Hintergrund und Fragestellung

Die Standardbehandlung der akuten Phlebothrombose (DVT) umfasst die Einleitung einer medikamentösen Antikoagulation in Kombination mit einer Kompressionstherapie. Diese Initialtherapie minimiert das Risiko einer Thrombusausdehnung und einer Lungenembolie, sie kann aber nicht bei allen Patienten die Entwicklung eines postthrombotischen Syndroms (PTS) verhindern. Bei DVTs beträgt die PTS-Inzidenz 43 % [10], bei iliofemoralen Thrombosen mit Beteiligung der Beckenvene wird im Langzeitverlauf über Inzidenzen von bis zu 71 % berichtet, wobei hiervon 20 % als schwer eingeschätzt werden [5]. Ursächlich sind verbleibende Obstruktionen durch unzureichende spontane Rekanalisierung und Klappeninsuffizienzen. Hierbei unterscheiden sich proximale iliofemorale DVTs hinsichtlich der Ausprägung des Krankheitsbildes von distalen femoropoplitealen DVTs durch eine höhere PTS-Inzidenz, fortgeschrittenere PTS-Stadien, einer höhere Rate an Rezidiv-DVTs und einer stärkeren Minderung der Lebensqualität [4, 9].

Basierend auf diesen Erkenntnissen gibt es schon seit mehreren Jahrzehnten den Therapieansatz der frühen Rekanalisierung verschlossener Venensegmente bei iliofemoralen DVTs mit ausgeprägter klinischer Symptomatik, entweder durch eine chirurgische Thrombektomie oder durch eine Lysetherapie. Für die venöse Thrombektomie konnte zwar ein Benefit nachgewiesen werden [14], nachteilig ist jedoch die hohe Invasivität durch den chirurgischen Zugang. Die systemische Thrombolyse hatte hohe Blutungskomplikationen, sodass aufgrund ihrer vermeintlich geringeren Komplikationsrate die lokoregionären katheterbasierten Lyseverfahren (CDT) in den letzten Jahren vermehrt zum Einsatz gebracht wurden [8, 16], wobei hier verschiedene Protokolle und Katheter Anwendung fanden.

Die systemische Thrombolyse hat hohe Blutungskomplikationen

Mehrere große randomisierte Studien (CaVenT, ATTRACT, CAVA) [7, 15, 18], die interventionelle Thrombolyse vs. konservative Therapie miteinander verglichen, kamen nicht zu einheitlichen Ergebnissen, weshalb das optimale Vorgehen insbesondere bei proximaler DVT nach wie vor kontrovers diskutiert wird [19]. Es besteht aber Konsens, dass in selektierten Patienten, wenn ein geringes Blutungsrisiko angenommen werden kann, eine CDT erwogen werden sollte [1, 11].

Da in den meisten Studien aber nur eine relativ kurze Nachbeobachtungszeit von 12–24 Monaten vorliegt, bis zur Manifestation eines PTS aber Jahre vergehen können, besteht hinsichtlich der PTS-Inzidenz im Langzeitverlauf ein Erkenntnisdefizit, insbesondere auch zur krankheitsspezifischen Lebensqualität [9].

Ziel der vorliegenden Studie war deshalb die Untersuchung der Langzeitresultate nach frühzeitiger interventioneller Rekanalisierung mittels ultraschallassistierter Katheterthrombolyse (UACDT) im eigenen Krankengut.

Studiendesign und Untersuchungsmethoden

Die Studie wurde im Rahmen einer Promotionsarbeit durch die Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum (Registernummer 19-6635 BR vom 04.09.2019) genehmigt. Eingeschlossen wurden alle Patienten, die zwischen Juli 2011 und November 2019 in der gefäßchirurgischen Klinik des Marien Hospitals Witten mit einer UACDT bei akuter iliofemoraler Thrombose behandelt wurden. Ausschlusskriterien zur Nachuntersuchung waren lediglich eine fehlende Einwilligung oder nicht gegebene Einwilligungsfähigkeit zur Studienteilnahme, was aber bei keinem Patienten zutraf.

In die Studie wurden insgesamt 42 Patienten eingeschlossen. Die demographischen und relevante anamnestische Daten sind in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Demographische und anamnestische Daten der Patienten

Thrombusalter und -ausdehnung

Die Diagnose wurde mittels Duplexsonographie und Magnet-Resonanz-Venographie (MRV) oder Computertomographie-Angiographie (CTA) mit venöser Phase gesichert. Alle Patienten hatten einen Verschluss in der Beckenetage. In 20 Fällen (47,6 %) war zusätzlich die V. cava inferior, in 33 Fällen (73,3 %) die V. femoralis mitbetroffen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Thrombusausdehnung von n = 45 Extremitäten bei n = 42 Patienten

Drei Patienten (7,1 %) wiesen eine beidseitige DVT auf. In 27 Fällen (64,3 %) war die linke, in 12 Fällen (28,6 %) die rechte Seite betroffen, sodass insgesamt 45 Extremitäten thrombosiert waren. Bei 6 Patienten (14,3 %) war das klinische Beschwerdebild derart ausgeprägt, dass man dies klinisch als drohende Phlegmasie einstufte. Das Thrombusalter betrug anamnestisch durchschnittlich 4,9 Tage (SD ± 4,4 Tage, Min 0 Tage, Max 15 Tage). Elf Patienten (26,2 %) hatten zum Aufnahmezeitpunkt zusätzlich eine Lungenembolie.

Die UACDT-Prozedur

Die Indikation zur UACDT wurde gestellt bei symptomatischer iliofemoraler DVT bei Patienten mit ausgeprägtem klinischem Befund und Fehlen von Kontraindikationen. Die morphologischen Voraussetzungen, insbesondere das Punktionsareal für eine UACDT wurden präinterventionell mittels Duplexsonographie geprüft. Kontraindikationen für die UACDT waren ein Thrombusalter von über 21 Tagen, eine bestehende Schwangerschaft, hämorrhagische Diathesen und allgemeine Kontraindikationen für eine Thrombolysetherapie.

Bei der UACDT wurde zumeist über eine sonographisch gesteuerte Punktion der V. poplitea in Bauchlage oder seltener der V. femoralis in Rückenlage über einen Führungsdraht unter phlebographischer Kontrolle der EKOS EndoWave® Lysekatheter (EKOS Corporation Bothell, WA, USA, seit 2019 EkoSonic™ Endovascular System, Boston Scientific, Marlborough, MA, USA) in den Thrombus eingelegt. Nach initialer Bolusgabe von 5 mg „recombinant tissue plasminogen activator“ (rt-PA) (Actilyse®) wurde danach die Lyse kontinuierlich über mehrere Stunden bis zu 3 Tagen fortgesetzt. Das Lyseprotokoll wurde detailliert bereits an anderer Stelle publiziert [12]. Nach Beendigung der Thrombolyse erfolgt eine Kontrollphlebographie.

Nach Beendigung der Thrombolyse erfolgt eine Kontrollphlebographie

Bei Nachweis einer relevanten Stenose wurde zusätzlich eine Stentangioplastie durchgeführt (Abb. 2), ab 2016 unter zusätzlicher intravaskulärer Ultraschall- (IVUS-)Anwendung, die in der Detektion von residuellen Stenosen der Phlebographie überlegen ist.

Abb. 2
figure 2

a Fluoroskopie einer iliofemoralen DVT bei einer 35-jährigen Patientin in Bauchlage nach Schleuseneinlage in die linke V. poplitea mit Darstellung eines kontrastmittelumflossenen Thrombus in der V. iliaca. b Sondierung bis in die V. cava inferior mit Kontrastmittelaussparung in der Cava-Bifurkation. c Kontrollphlebographie mit rekanalisierter Beckenvene. d In Rückenlage Fluoroskopie der Beckenvene mit Nachweis eines Venensporns am Übergang zur V. cava inferior. e Abschlussphlebographie nach Stentimplantation

Nach Beendigung der UACDT erfolgte die Einleitung einer Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten oder direkten oralen Antikoagulanzien für drei bis sechs Monate und eine zusätzliche Kompressionstherapie mit angepassten phlebologischen Kompressionsstrümpfen. In vielen Fällen konnte schon während und nach der UACDT eine sofortige Regredienz der initialen Extremitätenschwellung beobachtet werden (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Klinischer Befund eines 46-jährigen Patienten mit extensiver Beinschwellung rechts vor (a) und (b) nach der UACDT

Nachuntersuchung

Bei den Langzeitkontrollen wurden die Patienten auf das Vorliegen eines PTS, einer chronisch venösen Insuffizienz (CVI) und auf Ihre individuelle krankheitsspezifische Lebensqualität nachuntersucht. Hierbei wurde die PTS-Häufigkeit und Schwere anhand des Villalta-Scores erhoben. Das Vorliegen einer CVI wurde durch Erhebung der CEAP-Klassifikation und des „revised Venous Clinical Severity Score“ (rVCSS) eingeschätzt. Die Lebensqualitätsanalyse erfolgte durch Erhebung des VEINES-QOL/Sym-Fragebogen. Postthrombotische morphologische Veränderungen, insbesondere Obstruktion und Reflux wurden mittels Duplexsonographie, Veränderung der venösen Funktion mittels Venenverschlussplethysmographie (VVP) evaluiert.

Statistik

Für die Erhebung und statistische Analyse der Daten wurde Microsoft® Excel® 2019 in der Version 16.67 (Microsoft, Redmond, WA, USA) sowie die Statistiksoftware IBM® SPSS® Statistics 29 (IBM, Armonk, NY, USA) verwendet. Der VEINES-QOL/Sym-Fragebogen wurde mit einer von der VEINES-Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellten Syntax in der Statistiksoftware SPSS® ausgewertet. Zur Erhebung der Signifikanz zwischen Gruppendaten wurde ein 2‑Stichproben-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt.

Ergebnisse

Bei allen Patienten gelang die Anlage des Lysekatheters. Bei 40 der 42 Patienten (95,2 %) konnte primär erfolgreich eine Rekanalisierung der Beckenetage erreicht werden. Die Lyse-Dauer betrug durchschnittlich 56,5 h. Bei 37 Patienten (88,1 %) erfolgte der Zugang transpopliteal, bei 5 Patienten (11,9 %) transfemoral. Eine zusätzliche Stentimplantation war bei 22 Patienten (52,4 %) mit durchschnittlich 1,2 Stents (SD ± 0,7) erforderlich. Die durchschnittliche stationäre Verweildauer betrug 8,1 Tage (± 4). Die Details hierzu sind in Tab. 2 aufgeführt.

Tab. 2 Prozedurdetails und Rekanalisierungsrate

Die Komplikationsrate lag insgesamt bei 23,8 %. Zwei Patienten (4,8 %) entwickelten eine transfusionspflichtige Major-Blutung, davon war eine Blutung im Schleusenbereich und eine Blutung eine Hämaturie. Weitere 5 Patienten (11,9 %) hatten Minor-Blutungen, chirurgische Revisionen waren aber in keinem Fall erforderlich. Insgesamt wurden 6 Patienten (14,3 %) mit durchschnittlich 2,5 Erythrozytenkonzentraten (SD ± 1,6) transfundiert. In 2 Fällen (4,8 %) kam es zu einer febrilen Infektion durch eine S.-aureus-Bakteriämie, die erfolgreich antibiotisch behandelt werden konnten. Zwei Patienten (4,8 %) mit präexistenter Lungenarterienembolie wurden bei respiratorischer Insuffizienz prolongiert intensivmedizinisch behandelt. Ein weiterer Patient (2,4 %) entwickelte einen Perikarderguss, der ebenfalls konservativ behandelt wurde. Es kam weder zu klinisch Anzeichen periinterventioneller Lungenembolien noch zu tödlichen Komplikationen.

Rezidivverschlüsse wurden in den ersten 30 Tagen nach UACDT nicht beobachtet. 9 Patienten (21,4 %) erlitten mindestens eine Rezidiv-DVT im Langzeitverlauf.

Langzeitresultate nach UACDT

22 von 42 Patienten mit insgesamt 25 betroffenen Extremitäten konnten nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 50,4 Monaten (SD ± 30,9) nachuntersucht werden. Der Altersdurchschnitt zum Nachuntersuchungszeitpunkt lag bei 49,9 (± 18,1) Jahren. 5 Patienten (11,9 %) waren zum Zeitpunkt der Studie bereits verstorben. 15 Patienten (35,7 %) waren nicht zu einer Nachuntersuchung bereit. Hierbei spielte die zum Zeitpunkt der Patientenkontaktierung ablaufende COVID-19-Pandemie eine entscheidende Rolle, die viele Patienten davon abhielt, medizinische Einrichtungen aufzusuchen. Im Follow-up befanden sich insgesamt 20/22 Patienten (90,9 %), die initial erfolgreich bei verschlossener Beckenetage rekanalisiert worden waren.

Die PTS-Rate anhand des Villalta-Scores betrug insgesamt 27,3 %, wobei ein leichtes PTS in 13,6 % der Fälle (3 Patienten), ein moderates PTS bei 2 Patienten (9,1 %) und ein schweres PTS lediglich bei einem männlichen Patienten (4,5 %) festgestellt wurde (Tab. 3). Es zeigte sich eine positive Korrelation zwischen dem Beobachtungszeitraum und dem Schweregrad des PTS (Pearson-Korrelation r = 0,32).

Tab. 3 PTS-Aufkommen nach Villalta

Eine CVI fand sich bei insgesamt 63,6 % der Patienten, wobei lediglich 5 Patienten (22,5 %) ein Stadium > C3 aufwiesen. 8 Patienten (36,4 %) hatten keinerlei CVI Symptome. Ein Patient, der initial nicht rekanalisiert werden konnte, hatte ein chronisches Ulcus cruris. Der rVCSS betrug durchschnittlich 4,3 (SD ± 3,8). Frauen waren mit 2,2 Punkten (SD ± 1,6) im Mittel weniger schwer betroffen als Männer (6,6 ± 4,3 SD) (Tab. 4).

Tab. 4 CVI-Klassifikation nach rVCSS und der CEAP-Klassifikation
Tab. 5 Vergleich unserer Resultate (Witten) mit den Interventionspatienten der randomisierten Studien

Die Duplexsonographie zeigte in 80 % der Extremitäten ein frei durchgängiges tiefes Venensystem. An 4 Extremitäten (16 %) fand sich eine chronische Beckenvenenobstruktion. Weitere sonomorphologische PTS-Veränderungen fanden sich an 8 Extremitäten (32 %). Ein pathologischer Reflux wurde an 4 Extremitäten (16 %) beobachtet.

Die Untersuchung der venösen Hämodynamik zeigte in der VVP in 87,5 % keine Einschränkung der venösen Drainage mit einer durchschnittlichen Abflussrate von 65,9 %/min (SD ± 24,1 %/min). Zwei Extremitäten zeigten mit einer mittleren Abflussrate von 28,5 %/min (SD ± 1,5 %/min) einen grenzwertig gestörten Abstrom. Lediglich ein Patient (4,2 %) wies mit einem Wert von 18 %/min einen gestörten Abstrom auf. Im Durchschnitt wiesen die behandelten Extremitäten eine venöse Kapazität von 3,87 % (SD ± 1,4) auf.

Lebensqualität

Der VEINES-QOL/Sym-Score wurde bei allen 22 Patienten in Rahmen des Follow-ups erhoben. Hierbei entspricht ein hoher Score einer besseren Lebensqualität. Der Score ergibt sich nach Aufteilung in Gruppen. Dafür nutzten wir die gemäß der Villalta-Skala erhobene Gruppierung nach Schweregrad des PTS. Hierbei ergab sich für die 16 Patienten (72,7 %), bei denen kein PTS diagnostiziert wurde, ein durchschnittlicher VEINES-QOL-Score von 51,8 (SD ± 8,3). Patienten mit leichtem PTS hatten einen durchschnittlichen Score von 54,3 (SD ± 2,1). Die zwei Patienten mit moderatem PTS hatten im Mittel einen Score von 44,3 (SD ± 3,5) erreicht. Ein Patient mit schwerem PTS erzielte lediglich 20,3 Punkte in diesem Fragebogen.

Diskussion

In unserer retrospektiven Single-Center-Studie konnten wir zeigen, dass die UACDT bei extensiver iliofemoraler DVT ein Verfahren mit einem hohen primären Behandlungserfolg von > 95 % war. Die nach einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von > 50 Monaten nachuntersuchten Patienten wiesen eine niedrige PTS-Rate von 27 % und nur in 22,5 % eine relevante CVI auf. Erfolgreich rekanalisierte Patienten ohne PTS hatten bessere Werte in der Objektivierung der krankheitsspezifischen Lebensqualität als solche mit moderatem oder schwerem PTS.

Die UACDT erzielt bei DVT hohe primäre Behandlungserfolge

Allen interventionellen Therapien der DVT gemeinsam ist das Ziel der frühen Thrombusbeseitigung zur Verhinderung einer Obstruktion, die in 50–70 % der Fälle zu einem PTS führt [5]. Aufgrund fehlender Evidenz hat die CDT in deutschen Leitlinien bislang keinen Stellenwert erlangt. In internationalen Leitlinien wie die der European Society for Vascular Surgery (ESVS) von 2021 wird sie aber für ausgewählte Patienten empfohlen (Empfehlungsgrad A, Evidenzklasse IIa) [11]. Mit in diese Leitlinie eingegangen sind auch die Ergebnisse von drei großen prospektiv randomisierten Studien der letzten Jahre, welche CDT bei DVT mit „best medical treatment“ verglichen haben [7, 15, 18].

Diesbezüglich wurden für die norwegische CaVenT-Studie 2012 und 2016 die 2‑ bzw. 5‑Jahres-Ergebnisse veröffentlicht. Im Gegensatz zu den 6‑Monats-Resultaten, wo sich noch kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen zeigte, war die PTS-Rate im Langzeitverlauf in der Interventionsgruppe mit 43 % signifikant geringer als im konservativen Arm mit 71 %. Nachteilig war eine relevante Anzahl an Major-Blutungskomplikationen von 9 %. Insgesamt beschrieben die Autoren aber einen klinischen Benefit für die Interventionsgruppe.

In der 2017 publizierten ATTRACT-Studie waren die PTS-Raten nach 6 und 24 Monaten annähernd gleich mit 47 % versus 48 %, wobei auch hier – wie in der CaVenT-Studie – die Blutungsrate in der Interventionsgruppe höher war (1,7 % versus. 0,3 % p = 0,049). Moderate oder schwere PTS wurden nach CDT weniger beobachtet, dies war allerdings nicht signifikant (18 % versus 24 % p = 0,04). Ein klinischer Benefit zeigte sich in der Interventionsgruppe hinsichtlich der Symptome Schmerzen und Schwellung innerhalb der ersten 30 Tage. Zusammenfassend kamen die Autoren zu der Schlussfolgerung, dass eine CDT das PTS-Risiko nicht reduziert, aber das Blutungsrisiko erhöht.

Lokoregionäre katheterbasierte Lyseverfahren (CDT) erhöhen das Blutungsrisiko

In der niederländischen CAVA-Studie von 2020 konnte nach einer Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der PTS-Rate (29 % vs 35 %, p = 0,42) zwischen beiden Gruppen beobachtet werden. In 5 % der Interventionsfälle traten Blutungskomplikationen auf. Die Autoren schlussfolgerten, dass UACDT das Risiko für ein PTS nicht reduziert.

Eine Metaanalyse der drei Studien kam zu der Schlussfolgerung, dass CDT bei akuter proximaler DVT die PTS-Rate verringert und den PTS-Schweregrad reduziert bei einer „number needed to treat“ von 12 bzw. 18 Patienten [8].

Bringt man unserer Resultate in Kontext zu den vorab genannten Studien, finden sich einige Übereinstimmungen. Die wichtigsten Kennzahlen sind in Tab. 5 zusammengefasst. Methodisch am nächsten sind wir der CAVA-Studie, denn dort wurde ebenfalls eine UACDT mit dem gleichen Device zur Thrombolyse ausschließlich bei proximalen DVTs genutzt. Wir verzeichneten annähernd die gleiche Rate an Major-Blutungen von 5 %, und eine identische Stent-Rate von 45 %, wobei die Stent-Rate aus heutiger Sicht – bedingt durch die Erfahrungen mit der intravaskulären Ultraschall- (IVUS-)Technologie – sicherlich deutlich zu niedrig sein dürfte und heutzutage bei der überwiegenden Zahl der Patienten indiziert wird [2]. Die PTS-Raten waren ebenfalls fast gleich, wobei in unserer Studie die Nachbeobachtungszeit deutlich länger war.

Mit unserer mittleren Nachbeobachtungszeit von 50 Monaten kommen wir der CaVenT-Studie am nächsten, die einen Nachbeobachtungszeitraum von 5 Jahren hatte. Interessanterweise fand sich dort im Gegensatz zum 6‑Monats-Follow-up, wo noch kein Unterschied hinsichtlich der PTS-Rate zwischen den beiden Gruppen bestand, nach zwei und nach fünf Jahren ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten der CDT-Gruppe. Auch in unserer Studie konnte ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem PTS-Aufkommen und dem Schweregrad des PTS insofern beobachtet werden, als das der Villalta-Score mit Zunahme des Beobachtungszeitraums anstieg. Dieses Ergebnis stützt die Annahme, dass sich der Benefit von interventionellen Rekanalisierungen erst im Langzeitverlauf zeigt. Daraus wiederum lässt sich folgern, dass zur Detektion des PTS Studien mit einem langen Beobachtungszeitraum nötig sind.

Der Benefit von interventionellen Rekanalisierungen zeigt sich erst im Langzeitverlauf

Zu den sekundären Endpunkten unserer Studie gehörte die Evaluation der Lebensqualität, die mit dem krankheitsspezifischen VEINES-QOL/Sym-Fragebogen erhoben wurde. Wir konnten zeigen, dass Patienten ohne PTS oder mit leichtem PTS bessere Scores für die krankheitsspezifische Lebensqualität erzielten als Patienten mit moderatem oder schwerem PTS, was auch von Gombert et al. so beschrieben wurde [6]. Auch in der ATTRACT-Studie konnte in der Subgruppenanalyse der Patienten mit proximaler DVT eine höhere Lebensqualität in der CDT-Gruppe verzeichnet werden (p = 0,029) [4], wohingegen in der CAVA-Studie kein klinisch relevanter Effekt der UACDT auf die Lebensqualität nachgewiesen werden konnte, was der nur sehr kurzen Nachbeobachtungszeit geschuldet sein könnte. Insgesamt verdeutlichen diese Erkenntnisse, wie wichtig die Prävention zur Vermeidung eines PTS nicht nur für die körperliche, sondern auch für die mentale Gesundheit ist.

Das größte Problem der CDT ist die in allen Studien beschriebene Rate an Major-Blutungen, die auch wir mit 4,8 % beobachten konnten, was im Rahmen der Datenlage auch so erwartet werden muss. Um dieses Risiko zu reduzieren, ist in den letzten Jahren zunehmend die perkutane mechanische Aspirationsthrombektomie (PMT) alternativ zum Einsatz gekommen, denn diese Technik benötigt weniger oder gar keine Thrombolytika und kann so zukünftig möglicherweise eine gefahrlosere Thrombusentfernung in einer „singel-session“ ermöglichen [3]. Eine aktuelle Metaanalyse konnte zeigen, dass eine Kombination aus CDT und PMT der alleinigen CDT überlegen ist [13]. Zukünftige kontrollierte randomisierte Studien sind erforderlich, um diese Resultate zu bestätigen.

Obwohl wir Erkenntnisse aus den zitierten Studien bestätigen konnten und neue Langzeitdaten vorlegen können, weist die Studie einige Limitationen auf. Erstens handelt es sich um eine retrospektive Single-Center-Studie ohne Kontrollgruppe, zweitens war die Follow-up-Rate von wenig mehr als 50 % aus den vorab genannten Gründen geringer als gewünscht. Schlussendlich können wir – wie auch die vorab genannten randomisierten Studien – nicht zweifelsfrei nachweisen, dass die positiven Effekte der UACDT nicht auch mit einer alleinigen konservativen Therapie zu erreichen gewesen wären.

Offene Fragen

Eine aktuell noch nicht abschließend geklärte Frage ist, welche Patienten mit extensiver DVT rekanalisiert werden sollten. Wir behandelten ausschließlich Patienten mit „schwerer Symptomatik“ und mittlerem Thrombusalter von 4 Tagen, wobei die Einschätzung der Symptomatik (Schmerz, Schwellung, Immobilität) eine eindeutig untersucherabhängige Variable darstellt. Eine mögliche Option ist, sofern nicht der Ausnahmezustand einer Phlegmasie vorliegt, die Einleitung einer konservativen Therapie mit Antikoagulation und Kompression für wenige Tage und dann die Patienten zu intervenieren, die keinen Symptomrückgang erleben. Zudem existiert bisher noch kein verbindlicher Standard zur postinterventionellen Langzeitantikoagulation. Zur medikamentösen Nachbehandlung nach Rekanalisierung bei chronischer Obstruktion wurden über 10 verschiedene Antikoagulationsregime beschrieben [17]. Analog gibt es bis dato keine evidenzbasierte Empfehlung zur Nachbehandlung nach akuter DVT.

Fazit für die Praxis

  • In unserer retrospektiven Studie konnten wir die Effektivität der UACDT bei iliofemoralen Thrombosen bestätigen. Die initiale Prozedur zeigte eine hohe Erfolgsrate bei akzeptabler Komplikationsrate.

  • Im Langzeitverlauf fanden wir eine niedrige PTS-Rate und eine bessere Lebensqualität.

  • Bei der Indikationsstellung muss das individuelle Risiko für eine Major-Blutung berücksichtigt werden.

  • Zukünftige Studien werden darauf fokussieren, die Indikationsstellung zu präzisieren und die Techniken weiter zu verbessern.