Wirkung von Ultraschall auf die Knochenheilung

Durch Ultraschall kann die Knochenheilung positiv beeinflusst werden [3, 6, 9, 11, 13, 15, 16, 17, 19]. Die erzeugten Schallwellen breiten sich im Gewebe in Form von Druckwellen aus [23], und die durch die Schallwellen erzeugte mikromechanische Kraft wirkt auf den Knochen und das umliegende Gewebe. Auf diese Weise können nach dem Prinzip der Mechanotransduktion biochemische Veränderungen auf zellulärer Ebene hervorgerufen werden [1].

Erste experimentelle Arbeiten [7, 9] konnten einen Wachstums- und Differenzierungsreiz des gebildeten Kallusgewebes bei der Frakturheilung unter dem Einfluss von Ultraschall nachweisen. Histologisch zeigt sich eine schnellere Differenzierung des Kallus, was sich in einem frühzeitigen Auftreten von gerichteten Kollagenfasern und einer beschleunigt ablaufenden Mineralisierung widerspiegelt. Auch die mechanische Festigkeit des gebildeten Knochengewebes wird in der Frakturzone signifikant gesteigert [8].

Klinisch wurde die adjuvante Ultraschallbehandlung frischer und verzögert heilender Knochenbrüche bereits frühzeitig angewandt. Schon 1990 berichtete Knoch [10] über 20-jährige Erfahrungen an 2500 mit Ultraschall behandelten Patienten. In allen Fällen wurde mit einem relativ hoch dosierten und kontinuierlichen Ultraschallsignal (Frequenz 800 kHz, Intensität 0,1–0,5 W/cm2) gearbeitet, welches zu einem Temperaturanstieg im umliegenden Gewebe führt und bei lokaler Applikation von länger als 3 min die Gefahr von Hitzenekrosen mit sich bringt. Um diesen Effekt der Gewebeerwärmung und somit die Gefahr von Hitzenekrosen auch bei längerer Anwendungsdauer zu minimieren, wurde zwischenzeitlich ein System entwickelt, welches ein niederenergetisches, gepulstes Signal verwendet [3].

Niederenergetischer, gepulster Ultraschall

Niederenergetischer, gepulster Ultraschall wird seit 1983 zur Beschleunigung der Frakturheilung eingesetzt. Vorausgegangene tierexperimentelle Studien zeigten, dass die Knochenheilung auch durch dieses Verfahren beschleunigt wird und es zu einer vermehrten Kallusbildung kommt [3]. Das Verfahren besitzt in den Vereinigten Staaten von Amerika seit dem 17.10.1994 die Zulassung der Food and Drug Administration (FDA), nachdem dessen stimulative Eigenschaften bei der Knochenbruchheilung und der Therapie von Pseudarthrosen in 2 prospektiven, doppelblinden und randomisierten Studien am Menschen [6, 11] nachgewiesen werden konnten. Bei den beiden zitierten Studien wurde eine tägliche Behandlungszeit von 20 min eingehalten und mit einem niederenergetischen, gepulsten Ultraschallsignal (Frequenz 1,5 MHz, gepulst mit 1 kHz, Signallänge 200 µs, Leistung 117 mW; Intensität 30 mW/cm2) gearbeitet. Die Eigenschaften des angewandten niederenergetischen, gepulsten Ultraschallsignals lagen dabei im Bereich der als sicher geltenden diagnostischen Anwendungen.

Ein kommerzielles Gerät mit entsprechenden physikalischen Parametern wird seit geraumer Zeit von der Industrie (Smith & Nephew GmbH, Produktbereich Exogen, 22869 Schenefeld, Deutschland) angeboten. Zur wirksamen Behandlung muss der Schallkopf des Geräts über der Defektzone zu liegen kommen, was vor Behandlungsbeginn unter Durchleuchtung festgelegt und auf der Haut des Patienten markiert wird. Nach Geräteeinweisung führen die Patienten dann die Behandlung selbstständig zu Hause durch.

Im Folgenden soll ein Überblick über die klinische Anwendung von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall bei Störungen der knöchernen Regeneration und über die wissenschaftlichen Grundlagen zum Wirkmechanismus des Verfahrens gegeben werden. Dabei werden die eigenen Behandlungsergebnisse mitberücksichtigt.

Klinische Anwendungen von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall

Durch die Anwendung von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall konnte in klinischen und experimentellen Studien eine Verbesserung der Frakturheilung nachgewiesen werden [2, 3, 6, 11, 13, 14, 15, 17]. Dabei konnte eine Verkürzung der Heilungszeit von bis zu 38% im Vergleich zu unbehandelten Patienten belegt werden.

Anwendungen bei gestörter Frakturheilung

In einer prospektiv konsekutiven Anwendungsbeobachtung wiesen Mayr et al. [17] die Wirksamkeit von niedrig intensivem, gepulstem Ultraschall zur Behandlung von Frakturheilungsstörungen nach. 100 Patienten wurden in die Studie eingeschlossen. In 64 Fällen lag ein Frakturalter von über 120 Tagen und in 36 Fällen ein Frakturalter von über 240 Tagen zugrunde. In allen Fällen wurde die Ultraschalltherapie als Alternative zu der ansonsten als indiziert angesehenen operativen Therapie der Frakturheilungsstörung durchgeführt.

Insgesamt konnte bei dem oben genannten Patientenkollektiv mit gestörter Frakturheilung (verzögerte Knochenbruchheilung bzw. Pseudarthrosenbildung) eine Heilungsrate von 86% unter Anwendung von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall erreicht werden. Auch die eigenen klinischen Behandlungsergebnisse an bisher 14 Patienten außerhalb einer Studie zeigten die Wirksamkeit der Ultraschallbehandlung bei der Pseudarthrosentherapie (Abb. 1).

Abb. 1a–c.
figure 1

36-jähriger männlicher Patient, subtrochantere Femurfraktur mit großer medialseitiger Defektzone, auswärtige primäre osteosynthetische Versorgung mittels Gleitnagel nach Friedl, 15 Tage nach Erstoperation Zuweisung bei bestehender Frakturdehiszenz und vorliegender Außenrotationsstellung von 20°; im Verlauf 3-malige Reosteosynthese mit mehrfacher Spongiosaplastik aufgrund wiederholtem Osteosyntheseversagen notwendig, zuletzt mit Ausriss der zuvor eingebrachten breiten 10-Loch-LCDC-Platte. a Versorgungsergebnis nach letzter Operation. b Ausbildung einer Pseudarthrose 6 Monate nach dem letzten chirurgischen Eingriff. Die Indikation zur Durchführung der Therapie mittels niederenergetischem, gepulstem Ultraschall wird gestellt. c Ausheilungsergebnis nach 4-monatiger Therapie mittels niederenergetischem, gepulstem Ultraschall. Knöcherne Konsolidierung unter schmerzfreier Vollbelastung der betroffenen Extremität ist gegeben

Anwendungen bei frischen Skaphoidfrakturen

Bei der Behandlung von frischen Skaphoidfrakturen konnte im Rahmen einer prospektiv randomisierten Untersuchung an 30 Patienten ebenfalls eine Verkürzung der Heilungszeit durch niederenergetischen, gepulsten Ultraschall belegt werden [15]. Die Heilungszeit der Frakturen verkürzte sich von 62±19,2 Tagen in der unbehandelten Gruppe auf 43,2±10,9 Tage in der Ultraschallgruppe. Die mittels sagittalen computertomographischen Schnittbildaufnahmen ermittelte Durchbauung der Frakturzone zeigte 4, 6 und 8 Wochen nach dem Unfall einen signifikanten Vorteil (p<0,05) der mit Ultraschall behandelten Patienten.

Unterstützung der Regeneratreifung bei der Kallusdistraktion

Eine weitere Herausforderung für den Einsatz von Ultraschall stellt die Unterstützung der Regeneratreifung bei der Kallusdistraktion dar [4, 23]. Im Rahmen einer prospektiven, randomisierten Studie an der Klinik des Erstautors wurden bisher 32 Patienten mit Distraktionskortikotomien >4 cm nachuntersucht, um festzustellen, ob sich bei der Kallusdistraktion eine Stimulation der Regeneratbildung und -reifung durch die Anwendung von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall erzielen lässt.

Beide Patientengruppen (mit und ohne Anwendung von Ultraschall) waren hinsichtlich ihrer demographischen Daten vergleichbar. Die durchschnittliche Transportstrecke betrug in der Ultraschallgruppe 74 mm und in der Kontrollgruppe 75 mm. Die Indikation zur Kallusdistraktion ergab sich in 9 Fällen bei primärem Substanzdefekt nach Fraktur der unteren Extremität, bei 23 Patienten wurde eine Segmentresektion zur Therapie einer vorbestehenden Osteitis durchgeführt. 16 von 32 Patienten führten eigenständig nach Geräteeinweisung durch den behandelnden Arzt während 20 min täglich eine Therapie mittels niederenergetischem, gepulstem Ultraschall über der Regeneratzone durch.

Die Qualität des gebildeten Regenerats wurde sonographisch und radiologisch in 2- bis 4-wöchigen Abständen im Rahmen der ambulanten Wiedervorstellung der Patienten beurteilt. Ferner wurde die Kallusdichte in den standardisierten Röntgenaufnahmen mittels digitaler Bildanalyse gemessen. Die statistische Auswertung der ermittelten radiologischen Dichtewerte innerhalb der Regeneratstrecke erfolgte mittels ANOVA-Varianzanalyse. Endpunkt der Studie waren die Transportzeit sowie die Behandlungszeit bis zur Fixateurentfernung.

Die mittels digitaler Bildanalyse der standardisierten Röntgenaufnahmen ermittelte radiologische Kallusbildung zeigte im zeitlichen Verlauf eine signifikant raschere Mineralisation (ANOVA, p<0,01) in der Ultraschallgruppe (Abb. 2). Die sonographischen Kontrolluntersuchungen erlaubten eine gute Kontrolle in der Frühphase der Kallusbildung, insbesondere waren Störungen der Regeneratbildung rechtzeitig sichtbar. In beiden Gruppen kam es bei jeweils 1 Patienten zum Regeneratversagen, sodass nach Transportabschluss eine Spongiosaplastik mit additiver Plattenosteosynthese erforderlich war. Je 1-mal pro Gruppe wurde eine Unterschenkelamputation vorgenommen, welche in einem Fall aufgrund des Rezidivs einer Osteitis im Dockingbereich mit therapieresistentem Infekt und im anderen Fall aufgrund eines chronischen Weichteildefekts am distalen Unterschenkel notwendig war.

Abb. 2.
figure 2

Graphische Darstellung der radiologischen Dichte des Regenerats nach Kallusdistraktion im zeitlichen Verlauf (aus Pommer u. Muhr [23]). Dargestellt sind die jeweils 5 ersten Patienten einer Gruppe aus unserer Klinik (mit/ohne Ultraschallbehandlung), fett Mittelwerte der jeweiligen Gruppe

Wissenschaftlicher Hintergrund

Studienergebnisse

Der zellbiologische Wirkmechanismus des Ultraschalls auf die Knochenneubildung ist noch nicht vollständig geklärt und wird derzeit in weiterführenden Untersuchungen erforscht. Vorausgegangene Studien [21] konnten die Stimulation der enchondralen Ossifikation von fetalen Mäusemetatarsalia zeigen. In der ultraschallbehandelten Gruppe fanden sich ein signifikant positiver Einfluss auf die Länge der verknöcherten Diaphyse und eine vermehrte Bildung von hypertrophem, teilweise verkalktem Knorpel. Eine mögliche Erklärung für diesen Effekt wäre die Stimulation der Osteoblastenaktivität und/oder deren Differenzierung, wodurch es zu einer Längenzunahme des verknöcherten diaphysären Anteils kommt. Aufgrund von Genexpressionsanalysen wiesen Yang et al. [30] nach, dass niederenergetischer, gepulster Ultraschall insbesondere die enchondrale Ossifikation stimuliert.

Parvizi et al. [22] zeigten in einer Studie an aus Femurkondylen neugeborener Ratten isolierten Chondrozyten einen Effekt von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall. Unter Anwendung des Verfahrens öffneten sich die membranständigen Kalziumkanäle der Zellen. Die Änderung der intrazellulären Kalziumkonzentration war dabei von der Intensität des Ultraschallsignals abhängig. Der Kalziumeinstrom beeinflusste die enzymatische Aktivität der Zellen und führte zu einer Synthesesteigerung von spezifischen Matrixproteinen [29].

Schmelz [25] stellte in vitro an humanen Fibroblasten- und Osteoblastenpopulationen einen proliferationsfördernden Effekt von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall fest. Auch Sun et al. [26] wiesen in vitro einen stimulierenden Effekt der Ultraschallbehandlung auf Knochenzellen nach. An Osteoblasten, die aus Calvarien neugeborener Ratten isoliert wurden, erfolgte ab dem 4. Tag für 20 min täglich die Applikation von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall während einer Gesamtversuchsdauer von 10 Tagen. Bei der nach 10 Tagen durchgeführten Zellzahlbestimmung fand sich eine signifikante Zunahme der Osteoblastenpopulation im Vergleich zur Zellzahl in der unbehandelten Kontrollgruppe. Ferner war die alkalische Phosphatase als Leitenzym der Knochenneubildung nach 7-tägiger Ultraschallstimulation im Kulturmedium signifikant angestiegen [26].

Einzelne, nicht systematische In-vitro-Studien an Osteoblastenkulturen zeigten die Expression spezifischer, lokal im Knochen wirkender Wachstumsfaktoren wie IGF-I oder TGF-β [20, 24, 28] nach Stimulation mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall. Dabei vermitteln diese Wachstumsfaktoren ihre Effekte über spezifische Rezeptorenkomplexe [18].

Eigene Untersuchungen

In eigenen experimentellen Studien an der Abteilung für Chirurgische Forschung der BG Kliniken Bergmannsheil wurden humane osteoblastäre Zelllinien (MG-63 und SAOS-2) hinsichtlich der Synthese osteotropher Zytokine (IL-6, IL-11) unter dem Einfluss von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall (Frequenz 1,5 MHz, gepulst mit 1 kHz, Signallänge 200 µs, Leistung 117 mW; Intensität 30 mW/cm2) in vitro untersucht [5]. Anhand einer distinkten Zytokinsynthese konnte die ultraschallvermittelte Zellaktivierung nachgewiesen werden. So wurde in den SAOS-2- und MG-63-Kulturen die Freisetzung von IL-6 bzw. IL-11 (spontan und induziert durch bFGF, VEGF, IL-1β, TNF-α) durch die Behandlung mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall unterschiedlich stark moduliert. Während die Synthese von IL-6 aus MG-63 bei Zugabe von FGF durch niederenergetischen, gepulsten Ultraschall positiv beeinflusst wurde, war die IL-11-Synthese aus SAOS-2 unter Zugabe von VEGF und IL-1β erhöht. Diese Ergebnisse weisen auf den stimulierenden Effekt von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall auf humane osteoblastäre Zelllinien in vitro hin.

Experimentelle Studien in vivo

Mayr [13] und Mayr et al. [16] untersuchten an 18 erwachsenen Merinoschafen, inwieweit die tägliche Anwendung von niedrig intensivem Ultraschall für 20 min zu einer beschleunigten Regeneratreifung nach Kallusdistraktion führt [13, 16]. Hierzu wurde am rechten Metatarsus der Tiere ein Segmenttransport (Latenz: 4 Tage, Distraktionsgeschwindigkeit 1,0 mm/Tag) durchgeführt. Nach Abschluss der 21-tägigen Distraktionsphase erfolgte während der 63-tägigen Reifungsphase bei der Hälfte der Versuchstiere die Behandlung mittels niedrig intensivem Ultraschall für 20 min täglich. In den zum Zeitpunkt des Versuchsendes am 84. Tag angefertigten hoch auflösenden Röntgenaufnahmen fand sich bei Mayr et al. [16] sowohl für die Reifung als auch für die Menge an gebildetem Kallus ein deutlicher Vorteil zugunsten der Ultraschallgruppe. Computertomographisch ließ sich bei den Tieren der Ultraschallgruppe ein signifikant höherer Mineralgehalt im gesamten Regenerat nachweisen. Die axiale Steifigkeit des neu entstandenen Knochens zeigte mit 6941±961 N/mm vs. 2942±1913 N/mm ebenfalls einen signifikanten Vorteil zugunsten der stimulierten Tiere [13]. Die quantitative histologische Auswertung des am 49. postoperativen Tag fluoreszenzmarkierten Kallusgewebes zeigte bereits zu diesem Zeitpunkt bei den mit Ultraschall behandelten Tieren eine Mineralisation von 65–70% im Vergleich zu 25–30% bei den Kontrolltieren, sodass aufgrund der von Mayr [13] und Mayr et al. [16] publizierten tierexperimentellen Ergebnisse auf eine beschleunigte Regeneratreifung nach Kallusdistraktion durch die tägliche Anwendung von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall geschlossen werden kann.

Tis et al. [27] untersuchten im Rahmen einer tierexperimentellen Studie an Kaninchen den Einfluss der Therapie mittels niedrig intensivem, gepulstem Ultraschall auf die Regeneratreifung nach Distraktionsosteogenese. Nach Osteotomie der Tibia im mittleren Drittel wurde bei 26 adulten Neuseeländer Kaninchen einseitig ein Fixateur externe von anteromedial an die Tibia angebracht. Nach einer Latenzzeit von 7 Tagen wurde mit jeweils 0,5 mm alle 12 h distrahiert. Nach 10 Tagen wurde die Distraktion abgeschlossen und bei 13 Tieren mit der Therapie mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall begonnen. Über eine Zeitdauer von 20 Tagen wurde 1-mal täglich für 20 min mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall behandelt. Nach Abschluss des Versuchs am 37. postoperativen Tag wurden die Regenerate ausgewertet. Radiologisch fand sich in der Behandlungsgruppe 1, 2 und 3 Wochen nach Distraktionsende eine signifikant vermehrte Kallusbildung im Vergleich zur Kontrollgruppe (p<0,01; p<0,008 bzw. p<0,05). Histomorphometrisch konnten die Autoren [27] signifikant weniger bindegewebige Anteile und vermehrt Knochen in den Regeneraten der Ultraschallgruppe im Vergleich zu denjenigen der unbehandelten Tiere nachweisen (p<0,05).

Nach Machen et al. [12] ist für eine adäquate Regeneratqualität unter dem Einfluss von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall eine relativ rigide Montage des zur Kallusdistraktion angewandten Fixateursystems erforderlich. Die genannten Autoren konnten tierexperimentell an 20 adulten Neuseeländer Kaninchen zeigen, dass es bei einem entsprechend gewählten Fixateursystem und daraus resultierender wenig rigider biomechanischer Situation durch die Stimulation mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall zu einer vermehrten Knorpelbildung und zu einer biomechanisch unterlegenen Kallusbildung im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle kommt.

Resümee bisheriger Ergebnisse

Zusammenfassend lassen die bisherigen experimentellen Studien erkennen, dass es auch zukünftig notwendig sein wird, die Mechanismen der Knochenneubildung unter dem Einfluss von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall weiter zu erforschen, um die klinische Anwendung des Verfahrens in Zukunft noch effektiver gestalten zu können. Aus diesem Grund wird der Forschung auf dem Gebiet der Mechanotransduktion an den an der Knochenregeneration beteiligten Zellpopulationen weiterhin eine wesentliche Bedeutung zukommen.

Diskussion

Unter Berücksichtigung der eigenen positiven Erfahrungen mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall und der berichteten Ergebnisse in der wissenschaftlichen Literatur halten wir die vorgestellte Therapieform für eine viel versprechende Alternative bzw. für ein sinnvolles Adjuvans zur Behandlung von Frakturheilungsstörungen und zur Verkürzung der Regeneratreifung bei der Kallusdistraktion.

Es bleibt zu hoffen, dass künftig der Stellenwert der Therapie mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall auch auf breiter Basis erkannt wird. Derzeit besteht bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Regelfall eine ablehnende Haltung im Hinblick auf die Übernahme der Therapiekosten. Durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen wurde mit Wirkung vom 22.3.2000 beschlossen, die Therapie mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall in die Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß §135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) als Methode aufzunehmen, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Anlage B der BUB-Richtlinien in der Fassung vom 10.12.1999). Begründet wurde die Vorgehensweise des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zum damaligen Zeitpunkt mit der Auffassung, dass keine ausreichenden, wissenschaftlich belegten Erkenntnisse über die medizinische Wirksamkeit und den Nutzen der Methode vorliegen würden. Die Ergebnisse der beiden prospektiven, doppelblinden Studien [6, 11], welche die stimulativen Eigenschaften von niedrigdosiertem, gepulstem Ultraschall bei der Knochenbruchheilung und der Therapie von Pseudarthrosen am Menschen belegen konnten und die in den Vereinigten Staaten von Amerika zur Zulassung des Verfahrens durch die FDA führten, wurden dabei nicht als hinreichend beweiskräftig erachtet oder nicht zur Kenntnis genommen.

Um den Forderungen der gesetzlichen Krankenkassen in Bezug auf die zukünftige Übernahme der Therapiekosten mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall gerecht zu werden, wird derzeit in Deutschland eine randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Multizenterstudie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall bei verzögerter Frakturheilung am Unterschenkel durchgeführt. Eingeschlossen in die Studie werden volljährige Patienten mit einer verzögerten Frakturheilung der Tibia im mittleren oder distalen Schaftdrittel, die mit Marknagel oder Plattenosteosynthese versorgt wurden und mindestens 4 Monate nach der Fraktur bzw. dem letzten chirurgischen Eingriff keine komplette Durchbauung der Frakturzone, eine verminderte Kallusbildung bzw. typische Zeichen einer hypertrophen, athrophen oder hypothrophen Pseudarthrose aufweisen. Für Patienten, welche die geschilderten Einschlusskriterien erfüllen, besteht zurzeit noch die Möglichkeit zur Teilnahme an dieser Studie.

Die Frage nach der Notwendigkeit einer solchen klinischen Doppelblindstudie bleibt aber nicht unumstritten, gerade dann, wenn experimentelle Befunde deutliche Unterschiede zwischen der Behandlungs- und der Kontrollgruppe erkennen lassen.

Bei der Kallusdistraktion ist die Durchführung einer Doppelblindstudie mit 2 vergleichbaren Gruppen (randomisiert und prospektiv) selbst im Rahmen von Multizenterstudien nahezu unmöglich, da durch die eingeschränkte Fallzahl, die unterschiedlichen Verletzungsmuster, die differierenden Ausgangsbefunde und das unterschiedliche Alter der behandelten Patienten nur schwer direkt vergleichbare Ergebnisse zu erwarten sind.

Hinweise für die Praxis

Zusammenfassend halten wir unter Berücksichtigung der eigenen positiven Erfahrungen mit niederenergetischem, gepulstem Ultraschall und der berichteten Ergebnisse in der wissenschaftlichen Literatur die vorgestellte Therapieform für eine mögliche, viel versprechende Alternative bzw. für ein sinnvolles Adjuvans zur Behandlung von Frakturheilungsstörungen und zur Verkürzung der Regeneratreifung bei der Kallusdistraktion.

Bei der breiten oder generellen Anwendung erscheint trotz der positiven Einschätzung zur Wirksamkeit des Verfahrens aber Skepsis geboten, weil ökonomische Aspekte bei der Therapieplanung ebenso in Betracht gezogen werden müssen, wie die mögliche Belastung des behandelten Patienten. Im Fall einer unzureichenden Wirksamkeit kann es sonst zu Verzögerungen bei der Einleitung einer notwendigen operativen Behandlung und zu Schwierigkeiten bei der Steuerung des Heilverfahrens kommen. Eine fortwährende Überprüfung des Behandlungsverlaufs und der Indikation ist daher in jedem Fall unverzichtbar. Außerdem muss vor der Empfehlung zum Einsatz von niederenergetischem, gepulstem Ultraschall eine überschlagsmäßige Kosten-Nutzen-Analyse erfolgen [13]. Im Fall von frischen, unkomplizierten Frakturen halten wir den Einsatz des Verfahrens trotz nachgewiesener Verkürzung der Heilungszeit [6, 11] im Regelfall für nicht gerechtfertigt, da bei knapper werdenden Ressourcen der Kostenträger im Gesundheitswesen ökonomische Gesichtspunkte dagegen sprechen.