. Sollten Bedenken gegen die einmalige Therapie bestehen, wird die arthroskopische Spülung 1–2 Tage später wiederholt.

Grundsätzlich ist bei jeglichem operativem Vorgehen wegen einer Gelenkinfektion neben der evtl. einzusetzenden lokalen antibiotischen Behandlung immer eine systemische antibiotische Therapie erforderlich. Dabei sollten einfache Penizilline oder Zephalosporine bevorzugt werden. Die antibiotische Therapie wird selbstverständlich erst begonnen, nachdem Punktat für die bakteriologische Untersuchung gewonnen wurde, um eine gezielte Antibiose zu ermöglichen. Die systemische antibiotische Behandlung ist im Schädigungsgrad I höchstens für 3, maximal für 5 Tage notwendig.

Gelenkschädigung II:

Auch im Stadium der Synovialishypertrophie ist das arthroskopische Vorgehen die Methode der Wahl. Intraoperativ sind stets Débridement und reichliche Spülung mit Ringer-Lösung erforderlich. Die arthroskopische Spülung sollte in den Folgetagen mehrfach wiederholt werden, dabei sind unterschiedliche Behandlungszyklen üblich, teilweise wird täglich gespült, teilweise 2-täglich, teilweise im Abstand von 3 Tagen. Unseres Erachtens ist das 2-tägliche Spülen das günstigste Vorgehen, da die häufigen Narkosen eine erhebliche Belastung für den Patienten darstellen.

Am Ende des arthroskopischen Spülrhythmusses kann eine Spül-Saug-Dränage eingelegt werden, wobei zu betonen ist, dass diese Methode immer mehr verlassen wird, eher bietet sich die Einlage einer ausschließlichen Saugdränage an. Als lokal wirksames Antibiotikum kann selbstverständlich ein resorbierbarer Antibiotikumschwamm (Septocoll, Sulmycinimplant) eingelegt werden.

Gleichzeitig ist, wie oben bereits dargestellt, nach Gewinnen einer mikrobiologischen Probe—bei der Gelenkinfektion in aller Regel Gelenkpunktat und -abradat—die systemische antibiotische Behandlung einzuleiten. Diese sollte im Stadium II mindestens 5, eher 7 Tage erfolgen. Die Dauer richtet sich insbesondere nach der Klinik. Die Antibiose sollte etwa 3 Tage länger, als die vorliegende klinische Symptomatik besteht, verordnet werden.

Gelenkschädigung Stadium III:

Bei Synovialisschwamm muss arthroskopisch synovialektomiert werden. Im deutschen Schrifttum wird diese Maßnahme Synovektomie genannt, was u. E. durch den besseren Begriff der Synovialektomie ersetzt werden sollte, da die Synovialis (Gelenkhaut) und nicht die Synovia (Gelenkflüssigkeit) entfernt wird.

Die arthroskopische Synovialektomie ist im Kniegelenk bekanntermaßen relativ gut auszuführen, obwohl sie bei Hypertrophien über 1 cm Dicke—was nicht so selten ist—einen erheblichen zeitlichen Aufwand bedeutet, während sie im Schultergelenk, Ellenbogengelenk, Hüftgelenk und oberen Sprunggelenk eher problematisch ist und nur dem sehr Erfahrenen vorbehalten sein sollte. Bei ungenügender Radikalität der Synovialektomie resultieren eine weiter bestehende Gelenkinfektion bzw. ein Gelenkinfektrezidiv, welches dann in aller Regel erhebliche Gelenkschädigung erzeugt, sodass für den Fall, dass der Operateur arthroskopisch nicht so versiert sein sollte, eher auch in diesem Stadium das offene Vorgehen empfohlen wird. Im Stadium III ist, wie im Stadium II beschrieben, in der Weiterbehandlung die wiederholte arthroskopische Spülung erforderlich und selbstverständlich die beschriebene systemische antibiotische Behandlung, wobei die Prinzipien zu beachten sind, die oben erwähnt wurden.

Gelenkschädigung Stadium IV:

Bei Synovialis“malignität“ führen wir in aller Regel die offene Synovialektomie durch. Zur Durchführung einer kompletten Synovialektomie sind am Ellenbogen, Handgelenk, Kniegelenk und oberen Sprunggelenk stets 2 Zugänge von medial und lateral erforderlich (Abb. 1). Nur bei instabilen Gelenken, d. h. vorliegenden erheblichen Bandschädigungen, kann die komplette Synovialektomie durch einen Zugang erreicht werden. Auch wenn man z. B. am Kniegelenk von medial die Synovialis aus dem oberen Recessus komplett entfernen kann, erreicht man doch nicht den lateralen Recessus und von diesem geht dann, wenn man nur einen einzigen Zugang wählt, die Rezidivinfektion aus. Deshalb empfehlen wird dringend den zweiseitigen Zugang.

Abb. 1a–g
figure 1

Offene Gelenkinfektionsbehandlung, a–c typisches zweiseitiges Vorgehen bei Kniegelenkinfektion von medial und lateral mit Synovialektomie und intensiver Spülung, d Situation am Ende der Operation nach Einlage von Septopal, offen verbleibenden Arthrotomien, Dränageneinlage in oberen Recessus und vor die Kreuzbänder, e postoperativer röntgenologischer Befund mit nur wenig Septopal (meist wird mehr eingelegt und auch vor den Kreuzbändern durchgezogen), f klinischer Befund, g Beweglichkeit bei Entlassung nach sekundärem Gelenkverschluss

Am Hüftgelenk und Schultergelenk genügt in aller Regel ein großer ventrolateraler Zugang, gelegentlich muss bei erhaltener Rotatorenmanschette am Schultergelenk auch von dorsal eingegangen werden.

Die Synovialisentfernung muss komplett vorgenommen werden, was auch alle Recessus umfassen muss. Dazu werden die Gelenke intraoperativ in alle Maximalbewegungen bewegt und alle veränderten Bezirke, insbesondere auch vor und von den Kreuzbändern, Seitenbändern und/oder anderen Strukturen entfernt. In den Bereichen, in denen die Synovialis direkt dem Periost aufliegt, ist sie meist mit diesem zusammen zu entfernen.

Der Eingriff sollte, weil er nicht selten zu erheblicher Blutung führt, in Blutsperre—falls möglich—ausgeführt werden, was im Hüft- und Schulterbereich selbstverständlich nicht möglich ist.

Spezielle Beachtung verdienen am Schultergelenk die dorsalen Abschnitte und die Gelenkabschnitte um die Rotatorenmanschette, welche bei erhaltener Rotatorenmanschette immer schwierig zu erreichen sind. Am Ellenbogengelenk sind insbesondere die medialen und ventralen Abschnitte schwer zugänglich. Hier muss man von medial direkt auf dem Knochen entlang präparieren, um keine Gefäß-, Nerven- und übermäßige Muskelverletzungen zu erzeugen. Am Handgelenk sind insbesondere die Sehnen und Nerven zu schonen, das Gelenk kann aber in aller Regel gut erreicht werden. Im Kniegelenk sind die parapatellaren Abschnitte zu beachten. Bei der Synovialektomie ist, gerade bei fortgeschrittener Infektion, eine Abgrenzung zur Quadrizepssehne zwingend erforderlich. Hier können erhebliche Veränderungen vorliegen, sodass diese Sehne bei fehlender Erfahrung erheblich geschädigt werden könnte. Die Synovialektomie des oberen Sprunggelenks ist außerordentlich schwierig. Hier erreicht man nur die ventralen Abschnitte recht gut, die dorsalen sehr mühsam. Aber auch die Innen- und Außenknöchelregion sowie die Peritonäalsehnen müssen von den Synovialishypertrophien befreit werden, ansonsten könnte eine Rezidivinfektion resultieren.

Nach Beendigung der Synovialektomie werden die Blutsperre geöffnet und eine gezielte Blutstillung ausgeführt. Dann wird das Gelenk reichlich mit Ringer-Lösung gespült und mehrfach durchbewegt, wobei jeweils darauf zu achten ist, ob noch Synovialisreste verblieben sind.

Postoperative Nachbehandlung

Wir belassen nach Durchführung der offenen Synovialektomie das Gelenk grundsätzlich offen und legen in die Gelenkhöhle Septopal ein, wobei wir am Knie-, Schulter- und Hüftgelenk die großen Ketten bevorzugen, während wir am Ellenbogen, Handgelenk und oberen Sprunggelenk die Miniketten vorziehen. Ins Knie werden in aller Regel zwischen 120 und 180 Maxikugeln eingelegt, in den Ellenbogen z. B. 60 bis 80 Minikugeln, Gleiches gilt für das obere Sprunggelenk. Keinesfalls reicht die Einlage von 10 Septopalkugeln in ein großes Gelenk aus.

Auch wenn wir das Gelenk offen belassen, legen wir in die Recessus trotzdem Dränagen ein, denn die Gelenke verkleben bei Beseitigung der Infektion in wenigen Tagen. Gelegentlich ist ein Ellenbogengelenk bereits nach 2 Tagen komplett verklebt, obwohl die Patienten regelmäßig im Wannenbad gebremst üben.

Wir verbinden die offen belassenen Arthrotomien mit Betaisodonasalbe, führen täglich einen Verbandwechsel durch—durchaus auch im Bad, weil der Patient dort das Gelenk bewegt. Dazu geht er bei Hüft-, Knie-, oberem Sprunggelenk sowie Schultergelenk in ein Wannenbad, während Ellenbogen- und Handgelenkinfektionen im Armbad therapiert werden. Sinn dieser Maßnahme ist, neuerlichen Verhalt zu vermeiden und unter vorsichtiger Übungstherapie die Gelenkfunktion gebremst wiederherzustellen. Dabei wird z. B. in dieser Phase im Kniegelenk bei liegendem Septopal, welches selbstverständlich nicht retropatellar liegt, höchstens um 20–30° bewegt. Es muss eine aktive Bewegung mit Muskelanspannung durchgeführt werden, damit das Gelenk ausgepumpt wird.

Bei der offenen Gelenkbehandlung wird nach Beruhigung der Infektion, wobei man sich insbesondere nach Klinik und Labor richtet, nach etwa 10–14 Tagen ein sekundärer Gelenkverschluss ausgeführt, wobei ein nochmaliges Débridement nach Wundrandexzision erfolgt, die Ketten entfernt werden, ein resorbierbarer Antibiotikumschwamm, bei uns in aller Regel Septocoll, eingelegt wird, wiederum Dränagen eingebracht werden und dann rasch, d. h. bereits 2–3 h postoperativ mit der Umlagerungstherapie begonnen wird.

Weiterbehandlung

Der Weiterbehandlung nach arthroskopischer oder offener Gelenkinfektionstherapie kommt entscheidende Bedeutung zu. Ein Funktionswiedergewinn ist nur bei Ausführen der exakten Weiterbehandlung möglich, die möglichst in der operativ tätigen Abteilung ausgeführt und nicht in die Rehabilitationsklinik verlagert werden sollte, wenn hier nicht spezielle Absprachen stattfinden.

Die zwischenzeitliche Therapie bei offener Gelenkbehandlung ist oben bereits skizziert. Nach Gelenkverschluss oder bei arthroskopischer Therapie erfolgt bei uns in den ersten Tagen unter analgetischer i. v. Therapie eine Umlagerungsbehandlung rund um die Uhr. Bei Kniegelenkinfektionen wird z. B. auf Kirschner-Schiene umgelagert, wobei 1 1/2 h in Streckstellung, 1/2 h in der maximal möglichen Beugestellung gelagert wird (die beim Knie 70–90° betragen sollte) (Abb. 2). Bei Ellenbogeninfektionen wird 1 1/2 h in Beugung, 1/2 h in Streckung gelagert, sodass in jeweils 2-stündigem Zeitrahmen beide Maximalstellungen erreicht wurden, wobei in der Hauptruhestellung die längere Zeit gelagert wird. Bei Schulter- und Hüftgelenkempyemen lagern wir in aller Regel die Extremitäten auf Kissen oder entsprechenden Polstern, nicht in ruhig stellenden Verbänden, um hier keine Gelenkeinsteifungen zu erzeugen. Auch hier wird entsprechend mit Kissen oder Schienen umgelagert.

Abb. 2a–e
figure 2

Weiterbehandlung nach offener Gelenkinfektionsbehandlung, a, b Umlagerungstherapie auf Kirschner-Schiene bei Knieinfektbehandlung, 1 1/2 h Streckung, 1/2 h Beugung, c–e weitere Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gelenkfunktion nach Infektionsbehandlung: c Motorschiene, d Sport-Gruppentherapie, e Behandlung im Schwimmbad

Die passive Umlagerungstherapie wird bereits ab dem 2. oder spätestens 3. postoperativen Tag durch aktive krankengymnastische Behandlung ergänzt, die anfangs 3- bis 5-mal täglich ausgeführt wird. Auch dabei werden insbesondere die Problembereiche trainiert, was z. B. beim Schultergelenkempyem die Elevation und Abduktion darstellt, beim Ellenbogen-, Knie- und oberen Sprunggelenk hingegen die Streckung. Bei Hüftgelenkempyemen ist der sich rasch entwickelnden Abduktions-Außenrotations-Kontraktur entschieden entgegen zu trainieren. Die aktive krankengymnastische Übungstherapie wird durch Bewegungsbad, Ergotherapie, Sporttherapie, evtl. Elektrotherapie ergänzt und muss so lange konsequent und mehrfach am Tag ausgeführt werden, bis wieder eine ausreichende Gelenkfunktion erreicht ist.

Wie oben bereits angesprochen, stellt das Behandlungsziel an der unteren Extremität die Gelenkfunktionswiederherstellung bei Stabilität dar, während an der oberen Extremität das vorrangige Ziel die Funktion ist, sodass bei fortgeschrittenem Gelenkzerstörungsgrad, insbesondere den Gelenkschädigungsgraden IV und der Infektionsausdehnung D, in Schulter oder Ellenbogen die Gelenkresektion mit anschließender Übungstherapie viel eher ausgeführt wird als die definitive Arthrodese.

Eigene Ergebnisse

Zur Veranschaulichung unseres therapeutischen Vorgehens wird ein Patientenkollektiv zur Behandlung des Ellenbogengelenkempyems aus einem Zeitraum von 20 Jahren mit den dabei erreichten Behandlungsergebnissen vorgestellt.

Der Anteil von erheblichen Begleiterkrankungen (Tabelle 2) unterstreicht die vorliegende Behandlungsproblematik. Tabelle 3 zeigt überraschenderweise, dass in unserem Kollektiv fast ausnahmslos Altinfektionen zur Behandlung gelangten, die akuten Infektionen (nach unserer Definition Gelenkinfekte während der ersten 7 Tage) stellten die Minorität dar (4 von 32 Fällen). Aus Tabelle 4 geht hervor, dass bei einem größeren Klientel die bestehende Gelenkinfektion z. T. mehrfach auswärts operativ zu behandeln versucht worden war, ohne dass es zur Infektionsberuhigung kam. Bei 6 Patienten der eingetretenen Gelenkempyeme war der Ellenbogeninfektionsproblematik keine chirurgische Behandlung vorausgegangen, bei 26 Patienten waren chirurgische Maßnahmen erfolgt. Dabei wurden nach eingetretener Gelenkinfektion nur 9-mal keine chirurgischen Maßnahmen ergriffen (4-mal keine Infekttherapie, 5-mal nur antibiotische Behandlung), während bei 23 Patienten mindestens ein Eingriff, z. T. zahlreiche Eingriffe zur Infektberuhigung durchgeführt worden waren.

Tabelle 2 Patientenkollektiv Ellenbogeninfektionen (n=32)
Tabelle 3 Infektionsdauer (n=32 Ellengelenkempyeme)
Tabelle 4 Vorbehandlung (n=32 Ellengelenkempyeme)

In Tabelle 5 sind die bakteriologischen Ergebnisse der intraoperativen Abradate dargestellt. Der überwiegend auslösende Keim war Staphylococcus aureus, andererseits gelang insbesondere bei den Fällen, bei denen bereits antibiotisch vorbehandelt worden war, kein Keimnachweis, was immerhin bei 6 Patienten der Fall war.

Tabelle 5 Bakteriologie (n=32 Ellengelenkempyeme)

Das Ausmaß der Schädigung der Gelenke zeigt Tabelle 6. Nur 12 von 32 Patienten wiesen eine Infektion auf, die nur auf das Gelenk beschränkt war, während der größere Teil, nämlich 20 Patienten, Infektionen von Knochen und Gelenk hatten, wobei die Gelenkschädigungsgrade fast ausnahmslos Stadium III und IV umfassten. Ausschließliche Infektionen der Ausdehnung A und C kamen in diesem Kollektiv nicht vor, Gelenkschädigungsgrade I sahen wir nicht, Gelenkschädigungsgrade II (Synovialishypertrophie) lediglich 2-mal.

Tabelle 6 Ausmaß der Gelenkschäden (n=32 Ellengelenkempyeme)

Wir führten bei diesen überwiegend veralteten, meist erfolglos mehrfach voroperierten Gelenkinfektionen ausschließlich die offene Behandlung durch (Tabelle 7); 27-mal erfolgte zweizeitige offene Behandlung, 2-mal offene Behandlung mit Gelenkresektion und 3-mal offene Behandlung mit Arthrodese, wobei die Stabilisierung im Fixateur externe vorgenommen wurde.

Tabelle 7 Therapie (n=32 Ellengelenkempyeme)

Unsere Früh- und Spätkomplikationen zeigt Tabelle 8. Hier sind insbesondere als Spätkomplikation der aus unserer Sicht kleine Anteil von Gelenkinfektrezidiven zu erwähnen, wobei 1-mal trotz nochmaliger Sequestrektomie eine Einsteifung resultierte, 1-mal trotz nochmaliger offener Behandlung eine Ankylosierung eintrat und 1-mal nach offener 2. Behandlung ein Gelenkerhalt möglich war.

Tabelle 8 Früh- und Spätkomplikationen (n=32 Ellengelenkempyeme)

Das letztendliche Ergebnis zeigt Abb. 3, wobei zu unterstreichen ist, dass an der oberen Extremität im Schultergelenk und am Ellenbogen auch noch nach Wochen und sogar Monaten Verbesserungen der Gelenkbeweglichkeiten beobachtet werden können, was an der unteren Extremität viel seltener der Fall ist. Deshalb sind gerade an der oberen Extremität die Nachuntersuchungsergebnisse von besonderer Bedeutung. Diese zeigen in unserem durchaus als sehr ungünstig einzustufenden Patientenkollektiv u. E. nach respektable Ergebnisse, die unterstreichen, dass auch bei primär hoffnungslos erscheinenden Infektfällen durch konsequente Behandlung befriedigende Resultate zu erzielen sind.

Abb. 3
figure 3

Behandlungsergebnisse bei 32 Ellenbogengelenkempyemen, Beweglichkeit bei Entlassung (29 Patienten) und Nachuntersuchung (26 Patienten)

Fallbeispiele

2 Behandlungsbeispiele sollen das Vorgehen demonstrieren:

Fall 1

In Abb. 4 ist der Verlauf eines Behandlungsfalls dargestellt, den wir bereits in dieser Zeitschrift dargestellt hatten [17]: Die ursprüngliche Verletzung, eine suprakondyläre Oberarmfraktur, war mit Olekranonosteotomie versorgt worden. Nachdem diese instabil geworden war, wurde eine Reosteosynthese durchgeführt, wonach es zur Infektion kam. Vor Zuverlegung war diese bereits auswärts einmal revidiert worden.

Abb. 4a–r
figure 4

Chronisches Ellenbogengelenkempyem, a röntgenologische Ausgangssituation, b postoperativer klinischer Befund nach kompletter Metallentfernung und Synovialektomie, c fortgeschrittene radiologische Veränderungen bei liegendem Miniseptopal, d Befund nach Gelenkverschluss, e–h funktionelles Ergebnis zum Ende der stationären Behandlung, i radiologischer Befund (fortgeschrittene Gelenkveränderungen) bei der Nachuntersuchung 8 Wochen später, j–r funktionelles Ergebnis 2 Jahre nach erfolgter Gelenkinfektbehandlung, geringe Beschwerden, s. auch Text

Wir führten die komplette Metallentfernung und Synovialektomie von einem erweiterten dorsalen und medialen Zugang aus. Miniseptopal wurde ins Gelenk eingelegt und die distale Oberarmwunde verschlossen, die Ellenbogengelenkwunde wurde dorsal offen gelassen. 12 Tage nach Synovialektomie erfolgte der Gelenkverschluss. Das funktionelle Ergebnis zum Ende der stationären Behandlung wurde während der ambulanten Behandlungsphase noch weiter leicht verbessert. Bei der Nachuntersuchung 2 Jahre nach erfolgter Gelenkinfektionsbehandlung bestand ein radiologisch eigentlich als zerstört einzustufender Ellenbogen, der funktionell durchaus sehr brauchbar ist: Die in Abb. 4 demonstrierten Bewegungen werden fast schmerzfrei ausgeführt.

Fall 2

Es lag eine Tibiaosteitis bei nicht verheilter Fraktur mit einliegendem Sequester und liegender Doppelplattenosteosynthese sowie seit Monaten bestehendem Knieempyem (Vorbehandlung: V3, Infektionsausdehnung: D, Gelenkschädigung: IV) vor. In einer derartigen Problemkombination sind stets beide Probleme gleichzeitig zu behandeln (Abb. 5c, d).

Abb. 5a–k
figure 5

Proximale Tibiaosteitis kombiniert mit Kniegelenkempyem, a, b klinische und radiologische Ausgangssituation, c, d Infektionsberuhigung durch kombiniertes offenes Vorgehen, e sekundärer Kniegelenk- und Hautdefektverschluss, f radiologisches Ergebnis nach 1/2 Jahr, g–k funktionelles Behandlungsergebnis nach 2 Jahren, s. auch Text

Neben der Metallentfernung der Tibia, Sequestrektomie, Reosteosynthese der Tibia mit medialem Klammerfixateur erfolgte gleichzeitig eine offene Synovialektomie des Kniegelenks von medial und lateral. Nach Spülung und Durchbewegen wurde Septopal eingelegt und das Gelenk offen gelassen. Nach 12 Tagen erfolgte der sekundäre Kniegelenkverschluss, nach 6 weiteren Tagen der Verschluss des Hautdefekts über der Tibia mit medialem Gastrocnemiuslappen durch unsere plastische Abteilung.

Das Wesentlichste in diesem Fall stellen die Röntgenaufnahmen in Abb. 5f dar. Man erkennt radiologisch eine deutliche Zerstörung der lateralen Tibiakonsole. Die funktionellen Aufnahmen 2 Jahre nach erfolgter Gelenkinfektbehandlung zeigen eine fast freie Funktion im Kniegelenk (Abb. 5h, i) trotz radiologisch vorangeschrittener Zerstörung, wobei der Patient keinerlei Beschwerden hat, weshalb er jegliche prothetische Versorgung ablehnt.