Nach Daten des PraxisRegisters Schmerz wird das Potenzial des kutanen Capsaicinpflasters 179 mg bei der Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie möglicherweise nicht ausgeschöpft.

Laut der S2k-Leitlinie „Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist bei lokalisierten neuropathischen Schmerzen der primäre Einsatz des Capsaicinpflasters 179 mg (8 %; Qutenza®) zu erwägen. „Gerade bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes oder einem metabolischen Syndrom und einer entsprechend breiten Medikation kommt einer Substanz, die kaum systemisch aufgenommen wird und deshalb keine systemischen Effekte hat, unter Umständen eine ganz neue Bedeutung zu“, betonte PD Dr. Michael A. Überall, Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie, Nürnberg. Das Therapieansprechen lässt sich aber oft erst nach mehrfacher Applikation beurteilen, wie eine Post-hoc-Analyse der prospektiven Studien STRIDE und PACE zeigte. In der PACE-Studie bewirkte die wiederholte Anwendung bei mehr als 40 % der initialen Non-Responder doch noch eine mindestens 30 %-ige Schmerzreduktion (Abb. 1) [Freynhagen R et al. Pain Med. 2021;22:2324-36].

Abb. 1
figure 1

: Ansprechraten von initialen Non-Respondern im Verlauf mehrerer Anwendungen des Capsaicinpflasters 179 mg in der PACE-Studie (modifiziert nach [Freynhagen R et al. Pain Med. 2021;22:2324-36])

Vor diesem Hintergrund untersuchte Überall in der retrospektiven Studie CASPAR durch eine Auswertung im PraxisRegister Schmerz dokumentierter Behandlungsverläufe der Jahre 2015 bis 2022, ob eine solche „Progressive Response“ auch unter Alltagsbedingungen zu beobachten ist. 826 der insgesamt rund 2.500 identifizierten Patientinnen und Patienten mit mindestens einjähriger Dokumentation waren von einer peripheren diabetischen Polyneuropathie betroffen. Von ihnen schieden mehr als 20 % schon zwischen der ersten und zweiten Anwendung aus. Bei nur 56,2 % erfolgte eine dritte und bei 33,8 % eine vierte Anwendung. Vor der Erstanwendung betrug die Schmerzintensität im Tagesmittel 57,7 auf einer von 0-100 reichenden visuellen Analogskala (VAS). Patientinnen und Patienten mit drei (n = 464) oder vier (n = 279) Anwendungen zeigten einen Rückgang um rund 50 % und mehr auf der VAS (29,2 bzw. 25,7). Auch das Wohlbefinden und die Lebensqualität besserten sich deutlich.

„Fast sieben von zehn Patientinnen und Patienten, die die Therapie nicht häufiger fortgesetzt haben, waren möglicherweise mit der Wirksamkeit nicht zufrieden. Sie hatten aber de facto nie die Chance, eine Wirkung zu erfahren, weil sukzessive Therapien nicht zum Einsatz gekommen sind“, so Überall.

Symposium „Schmerzhafte diabetische Polyneuropathie - eine unterschätzte Volkskrankheit“, Deutscher Schmerz- und Palliativtag, 12.3.2024; Veranstalter: Grünenthal