1 Einleitung

Schneckengetriebe haben eine Vielzahl an Anwendungsbereichen. Sie werden in Stellantrieben, in der Fördertechnik, in Aufzügen, in Lenkgetrieben für Fahrzeuge und weiteren Bereichen eingesetzt. Schneckengetriebe ermöglichen bei geringem Bauraum hohe Übersetzungen und sind im Betrieb geräusch- und schwingungsarm. Hierbei ist üblicherweise die Schnecke aus Stahl und das Schneckenrad aus einer Bronzelegierung oder Gusseisen gefertigt. In Abb. 1 ist eine typische Schneckenverzahnung dargestellt. Abhängig vom Steigungswinkel können Schneckengetriebe selbsthemmend und somit als zusätzliche Sicherung bei Antriebsausfall ausgeführt werden.

Abb. 1
figure 1

Schneckenverzahnung

Aufgrund von Reibung im Zahnkontakt geht der Betrieb von Getrieben mit Verlustleistung einher, welche zu einer Erwärmung der Verzahnung, des Schmierstoffs und der im Getriebe enthaltenen Komponenten führt. Die primär im Zahnkontakt entstehende Wärme wird hauptsächlich an die Verzahnungspartner abgegeben, welche diese wiederum an den Schmierstoff oder über die Lager an das Getriebegehäuse abgeben. Dies gibt die Wärme an die Umgebung ab. Bei stationärem Betrieb entsteht ein thermischer Beharrungszustand der Komponenten, welcher auf dem thermischen Gleichgewicht der unterschiedlichen Wärmeströme beruht. In Abb. 2 ist die Temperaturverteilung eines Schneckengetriebes mittels einer Infrarotaufnahme dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Infrarot-Aufnahme Schneckengetriebe [14]

Aufgrund des signifikanten Einflusses der vorliegenden Temperatur auf den Schmierfilm im Zahnkontakt ist die Kenntniss der tatsächlich im Betrieb auftretenden Temperaturen von großer Bedeutung.

Im Rahmen dieser Veröffentlichung wurden experimentelle Versuche durchgeführt und anschließend ausgewertet. Das Ziel der im Folgenden dokumentierten Untersuchungen an tauchgeschmierten Schneckengetrieben ist die Evaluation des Wärmestroms aus dem Zahnkontakt auf Basis der Komponententemperaturen. Weiter erfolgt die Evaluation des aktuell bei Schneckengetrieben verwendeten Ansatzes zur Aufteilung des Wärmestroms auf die Verzahnungspartner anhand eines entwickelten einfachen Wärmeleitmodels.

2 Stand der Technik

Relativbewegungen zwischen Bauteilen sind im Allgemeinen reibungsbehaftet. So treten diese auch an Getriebekomponenten wie Dichtungen, Lagern, Verzahnungen oder im Schmierstoff auf. Die Reibung in den Getriebekomponenten erzeugt Verlustleistung, welche zu einer Erwärmung des Getriebes führt. Die unterschiedliche Erwärmung der Getriebekomponenten führt zu Wärmeströmen innerhalb des Getriebes. Diese beeinflussen sich gegenseitig und bei stationären Bedingungen resultiert nach gewisser Zeit ein thermisches Gleichgewicht und damit ein thermischer Beharungszustand mit konstanten Temperaturen.

Aufgrund des dominanten Einflusses der Temperatur auf Viskosität und Additivwirkung des Schmierstoffs, beeinflusst die Betriebstemperatur sowohl Tragfähigkeit als auch Wirkungsgrad von Schneckenkengetrieben. Somit stellt die Kenntniss des thermischen Betriebsverhaltens eine wichtige Basis dar, um präzise Aussagen zur Tragfähigkeit und zum Wirkungsgrad treffen zu können. Für eine präzise Berechnung der Wärmeströme und der resultierenden Temperaturen müssen die Verlust- und Kühlleistungen möglichst genau beziffert werden. Niemann und Winter [15] stellen hierfür Gleichungen zur Ermittlung von Wärmedurchgangszahlen bei verschiedenen Gehäusetypen und Betriebsbedingungen vor. Funck [7] untersucht umfassend die Wärmeabführung von Getrieben unter quasi-stationären Bedingungen. Durch Versuche an unterschiedlichen Getrieben unter variierenden äußeren Einflüssen bestimmt Funck Kenngrößen, die die Grundlage der thermischen Tragfähigkeitsberechnung für Getriebe nach der ISO/TR 14179‑2 [9] darstellen. Mit der ISO/TR 14179‑1 [8] können analog zu [9] Verlustleistungen bei verschiedenen Getriebearten, Lagern und Dichtungen bestimmt werden. Anhand einem analytischen Wärmebilanzmodell sind Rückschlüsse auf die übertragbare thermische Leistung möglich.

Über analytische Berechnungsgleichungen hinaus, können spezialisierte Berechnungsprogramme zur Temperaturberechnung verwendet werden. Ein Beispiel hierfür ist das Berechnungsprogramm WTplus [18]. Programme wie dieses berechnen üblicherweise die auftretenden Wärmestöme auf Basis der Thermalnetzwerkmethode. Diese wiederum geht auf Funck [7] zurück.

Changenet et al. [2] bilden ein Sechsgang-Schaltgetriebe unter Verwendung eines thermisches Netzwerkes ab und berechnen unter Verwendung dieses Ansatzes mit guter Übereinstimmung Massentemperaturen der Zahnräder bei isothermer Ölsumpftemperatur. Liu et al. [12] bilden ein thermisches Netzwerk eines Zweigang-Automatikgetriebes und erhalten mit diesem die Massentemperaturen von ausgewählten Schlüsselelementen. Die Verwendung der Thermalnetzwerkmethode als höherwertiges Berechnungsmodel erlaubt somit eine effiziente Simulation der Temperaturverteilung und Wärmeströme im Getriebe. Die Bildung eines thermischen Netzwerks setzt die Kenntnis über die physikalischen Wirkprinzipien Konvektion, Wärmeleitung und Strahlung voraus. Die Qualität der Ergebnisse und damit die Übereinstimmung mit dem realen System wird maßgeblich durch den Abstraktionsgrad und die getroffenen Vereinfachungen und Randbedingungen beeinflusst. Schwierigkeiten der Berechnung ergeben sich aufgrund sensitiver Einflussfaktoren wie dem Strömungszustand, der Geometrie und der Komplexität bei hohem Detailgrad. Moderne Berechnungsprogramme, wie WTplus [18] unterrstützen hierbei die Modellierung durch eine möglichst detaillierte Abbildung des thermischen Netzwerks durch die Kombination passender Modelle einzelner Wärmeübergänge.

Es besteht weiter die Möglichkeit die Finite Elemente Methode (FEM) anzuwenden. Abb. 3 zeigt beispielhaft eine mittels FEM berechnete Temperaturverteilung für einen im Rahmen der Versuche durchgeführten Versuchpunkt. Anhand einer FEM-Simulation bestimmen beispielsweise Fernandes et al. [6] Flanken- und Massentemperaturen eines Kunststoffzahnrades. Weiter ist es möglich mittels Computational Fluid Dynamics (CFD) Simulation den Wärmeaustausch zu berechnen. Dies ist zum aktuellen Zeitpunkt Stand der Forschung.

Abb. 3
figure 3

Temperaturverteilung Schneckengetriebegehäuse mittels FEM

Die im Betrieb auftretenden Temperaturen bei Schneckengetrieben können nach DIN 3996 [4], bzw. ISO/TS 14521 [10] auf analytischem Weg berechnet werden. Hiermit können die Ölsumpf- sowie Radmassentemperatur auf Basis der Geometrie und Verlustleistung berechnet werden. Die Berechnungen unterliegen Einschränkungen, welche auf dem empirischen Charakter der Gleichungen beruhen. Die Berechnungssystematik sowie die Gleichungen sind in Abschn. 2.2 dargestellt.

Darüber hinaus wurden in der jüngsten Vergangenheit verschiedene Berechnungsmodelle zur Temperaturberechnung bei Schneckengetrieben entwickelt, welche im Folgenden dokumentiert sind. Die Modelle basieren weitestgehend auf Versuchen, welche im Rahmen von Forschungsprojekten der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e. V. (FVA) durchgeführt wurden.

Dinter [5] führt Versuche an einem tauchgeschmierten Schneckengetriebe mit Achsabstand \(a=\) 100 mm durch und misst die Radmassen- und Schneckenmassentemperaturen im Betrieb. Die Differenz zwischen Ölsumpftemperatur und der jeweiligen Massentemperatur wird als Massenübertemperatur definiert. Die Ergebnisse zeigen einen linearen Zusammenhang zwischen Massenübertemperatur und Verzahnungsverlustleistung. Mit einer Steigerung der Antriebsdrehzahl treten bei [5] niedrigere Radmassenübertemperaturen auf, die im Allgemeinen über den Schneckenmassenübertemperaturen liegen.

Monz [14] beschreibt das thermische Verhalten fettgeschmierter Schneckengetriebe und analysiert die Wärmeströme des Getriebes anhand eines thermischen Widerstandsmodells. Durch die Reduzierung auf ein eindimensionales Problem stellt er, einen vereinfachten Berechnungsansatz für die Radmassentemperatur bei quasi-stationären Bedingungen für fettgeschmierte Schneckengetriebe vor. Das Modell wird von Reitinger im Forschungsvorhaben FVA 522 II [21] weiterentwickelt.

Magyar [13] berechnet mit dem Modell von Reißmann et al. [20] die Oberflächentemperaturen von Schnecke und Schneckenrad und daraus folgend die Temperaturverteilung des Schmierstoffs im Schmierspalt. Im Forschungsvorhaben FVA 729 I [17] wird ein thermisches Netzwerk eines Schneckengetriebes aufgebaut. Dabei wird ebenfalls die Verzahnungsverlustleistung nach [20] auf beide Kontaktpartner aufgeteilt.

Oehler [16] entwickelt die in FVA 729 I vorgestellte instationäre Temperatur- und Verlustleistungsberechnung für tauchgeschmierte Schneckengetriebe weiter. Hierzu wird das Getriebe in ein thermisches Netzwerk mit 23 Knotenpunkten zerlegt.

Änhlich diesem Ansatz erweitert Paschold das Berechnungsprogramm WTplus um die Berechnung instationärer Temperaturen bei Schneckengetrieben. Paschold et al. [18] stellen im Forschungsvorhaben FVA 69 VII im Rahmen der Weiterentwicklung einen voll automatisierten Ansatz zur Berechnung des Wirkungsgrades und Wärmehaushalts von Schneckengetrieben vor.

Die vorgestellten Berechnungen der Wärmeströme mit der Thermalnetzwerkmethode fußen auf Wärmeleitmodellen der einzelnen Wärmeübergänge. Das breit angewendete Modell von Reißmann et al. [20], welches auf der Blitztemperaturhypothese von Blok [1] basiert, stellt hierbei die Grundlage der Wärmeabfuhr aus dem Zahnkontakt dar. Dieses wurde für Schneckengetriebe unter theoretischen Betrachtungen von Stirnradverzahnungen abgeleitet. Die komplexen Eingriffsverhältnisse von Schneckengetrieben sowie die unterschiedlichen Verzahnungswerkstoffe beeinflussen die Wärmeübertragung.

Auf Basis der im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung vorgestellten Versuchsergebnisse wird die Anwendbarkeit des Wärmeleitmodells geprüft.

2.1 Verlustleistungsberechnung von Schneckengetrieben

Die Verluste der Getriebekomponenten stellen im Rahmen der thermischen Betrachtung Wärmequellen dar. Die Verlustleistung von Schneckengetrieben kann nach DIN 3996 [4] mittels der Gl. 1 berechnet werden. Es werden Verzahnungs- PVZ, Lager- PVL, Dichtungsverluste PVD und Verluste weiterer Getriebkomponenten PVX berücksichtigt.

$$P_{V}=P_{\textit{VZP}}+P_{VZ0}+P_{\textit{VLP}}+P_{\textit{VLO}}+P_{VD}+P_{VX}$$
(1)

Dabei werden, wie in Abb. 4 zu erkennen ist, lastabhängige und lastunabhängige Verluste unterschieden. Die Verlustleistung wird in Form von Wärmeenergie aus dem Gehäuse transportiert.

Abb. 4
figure 4

Sankey-Leistungsfluss im Getriebe nach [19]

Aufgrund der Reibung im Zahnkontakt tritt eine lastabhängige Verzahnungsverlustleistung PVZP auf. Die Berechnung dieser erfolgt nach DIN 3996 [4] sowie im von Oehler [17] entwickelten Ansatz maßgeblich anhand der mittleren Zahnreibungszahl. Die lastunabhängigen Verzahnungsverluste PVZ0 treten unter anderem durch Planschverluste im Ölsumpf auf. Für diese Einzelverluste wird in der aktuellen Norm auf den den Ansatz von Changenet und Pasquier [3] verwiesen. Nach Paschold [19] ist dies die derzeit genaueste Methode lastunabhängige Verzahnungsverluste zu berechnen.

Zur Bestimmung der lastabhängigen und lastunabhängigen Lagerverluste PVLP und PVL0 sowie der Dichtungsverluste PVD wird in der DIN 3996 [4] auf die Berechnungsverfahren der Hersteller verwiesen. Lagerverluste können beispielsweise mit dem SKF Verfahren zur Berechnung des Reibungsmoments bestimmt werden. Die Dichtungsverluste eines Radialwellendichtrings werden anhand der Reibleistung auf dem Wellenabsatz berechnet. Diese können beispielsweise nach [9, 10, 22] und Weiteren berechnet oder experimentell ermittelt werden.

2.2 Temperaturberechnung nach DIN 3996

Nach DIN 3996 [4] und ISO/TR 14521 [10] ist die Ölsumpftemperatur bei stationärem Betrieb abhängig von dem Betriebspunkt, der Gehäusegeometrie und Baugröße sowie vom Schmierstoff. Ist die Wärmedurchgangszahl des Getriebes nicht bekannt, so kann die Ölsumpftemperatur mit der Methode C nach den Gln. 25 berechnet werden. Die Gültigkeit dieser ist beschränkt auf Achsabstände von \(a=\) 63 mm bis \(a=\) 400 mm, Drehzahlen der Schneckenwelle von \(n_{1}=\) 60 min−1 bis \(n_{1}=\) 3000 min−1, Übersetzungen von \(i=\) 10 bis \(i=\) 40 und gut verrippte Gehäuse aus Gusseisen. Die Ölsumpftemperatur ϑs berechnet sich nach Gl. 2 als Übertemperatur aufbauend auf die Umgebungstemperatur ϑ0.

$$\vartheta _{S}=\vartheta _{0}+\left(c_{1}\cdot \frac{T_{2}}{\left(\frac{a}{63}\right)^{3}}+c_{0}\right)\cdot c_{2}$$
(2)

Die Beiwerte c0,1,2 wurden basierend auf Versuchsergebnissen empirisch entwickelt. Die Beiwerte c0, c1 berücksichtigen Gehäuse mit und ohne Lüfter, sowie die Antriebsdrehzahl der Schneckenwelle n1, die kinematische Viskosität des Schmierstoffs υ40, den Achsabstand a und die Übersetzung i des Radsatzes.

$$c_{0}=f\left(n_{1}{,}\nu _{40}{,}a{,}\text{L{\"u}fter}\right)$$
(3)
$$c_{1}=f\left(n_{1}{,}\nu _{40}{,}u{,}a{,}\text{L{\"u}fter}\right)$$
(4)

Der Beiwert c2 wird anhand der Schmierstoffart, der Antriebsdrehzahl der Schneckenwelle n1 und der Übersetzung i des Radsatzes bestimmt.

$$c_{2}=f\left(n_{1}{,}u{,}\text{Schmierstoffart}\right)$$
(5)

Zum aktuellen Zeitpunkt erfolgt im Normungsausschuss Schneckengetriebe der DIN die Entwicklung eines neuen Berechnungsansatzes nach Methode B. Hierbei wird die Verlustleistung PV, die Umgebungstemperatur ϑ0, die mittlere Wärmedurchgangszahl \(k^{*}\) und die Gehäuseoberfläche Ages berücksichtigt. Der neue Ansatz enthält neben Berechnungsmöglichkeiten der Beharrungstemperaturen auch mittlere und maximale Ölsumpftemperaturen bei einfachen Ein‑/Aus-Zyklen.

Mit der Kenntnis über die Ölsumpftemperatur ist es nach DIN 3996 [4] Methode C möglich, die Radmassentemperatur ϑM zu bestimmen. Hierbei berechnet sich die Radmassentemperatur aus der Ölsumpftemperatur und einer Übertemperatur, welche sich im thermischen Gleichgewicht bei stationärem Betrieb einstellt.

$$\vartheta _{M}=\vartheta _{S}+\Updelta \vartheta$$
(6)

Die Übertemperatur des Schneckenradzahnes über der Ölsumpftemperatur ∆ϑ resultiert aus dem Wärmestrom des Getriebes und ist dabei abhängig von der lastabhängigen Verzahnungsverlustleistung PVZP, der maßgeblichen Kühlfläche des Rades AR und dem Wärmeübergangskoeffizienten αL.

$$\Updelta \vartheta =\frac{1}{\alpha _{L}\cdot A_{R}}\cdot P_{\textit{VZP}}$$
(7)

Die Kühlfläche des Rades AR wird mit der Radkranzbreite des Schneckenrades b2R und dem Mittenkreisdurchmesser des Schneckenrades dm2 berechnet:

$$A_{R}=b_{2R}\cdot d_{m2}\cdot 10^{-6}$$
(8)

Der Wärmeübergangskoeffizient in Gl. 9 ist abhängig von der Antriebsdrehzahl der Schneckenewelle n1 und dem Beiwert cK, der wiederum durch ein im Ölsumpf eintauchendes oder nicht eintauchendes Schneckenrad beeinflusst wird.

$$\begin{array}{cc} \alpha _{L}=c_{K}\cdot \left(1940+15\cdot n_{1}\right) & \text{f{\"u}r}\,n_{1}\geq 150\,\min -1\\ \alpha _{L}=c_{K}\cdot 4190 & \text{f{\"u}r}\,n_{1}< 150\,\min -1 \end{array}$$
(9)

Mit dem Beiwert \(c_{k}=1\) für tauchendes Schneckenrad und \(c_{k}=0{,}8\) für nicht tauchendes Schneckenrad.

Die Gleichungen nach DIN 3996 basieren auf experimentellen Untersuchungen. Die Berechnungen bilden daher das thermische Verhalten von Schneckengetrieben um so besser ab, je geometrisch ähnlicher das zu berechnende Getriebe den getesteten Getrieben ist.

Für die Analyse des Wärmetransports wurden die Versuche mit Schneckengetrieben im Achsabstand a = 50 mm durchgeführt. Die Versuchsergebnisse können so zur Erweiterung der Versuchsbasis der Normberechnung verwendet werden.

3 Versuchsaufbau

Für die Versuche wurde ein hydrostatisch verspannter Prüfstand verwendet. Dieser ist schematisch in Abb. 5 dargestellt.

Abb. 5
figure 5

Vereinfachter Prüfstandsaufbau

Der Prüfstand besteht aus einem Elektromotor, zwei Kegelradgetrieben, dem Prüfgetriebe und dem Rückübersetzungsgetriebe. Beide Kegelradgetriebe sind mit einer Übersetzung von i = 1 ausgeführt. Das Prüfgetriebe und das Rückübersetzungsgetriebe haben jeweils die gleiche Übersetzung. Die Verspannung erfolgt mittels eines hydrostatischen Verspannmotors. Dieser wird durch ein Hydraulikaggregat mit Öldruck versorgt und verspannt den durch die vier Getriebe gebildeten Verspannkreis mit dem vorgegebenen Drehmoment. Mithilfe des Elektromotors wird der Verspannkreis bei einer definierten Drehzahl betrieben, sodass die Leistung im Verspannkreis zirkuliert. Die Antriebsmaschine muss dabei lediglich die Verlustleistung in das System einbringen.

Während des Versuchslaufs werden kontinuierlich Eingangs- und Ausgangsleistung des Prüfgetriebes mittels Drehzahl-Drehmoment-Messwellen erfasst. Weiter werden die Raum‑, Gehäuse‑, Lager‑, Sumpf- sowie Radmassentemperatur erfasst. Die Massentemperatur der Schnecke wird im Eingriffsbereich in der Drehachse der Schneckenwelle gemessen. Die Radmassentemperatur des Rades wird in der Zahnmitte gemessen.

In Abb. 6 ist der zeitliche Temperaturverlauf der erfassten Radmassen‑, Schneckenmassen‑, Sumpf‑, Gehäuse- und Umgebungstemperatur eines Versuchspunktes dargestellt. Die Streuung der Massentemperaturen durch den Energieeintrag im Zahnkontakt ist deutlich zu erkennen. Vom Versuchsstart bis zu einer Laufzeit von etwa 2 h 10 min steigen die Temperaturen im Getriebe an. Dieser Zeitpunkt ist mit der roten vertikalen Linie gekennzeichnet. In der gezeigten Messung erreicht die Radmassentemperatur einen Wert von im Mittel 82 °C. Die Schwankung nach 2 h 10 min liegt zwischen 75 und 94 °C und es treten nur noch verhältnismäßig geringe Änderungen auf. Deutlich wird dies bei der Betrachtung der Ölsumpftemperatur, welche im Mittel 76 °C annimmt. Diese schwank nur gering zwischen 75 und 77 °C. Gleiche Schwankungsbreiten zeigen ebenfalls Lager‑, Gehäuse und Umgebungstemperaturen. Es liegen folglich annähernd stationäre Betriebsbedingungen vor. Die Radmassentemperatur ϑM,Rad weist stets die höchste Temperatur auf, gefolgt von der Schneckenmassentemperatur ϑM,Schnecke, die in etwa der Ölsumpftemperatur ϑS entspricht. Die Gehäusetemperatur ϑGeh folgt dem Verlauf der Ölsumpf- und der beiden Massentemperaturen und liegt für den dargestellten Versuchspunkt etwa 15 K unter der Sumpftemperatur. Die Umgebungstemperatur ϑ0 ist über die Betriebsdauer konstant.

Abb. 6
figure 6

Temperaturverlauf bis zum stationären Betrieb

Nach einer Betriebsdauer von 2 h und 10 min werden für 30 min die relevanten Messgrößen am Getriebe erfasst und gemittelt ausgewertet. Danach erfolgt direkt im Anschluss der lastfreie Betrieb des Getriebes. Die dabei erfasste Antriebsleistung entspricht der Leerlaufverlustleistung PV0 des Getriebes.

Für die gemessenen Temperaturen beträgt die erweiterte Messunsicherheit für ein Konfidenzniveau von 95 % nach GUM [11] 3,4 K. Hinsichtlich der zu erwartenden Messunsicherheit ist jedoch zu beachten, dass vor Versuchsbeginn eine Kalibrierung der Sensoren durchgeführt wurde. Die relativen Abweichungen der verwendenten Sensoren liegen hierbei unter 1 K, sodass die rechnerische Messunsicherheit für die Absolutwerte anzuwenden ist, der relative Vergleich der Temperaturen ist jeodch mit einer Unsicherheit kleiner 1 K zu quantifizieren.

4 Versuchsprogramm

In den Experimenten wurden Schmierstoffe unterschiedlicher Viskosität, Zusammensetzung und Grundölart verwendet. Hierbei entstammen die Öle auf Polyglykolbasis PG1, PG2, PG3 und PG5 einer Produktfamilie. Der Unterschied dieser Öle besteht in der Viskosität. Gleiches gilt für die verwendeten Schmierstoffe auf Mineralölbasis MO 1, MO 2 und MO 3. Zusätzlich wurde das Polyglykolöl PG 4 verwendet, welches der gleichen Viskositätsklasse des Öls PG 3 entspricht, jedoch in seiner Zusammensetzung abweicht. Die Schmierstoffe sind in Tab. 1 mit ihrer jeweiligen Viskositätsklasse dargestellt. Die Versuche wurden bei Tauchschmierung durchgeführt. Als Ölstand wurde der Kopfkreis der untenliegenden Schnecke definiert, sodass die gesamte Schnecke im Öl liegt. Bei jedem Ölwechsel wurde des Prüfgetriebe demontiert und gereinigt, sodass eine Beeinflussung der Versuchsergebnisse durch Ölrückstände der vorhergehenden Versuche vermieden wird.

Tab. 1 Versuchsschmierstoffe

Bei allen Versuchen kommen einsatzgehärtete und geschliffene Schnecken aus 16MnCr5 zum Einsatz. Für die Schneckenräder wird behandelte Stranggussbronze CuSn12Ni2-C-GC verwendet. Die grundlegenden Geometriedaten der Radsätze sind in Tab. 2 dokumentiert.

Tab. 2 Verwendete Radsätze

Die Prüfverzahnungen werden unter Variation von Antriebsdrehzahl n1 und Abtriebsmoment T2 getestet. Die Abtriebsmomente wurden so gewählt, dass für beide Verzahnungsvarianten gleiche mittlere Hertz’sche Pressungen pHm vorliegen.

Für beide Verzahnungen wurden drei Pressungen (low, medium, high) verwendet. Mit den gewählten Pressungen wird das üblicherweise zulässige Lastspektrum von Praxisverzahnungen abgebildet. Die untersuchten Betriebspunkte sind in Tab. 3 eingetragen.

Tab. 3 Prüfmatrix

5 Versuchsergebnisse

Nachfolgend werden die Ergebnisse zu Radmassen‑, Schneckenmassen- und Ölsumpftemperatur vorgestellt.

Die Betriebsparameter (Antriebsdrehzahl n1, Abtriebsmoment T2) beeinflussen den im Betriebspunkt vorliegenden Wirkungsgrad und damit die im Betrieb auftretende Verlustleistung. Die Verlustleistung beeinflusst die im Getriebe auftretenden Temperaturen. Für einen Vergleich der Wärmeleitung erfolgt die Auswertung der Getriebetemperaturen daher über die im Betrieb gemessene Verlustleistung.

5.1 Ölsumpfübertemperatur

Die Messergebnisse der Ölsumpfübertemperaturen nach DIN 3996 [4] über der Umgebungstemperatur sind in Abb. 7 zusammen mit den nach DIN 3996 [4] Methode C berechneten Werten über die Gesamtverlustleistung aufgetragen. Es werden bei beiden Radsätzen alle Lastfälle und Schmierstoffe berücksichtigt.

Abb. 7
figure 7

Gemessene Ölsumpfübertemperaturen

Anhand der Ausgleichsgeraden der Messwerte kann eine lineare Abhängigkeit der Ölsumpfübertemperatur von der Gesamtverlustleistung bei beiden Übersetzungen festgestellt werden. Die Verläufe der ausmittelnden Geraden der Messwerte bei beiden Radsätzen ist nahezu identisch. Daraus folgt, dass bei gleicher Verlustleistung gleiche Ölsumpftemperaturen bei der Übersetzung i = 15 und i = 39 auftreten. Somit ist die aus dem Getriebe abgeführte Wärmeleistung identisch. Daraus kann gefolgert werden, dass der Einfluss der untersuchten Übersetzungen auf den Wärmetransport aus dem Getriebe als vernachlässigbar angesehen werden kann.

Die Berechnungsgleichungen der DIN 3996 [4] sind für die im Rahmen der experimentellen Untersuchungen verwendeten Baugröße nicht abgesichert. Anhand der Ausgleichsgeraden wird deutlich, dass die berechneten Werte im Allgemeinen größer ausfallen, als die gemessenen Temperaturen. Die zu hoch berechneten Temperaturen deuten auf eine rechnerische Unterschätzung des Wärmetransports nach DIN 3996 bei kleinen Baugrößen hin.

In Abb. 8 sind die Messwerte der Ölsumpfübertemperatur der verschiedenen Schmierstoffe nach den Viskositätsklassen der DIN ISO 3448 dargestellt. Die Steigungen der gemittelten Ausgleichsgeraden sind für die Werte der verschiedenen Viskositätsklassen nahezu identisch. Die Geraden der Übersetzung \(i=\) 39 verlaufen fast deckungsgleich. Die Ausgleichsgeraden bei der Übersetzung \(i=\) 15 weisen eine vertikale Verschiebung von maximal 3,9 K auf. Hierbei ist jedoch keine eindeutige Systematik hinsichtlich der Schmierstoffviskosität erkennbar. Aus dem Vergleich der Ausgleichsgeraden und der Schwankung der Messpunkte kann eine gute Übereinstimmung der Geraden aller Ölviskositäten abgeleitet werden. Für beide Radsätze wird hier daher der Einfluss der Grundölart, Viskosität oder der unterschiedlichen Additive auf die Entwicklung der Ölsumpfübertemperature als vernachlässigbar gering eingeschätzt.

Abb. 8
figure 8

Gemessene Ölsumpfübertemperaturen verschiedener Viskositätsklassen

Ausgehend von der gemessenen Umgebungstemperatur ϑ0 und Ölsumpftemperatur ϑS kann die Ölsumpfübertemperatur berechnet werden. Damit ist nach Gl. 10 die Wärmedurchgangszahl \(k^{*}\) unter Verwendung Gehäusefläche Ages und der Verlustleistung PV bestimmbar.

$$\vartheta _{S}-\vartheta _{0}=\frac{P_{V}}{k^{*}\cdot A_{\mathrm{ges}}}$$
(10)

Nachfolgend sind die aus den gemessenen Temperaturen berechneten Wärmedurchgangszahlen dargestellt. Die Darstellung ist um die mittes DIN 3996 berechneten Wärmedurchgangszahlen ergänzt. Für die Berechnung wurde die gemessene Gesamtverlustleistung sowie die nach Norm berechnete Sumpftemperatur verwendet.

5.2 Wärmedurchgangszahlen

Die aus den Messwerten bestimmten und die mit der Ölsumpfübertemperatur nach Norm ermittelten Wärmedurchgangszahlen der untersuchten Betriebspunkte sind in Abb. 9 für beide Radsätze über die Antriebsdrehzahl eingetragen. Es sind die Mittelwerte bei der jeweiligen Antriebsdrehzahl mit der zugehörigen Standardabweichung angegeben.

Abb. 9
figure 9

Wärmedurchgangszahlen

Die Wärmedurchgangszahlen steigen für die durchgeführten Versuche mit der Drehzahl an. Wie vermutet, liegen die Wärmedurchgangszahlen des verwendeten Prüfgetriebes für die untersuchten Betriebspunkte stets über den berechneten Werten bei Berücksichtigung der rechnerischen Normtemperatur. Dies zeigt, dass der Wärmedurchgang durch das Getriebe mittels der Näherunggleichungen nach Methode C der DIN 3996 unterschätzt wird. Jedoch liegen die Werte im nach DIN 3996 angegebenen üblichen Bereich zwischen 5 und 50 W / (K m2). Die Messwerte zeigen einen Verlauf, welcher mit zunehmender Antriebsdrehzahl gegen einen Grenzwert zu streben scheint. Für niedrige Drehzahlen liegen die Wärmedurchgangszahlen für die Temperaturwerte nach Normrechnung etwa 5 W / (K m2) unter denen der Messwerte. Mit Zunahme der Antriebsdrehzahl gleichen sich die Verläufe bei beiden Übersetzungen an.

Für die niedrigere Übersetzung liegen die berechneteten Wärmedurchgangszahlen über den Werten der höheren Übersetzung, siehe Abb. 9. Mit Zunahme der Antriebsdrehzahl nimmt der Unterschied ab. In Anbetracht der Streuung um die jeweiligen Mittelwerte wird der Einfluss der Übersetzung auf den Wärmedurchgang jedoch als gering eingeschätzt.

5.3 Radmassenübertemperatur

In Abb. 10 sind die gemessenen Radmassenübertemperaturen über der Schmierstofftemperatur eingetragen. Auf der horizontalen Achse ist die Vezahnungsverlustleistung PVZ angetragen. Diese wurde unter Verwendung der gemessenen Leerlaufverlustleistung PV0 durch Rückrechnung aus den separat ermittelten Einzelverlusten von Lager und Dichtungen bestimmt.

Abb. 10
figure 10

Radmassenübertemperatur bei verschiedenen Übersetzungen, Antriebsdrehzahlen und Schmierstoffen

Für beide untersuchten Übersetzungen kann hier ein funktionaler Zusammenhang der Radmassenübertemperatur von der Verzahnungsverlustleistung PVZ festgestellt werden. Anhand der Ausgleichsgeraden der Versuche unterschiedlicher Drehzahlen wird ebenfalls ein Einfluss der Antriebsdrehzahl n1 deutlich. Mit der Zunahme der Antriebsdrehzahl werden allgemein geringere Übertemperaturen gemessen. Die Temperaturen bei gleicher Antriebsdrehzahl und Übersetzung i = 39 liegen tendenziell über den Temperaturen des Radsatzes mit Übersetzung i = 15. In den beiden Darstellungen sind die Messwerte bei Schmierung mit allen untersuchten Schmierstoffen je Übersetzung berücksichtigt, siehe Prüfmatrix in Tab. 3. Ein Einfluss der unterschiedlichen Viskositäten und Grundölarten auf die Entwicklung Radmassenübertemperatur ist hier nicht erkennbar.

In Abb. 11 sind die mit Gl. 69 nach DIN 3996 [4] berechneten Radmassenübertemperaturen zusammen mit den Ausgleichsgeraden der Messwerte der Versuchspunkte der beiden Radsätze über die Verzahnungsverlustleistung PVZ eingetragen. Die Betriebspunkte mit der niedrigsten Antriebsdrehzahl von \(n_{1}=\) 30 min−1 werden nicht berücksichtigt, da die Radmassentemperatur nahezu der Schmierstofftemperatur entspricht. Für beide Übersetzungen werden bis zu einer Antriebsdrehzahl von \(n_{1}=\) 750 min−1 gegenüber den Versuchswerten höhere Radmassenübertemperaturen nach DIN 3996 Methode C berechnet. Der Vergleich der Gerade zeigt dies deutlich. Bei den höheren Antriebsdrehzahlen stimmen die Werte bei der Übersetzung \(i=\) 15 nahezu mit den Messungen überein. Für den Radsatz mit der Übersetzung \(i=\) 39 und Antriebsdrehzahlen \(n_{1}\geq\) 1500 min−1 liegen die berechneten Werte dagegen unter den aus der Messung ermittelten Werten.

Abb. 11
figure 11

Radmassenübertemperaturen aus den Messwerten und nach DIN 3996

Für niedrige bis mittlere Antriebsdrehzahlen verlaufen die gestrichelten Ausgleichgeraden der berechneten Werte gegenüber den Geraden der Messwerte nahezu parallel. Bei den höheren Drehzahlen treten aufgrund der unterschiedlichen Steigungen mit Zunahme der Verzahnungsverlustleistung größere Abweichungen auf. Grundsätzlich bestätigt sich die Abhängigkeit von der Verzahnungsverlustleistung.

Die Abweichungen können durch die Berechnung der drehzahlabhängigen Wärmeübergangszahl αL mit Gl. 9 bei den höheren Antriebsdrehzahlen erklärt werden. Für das verwendete Prüfgetriebe kleiner Baugröße erscheint daher eine Anpassung und Abgrenzung dieser Berechnungsgleichungen für die höchsten Drehzahlen sinnvoll, um eine treffsichere Tragfähigkeitsberechnung gewährleisten zu können.

5.4 Schneckenmassenübertemperatur

In Abb. 12 sind die Schneckenmassenübertemperaturen über der Schmierstofftemperatur eingetragen. Es werden analog zur Radmassenübertemperatur die Versuchspunkte aller, in der Prüfmatrix aufgeführten, Betriebspunkte berücksichtigt.

Abb. 12
figure 12

Schneckenmassenübertemperatur bei verschiedenen Übersetzungen, Antriebsdrehzahlen und Schmierstoffen

Für den Radsatz mit der niedrigen Übersetzung, siehe linke Darstellung, kann ein funktionaler Zusammenhang von der Verzahnungsverlustleistung und der Antriebsdrehzahl festgestellt werden. Bei den Versuchen mit der höheren Übersetzung weisen die Schneckenmassenübertemperaturen eine große Streuung auf, sodass hier kein funktionaler Zusammenhang festgestellt werden kann.

Ein Grund für diesen Unterschied kann die Lage der Messstellen darstellen. Bei den Messungen mit Übersetzung \(i=\) 39 wird die Temperatur direkt unter der Mitte des Eingriffsgebiets erfasst. Bei der kleineren Übersetzung \(i=\) 15 liegt die Temperaturmessstelle am Rande des Zahneingriffs, bzw. den an die Verzahnung anschließenden Wellenabschnitt. Das in axialer Schneckenrichtung vorliegende Temperaturgefälle führt ausgehend von der größten Temperatur im Eingriffsgebiet mit steigendem axilen Abstand zu niedrigeren Temperaturen. Das Temperaturprofil wiederum ist abhängig von der Antriebsdrehzahl n1. In diesem Temperaturprofil wird die Verlustwärme aus dem Zahnkontakt vor allem bei kleinen Antriebsdrehzahlen primär im Verzahnungsbereich an den Schmierstoff abgegeben. Der Schmierstoff wird wiederum durch die bei kleinen Antriebsdrehzahlen anteilig an der Gesamtverlustleistung größeren Lager- und Dichtungsverluste zusätzlich beheizt. Die Wärmeleitung durch die Schneckenwelle an die Anbauteile des Getriebes führt zusätzlich Energie ab, sodass die Schneckenwelle in den Randbereichen niedrigere Temperaturen als der Schmierstoff aufweist und dort wiederum Wärmeengergie vom Ölsumpf an die Schneckenwelle abgegeben wird. Dadurch ergeben sich kleinere Temperaturen an der Messstelle am Rande des Zahneingriffs.

Ein Einfluss der unterschiedlichen Viskositäten und Grundölarten auf die Temperaturentwicklung ist, wie bei der Radmassenübertemperatur, nicht erkennbar. Die Temperatur der Schneckenwelle liegt für beide verwendeten Radsätze im Allgemeinen unter der des Rades. Die Untersuchungen von Dinter et al. [5] zeigen gleich Tendenzen.

Die höheren Radmassentemperaturen deuten daraufhin, dass ein größerer Wärmestrom aus dem Zahnkontakt in Richtung des Schneckenrades fließt als in Richtung der Schneckenwelle. Um dies zu überprüfen, wird nachfolgend die Wärmestromaufteilung anhand eines einfachen thermischen Netzwerks berechnet.

6 Wärmestromaufteilung aus dem Zahnkontakt

Auf Basis der Messergebnisse der Rad- und Schneckenmassentemperatur wird anhand eines einfachen Wärmeleitmodells die Aufteilung der Verlustwärme aus dem Zahnkontakt auf Schneckenrad und Schnecke berechnet. Auf Basis der Berechnung erfolgt im Anschluss die Beurteilung der Anwendbarkeit der Wärmeaufteilung nach Reißmann und Plote [20] auf Schneckenverzahnungen.

In Abb. 13 ist der Zahnkontakt von Schnecke und Schneckenrad im Axialschnitt sowie das im Folgenden verwendete thermische Netzwerk dargestellt. Es wird angenommen, dass die gesamte Verzahnungsverlustleistung PVZ in Form der Wärmeströme \(\dot{Q}_{1}\) auf die Schnecke und \(\dot{Q}_{2}\) auf das Schneckenrad übergeht. Gl. 11 beschreibt diesen Zusammenhang.

$$P_{VZ}=\dot{Q}_{1}+\dot{Q}_{2}$$
(11)

mit

$$\dot{Q}_{1/2}=\frac{\vartheta _{k}-\vartheta _{M{,}1/2}}{R_{th{,}1/2}}$$
(12)
Abb. 13
figure 13

Thermisches Netzwerk

Bei dieser Betrachtung wird die gesamte Wärmeenergie im Eingriffsfeld mit der Eingriffsfeldlänge AE und der Breite b2H erzeugt. Dieser Betrachtung folgend, wird die Wärmeleitung der Schnecke als Wärmeleitung eines an der Mantelfläche beheizten Zylinders modelliert. Von der Mantelfläche aus erfolgt der Wärmetransport radial zur Zylinderachse und von dort aus zu beiden Seiten der Schneckenwelle. Die Berechnung des thermischen Widerstandes verwendet die radiale Wärmeleitung des Zylinders, der durch den Zahnkontakt im Eingriff definiert wird. Als Zylinderlänge wird die Eingriffsstrecke AE verwendet, da nur in diesem Bereich der Verzahnung Wärmeenergie durch den Kontakt von Schnecke und Schneckenrad entsteht. Als Durchmesser des Zylinders wird der Mittenkreisdurchmesser dm1 verwendet. Der thermische Widerstand der Schnecke Rth,1 ist somit nach Gl. 13 definiert.

$$R_{th{,}1}=\frac{\text{ln}\left(\frac{d_{m1}}{2}\right)}{2\cdot \pi \cdot AE\cdot \lambda _{1}\cdot 10^{-3}}$$
(13)

Aufgrund der Temperaturmesstelle im Schneckenrad wird die Wärmeleitung in das Schneckenrad als radiale Wärmeleitung in einem Hohlzylinder modelliert. Entsprechend ergibt sich der thermische Widerstand Rth,2 des Schneckenrades nach Gl. 14. Hierbei ist die Breite des Zylinders durch die Breite des Schneckenrades b2H, der Außendurchmesser des Hohlzylinders durch den Mittenkreisdurchmesser dm2 und der Innendurchmesser durch den Fußkreisdurchmesser df2 definiert.

$$R_{th{,}2}=\frac{\text{ln}\left(\frac{d_{m2}}{d_{f2}}\right)}{2\cdot \pi \cdot b_{2H}\cdot \lambda _{2}\cdot 10^{-3}}$$
(14)

Die Messungen zeigen bei stationären Bedingungen keine nachhaltige Änderung der gemessenen Massentemperatur beim Durchlauf des Messpunktes am Schneckenrad durch den Zahneingriff. Dies kann auf die große thermische Masse des Schneckenrades, sowie die, hinsichtlich Wärmetransport, hoch frequente Drehung der Schnecke zurückgeführt werden. Diese Messergebnisse bestätigen die Zulässigkeit dieser Vereinfachung.

Im Zahnkontakt berühren sich Schneckenzahn und Schneckenradzahn. Da im Kontakt die Verlustenergie entsteht, wird angenommen, dass für Schnecken- und Schneckenradzahn die gleiche Kontakttemperatur ϑK vorliegt. Mit dieser Annahme kann der Anteil des Wärmestroms, der in die Schneckenwelle und in das Schneckenrad fließt, mit Gl. 15 bestimmt werden:

$$\begin{aligned} \frac{\dot{Q}_{1}}{P_{VZ}}=&\,\left(1-\frac{\dot{Q}_{2}}{P_{VZ}}\right)\\ =&\,\frac{P_{VZ}\cdot R_{th{,}2}+\left(\vartheta _{M{,}\mathrm{Rad}}-\vartheta _{M{,}\text{Schnecke}}\right)}{P_{VZ}\cdot \left(R_{th{,}1}+R_{th{,}2}\right)} \end{aligned}$$
(15)

In den vorgestellten Ansätzen zur Berechnung von Getriebetemperaturen mittels thermischer Netzwerke wird üblicherweise der Ansatz von Reißmann und Plote verwendet. Dieser Ansatz wurde für die Berechnung der Wärmeströme bei Strinradverzahnungen entwickelt und für Schneckengetriebe entsprechend adaptiert. Aufgrund der gegenüber Stirnrädern unterschiedlichen Werkstoffpaarung sowie der unterschiedlichen Kinematik und daraus resultierenden Gleitverhältnisse ist der adaptierte Ansatz bislang nicht weitreichend experimentell geprüft.

Hierbei wird die Reibleistung im Zahnkontakt anhand der werkstoffabhängigen Wärmeeindringungskoeffizienten b und der unterschiedlichen tangentialen Geschwindigkeiten der Kontaktpartner im Eingriff vt aufgeteilt.

$$\begin{array}{cc} \frac{\dot{Q}_{1}}{\dot{Q}_{2}}=\sqrt{\frac{v_{t1}\cdot b_{1}}{v_{t2}\cdot b_{2}}} & \begin{array}{c} \mathrm{Mit}\colon \dot{Q}_{1}+\dot{Q}_{2}=P_{\mathrm{VZP}}\\ b_{1{,}2}=\sqrt{\lambda _{1{,}2}\cdot \rho _{1{,}2}\cdot c_{1{,}2}} \end{array} \end{array}$$
(16)

Die tangentialen Geschwindigkeiten der Schneckenverzahnung ändern sich entlang einer Berührlinie [13]. Bei verschiedenen Berührlinien treten ebenso unterschiedliche tangentiale Geschwindigkeiten auf. Paschold [19] berechnet daher für eine Vielzahl an Eingriffspositionen die Aufteilung der Wärmeströme mit Gl. 16 und wertet diese gemittelt aus. Dabei wird eine eine typische Wärmeaufteilung bei Schneckengetrieben mit \(\dot{Q}_{1}/\dot{Q}_{2}\approx 0{,}8/0{,}2\) angegeben.

Im Folgenden werden die rechnerischen Werte des adaptieren Modells zur Wärmestromaufteilung mit den nach der oben vorgestellten Wärmestromberechnung auf Basis der Messwerte verglichen. In Abb. 14 ist der auf Basis der Messdaten und unter Verwendung des vorgestellten Wärmeleitungsmodells berechnenete Wärmestromanteil der Schnecke über der Antriesdrehzahl n1 für beide Verzahnungen dargestellt. Für die Messwerte werden Mittelwerte mit der zugehörigen Standardabweichung angegeben. Darüber hinaus ist der Wärmestromanteil nach der für Schneckengetriebe adaptierten Berechnung von Reißmann et al. [20] aufgetragen. Dieser wurde mit dem Berechnungstool WTplus [18] bestimmt.

Abb. 14
figure 14

Anteil des Wärmestroms in die Schneckenwelle

Die Wärmestromaufteilung nach Reißmann et al. [20] ist für beide Übersetzungen unabhängig von der Antriebsdrehzahl n1, da das Verhältnis der tangentialen Geschwindigkeiten in Gl. 16 gleich bleibt. Für die Übersetzung i = 15 fließt demnach 81,6 % und für die Übersetzung i = 39 fließt 87,5 % der Verzahnungsverlustleistung in die Schneckenwelle.

Die aus dem thermischen Netzwerk resultierende Wärmestromaufteilung und die nach dem vorgestellten Modell auf Basis der Messwerte berechnete Wärmestromaufteilung zeigen abweichende Verläufe über die Antriebsdrehzahl. Für den Radsatz mit der Übersetzung i = 15 fließt bei niedriger Drehzahl ein Großteil der Verzahnungsverlustleistung in die Schneckenwelle. Mit Zunahme der Antriebsdrehzahl wird der Anteil des Wärmestroms, der in die Schnecke fließt stets geringer und für die Betriebspunkte mit der Drehzahl \(n_{1}=\) 1500 min−1 beträgt das Verhältnis der Wärmeströme \(\dot{Q}_{1}/\dot{Q}_{2}\approx 0{,}1/0{,}9\). Die Versuche mit Übersetzung i = 39 zeigen eine vergleichbare Systematik. Dieser Zusammenhang ist aus den in Abb. 12 dargestellten Messergebnissen sichtbar. Dadurch, dass die Schneckenmassenübertemperatur bei hohen Antriebsdrehzahlen gegen 0 K verläuft, ist der Wärmeübergang auf die Schnecke entsprechend limitiert, da diese durch den fehlenden Potentialunterschied nicht an das Öl abgegeben werden kann. Folglich ergeben sich bei hohen Antriebsdrehzahlen reduzierte Wärmestromanteile für die Schneckenwelle.

Die unterschiedlichen Verläufe der beiden Radsätze gleichen sich für hohe Antriebsdrehzahlen an. Die Streuung der berechneten Wärmestromaufteilungen um die Mittelwerte nimmt generell mit steigender Drehzahl ab, weshalb neben der Übersetzung hier keine weiteren Einflussparameter berücksichtigt werden.

Der Vergleich der Ergebnisse zeigt, dass das Modell von Reißmann und Plote für den hier betrachteten Versuchsaufbau nur im Bereich kleinster Drehzahlen ähnliche Ergebnisse wie die Messung liefert. Im Bereich üblicher Drehzahlen zeigen die Versuchsergebnisse eine inverse Wärmestromaufteilung zu Reißmann und Plote. Hierbei ist zu beachten, dass die Wärmestromaufteilung im Zahnkontakt maßgeblich von der Wahl der thermischen Ersatzwiderstände abhängig ist. Je nach Wahl der Ersatzgeometrie variiert das Verhältnis der Wärmeströme \(\dot{Q}_{1}/\dot{Q}_{2}\). Bei einer quantitativen Veränderung der Wärmestromaufteilung bleiben jedoch die gegenläufigen Verläufe über der Drehzahl bestehen. Die gegensätzlichen Verläufe der Wärmestromaufteilung nach dem Modell aus der Literatur und dem definierten thermischen Netzwerk zeigen, dass hier noch Forschungsbedarf besteht. Hierbei ist insbesondere die Frage zu erläutern, ob die maßgebliche Beeinflussung der Massentemperaturen durch die Wärmeaufteilung im Kontakt erfolgt oder viel mehr durch die Wärmeabfuhr von Schneckenrad und Schnecke an das Getriebegehäuse.

7 Zusammenfassung und Schluss

Aufgrund einer fehlenden Datenbasis zum thermischen Betriebsverhalten von tauchgeschmierten Schneckengetrieben kleiner Baugröße wurden im Rahmen von Prüfstandsversuchen die Einflüsse verschiedener Übersetzungen, Schmierstoffe, Viskositätsklassen und Lastfälle auf den Temperaturhaushalt von Schneckengetrieben im stationären Betrieb untersucht. Weiter wurde ein Wärmeleitmodell vorgestellt, welches die Berechnung der Wärmestromaufteilung aus dem Zahnkontakt von Schneckengetrieben erlaubt. Dieses wurde mit dem aktuellen Stand der Technik auf Basis der Versuchsergebnisse abgeglichen.

Die Ölsumpfübertemperatur der Versuche zeigt eine lineare Abhängigkeit von der Gesamtverlustleisung. Die Messwerte wurden mit der Berechnung nach der DIN 3996 [4] verglichen. Die Berechnung nach DIN 3996 weicht hierbei von den Messergebnissen ab. Durch eine Anpassung der Wärmedurchgangzahl ist eine treffsichere normfähige Berechnung vorstellbar. Die durchgeführten Versuche zeigen, dass mit Kenntnis der Wärmedurchgangszahl die Sumpftemperatur für alle getesteten Parameter allein aus der Gesamtverlustleistung berechenbar ist. Das bedeutet, dass die Grundölart, Viskositätsklasse, Übersetzung sowie Betriebsparameter den Wärmetransport im Getriebe für die durchgeführten Versuche nicht direkt beeinflussen.

Während der Versuche wurden Radmassentemperatur, Schneckenmassentemperatur, Ölsumpftemperatur, Gehäusetemperatur, Umgebungstemperatur sowie Lagertemperaturen gemessen.

Hierbei zeigen die Messergebnisse eine Abhängigkeit der Radmassenüber- und der Schneckenmassenübertemperaturen von der Antriebsdrehzahl und der Verzahnungsverlustleistung. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Betriebspunkten gleicher Verlustleistung bei unterschiedlicher Drehzahl unterschiedliche Radmassenübertemperaturen auftreten. Die kleineren Temperaturen liegen bei größerer Drehzahl vor. Die Massentemperatur der Schnecke entspricht für die in den Versuchen verwendete Einbaulage des Getriebes über alle Versuchspunkte in etwa der Ölsumpftemperatur.

Versuchsbegleitend wurde ein Wärmeleitmodell für den Wärmetransport aus dem Zahnkontakt entwickelt. Dieses wurde basierend auf den Messdaten mit dem aktuellen Stand der Technik abgeglichen. Hierbei ergaben sich zum Teil deutliche Unterschiede in der Aufteilung der Wärmeströme in die Verzahnungspartner.

Die thermische Berechnung von Getrieben wird von zahlreichen Parametern beeinflusst. Gleichzeitig beeinflusst das thermische Verhalten wiederum die Tragfähigkeit sowie den Wirkungsgrad und damit die Funktion von Getrieben. Die vorgestellten Ergebnisse bieten Orientierungswerte für zukünftige Getriebeauslegungen und Forschungsthemen und sollten durch zukünftige Forschungsaktivitäten weiter ergänzt werden.

8 Nomenklatur

Die Nomenklatur ist in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4 Nomenklatur

9 Indizes

Die Indizes ist in Tab. 5 dargestellt.

Tab. 5 Indizes