Einleitung

Die Behandlung von Pathologien der Aorta stellt auch in der Schweiz ein Schwerpunkt vieler gefäßchirurgischer Kliniken dar. Die Gefäßchirurgie ist in der Schweiz erst seit der Schaffung eines spezifischen Weiterbildungsprogramms mit eigenständigem Facharzt für Gefäßchirurgie im Jahr 2015 als eigenständige Spezialisierung etabliert. Dementsprechend findet in diesem noch jungen Fachgebiet an vielen Krankenhäusern ein struktureller Wandel statt. Es gibt eine Großzahl an Krankenhäusern, an denen die Gefäßchirurgie historisch bedingt an die chirurgische Klinik angegliedert ist. Hier werden gefäßchirurgische Eingriffe auch durch Kollegen/-innen mit allgemeinchirurgischer Weiterbildung durchgeführt, einige davon führen den früheren Schwerpunkttitel für Gefäßchirurgie. Daneben gibt es 5 universitäre Zentrumsspitäler, an denen traditionell jeweils eine gemeinsame Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie geführt wurde. Hier fanden strukturelle Neuerungen mit der Schaffung von eigenständigen Kliniken für Gefäßchirurgie bereits statt, respektive sind im Gang. Zusätzlich gibt es nicht universitäre kantonale Krankenhäuser, an denen eigenständige Kliniken für Gefäßchirurgie ein breites Spektrum an Eingriffen durchführen. Zudem bieten auch Privatspitäler gefäßchirurgische Eingriffe an.

Die Schweiz hat ein föderalistisches Gesundheitssystem und ist damit kantonal geregelt. Die lückenlose Erfassung von Eingriffen an der Aorta ist deshalb eine große Herausforderung. Dies zum einen aufgrund der Tatsache, dass viele zum Teil auch sehr kleine Krankenhäuser einen kantonalen Leistungsauftrag erhalten und solche Eingriffe durchführen. Zum andern erschwert die Tatsache, dass je nach Kanton verschiedene Disziplinen diese Eingriffe durchführen dürfen (d. h. Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Chirurgie, Angiologie, Radiologie und Kardiologie), eine flächendeckende Erfassung.

Aortenaneurysmen werden in Krankenhäusern jeglicher Grösse behandelt

Mit Swissvasc wurde bereits 1999 ein gesamtschweizerisches Gefäßregister gegründet, welches das Ziel hatte, möglichst alle in der Schweiz durchgeführten gefäßchirurgischen Eingriffe und deren Behandlungsergebnisse systematisch zu erfassen [1]. Die Teilnahme war seit der Gründung des Registers jedoch freiwillig. Die starke Zunahme an eingegebenen Eingriffen in den ersten Jahren von Swissvasc wird auf eine initial höhere Eingabedisziplin zurückgeführt. Ab 2016 wurde Swissvasc nach einer grundlegenden Überarbeitung neu gestartet. Dank einer Matrixstruktur und einem neuen IT-Partner (Adjumed Services AG) konnte ein komplett neu designtes Register präsentiert werden. Fortan konnten sämtliche Eingriffe am vaskulären System erfasst werden. Damit ist nicht nur eine quantitative Erfassung von Operationen möglich, vielmehr können auch Teilschritte innerhalb einer Operation abgebildet werden. So können bei Swissvasc zum Beispiel Abfragen hinsichtlich der klinischen Präsentation, der lokalen Voroperationen, der Sterilität des Operationssitus, der zugrunde liegenden Pathologie, aber auch nach Zusatzeingriffen zur Inflow- respektive Outflow-Optimierung durchgeführt werden. Zusätzlich können Follow-up-Informationen mit einer Vielzahl von Ergebnisparametern erfasst werden, womit systematische Auswertungen erleichtert wurden. Dadurch wurde die Eingabedisziplin ins Register deutlich verbessert. Seit 2018 fordern einige Kantone, darunter der einwohnerstärkste Kanton Zürich (1,54 von 8,57 Mio., 18 %), die systematische Erfassung sämtlicher Eingriffe an der Aorta und die entsprechenden 30-Tage-Behandlungsergebnisse. Die Eingabe in Swissvasc ist hier für Listenspitäler obligatorisch. Für die übrige Schweiz ist die Partizipation weiterhin freiwillig. Seit 2019 erfassen alle größeren Krankenhäuser, die in der Schweiz Eingriffe an der Aorta durchführen, ihre Eingriffe in Swissvasc (Ausnahme Herzchirurgie).

Ziel dieser Studie ist es, die Versorgungsrealität von Aortenerkrankungen in der Schweiz anhand der in Swissvasc erfassten Aorteneingriffe darzustellen. Da in verschiedenen Studien eine Mengen-Ergebnis-Beziehung beschrieben wird, soll insbesondere die Anzahl Spitäler und deren Fallzahlen bei der Versorgung von Aortenpathologien aufgezeigt werden [2,3,4].

Methode

Datengrundlage

Gemäß dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) haben 28 Krankenhäuser im Jahr 2018 offene Eingriffe an der abdominalen Aorta durchgeführt [5]. 27 dieser Krankenhäuser (96 %) erfassen ihre Eingriffe in Swissvasc. Endovaskuläre Behandlungen an der abdominalen Aorta wurden 2018 hingegen von 33 Krankenhäusern durchgeführt, von denen 27 (81 %) ihre Daten in Swissvasc erfassen. Diejenigen Krankenhäuser, die sich nicht am Register beteiligen, sind ausnahmslos kleine bis sehr kleine Krankenhäuser. Im Jahr 2018 hat keines dieser Häuser mehr als 3 Patienten für abdominale Aortenaneurysmen (AAA) behandelt [5].

Die meisten Krankenhäuser erfassen ihre gefäßchirurgischen Eingriffe in Swissvasc

Im Gegensatz zu den öffentlichen Daten des BAG, welches lediglich die internationalen Klassifikationen für Krankheiten (ICD-10-Codes), respektive die Schweizerischen Operationsklassifikation (CHOP-Codes) abbilden, bietet Swissvasc die Möglichkeit, die erfassten Eingriffe nach verschiedensten Gesichtspunkten abzufragen.

Um einen Überblick über die Versorgungsrealität von Aortenerkrankungen in der Schweiz zu erhalten, eignet sich eine Analyse der zwischen dem 01.01.2018 und 31.12. 2020 in Swissvasc erfassten Eingriffe, da ab diesem Zeitpunkt praktisch eine flächendeckende und zum Teil auch obligatorische Eingabe ins Register vorliegt [1, 6]. Dabei ergeben sich bei einer Klinik Importprobleme aus einem Fremdsystem, weshalb diese Zahlen in der folgenden Auswertung nicht berücksichtigt werden können. Es werden dementsprechend die Zahlen von 26 Schweizer Spitälern, die Eingriffe an der Aorta durchführen, präsentiert.

Es wurden alle Eingriffe an der Aorta mit Operationsdatum zwischen dem 01.01.2018 und dem 31.12.2020 eingeschlossen. Eingriffe an der Aorta ascendens sowie isolierte Eingriffe an den Iliakalgefäßen wurden ausgeschlossen.

Statistik

Kontinuierliche Variablen wurden falls normverteilt mit Mittelwert und Standardabweichung zusammengefasst oder im Falle einer schiefen Verteilung mit Median und Interquartil-Range (IQR). Die Normalverteilung wurde mit dem Shapiro-Wilk-Test überprüft. Entsprechend wurden Unterschiede zwischen den Gruppen für kontinuierliche Variablen mithilfe des Student-t-Tests oder Mann-Whitney-U-Tests untersucht. Kategoriale Variablen wurden mit Anzahl pro Gruppe und Prozentangaben zusammengefasst. Unterschiede zwischen den Gruppen wurde für kategoriale Variablen mittels χ2-Tests untersucht. Der Datensatz war für sämtliche abgefragten Variablen praktisch vollständig. Es wurde keine Imputation durchgeführt. Die statistischen Analysen wurden mit R‑Studio 3.6.3 (R Core Team [2020 R Foundation for Statistical Computing, Vienna, Austria.]) auf MacOS-Version 10.15.7 durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde bei 5 % festgelegt.

Versorgungsrealität

Vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2020 wurden in Swissvasc 3595 Eingriffe an der Aorta erfasst. Insgesamt wurden 2750 Eingriffe für Aneurysmen der Aorta durchgeführt, davon 179 für thorakale Aortenaneurysmen (TAA), 193 für thorakoabdominale Aortenaneurysmen (TAAA), und 2378 für AAA (Tab. 1). Die Verteilung offen versus endovaskulär für die Versorgung von Aneurysmen der Aorta wird in Abb. 1 dargestellt. Die Aortenaneurysmen wurden mit Ausnahme des juxtarenalen Aortensegments in der Mehrzahl endovaskulär versorgt (p < 0,001). Für Aortendissektionen wurden 247 Eingriffe erfasst (Tab. 2). Für die aortale oder aortoiliakale Verschlusskrankheit wurden 427 Eingriffe eingegeben (Tab. 3).

Tab. 1 Übersicht über die Behandlungen von Aortenaneurysmen
Abb. 1
figure 1

Behandlung von Aneurysmen der Aorta in der Schweiz. (Absolute und relative Anzahl von Eingriffen zwischen 2018 und 2020 für Aneurysmen der Aorta.)

Tab. 2 Übersicht über die Behandlungen von Aortendissektionen
Tab. 3 Übersicht über die Behandlungen von Verschlusskrankheiten der Aorta

Da eine Eingabe in Swissvasc in vielen Kantonen noch nicht obligatorisch verlangt wird, muss davon ausgegangen werden, dass nicht alle durchgeführten Eingriffe auch tatsächlich erfasst wurden. Im Vergleich zu den behördlich publizierten Zahlen wurden bereits 2018 in Swissvasc jedoch über 85 % der AAA-Behandlungen erfasst. Somit bietet die Analyse der vorliegenden Daten die Möglichkeit, die Versorgungsrealität von Aortenpathologien in der Schweiz breit abgestützt darzustellen. Swissvasc wurde bislang jedoch nicht systematisch validiert, und es besteht kein systematisches Audit für die Eingaben der einzelnen Krankenhäuser. Eine VASCUNET-Validierung von Swissvasc analog dem dänischen und dem schwedischen Gefäßregister ist für 2023 geplant [7, 8]. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass nicht eingegebene Eingriffe sich systematisch von den eingegebenen Eingriffen unterscheiden (Selektionsbias). Für diese rein deskriptive Übersichtsarbeit kann dies jedoch vernachlässigt werden.

Abdominale Aortenaneurysmen

Im Beobachtungszeitraum haben 25 Krankenhäuser insgesamt 2378 Patienten mit AAA therapiert und in Swissvasc erfasst. Davon waren 11,1 % rupturierte AAA (rAAA) und 1,3 % inflammatorische Aneurysmen. Der Anteil von offen-chirurgischer Behandlung war im elektiven Setting 43,1 %, wohingegen bei Rupturen der offen-chirurgische Anteil 65,3 % betrug (p < 0,001). Juxtarenale Aortenaneurysmen wurden signifikant häufiger offen als endovaskulär behandelt (p < 0,001, Tab. 1, Abb. 1). Konkret wurden Aneurysmen der suprarenalen Aorta bei > 81 % der Patienten offen-chirurgisch behandelt, wohingegen das infrarenale Segment nur bei knapp 37 % der Patienten offen-chirurgisch versorgt wurde.

Bei der offen-chirurgischen Versorgung von juxtarenalen Aneurysmen wird in Swissvasc das behandelte Segment entsprechend der Klemmenposition kodiert. War die Klemmenposition suprarenal, wird als behandeltes Segment die suprarenale Aorta kodiert, auch wenn die Anastomose infrarenal genäht wurde und das Aneurysma nicht das suprarenale Segment einschloss. Demgegenüber wird eine endovaskuläre Versorgung eines Aortenaneurysmen mutmaßlich zumeist nur dann im suprarenalen Segment kodiert, wenn eine komplexe Prozedur mit Fenestrierung, Debranching oder Implantation von Parallel-Grafts durchgeführt wurde. Juxtarenale Aneurysmen, welche mittels endovaskulärem Aortenrepair (EVAR) und suprarenaler Verankerung versorgt werden, werden wohl häufig im infrarenalen Segment kodiert. Somit könnten gleiche Erkrankungen je nach Versorgungsart unterschiedlich erfasst worden sein. Zumindest ein Teil dieses festgestellten Unterschieds könnte dadurch erklärt sein, wobei diese These bislang nicht systematisch überprüft worden ist.

rAAA wurden mit 65,3% insgesamt mehrheitlich offen operiert

Die Wahl der Behandlungsmethode war sowohl abhängig von der klinischen Präsentation als auch vom durchführenden Krankenhaus (Abb. 2). So wurden rAAA insgesamt mehrheitlich offen operiert (65,3 %), Wahleingriffe jedoch mehrheitlich endovaskulär durchgeführt (56,9 %). Zudem zeigen sich große Unterschiede zwischen den beiden größten Zentren zur Versorgung von AAA. So wurde in dem Krankenhaus mit den höchsten erfassten Fallzahlen sowohl elektiv als auch im Falle einer Ruptur mehrheitlich offen behandelt, während in dem Krankenhaus mit der zweitgrößten Fallzahl in beiden Fällen mehrheitlich eine EVAR durchgeführt wurde. Weiter kann festgehalten werden, dass in Spitälern mit niedrigen Fallzahlen für rAAA überwiegend offen operiert wird.

Diese große Variation in der Wahl der Behandlungsmodalität wurde bereits von Beck et. al beschrieben [9]. Dass rAAA in knapp zwei Drittel der Fälle offen versorgt wurden, steht in Widerspruch zu den aktuellen Richtlinien der European Society of Vascular Surgery, gemäß welchen die endovaskuläre Technik bei geeigneter Anatomie die bevorzugte Methode sein sollte [10]. In einer VASCUNET-Publikation wurden die Schweizer Zahlen von 2005–2008 analysiert [11]. Damals wurden 37 % der intakten AAA endovaskulär versorgt. Dieser Anteil hat sich innerhalb von 13 Jahren auf 55 % erhöht, wobei offensichtlich bei Rupturen und bei juxtarenaler Ausdehnung der Aneurysmen noch immer präferiert offen operiert wird.

Über 80 % der 2378 Eingriffe für AAA wurden an 12 der 25 Krankenhäuser durchgeführt. Diese Krankenhäuser führten durchschnittlich pro Jahr allesamt mindestens 30 Eingriffe für AAA durch, und dies offen und endovaskulär (Abb. 2). Daneben gibt es jedoch 13 weitere Krankenhäuser, an denen ebenfalls Eingriffe an der abdominalen Aorta durchgeführt werden, hier zum Teil mit deutlich weniger als 30 Eingriffen pro Jahr. Scali et al. zeigte in einer VASCUNET-Studie von 2016, dass das Unterschreiten einer Grenze von 13–15 Eingriffen pro Jahr mit einem schlechteren Ergebnis einhergehen kann [2]. Trenner et al. konnte in einer kürzlich publizierten Studie anhand von deutschen Daten nachweisen, dass mit steigender Fallzahl die Behandlungsqualität ab 30 Behandlungen von AAA pro Jahr weiter zunimmt und damit eine Zentralisierung auch mit zunehmender Wegstrecke in Notfallsituationen legitimiert ist [4]. Je nach Arbeit beziehungsweise Richtlinie liegt die vorgeschlagene Mindestfallzahl also zwischen 10–30 AAA pro Jahr und Krankenhaus [2, 4, 12]. In den aktuellen ESVS-Richtlinien zur Behandlung von AAA wird empfohlen, Behandlungen von AAA nur in Zentren mit einem Volumen von mindestens 20 Eingriffen pro Jahr (offen und endovaskulär zusammen) durchzuführen [10]. Diese empfohlene Mindestfallzahl erreichten in der Schweiz im Mittel über die vergangenen 3 Jahre (2018–2020) 13 Krankenhäuser, wohingegen 12 weitere Krankenhäuser AAA-Behandlungen durchführten, aber diese Mindestfallzahl nicht erreichte. In einer kürzlich publizierten Studie zeigen Scali et al., dass ein jährliches Zentrumvolumen von 13–16 offenen Aorteneingriffen pro Jahr der optimale Schwellenwert für die größte Verringerung des Mortalitätsrisikos darstellt [3]. Diesen Wert (n ≥ 39 in 3 Jahren) erreichten in der Schweiz 16 der 25 Krankenhäuser, die Eingriffe für AAA durchführten.

Abb. 2
figure 2

Behandlung von intakten (AAA) und rupturierten Aneurysmen (rAAA) pro Klinik zwischen 2018 und 2020. Absolute Anzahl an Eingriffen zur Behandlung von AAA und rAAA der abdominalen Aorta pro Klinik. Die horizontale Linie markiert die von Trenner et al. [4] vorgeschlagene Mindestfallzahl von 30 Eingriffen für AAA pro Jahr. (EVAR „endovascular aortic repair“, rEVAR „ruptured endovascular aortic repair“)

Thorakale und thorakoabdominale Aortenchirurgie

In der Schweiz wurden in den vergangenen 3 Jahren an 16 Krankenhäusern insgesamt 372 Patienten mit thorakaler (TAA) und thorakoabdominaler Aorta (TAAA) gefäßchirurgisch behandelt. Davon wurden 17,7 % an 9 Zentren offen-chirurgisch behandelt und 82,3 % an 15 Krankenhäusern mit thorakalen Stentgrafts (TEVAR) versorgt. Die Verteilung der Eingriffe nach Behandlungsart pro Krankenhaus ist in Abb. 3 dargestellt.

Abb. 3
figure 3

Behandlung von intakten und rupturierten Aneurysmen der thorakalen und thorakoabdominalen Aorta pro Klinik zwischen 2018 und 2020. Absolute Anzahl an Eingriffen zur Behandlung von TAA, rTAA, TAAA und rTAAA pro Klinik. (TEVAR „thoracic endovascular aortic repair“, rTEAVR „ruptured thoracic endovascular aortic repair“, TAA thorakales Aortenaneurysma, rTAA rupturiertes thorakales Aortenaneurysma, TAAA thorakoabdominales Aortenaneurysma, rTAAA rupturiertes thorakoabdominales Aortenaneurysma)

Bei der Behandlungsart ergeben sich wie bei der Behandlung von AAA große Unterschiede zwischen den verschiedenen Krankenhäusern. So wurden an 7 Krankenhäusern ausschließlich endovaskuläre Prozeduren durchgeführt. An 8 Krankenhäusern wurden offene und endovaskuläre Therapien von TAA und TAAA durchgeführt. Das Durchschnittsalter war in der offenen Gruppe mit 68,4 ± 8,5 Jahren signifikant tiefer als in der endovaskulären Gruppe mit 72,5 ± 9,9 Jahren (p < 0,001).

Von den 372 TAA und TAAA waren 12,9 % rupturiert, wovon der Großteil (79,2 %) endovaskulär versorgt wurde. Rupturen wurden an 8 Krankenhäusern versorgt, einige davon mit insgesamt sehr tiefen Fallzahlen für TAA und TAAA (Abb. 3).

Zusätzlich zu diesen Eingriffszahlen zur Behandlung von TAA und TAAA kommen in diesem Bereich der Aorta naturgemäß noch eine relevante Anzahl von Eingriffen zur Behandlung von Dissektionen hinzu (Tab. 2). Im Beobachtungszeitraum wurden 247 Aortendissektionen invasiv behandelt. Da Swissvasc ein Interventionsregister ist, kann über die konservative Therapie von Aortendissektion nicht berichtet werden. Über die Hälfte der chirurgisch behandelten Dissektionen betrafen den Aortenbogen und die Aorta descendens. Dissektionen, welche sich auf die thorakale Aorta beschränkten, wurden überwiegend endovaskulär behandelt, Dissektionen mit thorakoabdominaler Ausdehnung (Crawford 1–4) etwa zu gleichen Teilen offen und endovaskulär, Dissektionen der abdominalen Segmente wurden mehrheitlich offen-chirurgisch behandelt (Tab. 2).

Die Zentralisierung in der thorakalen Aortenchirurgie ist weiter fortgeschritten

Die Zentralisierung für thorakale und thorakoabdominale Aortenchirurgie ist gemäß den erfassten Fallzahlen in Swissvasc bereits weiter fortgeschritten als im Bereich der abdominalen Aorta. In den letzten 3 Jahren haben 5 Krankenhäuser, für die in Swissvasc Eingaben verfügbar sind, gut 87 % sämtlicher Eingriffe an der thorakalen oder thorakoabdominalen Aorta durchgeführt (Eingriffe für Aneurysmen und Dissektionen). Die verbleibenden knapp 13 % der Eingriffe wurden jedoch von 11 weiteren Krankenhäusern durchgeführt, wobei die Fallzahlen für die Mehrheit dieser Krankenhäuser weniger als 10 Eingriffe in 3 Jahren umfasste.

Verschlusskrankheit

Im Beobachtungszeitraum haben 23 Kliniken Eingriffe wegen aortoiliakaler Verschlusskrankheit in Swissvasc erfasst. Die Therapie der isolierten iliakalen Verschlusskrankheit wird in dieser Übersichtsarbeit nicht dargestellt. Die Verschlusskrankheit der Aorta betrifft überwiegend die abdominale Aorta. Am infrarenalen Segment wurden 81 % der Eingriffe durchgeführt, im suprarenalen Segment 15 %. Die wenigen verbleibenden Eingriffe verteilen sich auf die restliche Aorta (Tab. 3). Im erfassten Zeitraum wurden signifikant mehr Eingriffe offen-chirurgisch als endovaskulär durchgeführt (p < 0,001). Die Anzahl Eingriffe, die offen durchgeführt wurden, war während des Beobachtungszeitraums konstant, wohingegen eine Zunahme an endovaskulärer Versorgung innerhalb der vergangenen 3 Jahre beobachten werden kann. Ob diese Zunahme einen tatsächlichen Trend widerspiegelt und die Anzahl Eingriffe für die aortoiliakale Verschlusskrankheit zunimmt, bleibt abzuwarten. Für die Zunahme an endovaskulär durchgeführten Eingriffen im vergangenen Jahr könnte auch die COVID-19-Pandemie als mögliche Erklärung infrage kommen. Daneben kann auch eine Zunahme in der Eingabedisziplin diskutiert werden. Diese könnte bei endovaskulären Eingriffen etwas ausgeprägter sein und somit ein Teil der beobachteten Zunahme erklären. Weiter muss hervorgehoben werden, dass Swissvasc das Register der Schweizer Gefäßchirurgie ist. Wird die iliakale Verschlusskrankheit endovaskulär von anderen Disziplinen (z. B. Angiologie, Radiologie oder Kardiologie) durchgeführt, so ist keinesfalls gesichert, dass der Eingriff im Register erfasst wird. Es ist also gut möglich, dass noch mehr endovaskuläre Therapien durchgeführt, diese aber nicht im Register erfasst werden (Selektionsbias).

Ausblick

Auch in der Schweiz konnte gezeigt werden, dass niedrige Fallzahlen für hoch spezialisierte chirurgische Eingriffe (Resektionen an Ösophagus, Magen, Pankreas und Rektum) mit erhöhter Mortalität assoziiert sind [13]. Für diese hoch spezialisierten viszeralchirurgischen Eingriffe gibt es zur Durchführung in der Schweiz neben strukturellen Anforderungen nun auch definierte Mindestfallzahlen.

Auch für hoch spezialisierte gefäßchirurgische Eingriffe wird in Zukunft eine solche Mindestfallzahl diskutiert werden müssen. In diesem Zusammenhang wird die Erfassung der Behandlungsergebnisse, aber auch eine Überprüfung der Indikationsstellung immer wichtiger. Das Swissvasc-Register ermöglicht bereits jetzt eine Erfassung von gefäßchirurgischen Eingriffen inklusive eingriffsspezifischer Behandlungsergebnisse und bietet damit eine Plattform für eine vollumfängliche und schweizweite Erfassung von Gefäßeingriffen.

Für gefäßchirurgische Eingriffe wird eine Mindestfallzahl diskutiert werden müssen

Im Gegensatz zu den viszeralchirurgischen Eingriffen, die meist im elektiven Setting stattfinden, müssen rund 12 % der Aorteneingriffe bei Aneurysmen als Notfälle bei Ruptur durchgeführt werden. Die Schweiz ist mit ihrer breit ausgebauten, rund um die Uhr verfügbaren und qualitativ exzellenten medizinischen Rettungskette inklusive Luftrettung trotz topographischen Herausforderungen bestens für eine weitere Zentralisierung vorbereitet.

Zusammenfassung

Diese Analyse der Einträge im Swissvasc-Register für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2020 zeigt, dass jährlich in der Schweiz knapp 1200 gefäßchirurgische Eingriffe an der Aorta durchgeführt werden. Durch das föderalistisch organisierte Gesundheitssystem werden offene Aorteneingriffe an 28 und endovaskuläre Eingriffe an 33 Krankenhäusern durchgeführt. Dabei erreichen nur knapp die Hälfte dieser Krankenhäuser die empfohlene Mindestfallzahl für die Behandlung offener und endovaskulärer AAA pro Jahr, die in der Literatur aktuell diskutiert werden. Bei der Versorgung der thorakalen Aortenpathologien zeigt sich eine gewisse spontane Zentralisierung. Hier wurden 87 % der Eingriffe an lediglich 5 Krankenhäusern durchgeführt. Weitere Untersuchungen zur Versorgungsqualität bei der Behandlung von Gefäßpathologien und insbesondere bei Eingriffen an der Aorta sind dringend notwendig. Als nächster Schritt dazu scheint eine systematische flächendeckende Erfassung sämtlicher Eingriffe und insbesondere auch der Behandlungsqualität unumgänglich. Swissvasc steht dafür bereit. Es werden hier bereits > 85 % der Eingriffe an der Aorta erfasst.

Fazit für die Praxis

  • Bei der Versorgung von AAA zeigt sich bislang keine ausreichende spontane Zentralisierung. Nur 13 von 25 Krankenhäusern erreichen die von der ESVS vorgeschlagene Mindestfallzahl von 20 Eingriffen pro Jahr.

  • rAAA werden entgegen den ESVS-Empfehlungen in der Schweiz weiterhin mehrheitlich offen versorgt.

  • Der Einfluss dieser Abweichungen von internationalen Behandlungsrichtlinien auf die Behandlungsqualität bei der Therapie von Aortenpathologien muss weiter untersucht werden. Dazu ist eine flächendeckende Erfassung von Ergebnisparametern unumgänglich. – Swissvasc steht dafür bereit.