1 Einleitung

Nasslaufende Lamellenkupplungen und -bremsen werden in vielen Bereichen der Antriebstechnik eingesetzt. So kommen sie in Automatikgetrieben, Continuously Variable Transmission (CVT) und Doppelkupplungsgetrieben wegen ihrer Lastschaltbarkeit, hohen Leistungsdichte und guten Regel- und Komforteigenschaften zum Einsatz. In der Regel arbeiten sie nach dem Prinzip „normally-open“, bei dem ein Hydraulikdruck zum Schließen der Kupplung aufgebaut wird und eine Kolbenrückstellfeder das Öffnen übernimmt. Dabei können die Federn als Schraubendruckfederpaket oder als Tellerfeder ausgeführt sein. Darüber hinaus werden in vielen Kupplungen Dämpfungselemente eingesetzt, die vor dem Kupplungspaket platziert werden, um den Aufprall des Kolbens beim Einrücken zu dämpfen. Dies wirkt sich positiv auf die Schaltqualität aus. Dämpfungsfedern können als Wellfedern oder Tellerfedern ausgeführt sein.

Mit der Optimierung der Getriebeverluste rücken die durch die Differenzdrehzahlen erzeugten Schleppmomente in den Fokus. Im Rahmen der CO2-Thematik wird neben der Bauraumreduzierung und der damit verbundenen Gewichtsreduzierung auch an der Reduzierung dieser Schleppmomente gearbeitet. Aus diesem Grund werden seit einigen Jahren auch Federn zur Lamellenseparierung eingesetzt, um die bei geöffneter Kupplung auftretenden Schleppmomente zwischen den einzelnen Lamellen zu minimieren. In neuen Konstruktionen haben Lamellenseparierungsfedern auch das Potenzial, die Funktion der Kolbenrückstellung zu übernehmen, was zu einer weiteren Bauraum- und Gewichtsreduzierung führen kann ([1]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Übersicht Getriebefedern [1]

Für die Integration der Lamellenseparierungsfedern wird ein radialer Bauraum zwischen der Reiblamelle und dem Kupplungskorbinnendurchmessser benötigt. Der benötigte Bauraum muss bereits in einer frühen Entwicklungsphase bei der Berechnung der Reibfläche und der Drehmomentkapazität berücksichtigt werden. Um den radialen Bauraumbedarf zu reduzieren wurde ein neues Federdesign entwickelt. Die neuen Torsionspreizfedern benötigen einen kleineren Bauraum, da sie die Verzahnungstaschen der Lamellen im Kupplungskorb nutzen. Die Federkraft wird durch die Torsion des Drahtsegments zwischen zwei gegensinnig angewinkelten Kröpfungen erzeugt.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Kolbenrückstellfedern befinden sich die Lamellenseparierungsfedern im Lamellenpaket und bieten die Möglichkeit, das Systemverhalten von nasslaufenden Lamellenkupplungen aktiv zu beeinflussen [2].

2 Methodische Auslegung von Getriebefedern für einen effizienten und regelbaren Betrieb von Kupplungs- und Bremssystemen

Bei der Berechnung der Drehmomentübertragungskennlinie und der Schleppmomente wird vereinfacht angenommen, dass die Lüftspiele zwischen den einzelnen Lamellen im offenen Betriebszustand die gleiche Höhe haben und während der Schließphase zur Drehmomentübertragung die Reibpaarungen gleichmäßig in Kontakt treten. Hierbei kann das Reibmoment der nasslaufenden Lamellenkupplung durch die Vervielfachung des Reibmoments einer Reibpaarung berechnet werden. In experimentellen Untersuchungen ist jedoch nachgewiesen, dass eine ungleichmäßige Lüftspielverteilung vorliegt und dadurch es zu erhöhten Schleppmomenten kommt [3, 4]. Durch den Einsatz von Spreizfedern, auch Lamellenseparierungsfedern genannt, wird die Möglichkeit gegeben, eine gleichmäßige Lüftspielverteilung einzustellen und damit das Systemverhalten von nasslaufenden Lamellenkupplungen in dem Betriebszuständen „offen“ und „synchronisieren“ maßgeblich zu beeinflussen [2]. Für den offenen Betriebszustand wird eine experimentelle Methode für die Auslegung der Lamellenseparierungsfedern vorgestellt, um die Schleppmomente über einen größeren Drehzahlbereich zu reduzieren sowie Schleppmomentuntersuchungen bei Minustemperaturen des Automatic Transmission Fluid (ATF) durchzuführen.

Bei der Auslegung der Lamellenseparierungsfedern wird zunächst die benötigte Federkraft zur Kolbenrückstellung bestimmt. Hierzu werden die druckabhängigen Reibkräfte der Kolbendichtungen und unter Rotation des ATF erzeugten dynamischen Drücke ermittelt. Diese Federkraft dient neben der Kolbenrückstellung auch zur Einstellung einer gleichmäßigen Lüftspielverteilung zur Reduzierung der Schleppmomente in Phase 1. Für die Phase 2 und Phase 3 wird iterativ in experimentellen Untersuchungen ein benötigter radialer Abstand zwischen der Reiblamelle und Lamellenseparierungsfeder eingestellt, um die Strömungsquerschnitte nicht negativ zu beeinflussen. Die Federkraft der Lamellenseparierungsfeder dient in Phase 4 zur Stabilisierung der Lamellen gegen ein Lamellentaumeln. Im zweiten Schritt wird der Einfluss die festgelegten Kolbenrückstellkräfte bzw. Federkräfte zur Lamellenseparierung auf die Drehmomentübertragung in dem Betriebszustand „synchronisieren“ untersucht. Im Betriebszustand „synchronisieren“, in dem ebenfalls das ATF einen großen Einfluss auf die Drehmomentübertragung hat, kann die Linearität und die Reproduzierbarkeit der Drehmoment-Kennlinie durch eine gleichmäßige Lüftspielverteilung erhöht sowie ein ruckfreies und weiches Zuschalten der Kupplung ermöglicht werden. Dies ist durch ein kontrolliertes und gleichmäßiges Schließen aller Reibpaarungen durch den Einsatz von Lamellenseparierungsfedern möglich (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Methodische Auslegung der Lamellenseparierungsfedern für den Betriebszustand „offen“ und „synchronisieren“ einer nasslaufenden Lamellenkupplung

2.1 Schleppmomentuntersuchungen mit Lamellenseparierungsfedern im Bremsbetrieb

Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass die Viskosität des ATFs von der Temperatur abhängt und eine höhere Viskosität zu höheren Schleppmomenten führt [3,4,5,6,7,8]. Um den Einfluss der aktiven Lamellenseparierung mittels Getriebefedern auf die Schleppmomente bei unterschiedlichen Getriebetemperaturen durchzuführen, wurde die in Abb. 3 dargestellte Versuchskonfiguration aufgebaut. Für die Schleppmomentuntersuchungen bei −20 °C wurde das Getriebegehäuse thermisch durch eine Umhausung aus expandiertem Polystyrol (EPS) isoliert. Oberhalb der Umhausung wurden Bohrungen für die Zu- und Abluft angebracht, die an eine Klimakammer angeschlossen sind. Die von der Klimakammer zugeführte kalte Luft umströmt einen Wärmetauscher durch den das ATF auf Minustemperaturen runtergekühlt und der Bremse zugeführt wird.

Abb. 3
figure 3

Versuchskonfiguration Schleppmomentuntersuchungen bei unterschiedlichen Kühltemperaturen [2]

Die Eingangstemperatur des ATFs wird mittels Thermoelemente an der Düse vor Eintritt in das Getriebegehäuse und die Ausgangstemperatur des ATFs in der Ölwanne (Getriebegehäuseboden) gemessen.

Für die experimentellen Untersuchungen wurde die Bremse eines 8‑Gang-Automatikgetriebes eingesetzt. Im Lamellenpaket befinden sich 6 Reiblamellen.

Die Kolbenrückstellung erfolgt in der Referenzkonfiguration mittels Schraubendruckfedern, die eine Vorspannkraft von 580 N aufweisen. In den Versuchen mit Lamellenseparierungsfedern werden die Schraubendruckfedern ausgebaut und die Kolbenrückstellfunktion wird ebenfalls von Lamellenseparierungsfedern übernommen. Die Reibfläche hat einen Innendurchmesser von 169 mm und einen Außendurchmesser von 178 mm. Die Reiblamellen sind mit einem Papierreibbelag versehen und weisen ein Multi-Segment Nutdesign auf. Alle Versuche wurden mit einem in der Serie eingesetztem ATF durchgeführt, das eine kinematische Viskosität von 6,5 mm2/s bei 100 °C aufweist. Die Beölung erfolgte durch eine nicht rotierende Düse in den Innenlamellenträger.

Die Ergebnisse der Versuchsdurchführung sind in Abb. 4 exemplarisch für einen Volumenstrom von 0,6 l/min für die Versuchskonfiguration mit und ohne Lamellenseparierungsfedern und den Temperaturen 40 °C und −20 °C dargestellt. Zu sehen ist ein geringeres Schleppmomentniveau bei der Versuchskonfiguration mit Lamellenseparierungsfedern. Die Federkraft zur Lamellenseparierung hat in der Phase 1 zu einer Reduzierung der Schleppmomente geführt. Für die Phase 2 und Phase 3 wurde der radiale Abstand zwischen der Reiblamelle und Lamellenseparierungsfeder iterativ eingestellt, um die Schleppmomente zu reduzieren.

Abb. 4
figure 4

Ergebnisse Schleppmomentuntersuchungen bei 40 °C und bei −20 °C mit und ohne Lamellenseparierungsfedern, Volumenstrom 0,6 l/min [2]

2.2 Drehmomentübertragungsverhalten mit Lamellenseparierungsfedern im Bremsbetrieb

Beim Schließen der Kupplung werden die Phasen viskose Reibung, Mischreibung und Haftreibung durchlaufen. Das in nasslaufenden Kupplungen eingesetzte ATF und dessen Viskosität hat einen großen Einfluss auf die Drehmoment-Kennlinie der Kupplung.

Weiterhin werden in nasslaufenden Kupplungen Getriebefedern eingesetzt, um Zuschaltstöße zu vermeiden. Die sogenannten Anlagefedern werden zwischen dem Kolben und der ersten Lamelle eingesetzt, um den Impuls beim Schließen abzudämpfen [9, 10]. Die Anlagefedern befinden sich axial vor dem Lamellenpaket und haben keinen Einfluss auf die Verteilung des Lüftspiels innerhalb der Kupplung.

Als einen weiteren Einfluss auf die Variation der Kupplungskennlinie wird in dieser Arbeit die Verteilung des Lüftspiels untersucht. Aus diesem Grund werden experimentelle Untersuchungen mit und ohne Lamellenseparierungsfedern durchgeführt, um den Einfluss einer aktiven Lamellenseparierung auf die Drehmoment-Kennlinie zu charakterisieren.

Für die experimentelle Untersuchung des dynamischen Verhaltens mit und ohne aktiver Lamellenseparierung wurde der Prüfstand aus Abb. 3 umgebaut. Hierbei wurde der Antriebsmotor mit einem Getriebe der Übersetzung i = 10 gekoppelt, um das Drehmoment zu erhöhen. Weiterhin wurde eine für den Untersuchungsbereich geeignete Drehmomentmessnabe eingebaut (Abb. 5). Die Öleinspritzung erfolgt unverändert über eine stationäre Düse. Im Unterschied zu den Schleppmomentuntersuchungen wurde die Öleinspritztemperatur auf 80 °C erhöht.

Abb. 5
figure 5

Prüfstand für Dynamikuntersuchungen: links 3D-Schnittmodell und rechts realer Prüfstandsaufbau

In Abb. 6a ist das Drehmomentübertragungsverhalten der Bremse bei einer Ausgangsdifferenzdrehzahl von 450 min−1 und einem Druck von 1,2 bar zu sehen. Hierbei sind 5 Schaltungen vergleichend dargestellt.

Abb. 6
figure 6

Übertragungsverhalten im Bremsbetrieb ohne Lamellenseparierungsfedern (a) und mit Lamellenseparierungsfedern (b) bei einer Synchronisierungsdrehzahl von 450 min−1, Ölvolumenstrom 0,6 l/min, Öltemperatur 80 °C [2]

Zunächst ist ein linearer Anstieg des Drehmoments bis zu einem Drehmoment von ca. 30 Nm zu erkennen. Im Drehmomentbereich zwischen 30 und 50 Nm ist der Verlauf mit Drehmomentschwankungen zwischen 29 und 45 Nm charakterisiert. Ab 50 Nm Reibmoment ist der Drehmomentverlauf erneut linearer ausgeprägt. Im Vergleich sind die Drehmomentschwankungen in der Versuchskonfiguration mit Lamellenseparierungsfedern in Abb. 6b dargestellt. Hierbei verläuft die Drehmoment-Kennlinie in dem Drehmomentbereich 30 Nm und 50 Nm linearer und weist geringere Drehmomentschwankungen auf. Als Ursache für die geringeren Drehmomentschwankungen bei der Versuchskonfiguration mit Lamellenseparierungsfedern werden folgende Erklärungsmodelle aufgebaut:

  • weniger Drehmomentspitzen durch einen „Dämpfungseffekt der Lamellenseparierungsfedern“ und kontrollierten Kontakt der Lamellen durch ein Kräftegleichgewicht/Kopplung der Lamellen

  • gleichmäßiger Verlauf und geringere Streueung durch geringere Störungen der Lamellenbewegungen z. B. Schiefstellung der Lamellen, Reibung der Verzahnung, instabile Lamellenposition

2.3 Drehmomentübertragungsverhalten mit Lamellenseparierungsfedern im Kupplungsbetrieb

Die Versuche zum Übertragungsverhalten im Kupplungsbetrieb wurden auf dem Inline-Prüfstand am IPEK-Institut für Produktentwicklung (Abb. 7) durchgeführt. Das Kupplungssystem befindet sich in einer Prüfkammer und wird eingangsseitig von einem Elektromotor angetrieben. Die Messung des Drehmoments und der Drehzahl erfolgt außerhalb der Prüfkammer. Dabei ist das Drehmomentmessglied direkt an den Innenlamellenmitnehmer angebracht und ermöglicht eine genaue Messung des Kupplungsmoments. Weiterhin können der Druck- und Volumenstrom für die Kupplungsbetätigung und Kühlung gemessen werden. Eine Besonderheit weist der Prüfstand durch die Möglichkeit zur Messung der Klemmkraft sowie der Reaktionskraft auf [11]. Dies ermöglicht eine gezielte Untersuchung des Einflusses der Lamellenseparierungsfederkraft auf die Drehmomentübertragungskennlinie.

Abb. 7
figure 7

Inline-Prüfstand: Aktuierung des Lamellenpakets sowie Messelemente am Prüfstand [11]

Das Lamellenpaket besteht aus zwei außenverzahnten Reiblamellen mit Papierreibbelag und radialer Nutung (dI / dA = 158 mm / 188 mm) und drei innenverzahnte Stahllamellen.

Die Temperaturmessung im Lamellenpaket erfolgt durch Thermoelemente, die in Erodier-Bohrungen der Stahllamellen eingebracht sind. Als Kühlöl wird ein ATF (kinematische Viskosität bei 100 °C von 4,2 mm2/s) verwendet [11].

Für die Untersuchungen wurden zwei unterschiedliche Lamellenseparierungsfedern ausgelegt, die zur Separierung der Stahllamellen am Innenlamellenträger eingebaut und zentriert werden.

Die Federn unterscheiden sich in den Feder-Kennlinien. Die Feder 1 (schwache Lamellenseparierungsfeder) mit einer kleineren Federkonstante von 272 N/mm wird bereits eingesetzt, um eine Lamellenseparierung und damit Schleppmomentreduzierung zu ermöglichen. Bei Lamellenseparierungsfedern, die ebenfalls die Kolbenrückstellung übernehmen sollen, sind die Federkräfte deutlich höher, sodass bei Feder 2 eine Federkonstante von 500 N/mm gewählt wurde. In Abb. 8 sind die Kräfte im offenen Zustand der Kupplung und im geschlossenen Zustand der Kupplung zu sehen. Das Lüftspiel beträgt pro Reibpaarung 0,2 mm.

Abb. 8
figure 8

Federkennlinie Separierungsfedern Feder 1 für reine Lamellenseparierung und Feder 2 für zusätzliche Kolbenrückstellfunktion

Im Folgenden werden die Drehmomentkennlinien der drei Versuchskonfigurationen, ohne Lamellenseparierungfeder, mit schwachen Lamellenseparierungsfedern und starken Lamellenseparierungsfedern (mit Kolbenrückstellfunktion) dargestellt. Zur besseren Vergleichbarkeit ist der Drehmomentverlauf in zwei Bereiche eingeteilt.

Zunächst sind die Versuchsergebnisse ohne Lamellenseparierungsfedern in Abb. 9 zu sehen. Hierbei ist zu erkennen, dass die eingestellte Differenzdrehzahl zwischen der Antriebs- und Abtriebsseite von 450 min1 vorliegt. Anschließend wird die Schließphase der Kupplung eingeleitet um die Flächenpressung von 0,4 MPa und das Drehmoment von ca. 100 Nm einzustellen. Dabei ist zu erkennen, dass das Drehmoment linear bis 70 Nm mit einer hohen Steigung aufgebaut wird (Bereich 1) und die Antriebsseite kurzzeitig bis auf 296 min−1 abgebremst wird. Die Drehzahlkurve der Antriebsseite weist in dieser Schlupfphase eine hohe Schwankung auf. Anschließend wird das Drehmoment mit einer niedrigeren Steigung bis ca. 100 Nm aufgebaut (Bereich 2) und die Drehzahlen der Antriebsseite und Abtriebsseite sind synchron (Kupplung geschlossen). Abschließend wird die Kupplung geöffnet und die Differenzdrehzahl von 450 min−1 stellt sich wieder ein.

Abb. 9
figure 9

Drehmoment-Kennlinie im Kupplungsbetrieb ohne Lamellenseparierungsfedern, Öltemperatur 80 °C, spezifischer Kühlölvolumenstrom 3 mm3/(mm2s)

Die Drehmoment-Kennlinie mit der Versuchskonfiguration schwache Lamellenseparierungsfeder ist in Abb. 10 dargestellt.

Abb. 10
figure 10

Drehmoment-Kennlinie im Kupplungsbetrieb mit schwachen Lamellenseparierungsfedern, Öltemperatur 80 °C, spezifischer Kühlölvolumenstrom 3 mm3/(mm2s)

Mit einem ähnlichen charakteristischen Drehmomentverlauf wird zunächst ein Drehmoment bis 70 Nm linear mit einer hohen Steigung aufgebaut (Bereich 1) und die Drehzahl der Abtriebsseite bis auf 281 min−1 abgebremst. Die Drehzahlkurve der Antriebsseite weist in dieser Schlupfphase ebenfalls eine hohe Schwankung auf. Anschließend wir das Drehmoment mit einer niedrigeren Steigung bis ca. 100 Nm aufgebaut (Bereich 2).

Die Ergebnisse der Untersuchungen mit starken Separierungsfedern sind in Abb. 11 aufgeführt. Hierbei wird eine deutliche Veränderung der Drehmoment-Kennlinie sichtbar. Der Drehmomentverlauf weist einen geringeren Unterschied in der Steigung in den Bereichen 1 und 2 auf und verläuft deutlich flacher bis zum Schließen der Kupplung. Dabei wird die Antriebsdrehzahl lediglich auf 341 min−1 abgebremst und die Antriebs- und Abtriebsdrehzahl weisen geringere Schwankungen im Vergleich zu den Versuchskonfigurationen ohne Lamellenseparierung und schwache Lamellenseparierungsfedern auf.

Abb. 11
figure 11

Drehmoment-Kennlinie im Kupplungsbetrieb mit starken Lamellenseparierungsfedern, Öltemperatur 80 °C, spezifischer Kühlölvolumenstrom 3 mm3/(mm2s)

3 Einsatz von Lamellenseparierungsfedern in Kupplungssystemen für BEV

Ergebnisse von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der E‑Mobilität zeigen, dass für E‑Fahrzeuge in hohen Fahrzeugklassen hochdrehende Antriebe bis 30.000 min−1 in Kombination mit einem schaltbaren Getriebe Potenzial zur Erhöhung der elektrischen Reichweite bieten [12].

Dabei wird die Lastschaltbarkeit des mehrgängigen Getriebes als Voraussetzung gesehen. Die Kupplung im elektrischen Antriebsstrang erfährt durch die höheren Drehzahlen im Vergleich zu konventionellen Antriebssträngen neue Herausforderungen bzgl. der max. Gleitgeschwindigkeit und Beanspruchung durch Fliehkraft. Aus diesem Grund wurde im Rahmen des Konsortialprojektes „Highspeed Clutch“ eine nasslaufende Lamellenkupplung entwickelt und als Demonstrator aufgebaut (Abb. 12).

Abb. 12
figure 12

Kupplungskonzept Highspeed Clutch [13]

Bei der Auslegung des Reibsystems konnte festgestellt werden, dass die Reibdurchmesser aufgrund der hohen Gleitgeschwindigkeiten drastisch reduziert und die Anzahl der Lamellen erhöht werden muss. Bei einem mittleren Reibdurchmesser von 55 mm werden im Falle des Reibbelags Fiber Composite 12 und beim Streusinter 9 Reiblamellen benötigt [13].

Zur Validierung des Drehmomentübertragungsverhaltens der Hochdrehzahlkupplung in einer frühen Entwicklungsphase und Übertragung der Erkenntnisse aus den experimentellen Versuchen (Abschn. 2.2) wurde ein Simulationsmodell (Abb. 13) aufgebaut. Neben der hohen Anzahl an Lamellen wird hierbei die Zuschaltung der Kupplung mittels eines Sandwichkolbens abgebildet.

Abb. 13
figure 13

Simulationsmodell Übertragungsverhalten Hochdrehzahlkupplung [14]

Durch die Ansteuerung des Zustelldrucks pV werden die beiden Kolben verfahren und die Kupplung geschlossen. Dabei werden im Teilmodell des Lamellenpakets die Lamellenbewegungen errechnet und die Einzellüftspiele hi und die auftretenden Kontaktkräfte Fanpress zwischen den Lamellen an das Reibmodell zur Berechnung des Reibmoments übergeben. Die errechneten Reibmomente gehen wiederum zusammen mit den Spaltfüllungsgraden ψi in das Modell des Lamellenpaketes ein. Hier werden die Verzahnungsreibungen und die Kräfte berechnet, die aus den viskosen Ausquetschvorgängen der Ölfilme zwischen den Lamellen resultieren. Als Summe aller Reibmomente wird das gesamte Kupplungsmoment MKupp berechnet.

Zum Modell gehört auch ein vereinfachter Fahrzeug-Antriebsstrang, bei dem die motorseitig und fahrzeugseitig anliegenden Trägheiten durch reduzierte Trägheitsmassen abgeschätzt werden können. So kann der komplette Ablauf einer Schaltung bis zum Synchronisationspunkt der Drehzahlen dargestellt werden [14].

Zur Untersuchung des Einflusses der aktiven Lamellenseparierung wurde das Drehmomentübertragungsverhalten für 10 mögliche stochastische Lamellenverteilungen simuliert. Hierbei werden in der Versuchskonfiguration mit Lamellenseparierungsfedern die Stahllamellen zwangsdistanziert. In beiden Simulationskonfigurationen können die Reiblamellen innerhalb des Einzellüftspiels sich bewegen. In Abb. 14 ist das Ergebnis der Simulation vergleichend dargestellt. Die Ergebnisse der Drehmomentverläufe ohne den Einsatz von Lamellenseparierungsfedern zeigen eine starke Varianz der Drehmomentkennlinie auf und bestätigen die Erkenntnisse aus den Versuchen im Abschn. 2.

Abb. 14
figure 14

Simulationsergebnisse: Vergleich der Kupplungsmomente von 10 stochastischen Lamellenverteilungen ohne Lamellenseparierungsfedern (a) und mit Lamellenseparierungsfedern (b), Differenzdrehzahl 15.000 min−1, Volumenstrom 1,5 l/min, 85 °C [14]

Nach Aufbau des Demonstrators wurden experimentelle Schleppmomentuntersuchungen im Bremsbetrieb mit rotierendem Außenmitnehmer durchgeführt. Die Beölung der Hochdrehzahlkupplung erfolgte durch eine Drehdurchführung in die Abtriebswelle (Innenmitnehmer). Die Öleinspritztemperatur wurde durch eine elektrische Heizstrecke eingestellt. Als Versuchsablauf wurde eine Erhöhung der Drehzahldifferenz in Treppenstufen gewählt. Es wurde mit einer Schrittweite von 1000 min−1 die Drehzahl von 0–20.000 min−1 erhöht. Als Haltedauer wurde 30 s auf einer Drehzahlstufe festgelegt. Die in diesem Bericht gezeigten Messwerte sind, soweit nicht anders angegeben, stets Mittelwerte aus einer Messung auf einer Drehzahlstufe mit mindestens 30 s Dauer.

Die Ergebnisse der Schleppmomentuntersuchungen bis zu einer Differenzdrehzahl von 20.000 min −1 sind in Abb. 15 dargestellt. Auch hier zeigt sich eine gute Übertragbarkeit der Erkenntnisse aus den experimentellen Versuchen im Abschn. 2.1. Die Schleppmomente der Versuchskonfiguration mit Separierungsfedern sind deutlich niedriger und ein erneuter Anstieg der Schleppmomente tritt bei hohen Drehzahlen nicht auf.

Abb. 15
figure 15

Experimentelle Schleppmomentuntersuchungen mit einer Hochdrehzahlkupplung bis 20.000 min−1 mit und ohne Lamellenseparierungsfedern, Volumenstrom 0,6 l/min, Öltemperatur 40 °C [15]

4 Zusammenfassung und Ausblick

Es wurde eine Prüfmethodik entwickelt, um das Systemverhalten von nasslaufenden Lamellenkupplungen und Bremsen im offenen und synchronisierten Betriebszustand durch den Einsatz von Lamellenseparierungsfedern zu untersuchen. Im ersten Schritt wurden Schleppmomentversuche durchgeführt und die Reduzierung der Verluste, durch den Einsatz der Lamellenseparierungsfedern bei einer Kühlöltemperatur von 40 °C und −20 °C, nachgewiesen. Anschließend wurde eine Testmethodik für die Untersuchung des Drehmomentübertragungsverhaltens vorgestellt und Ergebnisse im Brems- und Kupplungsbetrieb präsentiert. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Verbesserung des Zuschaltverhaltens in Bezug auf die Drehmoment-Kennlinie sowie geringere Drehzahlschwankungen. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden bei der Auslegung einer Hochdrehzahlkupplung für schaltbare Elektrofahrzeuge zur Erhöhung des Wirkungsgrades und der Leistungsdichte genutzt. Dabei wurde das Übertragungsverhalten während einer Synchronisierung simuliert und der positive Effekt durch Lamellenseparierungsfedern nachgewiesen. Nach Aufbau eines Demonstrators wurden experimentelle Schleppmomentuntersuchungen bis 20.000 min−1 durchgeführt und geringere Schleppmomente mit Separierungsfedern über den gesamten Drehzahlbereich vorgestellt.