Geschätzte Leserinnen und Leser,

mir kommt das Privileg zu, anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Zeitschrift Gefässchirurgie eine „Festschrift“ verfassen zu dürfen. Ich empfinde dies als große Ehre. In den 25 Jahren hat sich vieles geändert, und auch unser Journal hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Fangen wir mit den Äußerlichkeiten an. Im damaligen Layout waren alle Artikel auf der Titelseite aufgeführt, nicht nur „Teaser“ (wie es so schön heißt, s. a. Abb. 1).

Abb. 1
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Titelblatt/Cover der Ausgabe 1/1996 der Gefässchirurgie: Thematisch scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: es geht um Restenose (es gibt immer noch keine gute Lösung), Bypasschirurgie, endovaskuläre Prozeduren, Ultraschall zum abdominalen Aortenaneurysma (AAA) und die A. carotis

Wenn Sie die Abb. 1 genau betrachten, wird Ihnen auffallen, dass rechts unten als Zitationshinweis „Gefäßchirurgie 1 (1)“ aufgeführt ist. Tatsächlich gibt es immer wieder Verwirrung um den Titel der Zeitschrift. Damals wie heute lautet der offizielle Name: „Gefässchirurgie“, international „Gefasschirurgie“. Grund für die Verwendung des „ss“ statt „ß“ war/ist die Kooperation mit der Schweizerischen Fachgesellschaft – in der Schweiz (und übrigens auch in Liechtenstein) wird das „ß“ nicht mehr verwendet und ist durchgehend durch „ss“ ersetzt. Die SGG wurde 1989, die ÖGG 1968 gegründet.

Über die Gründung der DGG wurde letztes Jahr im Rahmen des Jahreskongresses viel berichtet. Es kamen auch in dem Film von Dittmar Böckler viele unserer Lehrer zu Wort, und es war abenteuerlich, wie sich die Fachgesellschaft auch gegen den Willen mancher sehr renommierter Gefäßchirurgen aus der DGCH selbstständig machte. Die Geschichte der DGG hat P.C. Maurer übrigens in der Gefässchirurgie publiziert [2]. 1978 richtete die Bundesärztekammer das Teilgebiet „Gefäßchirurgie“ ein. Dies war ein wesentlicher Verdienst von J. Vollmar [2]. Im weiteren Verlauf versammelten sich am 07.12.1984 an der TU München im Klinikum rechts der Isar 11 Gefäßchirurgen, um die formale Gründung der „Deutschen Gesellschaft für Gefässchirurgie“ zu vollziehen [2, 3]. Mitteilungsblatt der Gesellschaft war damals die von Peter Maurer herausgegebene Angio, eine Zeitschrift für die Praxis. Als der Demeter-Verlag aus wirtschaftlichen Grün dann im Jahre 1994 die Produktion einstellte, war dies der Anlass zur Neugründung einer Zeitschrift [3].

Ins Leben gerufen wurde die Gefässchirurgie – Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie 1995 ein Jahr vor ihrem Erscheinen von J.R. Allenberg, H.-M. Becker, P.C. Maurer (Deutschland), J. Largardièr (Schweiz) und K.H. Rendl (Österreich). Erster federführender Schriftleiter war J.R. Allenberg. Die Ziele waren klar gesteckt und wurden von H.-M. Becker im ersten Editorial („Eine neue Zeitschrift? Wir brauchen sie“) dargestellt [1]. Unter anderen waren die Visionen:

Der wissenschaftliche Springer-Verlag […] wird […] den Weg bahnen für die Anerkennung der Zeitschrift durch Aufnahme in Current Contents und den Index Medicus.

Nur 10 % der deutschsprachigen Ärzte nehmen sich die Mühe, ihre Fachliteratur auf englisch zu lesen. Erfolgreich Fort- und Weiterbildung in den DACH-Ländern […] ist an Literatur in deutscher Sprache gebunden […].

Das erstgenannte Ziel wurde teilweise verfehlt. Zwar wurde die Zeitschrift in zahlreichen Datenbanken indiziert und gelistet (z. B. Embase, Scopus, Google Scholar, Emerging Sources Citation Index etc.), eine Aufnahme in den (bis 2004 gedruckten) Index Medicus bzw. seinen Online-Nachfolger Medline (mit der PubMed-Suchmaschine) ist allerdings leider nicht gelungen. Die Gründe sind vielfältig und hängen insbesondere mit sich immer wieder ändernden Aufnahmevoraussetzungen zusammen. Auch der „journal impact factor“ (JIF) war ein angestrebtes Ziel, dass zumindest passager erreicht werden konnte, ich komme später noch mal darauf zurück [9].

Das zweite Ziel, die Zeitschrift zu dem führenden Fort- und Weiterbildungsorgan für deutschsprachige Gefäßchirurgie zu etablieren, ist zweifellos gelungen. In der Abb. 2 ist die Auflage der Gefässchirurgie über die Jahre abgebildet – man erkennt die steigenden Zahlen, zuletzt mit einer Auflage von 3500 Zeitschriften.

Abb. 2
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Auflagenentwicklung der Gefässchirurgie

Dabei wird die Zeitschrift auch viel von den Mitgliedern der Gesellschaften gelesen, und die Verbreitung in deutscher Sprache trägt wesentlich dazu bei. In jeder Mitgliederbefragung der DGG wurde bisher mit großer Mehrheit dafür plädiert, die Sprache beizubehalten. Für die Kollegen der SGG sieht es etwas anders aus, in einem internen Strategiemeeting äußerte sich L. Giovannaci (Herausgeber für die Schweiz) dahingehend, dass viele schweizerische Leser auch mit einer Änderung in Englische einverstanden wären bzw. dies sogar bevorzugen würden.

Mit der Ausgabe 3/1997 hatte S. von Sommoggy das Amt des Schriftleiters übernommen. Seine Gedanken im Editorial anlässlich der Übernahme der neuen Funktion kommen mir sehr bekannt vor [4]:

Das überraschende Angebot, Schriftleiter der Zeitschrift Gefässchirurgie zu werden, läßt einen über Aufgaben, positive und negative Aspekte nachdenken: Viel Arbeit, aber vermutlich auch viel Ärger.

Auch seiner Idee der Zukunft der Zeitschrift kann ich mich zu 100 % anschließen:

Diese Zeitschrift soll ein Forum aller Therapieansätze von Gefäßerkrankungen sein. Die Zeitschrift soll Informationsquelle, Träger von Gedankenanregungen sein und der Mitteilung von Innovationen dienen. Kritische Diskussion muß möglich sein. Die Zeitschrift soll Belange der Gefäßchirurgie oder besser die Belange derer, die Gefäßerkrankungen behandeln, offensiv vertreten. Was sie nicht sein soll, ein langweiliges Blatt mit Rezidivmitteilungen, das man ungelesen in die Ecke legt.

Nach 5 Jahren hat S. von Sommogy die Schriftleitung abgegeben. Der Grundstock für die weitere Ausrichtung war gelegt: „Die Inhalte der Zeitschrift Gefässchirurgie sollten Grundlage der Prüfung im Schwerpunkt Gefäßchirurgie sein und den theoretischen Unterbau unseres ärztlichen Handelns auf aktuell hohem Niveau erhalten“ [5].

Nachfolger sollte eigentlich T. Hölzenbein aus Wien werden. Dies hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Zwischenzeitlich hatte der geschäftsführende Herausgeber, J.R. Allenberg die Rolle des Schriftleiters übernommen und kündigte im ersten Heft von 2003 das neue Format an [6]:

„Neu bei Gefässchirurgie ist, dass ab Heft 3/03 jedes Heft ein Schwerpunktthema hat.“ Aus diesem Konzept wurden dann die Leitthemenhefte. Erstes Thema waren übrigens thorakale und abdominelle Aortenaneurysmen. Mitte 2003 übernahm E.S. Debus die Schriftleitung der Gefässchirurgie, ich selbst war als „Assistent der Schriftleitung“ ebenfalls ab diesem Zeitpunkt Teil des Herausgebergremiums. Unter Debus wurde ab 2005 die Frequenz des Erscheinens von 4 auf 6 erhöht, der Druck 4‑farbig und die CME-Rubrik eingeführt [7]. Bis Ende 2006 blieb J.R. Allenberg geschäftsführender Herausgeber, sein Nachfolger wurde H.‑H. Eckstein [8]. 2007 wurde die Gefässchirurgie in Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Medizin umbenannt.

Unter Leitung von Eckstein und Debus gelang im Februar 2009 die Aufnahme der Zeitschrift in die Journal Citation Reports (JCR), die vom Institute for Scientific Information (ISI) in Philadelphia herausgegeben werden. Somit konnte die Zeitschrift auch entsprechend zitiert und der JIF errechnet werden [9]. Der JIF errechnet sich aus den Zitationen eines Jahres auf Beiträge der letzten beiden Kalenderjahre. Damit erhoffte man sich vermehrt spontane Einreichungen, weil die Artikel nun rückwirkend ab 01/2007 als Publikation in einer international vollwertigen Zeitschrift für Habilitationsvorhaben genutzt werden konnten [9]. Im Jahr 2010 wurde die Anzahl der Ausgaben auf 8 im Jahr erhöht. Im gleichen Jahr konnte dann auch stolz der erste JIF (0,362) verkündet werden [10]. H.-H. Eckstein gab 2010 mit Beendigung der DGG-Präsidentschaft die Aufgabe des geschäftsführenden Herausgebers ab. Inzwischen ist es Usus, dass der gewählte Präsident der DGG die Aufgabe als geschäftsführender Herausgeber übernimmt und dieser Posten turnusmäßig alle 2 Jahre neu besetzt wird. Mit seiner Präsidentschaft 2013 übernahm E.S. Debus zum 01.01.2013 diese Stelle, übergab wiederum die Schriftleitung an H.-H. Eckstein [11].

Zum damaligen Zeitpunkt war es noch das angestrebte Ziel, den JIF durch besonders gute, zitationsfähige Beiträge zu erhöhen, und es wurde 2012 (zum wahrscheinlich letzten Mal) bei der National Library of Medicine (NLM) der Aufnahmeantrag gestellt, um die Gefässchirurgie in Medline sichtbar machen zu können [11].

Leider gelang dies nicht – auch wurde der letzte JIF für 2012 berechnet, 2014 wurde die Listung der Zeitschrift im ISI gestrichen. Eckstein schrieb hierzu in einem Editorial: „Vermutlich waren die vergleichsweise niedrige Anzahl an Zitationen der Gefässchirurgie in anderen Journalen und die zu niedrige Anzahl an Originalarbeiten ausschlaggebend für diese Entscheidung. Dies ist natürlich ein herber Rückschlag, zumal wir für den Impact Factor 2013 einen Anstieg errechnet hatten“ [12]. Mit dem Aufkommen der Möglichkeit zur Open-Access(OA)-Publikation wurde neue Optionen für die Zeitschrift geprüft. Zum damaligen Zeitpunkt bedeutete eine englischsprachige OA-Veröffentlichung in der Gefässchirurgie automatisch eine Übernahme in PubMed Central und somit dann auch in die PubMed-Suchmaschine. Aus Sicht der damaligen Schriftleitung ergaben sich folgende Optionen [12]:

  1. 1.

    Rückzug auf reine Weiterbildungsinhalte,

  2. 2.

    Einrichtung eines zweiten, stark wissenschaftlich orientierten Onlinejournals, als Publikationsorgan für unseren akademisch interessierten Nachwuchs,

  3. 3.

    (favorisierte Lösung) Schaffung eines sog. Hybridjournals mit einer deutschsprachigen gedruckten Ausgabe (wie bisher) und einem Online-Supplement, in welchem ausgewählte Artikel zusätzlich in Englisch und OA publiziert werden und damit in PubMed Central im Volltext kostenfrei zugänglich sind.

Da der damalige DGG-Vorstand anfangs mehrheitlich die Option 1 wünschte, hat H.-H. Eckstein die Schriftleitung niedergelegt, da er nun keine Möglichkeit mehr sah, die „Gefässchirurgie“ in einem überschaubaren Zeitraum substantiell weiterzuentwickeln und auch international sichtbar zu machen. Mit Heft 6/2015 habe ich die Rolle des federführenden Schriftleiters übernommen. Die Probleme waren und sind dieselben – „Alter Wein in neuen Schläuchen.“Footnote 1

Letztlich wurde die Option 3 in einer „abgespeckten Version“ umgesetzt – ausschlaggebend waren am Ende die Finanzen. Am Ende einigten sich Fachgesellschaften und Verlag zur OA-Publikation von 8 Artikeln pro Jahr. Tatsächlich hat dieses Konstrukt funktioniert. Wir konnten einen Anstieg der Zitationen in internationalen Journalen erkennen bei gleichzeitiger deutlicher Reduktion der Eigenzitationen und wähnten uns auf einem guten Weg – bis zum 01.01.2019 die Möglichkeit, als Hybridjournal in PubMed Central gelistet zu werden, aufgrund neuer Geschäftsbedingungen der NLM gestrichen wurde. Eine Listung oder Erreichen des JIF sind mit dem jetzigen Format in weite Ferne gerückt.

Die Zukunft der Gefäßchirurgie und die der Gefässchirurgie bleibt spannend

Abschließend möchte ich noch ein paar interessante „Highlights“ aus der Geschichte der Zeitschrift erwähnen. So gab es durchaus sehr streitbare Ediorials. Ich möchte hier an die Publikation der Meinung von W. Sandmann 1997 erinnern, der damals die endovaskuläre Aortenchirurgie an dieser Stelle als Versuche am Menschen beschrieb [14]. Auch nutzte H.H. Eckstein bei seinem Rückzug das Editorial, um seine Sicht der Dinge den Mitgliedern gegenüber darzulegen [13].

Als Schriftleiter hat man aber nicht nur anstrengende, sondern auch angenehme Pflichten. Hierzu gehören die Teilnahme an den Springer-Herausgeber-Veranstaltungen und die Vergabe des „Julius Springer Preises“ im Rahmen der Festveranstaltung des Jahreskongresses. Eingerichtet und erstmals vergeben wurde er 2010 damals sogar mit einer ganzen Sitzung auf dem Kongress in Hamburg. Mit der Ausrichtung der Zeitschrift auf Weiterbildung gingen die Einsendungen für den Preis, der vor allem auf (translationale) Forschung ausgerichtet war, zurück, so dass heute von einem Gremium die beste Originalarbeit gewählt und im Rahmen des Kongresses vergeben wird.

„Tempora mutantur“ haben Sie an dieser Stelle schon häufiger gelesen. Die Zukunft der Gefäßchirurgie und die der Gefässchirurgie bleibt also spannend. Die Zeitschrift wird sich weiter entwickeln, z. B. als Fort- und Weiterbildungsorgan, wobei hier auch akademische und wissenschaftliche Untersuchungen („Lehrforschung“) inkludiert werden können. Es hat sich gezeigt, dass Englisch als Wissenschaftssprache unumgänglich ist, somit wissenschaftliche Publikationen in nationalen Sprachen immer nur einen begrenzten Radius haben werden. Somit könnte eine Kooperation mit einem englischsprachlichen Journal als Plattform für unsere wissenschaftlichen Publikationen eine Lösung sein, auch dem akademischen Anspruch unserer deutschsprachigen Mitgliedsgesellschaften eine Plattform zu geben.

Bleiben Sie also unserer Gefässchirurgie und der Zukunftsgestaltung gewogen und aktiv daran interessiert. Sie ist Teil Ihrer Tätigkeit und essentiell für die Zukunft unseres Faches.

Herzlichst, Ihr

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Prof. Dr. A. Larena-Avellaneda