Die Weiterbildung angehender Gefäßchirurginnen im Jahr 2023 umfasst praktische, theoretische und professionelle Haltungen. Es ist von großer Bedeutung, dass Assistenzärzt*innen eine umfassende Weiterbildung erhalten, die alle relevanten Bereiche abdeckt. Dies wirft die Frage auf, wie gut die verschiedenen Aspekte des Kompetenzerwerbes im Alltag der Assistenzärzt*innen integriert und strukturierte Lehrcurricula umgesetzt werden. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der gefäßchirurgischen Weiterbildung bleibt ein wichtiges Anliegen, um den zukünftigen Anforderungen dieses Faches gerecht zu werden.

Einleitung

Im September 2017 erschien in der Zeitschrift Gefässchirurgie das Leitthemenheft mit dem Titel „Dem Nachwuchs verpflichtet“ ganz gemäß dem Motto der Jahrestagung in Frankfurt in jenem Jahr. Einer unserer Autoren erinnerte sich noch sehr genau an diese Ausgabe, da es die erste war, die ihm zugestellt wurde, nachdem er drei Monate zuvor seine Weiterbildung in Gefäßchirurgie an einer großen deutschen Klinik begonnen hatte und jüngst Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) geworden war. Wesentliche Inhalte waren damals die Qualität der Weiterbildung und Möglichkeiten, inmitten des Generationenwandels junge, motivierte Mediziner*innen für das Fach zu begeistern. Einige der Projekte und Maßnahmen, die damals diesbezüglich noch in Planung waren, sind heute Realität, so etwa die angepasste Weiterbildungsordnung oder die Exzellenzinitiative der DGG. Viele der damals angesprochenen Themen und Probleme haben jedoch nicht an Aktualität eingebüßt, während sich einige Entwicklungen in den letzten Jahren zudem weiter verschärft haben. In jenem Heft aus dem Jahr 2017 erschien ein Artikel des Jungen Forum der DGG, der unter anderem mithilfe einer Umfrage kritische Punkte der Weiterbildung thematisierte, die Perspektive des Nachwuchses zusammenfasste und Probleme, sowie Lösungsansätze diskutierte. Die Autoren sind mittlerweile z. T. selbst in Leitungspositionen tätig und unser Autor, der damals frisch in die Gefäßchirurgie gestartet war, ist mittlerweile selbst aktives Mitglied des Jungen Forums.

Weiterhin ist es schwierig, motivierten Nachwuchs nach dem Studium für ein chirurgisches Fach, wie die Gefäßchirurgie, zu begeistern. Wie eine rezente Umfrage jüngst zeigte, verlieren angehende Kolleg*innen während des Studiums zunehmend das Interesse an einer chirurgischen Weiterbildung, je mehr sie den tatsächlichen Arbeitsalltag kennenlernen [13, 14].

Weiterhin ist es schwierig, motivierten Nachwuchs zu gewinnen

Der Anspruch an angehende Gefäßmediziner*innen ist groß, entsprechend groß auch der Anspruch an die Weiterbildung als solche, die sich im Spannungsfeld zwischen theoretischen praktischen und akademischen Anforderungen und Aufgaben bewegt.

Um besser einordnen zu können, wie von den in der DGG organisierten Assistenzärzt*innen die Weiterbildung am eigenen Standort eingeschätzt wird, führten wir eine umfassende Umfrage durch, die teilweise auch die 2017 gestellten Fragen enthielt. Das eingefangene Stimmungsbild soll dabei helfen, strukturelle Probleme zu identifizieren, Verbesserungspotenzial aufzuzeigen und letztlich dazu dienen, die Qualität der gefäßchirurgischen Weiterbildung in Deutschland zu verbessern.

Methodik

Für die Erstellung der Umfrage wurde das Tool SurveyMonkey (Symphony Technology Group, Palo Alto, CA, USA) verwendet und die Umfrage per E‑Mail an den Verteiler der Assistenzärzt*innen der DGG versendet. Die Fragen wurden vom Vorstand der DGG überprüft und basieren in Teilen auf denen der in der Gefäßchirurgie veröffentlichten Umfrage von September 2017. Der Fragebogen bestand aus einer Kombination von geschlossenen Fragen mit Ja/Nein-Antwortoptionen und Fragen, die mithilfe einer 5‑stufigen Likert-Skala beantwortet wurden. Die Ergebnisse wurden mithilfe von Microsoft Excel (Microsoft, Redmond, WA, USA) ausgewertet und Grafen mithilfe von GraphPad Prism (San Diego, CA, USA, V9) erstellt.

Ergebnisse

Umfragestruktur und Profil der Teilnehmer*innen

An der Umfrage, die an alle Mitglieder der DGG in Weiterbildung verschickt wurde, nahmen im Zeitraum vom 22.05.2023 bis 09.06.2023 81 Kolleg*innen teil. Bei 509 in Weiterbildung befindlichen Mitgliedern der DGG hatte die Umfrage einen Rücklauf im niedrigen zweistelligen Prozentbereich. An der Umfrage im Jahr 2017 nahmen mit 75 eine vergleichbare Zahl von Assistent*innen teil [16]. Das Durchschnittsalter in der vorliegenden Umfrage betrug 35 Jahre, am stärksten vertreten waren dabei die Jahrgänge 1988, 1990 und 1991 (12,4 %, 11,1 % bzw. 9,9 %). Der Anteil weiblicher Teilnehmer betrug 38,3 %. Der überwiegende Anteil der Teilnehmenden befand sich in der zweiten Hälfte der Weiterbildungszeit (Ausbildungsjahr 4: 12,4 %, Ausbildungsjahr 5: 11,1 % Ausbildungsjahr 6: 3 %).

Weiterbildungseinrichtungen

Der überwiegende Teil der Befragten gab an, entweder in Häusern der Maximalversorgung (49,3 %) oder Universitätskliniken (20,3 %) tätig zu sein (Abb. 1). Keiner der Befragten gab an, aktuell in der Niederlassung zu arbeiten. Die durchschnittliche Bettenzahl der Weiterbildungseinrichtungen betrug in 44,4 % 21–30 und in 27,1 % 31–40 Betten. In den weitaus meisten Weiterbildungsstätten bestand die Möglichkeit zur Intensiv- und Notfallaufnahme-Rotation (87,7 % bzw. 91,3 %). Zudem verfügte die weitaus größte Zahl der Ermächtigten den vollen bzw. nahezu vollen Umfang der Weiterbildungsermächtigung für Gefäßchirurgie (85,2 % für 48 Monate vs. 7,4 % für 36 Monate).

Abb. 1
figure 1

Angaben über Art der Weiterbildungseinrichtung

49,3 % der Befragten arbeiteten in Häusern der Maximalversorgung

Die Größe der Teams war sehr unterschiedlich. So wurde die Anzahl der weiteren Assistenzärzt*innen in den Abteilungen in 31,1 % mit 1–2, bzw. 3–4 in 27,1 % der Fälle angegeben. In 18,5 % der Fälle waren die Teams mit mehr als 6 weiteren Kolleg*innen in Weiterbildung angegeben, während die Zahl der Ober- und Fachärzt*innen meist zwischen 3–4 (42 %) bzw. 4–6 (24,7 %) lag.

Arbeits- und Dienstzeitmodelle

Die große Mehrheit der Befragten gab an, in Vollzeit zu arbeiten (89,9 %), während 8,9 % in Teilzeit arbeiteten. Eine Person befand sich zum Zeitpunkt der Umfrage in Elternzeit.

Eine Teilzeitbeschäftigung für einen bestimmten Zeitrahmen innerhalb der Weiterbildung wäre für 38,3 % der Befragten wünschenswert, während 29,6 % sich eine dauerhafte Beschäftigung in Teilzeit vorstellen könnten. Ungefähr ein Drittel der Befragten gab kein Interesse an einer Teilzeitbeschäftigung an (32,1 %) (Abb. 2). In einer fortführenden Frage nach dem gewünschten Arbeitszeitanteil bei Teilzeit auf bestimmte Zeit, gaben die meisten Befragten an, 80 % bzw. 75 % Teilzeit arbeiten zu wollen (29 % bzw. 19,6 %), ähnlich verteilt zeigten sich die Wünsche, wenn die Arbeit dauerhaft in Teilzeit ausgeübt würde (80 % Teilzeit 41,7 %; 75 % Teilzeit 20,8 %).

Abb. 2
figure 2

Angaben zum Interesse an Teilzeitbeschäftigung

Die durchschnittliche Dienstbelastung wurde von der Mehrzahl der Befragten (49,1 %) mit 4–5 Diensten pro Monat angegeben, gefolgt von 6–8 Diensten (25,9 %) bzw. 1–3 Diensten (19,8 %). Die Dienste werden dabei in den meisten Fällen als Bereitschaftsdienst (58 %) oder eine Kombination aus verschiedenen Dienstformen (24,7 %) ausgeführt.

Weiterbildungsstruktur

In Bezug auf die Struktur der Weiterbildung gaben 53,1 % der Befragten an, dass in unregelmäßigen Abständen Weiterbildungsgespräche durchgeführt würden, während dies bei 21 % der Befragten regelmäßig der Fall war. Ebenfalls 21 % gaben an, dass keine Weiterbildungsgespräche stattfänden, bzw. diese geplant würden, dann aber nicht durchgeführt würden (4,9 %). Insgesamt wird die Relevanz von Weiterbildungsgesprächen sehr heterogen bewertet. In unserer Umfrage gab die Mehrheit der Befragten (39,5 %) an, dass die Relevanz gering, bzw. mäßig (14,8 %) oder nicht vorhanden sei (3,7 %), während 28,4 % der Befragten die Relevanz hoch einschätzten. Ein ganz überwiegender Teil der Befragten gab zudem an, sich mehr strukturiertes Feedback zu wünschen (76,5 %).

43,2 % der Befragten würden Ihre Weiterbildungseinrichtung nicht weiterempfehlen

Im Hinblick auf ein strukturiertes Weiterbildungscurriculum gaben 21 % an, dass ein solches existiere und weitestgehend umgesetzt würde. 32,1 % gaben an, dass in ihren Weiterbildungsstätten ein Curriculum vorhanden sei, dieses aber nicht umgesetzt würde, während 30,9 % angaben, dass kein entsprechendes Curriculum existieren würde. Keiner der Befragten gab an, dass ein bestehendes Curriculum vollständig umgesetzt würde.

Der überwiegende Teil der Weiterbildung wird von Oberärzt*innen (50,6 %) oder Chefärzt*innen (18,5 %) übernommen. 24,7 % gaben an, dass sich Anteile gleichermaßen auf verschiedene Gruppen (inkl. Weiterbildungsassistent*innen und Fachärzt*innen) verteilen würden.

Zusammenfassend wurde die Frage nach der Zufriedenheit im Hinblick auf Qualität der Weiterbildung gemischt beantwortet. Während 9,9 % angaben, unzufrieden zu sein, gaben 30,7 % an mäßig bzw. wenig zufrieden zu sein. 21 % gaben an zufrieden zu sein und 18,5 % gaben an sehr zufrieden zu sein.

Letztlich würden 55,6 % der Befragten ihre Weiterbildungseinrichtung weiterempfehlen, 43,2 % würden dies nicht tun.

Chirurgische Weiterbildung

Zwecks Evaluation der operativen Fähigkeiten wurden die Umfrageteilnehmer gebeten einzuschätzen, wie sicher sie sich bei der Durchführung von offenen und endovaskulären Eingriffen, differenziert nach peripheren und aortalen Eingriffen, fühlen. Die Ergebnisse dieser Evaluierung werden in Tab. 1 präsentiert. Darüber hinaus, gaben in der vorliegenden Umfrage etwa 70 % der Weiterbildungsassistent*innen an, weniger als 10-mal pro Monat im Operationssaal eingesetzt zu werden, während 20 % maximal 5‑mal pro Monat operative Tätigkeiten durchführen. Etwa 59 % der befragten Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten werden weniger als 5‑mal pro Monat als Erstoperateur*innen eingesetzt.

Tab. 1 Selbsteinschätzung der eigenen chirurgischen Fertigkeiten. Zahlangaben sind in absoluten Zahlen n (%) angegeben

In Bezug auf die Überprüfung der praktischen bzw. theoretischen Fertigkeiten gab die überwiegende Mehrheit der Befragten an, dass es keine Testate, MiniCex oder vergleichbare Maßnahmen in ihren Weiterbildungseinrichtungen gäbe (Keine Überprüfung von diagnostischen und klinischen Fähigkeiten 79 %, keine Überprüfung praktischer Fertigkeiten in und außerhalb des OP 80,3 %).

Wissenschaftliches Arbeiten in der Weiterbildung

Weiter wurde erfragt, inwieweit Assistent*innen, während der Weiterbildung geschützte Zeit für wissenschaftliches Arbeiten gewährt wird.

29,6 % gaben an, zeitlich definierte Freiräume für Forschungszwecke als wichtig einzustufen bzw. eher wichtig (30,9 %), während 14,8 % sie gar als unverzichtbar bewerteten. Etwa ein Fünftel der Teilnehmenden (21 %) hielten diese für eher unwichtig, bzw. irrelevant (3,7 %). Die deutliche Mehrheit der Kolleg*innen gab an, bisher keine Freistellung von klinischen Aufgaben zu Forschungszwecken erhalten zu haben (80,3 %). Knapp 10 % gaben an, stundenweise freigestellt zu werden (9,9 %), die Freistellungen für längere Zeiträume wie Tage bis Monate bewegten sich jeweils im niedrig einstelligen Prozentbereich (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Angaben zu dezidierten Forschungszeiten

Generell wurde die Vermittlung wissenschaftlicher Kompetenzen, daher die Einordnung von und das Arbeiten mit wissenschaftlichen Publikationen, sowie das eigenständige wissenschaftliche Arbeiten, von der Mehrzahl der Teilnehmenden als wichtig (32,1 %), eher wichtig (40,7 %) bzw. unverzichtbar (11,1 %) eingestuft.

Diskussion

Die Weiterbildung im Fach Gefäßchirurgie in Deutschland bietet eine gut strukturierte Basis für die berufliche Entwicklung des eigenen Nachwuchses. In der Umfrage gaben 85 % der Teilnehmer an, dass ihre Klinik über eine Ermächtigung für die gesamte Weiterbildungsdauer von 48 Monaten verfügt. Darüber hinaus bieten die meisten Zentren die Möglichkeit einer Rotation auf Intensivstationen und in Notaufnahmen an, was eine strukturierte und langfristige Weiterbildung an den meisten Standorten grundsätzlich ohne Standortwechsel ermöglicht.

Die Weiterbildung ist überwiegend ohne Standortwechsel möglich

Von den Umfrageteilnehmern gaben 87,7 % an, dass eine Rotation in der Notaufnahme in ihrem Zentrum möglich ist, während 91 % die Möglichkeit haben, eine Rotation auf der Intensivstation durchzuführen.

Dadurch wird eine ganzheitliche Betrachtung der Patientenversorgung mit Beleuchtung eines breiten Spektrums der Gefäßchirurgie ermöglicht.

Operieren will gelernt sein

Die Bedeutung operativer Fertigkeiten für die Weiterbildung in einem chirurgischen Fach ist unbestritten. Besonders für die Gefäßchirurgie sind umfangreiche Kenntnisse der Zugangswege, endovaskuläre Materialkunde und hybride feinmotorische Fertigkeiten wichtig. Dennoch gestaltet sich der Weg in den Operationssaal, wo diese technischen Kompetenzen demonstriert, angewendet und geübt werden, aus sehr unterschiedlichen Gründen schwierig [1]. Wie oben erwähnt, werden etwa 60 % der Teilnehmenden weniger als 5‑mal pro Monat als Erstoperateur*innen im Saal eingesetzt.

Der Zeitmangel im Operationssaal spiegelt sich in der subjektiven Einschätzung der eigenen operativen Fertigkeiten wider. Gemäß Tab. 1 zeigt sich, dass die Mehrheit der Befragten selbst in den letzten Weiterbildungsjahren nur mit aktiver Unterstützung Eingriffe an den peripheren Gefäßen durchführen würde. Im 6. Weiterbildungsjahr beispielsweise würden 47,6 % der Teilnehmenden nur unter direkter Supervision offene Eingriffe an peripheren Gefäßen durchführen und 61,9 % bräuchten aktive Unterstützung für endovaskuläre Behandlungen an den Extremitäten. Das Vertrauen in die eigenen operativen Fähigkeiten wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter auch die chirurgische Erfahrung [8].

Lediglich 20 % sind mit der Qualität ihrer Weiterbildung zufrieden

In einigen Fällen wird die Zuweisung zum Operationssaal während der regulären Arbeitszeit durch die Dienstbelastung weiter eingeschränkt. 30 % der Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten, die an dieser Umfrage teilnahmen, berichten von mehr als 6 Diensten pro Monat, während 5 % mehr als 8 Dienste haben. Da die Dienste in den meisten Zentren als Bereitschaftsdienste abgeleistet werden, sind die OP-Tage der Weiterbildungsassistent*innen durch den Freizeitausgleich am darauffolgenden Tag verringert. Diese Daten in Verbindung mit der geringen Anzahl an operativen Eingriffen könnten eine mögliche Erklärung dafür sein, dass viele Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten von einer empfundenen mangelnden beruflichen Entwicklungsmöglichkeit berichten. Lediglich etwa 20 % der Teilnehmenden sind mit der Qualität ihrer praktischen Weiterbildung zufrieden.

Die Implementierung eines Konzepts zur operativen Weiterbildung des assistenzärztlichen Teams kann potenzielle Lösungsansätze für leitende Ärzte bieten. Das Konzept beinhaltet eine aktive Verteilung der relevanten Eingriffe entsprechend dem Ausbildungsstand sowie regelmäßige Überprüfung des Lernerfolgs. Durch die Anwendung etablierter Prüfformate wie dem mini-clinical evaluation exercise (MiniCEX) und der direkten Beobachtung von praktischen Fähigkeiten (DOPS) können Kompetenzen und potenzielle Schwächen identifiziert und angesprochen werden [9, 10].

Einen speziellen Bereich der gefäßchirurgischen Weiterbildung stellen aortale Eingriffe dar. Aufgrund der Dominanz der endovaskulären Therapieoptionen werden offene Verfahren an der Aorta immer seltener demonstriert und gelehrt. Da eine praxisnahe Übung der technischen Fertigkeiten, welche für die offene Aortenchirurgie erforderlich sind, heutzutage unrealistisch scheint, könnten alternative moderne Lernmethoden wie Simulatoren und Anatomy Labs sichere und effektive Möglichkeiten zur Sammlung operativer Erfahrungen in einer realitätsnahen Umgebung bieten, ohne dabei das Patientenwohl zu gefährden [4, 12]. Diese Trainingmodalitäten sind nicht nur im Bereich der aortalen Chirurgie begrenzt: Simulatoren für endovaskuläre periphere Prozeduren sind am meisten verbreitet und werden weltweit von Ärzt*innen in Weiterbildung als zuverlässige Hilfsmittel für die Akquisition von chirurgischen Fähigkeiten wahrgenommen [3, 7].

Besonders während der fortgeschrittenen Phase der Weiterbildung bieten Rotationen in spezialisierten Zentren die Gelegenheit, vielfältige chirurgische Verfahren kennenzulernen. Die DGG kann dazu beitragen, die Vernetzung der Kliniken zu intensivieren und die Umsetzung solcher Rotationsprogramme in diesem Kontext zu unterstützen.

Weiter könnte es hilfreich sein, etablierte Konzepte, wie das gezielte Assistieren der Auszubildenden in Teilschritten von standardisierten Operationsverfahren, wie z. B. Karotis- oder Femoralisgabel-Thrombendarteriektomie, zu explorieren. Dieses Konzept ist etwa in der Allgemein- und Viszeralchirurgie für verschiedene Eingriffe je nach Ausbildungsstand der Auszubildenden definiert und wissenschaftlich begleitet umgesetzt worden [6].

Rotationen ermöglichen vielfältige chirurgische Verfahren kennenzulernen

Ein entsprechendes Konzept scheint für die Gefäßchirurgie ebenfalls sinnvoll umsetzbar und kann helfen, Ausbildungsstandards in Deutschland erfolgreich anzugleichen.

Teilzeitmodelle explorieren – der Bedarf ist enorm

Die vorliegenden Umfrageergebnisse lassen vermuten, dass es einen relevanten Wunsch nach Teilzeitmodellen innerhalb der Assistentenschaft gibt. In der vorgehenden Umfrage von 2017, gaben 41,3 % der Befragten an, Interesse an einer vorübergehenden Teilzeittätigkeit zu haben. In der aktuellen Umfrage gaben in Summe fast 2/3 der Befragten an, entweder dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit in Teilzeit arbeiten zu wollen. Dies legt einen steigenden Bedarf für Teilzeitmodelle nahe, die unter anderem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern und gleiche Möglichkeiten anbieten – besonders für Kollegen*innen mit Familie oder Kinderwunsch. Fest steht jedoch auch, dass diese sinnvoll in bestehende Strukturen eingebettet werden müssen. Aktuell arbeiten vielerorts junge Kolleg*innen mit sog. Opt-out-Verträgen, wodurch die natürliche Stundenzahl pro Woche deutlich angehoben werden kann. Damit entspricht der Arbeitsumfang allerdings kaum mehr einer 100 %, sondern vielmehr einer 130 % Stelle. In diesem Kontext könnte sich in dem Wunsch nach Teilzeit auch vielmehr der Wunsch nach regulären 40 h pro Woche äußern, welche aufgrund der oft zahlreichen Überstunden kaum erreichbar erscheint. Hier gilt es, letztlich das ärztliche Personal zu entlasten, etwa durch Reduktion der bürokratischen Aufgaben oder Delegierbarkeit von Aufgaben und Schaffung ausreichender Personalbesetzungen. Ein Lösungsansatz können hier Physician-Assistent-(PA‑)​Stellen bieten, wie sie schon seit Jahren z. B. in den USA und den Niederlanden eingesetzt werden und insbesondere Assistenzärzt*innen bei alltäglichen Arbeiten unterstützen und Arbeitsabläufe innerhalb der Abteilungen optimieren [2]. Aktuell werden an verschiedenen gefäßchirurgischen Kliniken in Deutschland Erfahrungen mit PAs gesammelt. Während in vielen Fachrichtungen und Ländern der Nutzen dieser Stellen bereits bestätigt wurde [5, 15], sollten in Zukunft auch in Deutschland entsprechende Auswertungen erfolgen, um die Rolle von PAs in der Versorgung von Gefäßpatienten zu evaluieren.

Der Anspruch an erfolgreiche Teilzeitmodelle sollte sein, eine faire Arbeitsverteilung auf Voll- und Teilzeitarbeitende zu ermöglichen. Hier kann die DGG vorangehen und erfolgreiche Modelle, die bereits in deutschen Kliniken Anwendung finden, vorstellen und diskutieren. Letztlich kann so ein wesentlicher Beitrag geleistet werden, dass nicht noch mehr Personal aufgrund zu hoher Arbeitsbelastung in andere Fächer oder Berufsfelder abwandert und der Beruf auch für kommende Generationen von Studierenden attraktiv ist.

Erfolgreiche Forschung braucht geschützte Zeiträume

Die Befragung zeigt, dass etwa ¾ der Weiterbildungsassistent*innen geschützte Zeit für Forschungsinhalte als wichtig erachtet, diese jedoch für 80 % der Befragten nicht, bzw. lediglich stundenweise, angeboten wird. Hier gilt es zu fragen, warum diese Zeit nicht gewährt bzw. nicht aktiver seitens der Assistentenschaft eingefordert wird. Abhilfe könnten Clinician-Scientist-Programme bieten. Nach einer Umfrage des deutschen Fakultätentags, sind derartige Programme an fast allen medizinischen Hochschulen verfügbar [11]. Die Programme können helfen, Abteilungen zu entlasten, da Personalausfälle durch Forschungsrotant*innen seitens der Fakultäten gegenfinanziert werden.

Abhilfe bieten Clinician-Scientist-Programme

Gleichzeitig werden flexible Zeitmodelle für Forschende ermöglicht, etwa durch Wochen-, quartal- oder halbjährliche Zeitblöcke, sodass die klinische Weiterbildung nicht zu weit in den Hintergrund rückt. Dieser Aspekt gewinnt insbesondere bei Kolleg*innen mit Familie an Bedeutung: Flexible und geregelte Arbeitszeiten unterstützen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Infrastrukturen liegen dabei an den meisten Universitäten parat – es gilt lediglich, sie auch in chirurgischen Fächern zu nutzen, um den eigenen Nachwuchs wissenschaftlich breit aufzustellen. So kann in den kommenden Jahren gewährleistet werden, dass ausreichend wissenschaftlicher Nachwuchs bereitsteht, um gefäßchirurgischen Forschungsfragen nachzugehen, die akademische Gefäßchirurgie zu repräsentieren und Lehrstühle neu zu besetzen oder gar neue gefäßchirurgische Lehrstühle entstehen zu lassen.

Strukturierte Weiterbildung

Die Ergebnisse der Umfrage verdeutlichen, dass eine standardisierte und strukturierte Weiterbildung sowie eine regelmäßige Evaluation des Bildungsstands durch regelmäßige Weiterbildungsgespräche und Lernerfolgskontrollen von den meisten Befragten als wichtig erachtet werden (76 %). Allerdings zeigt sich, dass in vielen Fällen kein strukturiertes Curriculum vorhanden ist (30,9 %) bzw. – wenn vorhanden – in vielen Kliniken nicht konsequent durchgeführt wird (32 %). 2017 wurde in 79 % der Fälle geantwortet, dass kein strukturiertes Weiterbildungskonzept vorläge, daher lassen die aktuellen Zahlen zumindest einen positiven Trend erkennen.

Aktive Beteiligung an den Entwicklungsprozessen einer strukturierten Weiterbildung

Die jährlichen Weiterbildungsgespräche bieten den Assistenzärzt*innen die Möglichkeit, diese Probleme anzusprechen. Allerdings geben nur 21 % der Befragten an, dass regelmäßige Weiterbildungsgespräche stattfinden und 39,5 % empfinden diese Gespräche als nicht relevant. In der vorangegangenen Umfrage wurden bei etwa 70 % der Befragten regelmäßige Weiterbildungsgespräche durchgeführt.

Hier könnte effektiv eingewirkt werden, indem Entwürfe für die curriculare Weiterbildung entwickelt werden. Hier kann der Facharztkatalog als Vorlage für die Kernkompetenzen in jedem Weiterbildungsjahr dienen. Diese Entwürfe könnten als Leitfaden für die klinikinternen Regelungen dienen. Ein solches System würde nicht nur den Klinikleiter*innen Unterstützung bieten, sondern auch den Assistenzärzten helfen, ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und den Fokus jedes Weiterbildungsabschnitts entsprechend anzupassen. Der Lerneffekt kann durch die Vernetzung der Kliniken maximiert werden: Rotationen in spezialisierten Zentren sowohl in Deutschland als auch international können insbesondere in den letzten Jahren der Weiterbildung Einblicke in verschiedene chirurgische Verfahren und Aspekte der Gefäßchirurgie ermöglichen. Dies kann nicht nur den angehenden Fachärzten als Orientierungshilfe dienen, sondern auch eine ganzheitliche Weiterbildung komplettieren.

Zusammenfassend gab mit 56 % lediglich etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, ihre Weiterbildungsstelle Freunden weiterzuempfehlen. 2017 war die gleiche Frage von etwa 70 % positiv beantwortet worden. Hier wird eine abnehmende Zufriedenheit mit der Ausbildung eine Assistentengeneration später ersichtlich.

Generell ist anzumerken, dass die vorliegende Umfrage nur einen überraschend kleinen Anteil der deutschen Assistentenschaft repräsentiert. Bei etwa 15 % Rückläufern aus etwas mehr als 500 in der DGG registrierten Assistenzärzt*innen fällt es schwer, abschließende Bewertungen aus der Umfrage mitzunehmen. Auch scheint der Anteil an Teilnehmenden aus Universitätskliniken, bzw. Maximalversorgern mit knapp 70 % überproportional für die tatsächliche Verteilung der Assistenzärzte in Deutschland. Hier gilt es, die Assistentenschaft mehr für Themen die eigene Weiterbildung betreffend zu sensibilisieren und daran zu appellieren, selbst an Entwicklungen mitzuwirken. Hier wollen die Autoren gerne auf die Arbeit des jungen Forums verweisen, die von Partizipation lebt.

Zusammenfassung

Für die deutsche Gefäßchirurgie ist die Sicherung von motiviertem und qualitativ gut ausgebildetem Nachwuchs in ausreichender Zahl essenziell, um sich angesichts kritischer Veränderungen in den kommenden Jahren stabil zu positionieren. Hierbei gilt es mutig zu sein und alternative Arbeitszeitmodelle für Work-Life-Balance und wissenschaftliches Arbeiten zu explorieren. Eine strukturierte Ausbildung ist dabei ein Kernanliegen, um Kompetenzen aufzubauen und somit selbstständige und fähige junge Gefäßchirurg*innen auszubilden. Konzepte zur Verbesserung der Weiterbildungsbedingungen sollten deshalb stetig mitgedacht werden und ein zentrales Anliegen der Aus- und Weiterbilder darstellen.

Fazit für die Praxis

  • Die vorliegende Umfrage zeigt Optimierungspotenziale in der Weiterbildung hinsichtlich der Strukturierung der Weiterbildung und der Work-Life-Balance auf. Dies schließt auch alternative Arbeitszeitmodelle und geschützte Forschungszeiten ein.

  • Die Anwendung etablierter Prüfformaten wie MiniCEX und DOPS können Kompetenzen und potenzielle Schwächen der Ärzt*innen in Weiterbildung identifiziert und helfen, das Vertrauen an die eigenen chirurgischen Fähigkeiten zu stärken.

  • Die Entlastung des ärztlichen Personals durch Delegierung von Aufgaben an Physician Assistants kann die Arbeitsabläufe optimieren und den Beruf auch für kommende Generationen von Studierenden attraktiv machen.

  • Die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses durch geschützte Forschungszeiträume und Clinical-Scientist-Programme sorgt für die Zukunft der akademischen Gefäßchirurgie.

  • Synergien zwischen den Krankenhäusern können den Assistenzärzt*innen Einblicke in das gesamte Spektrum der Gefäßchirurgie ermöglichen.