Hinführung zum Thema

Im vorliegenden Manuskript wird die Entwicklung eines neuen Behandlungskonzepts für thorakoabdominelle Aortenpathologien mit einer Hybridprothese von der Idee bis zur ersten Implantation am Patienten beschrieben.

Basierend auf der Thoraflex®-Hybridprothese wurde die Thoracoflo®-Hybridprothese entwickelt. Ein Stentgraft mit angeschlossener 7‑armiger Dacron-Prothese wird von abdominell über einen retroperitonealen Zugang ohne Thorakotomie in die Aorta eingebracht. Durch retrograde viszerale Perfusion kann durch kurze Ischämiezeiten auf eine Herz-Lungen-Maschine verzichtet werden.

Einleitung

Trotz erheblicher Fortschritte bei endovaskulärer und offen-chirurgischer Versorgung thorakoabdomineller Aortenpathologien, insbesondere auch in der Organprotektion und der Prävention spinaler Ischämien, sind diese Eingriffe nach wie vor eine große Herausforderung [1, 2, 4, 8,9,10, 13,14,15].

Die Notwendigkeit der Thorakotomie mit Einlungenbeatmung, die Klemmung der thorakalen Aorta und der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) zur selektiven Organprotektion bei der konventionellen offen-chirurgischen Versorgung stellen dabei oft erhebliche Risiken für perioperative Komplikationen dar.

Hybridverfahren mit offen-chirurgischer Versorgung der Viszeralarterien (VA) durch extraanatomischen Bypass und endovaskulärer Versorgung der thorakoabdominellen Aorta mit Überstentung der Ostien der VA wurden zur Vermeidung einer Thorakotomie und der HLM entwickelt. Jedoch zeigten sich auch hier keine wesentlichen Verbesserungen der perioperativen Morbidität und Mortalität im Vergleich zur konventionellen offenen Operation [3, 12].

Basierend auf der Thoraflex®-Hybridrothese (Vascutek Ltd., Glasgow, UK) [16, 17] wurde die Thoracoflo®-Hybridprothese zur Versorgung thorakoabdomineller Aortenpathologien entwickelt [5,6,7, 18]. Bevor die neue Hybridprothese am Menschen implantiert werden konnte, erfolgte eine systematische In-vitro- und In-vivo-Testung am Großtiermodell. Basierend auf den Ergebnissen wurde die Prothese modifiziert und optimiert, um die Implantation möglichst zu vereinfachen und die Risiken zu minimieren. Im Folgenden wird die Entwicklung der neuen Hybridprothese von der Idee bis zur ersten Implantation an einer Patientin beschrieben.

Material und Methoden

Evaluation am Ex-vivo-Modell

Der initiale Prototyp der neuen Hybridprothese wurde zunächst in einer Machbarkeitsstudie am Flussmodell in 3‑D gedruckten Aortenmodellen getestet. Exemplarisch wurden CT-Bilder von Patienten mit thorakoabdominellen Aortenpathologien, für den 3‑D-Druck selektiert. Voraussetzung war eine ausreichende Landezone in der thorakalen Aorta, die entweder in der nativen Aorta oder in einem Stentgraft zu liegen kommen sollte.

Die Aortenmodelle wurden an eine Pumpe angeschlossen, die einen modulierbaren pulsatilen Fluss erzeugen konnte (Abb. 1). Evaluiert wurde hier die technische Machbarkeit der Prothesenfreisetzung unter Flussbedingungen sowie die Handhabung bei der Freisetzung durch 3 offen-chirurgisch und endovaskulär erfahrene Chirurgen.

Abb. 1
figure 1

Ex-vivo-Model mit modulierbarer pulsatiler Pumpe, in den ein 3‑D-Ausdruck eines Aortenaneurysmas eingebunden wurde. Die Prothesenimplantation erfolgte über einen präformierten Gummischlauch auf Höhe des Tr. coeliacus

In-vivo-Testung am Großtiermodell

Die neu entwickelte Hybridprothese wurde daraufhin in-vivo am Großtiermodell getestet und den Ergebnissen entsprechend weiter modifiziert. Hierzu eignet sich das Schweinemodell (Deutsches Hausschwein, 80 ± 6 kg, n = 30) aufgrund der anatomischen Verhältnisse sehr gut. Für die Prothesenplanung wurde exemplarisch eine CT-Angiographie an einem Schwein durchgeführt.

Die Untersuchungen wurden im Großtierlabor am Universitären Herz- und Gefäßzentrum in Hamburg durchgeführt. Die Studie wurde entsprechend den Anforderungen der „Position of the American Heart Association on research animal use“ (Circulation, April 1985) und von der Ethikkommission genehmigt (AZ101/15).

Narkose und Instrumentierung

Die Schweine wurden intravenös narkotisiert, endotracheal intubiert, druckkontrolliert beatmet und heparinisiert. Zur Blutdrucküberwachung und Gewinnung arterieller Blutgasanalysen wurde eine Schleuse in die Karotis gelegt. Zentraler Venendruck, pulmonalarterieller Druck und Wedge-Druck wurden mittels Swan-Ganz-Katheter (Pulsion, Munich, Germany) überwacht. Über einen PiCCO-Katheter in der linken Femoralarterie wurden das Herzzeitvolumen, der systemische vaskuläre Widerstand und der periphere Blutdruck gemonitort. Für die Quantifizierung der Organperfusion mit der Fluoreszenz-Mikrosphärentechnik (FM) wurde ein Katheter im linken Vorhof und ein Pigtail-Katheter in die Aorta descendens vorgeschoben [6, 7, 12].

Der Blutfluss der VA und Iliakalarterien (IA) wurde mit einer Ultraschall-Flusssonde bestimmt.

Versuchsprotokoll und hämodynamische Messungen

Die hämodynamischen Parameter wurden kontinuierlich überwacht und aufgezeichnet. Blutgasanalysen und Blutfluss wurden vor Implantation, nach Implantation der thorakalen Stentgraft-Komponente und Freigabe der retrograden viszeralen Perfusion, nach vollständiger Prothesenimplantation mit Anastomose aller Seitenarme und nach einer 6‑stündigen Beobachtungsphase dokumentiert. Ebenso wurde nach 6 h eine Abschlussangiographie durchgeführt.

Die Quantifizierung der Organperfusion von Leber, Niere, Darm und Rückenmark mit der FM erfolgte vor und nach vollständiger Prothesenimplantation sowie nach 6‑stündiger Beobachtung.

Die Hybridprothese wurde abschließend explantiert und fotografiert. An zwei zufällig ausgewählten Tieren jeder Versuchsgruppe wurde abschließend eine postmortale CT-Angiographie durchgeführt.

Fluoreszenz Mikrosphären zur Quantifizierung der Organperfusion

Fluoreszenzmikrosphären wurden zu jedem Messzeitpunkt über den linken Vorhof appliziert [5, 6, 11, 18]. Gleichzeitig erfolgte die Entnahme einer Referenzblutprobe über den Pigtail-Katheter in der Aorta descendens. Nach Euthanasie wurde ein Leberlappen, beide Nieren, 30 cm Dünndarm und das Rückenmark entnommen und in Formalin konserviert.

Die Verarbeitung der Proben zur Quantifizierung der Perfusion erfolgte mittels Spektrofluorimetrie analog zu der Methode von Glenny et al. [11].

Prototyp der Hybridprothese (SPIDER-Graft Generation 1)

Die Hybridprothese wurde in Anlehnung an den „reversed frozen elephant trunk“ (Thoraflex®, Fa. Vascutek Ltd., Glasgow, Schottland) zusammengesetzt (Abb. 2; [5, 6, 16,17,18]).

Abb. 2
figure 2

SPIDER-Graft-Prototyp mit proximal beringter Stentgraft-Komponente, verbunden mit einer 7‑armigen Dacron-Y-Prothese (4 Arme für die Viszeralgefäße, jeweils 6 mm, 2 für die Iliakalgefäße, jeweils 8 mm und ein zusätzlicher Seitenarm für das Einführsystem). Zwischen beiden Komponenten ist der „Splitter“ für die Peel-away-Schleuse sichtbar. (Aus [18], mit freundlicher Genehmigung von Elsevier)

Durch einen zusätzlichen Zugangsarm am Hauptkörper wird das Einführungssystem des Stentgrafts geleitet. Die thorakale Stentgraft-Komponente ist an der Spitze mit 4 paarigen Häkchen (Hooks) ausgestattet. Er ist über eine Sienna-Halsmanschette mit dem Hauptkörper verbunden.

Implantation des Prototyps der Hybridprothese

Die Technik der Prothesenimplantation und -freisetzung wurde von uns ausführlich beschrieben [5, 6, 18]. Die abdominelle Aorta mit ihren Abgängen wird über einen retroperitonealen Zugang freigelegt. Zunächst erfolgt die temporäre End-zu-Seit-Anastomose des rechten iliakalen Prothesenschenkels an die distale Aorta oder die rechte IA. Für die Implantation des thorakalen Stentgrafts erfolgt eine Reduzierung des Herzzeitvolumens durch „In-flow-Okklusion“, im Tiermodell durch Kompression der V. cava inferior. Die Implantation der Stentgraft-Komponente erfolgt über das Ostium des Tr. Coeliacus (TC), der an der nach Punktion durch Schnittinzision erweitert wird. Zur Prävention einer Blutung erfolgt eine Tabaksbeutelnaht an der Aorta.

Dies kann unter transösophagealer Echokontrolle ohne Durchleuchtung erfolgen. Die Peel-away-Schleuse wird zurückgezogen und der proximale Fixierdraht wird entfernt. Dann wird der Splitter entfernt und der Handgriff über den Zugangsschenkel herausgezogen. Danach wird die V. cava inferior wieder freigegeben. Nach Entlüftung und Spülung kann der Zugangsarm ggf. zur Reimplantation von Lumbalarterien (LA) genutzt werden. Der rechte Iliakalschenkel wird zur retrograden Perfusion der Viszeralorgane freigegeben. Dadurch kann auf eine selektive Organperfusion verzichtet werden (SPIDER-Technik).

Zur Prävention einer Blutung erfolgt eine Tabaksbeutelnaht an der Aorta

Anschließend werden die VA schrittweise mit den korrespondierenden Seitenarmen der Hybridprothese anastomosiert. Die Aorta wird erst zur Anastomose der Nierenarterien eröffnet.

Danach werden die beiden Iliakalschenkel mit den nativen IA anastomosiert. Die Sienna-Halsmanschette wird zur Prävention einer Migration des Stentgrafts an der nativen Aortenwand verankert.

Erstimplantation am Patienten

Bei einer 56-jährigen Loeys-Dietz-Patientin lag ein dissezierendes thorakoabdominelles Aortenaneurysma vor. Vorausgegangen war eine mechanische Klappenrekonstruktion sowie eine f‑TEVAR mit Karotis-Subklavia-Bypass 2018. Zwei Tage vor der Implantation der Thoracoflo®-Prothese erfolgte die Coilembolisation von Segmentarterien, im Bereich des thorakolumbalen Übergangs. Über einen links retroperitonealen Zugang erfolgte dann eine End-zu-Seit-Anastomosierung eines Iliakalschenkels auf die linke A. iliaca communis, Über den TC erfolgte die Punktion und Insertion des stenttragenden proximalen Prothesenanteils in die thorakale Aorta und deren kontrollierte Freisetzung mit In-flow-Okklusion. Nach Entlüftung des Grafts wurde ein retrograder Blutfluss der Aorta etabliert und sodann schrittweise die VA End-zu-End mit den Seitenarmen des Grafts anastomosiert. Für die rechte NA-Anastomose erfolge das Ausklemmen der Aorta und deren Eröffnung. Rückblutende LA wurden reanastomosiert, und schließlich die Iliakalschenkel beide End-zu-End angeschlossen.

Ergebnisse

Evaluation am Ex-vivo-Modell

Im Rahmen der Testung am ex-vivo Perfusionsmodell zeigte sich, dass eine Optimierung der Steifigkeit des Stentgrafts erforderlich war, um die Prothese entgegen dem Fluss sicher freizusetzen und einer Migration vorzubeugen.

Bei der Implantation sollte der Blutfluss kurzfristig reduziert werden

Bei der Implantation sollte ferner der Blutfluss kurzfristig reduziert werden, (In-flow-Okklusion), um das Risiko eines Blutverlustes bei der Einführung und Freisetzung der Prothese zu minimieren. Bei sukzessiver Erhöhung der Flussrate nach Adaptation der einzelnen Prothesenschenkel kam es zu keiner Migration der Prothese.

In-vivo-Testung am Großtiermodell

Technische Machbarkeit und Hämodynamik bei der Implantation des Prototyps

In der Pilotstudie (n = 6) wurde der Prototyp der Hybridprothese am Schweinemodell erfolgreich implantiert. Der Zugang und die Anastomose des rechten iliakalen Prothesenschenkels waren problemlos möglich. Der mittlere arterielle Blutdruck konnte mit In-flow-Okklusion der V. cava inferior während der Implantation der Stentgraft-Komponente stabil gesenkt werden [5].

Es gestaltete sich das Einführen und Extrahieren der abgerundeten Spitze des Introducers in den TC schwierig und erforderte bei 2/3 der Tiere eine Stichinzision zur Erweiterung des Ostiums, um den Schaft komplett einführen zu können. Die Positionierung des thorakalen Stentgraft-Anteils in der thorakalen Aorta bis zur Halsmanschette des Grafts gelang sehr gut.

In der Pilotstudie gelang die komplette Implantation der Stentgraft-Komponente und Freigabe des Blutstroms über den Iliakalschenkel in weniger als 5 min [5]. Die Flussmessung an den VA und der rechten IA sowie die Quantifizierung der Organperfusion mittels FM bestätigte die suffiziente retrograde viszerale Perfusion (SPIDER-Technik) [5].

Die Ischämiedauer der Organe konnte dadurch erheblich reduziert werden [5]. Die Angiographie sowie die postmortale CT-Angiographie bestätigten eine korrekte Prothesenlage mit offenen Prothesenschenkeln.

Modifikationen des Prototyps der SPIDER-Graft-Hybridprothese

Basierend auf den Erfahrungen bei der Implantation des Prototyps erfolgte die weitere Modifikation und Testung der Hybridprothese (Abb. 3; [6, 18]).

Abb. 3
figure 3

Modifizierte SPIDER-Graft-Hybridprothese vor Implantation (links, Ansicht von ventral) und nach Freisetzung (rechts, Ansicht von dorsal): Die Spitze des Einführungssystems ist konisch geformt und für eine drahtgesteuerte Implantation optimiert. Die Anordnung der Seitenarme ist an die topographische Anatomie der Viszeralarterien angepasst. Der Zugangsarm wurde für eine Reimplantation der Spinalarterien als Safi-Loop verlängert und der Stentgraft-Abschnitt versteift. An den Enden der Seitenarme sind 3‑Wegehähne zur Erleichterung der Entlüftung fixiert

Die Spitze des Introducers („nose cone“) wurde konisch geformt und mit einem Seitenloch ausgestattet. Dies ermöglicht eine drahtgestützte Implantation in Seldinger-Technik über eine direkte Punktion der Aorta. Ferner ist so bei Dissektionen eine exakte und sichere Positionierung des Stentgrafts im wahren Lumen möglich.

Der Introducer ermöglicht eine drahtgestützte Implantation in Seldinger-Technik

Ferner wurde die Anordnung der Seitenarme modifiziert und an die topographische Anordnung der VA angepasst. Der konventionelle Hauptkörper und der Zugangsarm wurden verlängert, um sich den anatomischen Gegebenheiten besser anpassen zu können und die Entlüftung der Prothese zu vereinfachen. Der Zugangsarm kann bei Bedarf zur Anastomosierung von LA genutzt werden [18].

Durch Neuorientierung der Ringstentanordnung der thorakalen Stentgraft-Komponente wurde eine höhere longitudinale Steifigkeit erreicht. Auf zusätzliche proximale Hooks kann verzichtet werden, da die Prothese im Patienten überwiegend in einer bereits einliegenden thorakalen Stentgraft-Prothese (primäre TEVAR oder TEVAR Verlängerung nach „frozen elephant trunk“) verankert werden soll.

Diese Modifikationen wurden nach erneuter In-vitro-Testung nochmals nach vorab beschriebenem Protokoll in-vivo getestet (n = 12) und positiv evaluiert. Im Vergleich zur konventionell offenen Versorgung (n = 6) zeigte sich im Tiermodell neben einer signifikant reduzierten Ischämiezeit auch eine Verbesserung der spinalen Perfusion.

Die Ischämiezeit konnte signifikant gesenkt werden

Diese wurde mithilfe der FM quantifiziert und zeigte auch ohne Reimplantation der LA bereits bessere Perfusionswerte im Vergleich zur konventionellen operativen Versorgung (SPIDER-Technik) [5, 6, 18].

Erstimplantation am Patienten

Die o. a. Loeys-Dietz-Patientin hatte einen unauffälligen postoperativen Verlauf, wurde noch am Operationstag extubiert, und konnte am 2. postoperativen Tag auf der Normalstation weiterversorgt werden. Am 16. postoperativen Tag wurde sie nach Hause entlassen.

Diskussion

Die initiale Idee für die Thoracoflo®-Hybridprothese wurde aus dem „frozen elephant trunk“ – der Thoraflex®-Hybridprothese –, die bereits für die kombinierte Versorgung des Aortenbogens und die proximale Aorta descendens eingesetzt wird, abgeleitet [5,6,7, 16,17,18]. Eine Implantation der Thoraflex®-Hybridprothese zur thorakoabdominellen Aneurysmaausschaltung wurde im Sinne eines „reversed frozen elephant trunk“ in einer Notfallsituation einmalig erfolgreich durchgeführt. Jedoch eignet sich das Design der Prothese nicht für den routinemäßigen Einsatz am Patienten [7].

Um eine sichere Implantation und einen langfristigen Prothesenhalt zu gewährleisten, waren zahlreiche Modifikationen notwendig:

  • Der thorakale Stentgraft-Anteil muss auch gegen den Blutstrom sicher eingebracht und fixiert werden können (Neuanordnung der Ringstents, Implantation unter In-flow-Okklusion)

  • Auch langfristig sollte eine Migration der Prothese vermieden werden (Fixierung der Sienna-Halsmanschette)

  • Die korrekte Positionierung des Stentgrafts im wahren Lumen sollte gewährleistete sein. (Over-the-wire-Implantation unter Durchleuchtung oder transösophagealer Echokardiographie)

  • Die Handhabung der Prothesenfreisetzung sollte möglichst einfach sein (Modifizierung des „nose cone“, Verlängerung des Zugangsarms, Modifizierung des Splitters)

  • Das Konzept der retrograden viszeralen Perfusion sollte verifiziert werden, um auf eine selektive Organperfusion mit HLM verzichten zu können (SPIDER-Technik)

  • Die anatomischen Gegebenheiten der abdominellen Aorta sollten bei der Orientierung der viszeralen Prothesenschenkel berücksichtigt werden

  • Eine Reimplantation von LA sollte bei Bedarf ermögliche werden

Durch eine kombiniert endovaskuläre Versorgung der thorakalen Aorta und offen-chirurgische Versorgung der abdominellen Aorta in einer Sitzung sollte eine Thorakotomie inklusive thorakaler Aortenklemmung vermieden werden. Ferner sollte durch eine spezielle Implantationstechnik (SPIDER-Technik) eine selektive Organperfusion mit HLM vermieden werden [5, 6, 18].

Üblicherweise erfolgt bei der komplett offen-chirurgischen Versorgung während der thorakalen Aortenklemmung die distale Perfusion der VA und IA über eine HLM, die entweder über die Leiste oder als partieller Linksherzbypass erfolgt. Durch die Notwendigkeit der Vollheparinisierung erhöht sich das perioperative Blutungsrisiko. Ferner kommt es zu Verbrauch von Gerinnungsfaktoren und zu einer Komplementaktivierung mit konsekutiver kapillärer Leckage mit Ödembildung [1, 2, 9, 14, 15].

Ein Verzicht auf eine HLM könnte damit zum einen protektiv für eine spinale Ischämie sein, zum anderen könnten eventuelle Blutungskomplikationen vermieden werden.

Ein weiterer Vorteil der Hybridversorgung wäre eine Vermeidung der Thorakotomie und der thorakalen Aortenklemmung. Die Einlungenbeatmung und thorakale Nachblutungen im Präparationsgebiet könnten vermieden werden. Die Nachbeatmungszeit und das Risiko von Atelektasen mit konsekutiver Pneumonie könnte ebenfalls gesenkt werden. Bei bereits einliegendem thorakalem Stentgraft und bei großer Thrombuslast ist ferner eine thorakale Aortenklemmung häufig problematisch, die durch die Stentgraft-Versorgung vermieden werden könnte. Allerdings ist eine Voraussetzung für die optimale Versorgung mit der Thoracoflo®-Hybridprothese eine gute Landezone. Daher eignen sich als Kandidaten für die ersten Implantationen vornehmlich Patienten, die bereits mit TEVAR versorgt sind oder eine Aortenbogenversorgung mit der Option einer anschließenden thorakalen Stentgraft-Verlängerung erhalten haben.

Damit ist die Thoracoflo®-Hybridprothese nicht nur für Typ-IV-Aortenaneurysmen einsetzbar, sondern kann auch bei Patienten mit komplexen Dissektionsaneurysmen, Typ-II-Aortenpathologien und/oder Bindegewebserkrankung eingesetzt werden. Voraussetzung ist eine ausreichende Landezone in der thorakalen Aorta. Bei den ersten ausgewählten Patienten erfolgt die Implantation in eine thorakale Aortenprothese (TEVAR), die bis kurz vor das Ostium des Tr. coeliacus verlängert wird. Bei Patienten mit Bindegewebserkrankung und bereits operativer Versorgung des Aortenbogens (Z. n. mittels FET) ist hier ebenfalls eine thorakale Stentgraft-Versorgung zur Schaffung einer Landezone anzustreben.

Vor serienmäßiger Implantation werden aufgrund der Komplexität des Verfahrens ausgewählte Patienten in Zentren mit offen-chirurgischer und endovaskulärer Expertise zur Versorgung thorakoabdomineller Aortenpathologien selektiert.

Fazit für die Praxis

Die Thoracoflo®-Hybridprothese zeigt in den dargestellten präklinischen Tests und den ersten klinischen Anwendungen gute Ergebnisse und kann in der Zukunft eine weniger invasive Behandlungsalternative zum offen-chirurgischen thorakoabdominellen Aortenersatz darstellen.