Anamnese

Wir berichten über einen 58-jährigen Patienten, der nach einem Räuspern wenig Frischblut im Mund hatte. Einige Tage später musste er beim Rasenmähen geschätzte 500 ml Blut husten. Eine ähnliche Symptomatik in der Vergangenheit sowie rezidivierende Bronchopneumonien, Dysphagie oder Dyspnoe wurden verneint. Eine Dacron-Patchplastik bei Aortenisthmusstenose war im Alter von 19 Jahren durchgeführt worden. Der Patient war körperlich gut belastbar, gesund und nahm keine Medikamente ein.

Klinischer Befund und Diagnose

Eine Computertomographie (CT) zeigte im Bereich der Patchplastik ein Aneurysma der proximalen Aorta descendens (46 mm) und ein Aneurysma der linken A. subclavia (30 mm). Das Aortenaneurysma war komplett von der Lunge ummantelt (Abb. 1, 2). Es wurde vermutet, dass die Hämoptyse durch eine Druckarrosion von Lungengefäßen durch das Aneurysma verursacht wurde. Eine diagnostische Aortographie in Coiling-Bereitschaft wurde durchgeführt, zeigte aber keine aktive Blutung (Abb. 3). Nach der erfolgreich geglaubten Intervention litt der Patient an einer massiven Hämoptoe (ca. 1,5 l). Es erfolgte die notfallmäßige Intubation und Volumensubstitution sowie eine Korrektur der Blutgerinnung. Eine Reaortographie am selben Tag zeigte erneut keine Blutungsquelle. Nach Stabilisierung der klinischen Situation erfolgte die Extubation am nächsten Tag. Auf eine Thromboseprophylaxe wurde verzichtet. Bei gutem Verlauf wollte der Patient nach Hause, wurde aber zwei Tage später für weitere Abklärungen einbestellt. In der Herz-CT zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit wurden neu parazentrale Lungenembolien beidseits diagnostiziert. Des Weiteren wurden sonographisch eine schwere Aortenklappenstenose bei bikuspider Aortenklappe, ein persistierendes Foramen ovale und residuelle Thromben in den Unterschenkelvenen festgestellt. Eine Antikoagulation war wegen den lebensgefährlichen Lungenblutungen kontraindiziert. Der Patient willigte schließlich in die dringliche Operation ein.

Abb. 1
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Initiale CT-Angiographie mit Darstellung des Aneurysmas der Aorta descendens und der umgebenden Lungenveränderungen

Abb. 2
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Initiale 3-D-CT-Rekonstruktion mit Aneurysma der Aorta descendens und der linken A. subclavia

Abb. 3
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Aortographie mit Aneurysmen der Aorta descendens sowie der A. subclavia ohne Hinweis auf eine aktive Blutung

Therapie und Verlauf

Der Zugang erfolgte durch eine mediane Sternotomie und Hemi-Clamshell-Inzision links im 4. Interkostalraum. Unter kardiopulmonalem Bypass bei milder Hypothermie von 32 °C wurde zuerst ein biologischer Aortenklappenersatz durchgeführt und das Foramen ovale mit einer direkten Naht verschlossen. An der Aorta konnte eine gedeckte Patchruptur mit direkter aortopulmonaler Fistel als zugrunde liegende Ursache der initialen Hämoptysen festgestellt werden.

Der Aortenbogen musste wegen brüchiger Wandqualität vollständig ersetzt werden und die selektiv perfundierten supraaortalen Äste wurden einzeln reimplantiert. Die linke A. subclavia wurde mit einem Bypass ersetzt. Postoperativ zeigte der Patient keine neurologischen Defizite. In der letzten Verlaufskontrolle drei Jahre nach der komplexen Rekonstruktionsoperation konnte sowohl in der klinischen als auch in der radiologischen Untersuchung (Abb. 4) ein weiterhin gutes Ergebnis festgestellt werden. Der Patient ist voll arbeitsfähig.

Abb. 4
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3-D-CT-Rekonstruktion der 3-Jahres-Kontrolle

Diskussion

Aortopulmonale Fisteln stellen eine pathologische Verbindung zwischen der Aorta und der Lunge dar. Eine primär erworbene aortopulmonale Fistel ist ein sehr seltenes Krankheitsbild und in der Literatur nur in wenigen Fällen beschrieben [1, 5]. Historisch wurden mykotische Aneurysmen oder Pneumonien als Ursache für das Auftreten erwogen [4, 5]. In den letzten Jahren zeigte sich, dass die häufigste Ursache eine gedeckte Ruptur der Aorta descendens bzw. des Aortenbogens ist [3, 5, 8]. Die Erkrankung ist mit einer hohen Letalität verbunden, falls eine dringende chirurgische Intervention nicht in Betracht gezogen werden kann [4, 5].

Die Diagnosestellung ist durch die unspezifische Symptomatik (Dyspnoe, Husten, Brustschmerzen, Leistungseinschränkung, rezidivierende Bronchopneumonien) besonders erschwert [8]. Die im weiteren Verlauf auftretenden Hämoptysen können eine lebensbedrohliche Situation darstellen. Die häufigsten Ursachen von Hämoptysen sind Infektionen (Bronchitiden, Pneumonien oder Tuberkulose), Bronchiektasien, Vaskulitiden und maligne Erkrankungen der Lunge [1]. Bei Patienten, die nach chirurgischen Eingriffen an der thorakalen Aorta an Hämoptysen leiden, muss jedoch an eine aortopulmonale Fistel gedacht werden. Besonders die früher oft durchgeführten Patchaortoplastien neigen zu aneurysmatischen Erweiterungen der Aorta im operierten Gebiet und begünstigen durch die Expansion der Aortenwand aortopulmonale Fisteln [9]. Patienten, die früher wegen einer Coarctatio operiert wurden, wurden meistens nicht mehr nachkontrolliert.

In unserem Fall kam es aufgrund der ausgeprägten Symptomatik und der bekannten Vorgeschichte frühzeitig zu einer bildgebenden Diagnostik mittels CT und konventioneller Angiographie. Die moderne Multidetektor-CT-Angiographie ermöglicht heutzutage eine Differenzierung von pathologisch veränderten Bronchialarterien und nicht bronchialen Arterien, wodurch sowohl die Diagnostik als auch eine interventionelle Therapie mittels Coiling erleichtert werden könnte [2]. Erstaunlicherweise konnte in unserem Fall erst intraoperativ die wahre Ursache der Hämoptysen diagnostiziert werden: die gedeckte Patchruptur mit direkter aortopulmonaler Fistel.

Die endovaskuläre Therapie kann in einigen Fällen eine alternative Therapieoption darstellen. Besonders in einer akuten Situation kann sie zur primären Blutungskontrolle als Überbrückungsmaßnahme („bridging“) helfen, allerdings müsste dann eine eindeutige Diagnose mit Lokalisation der Blutungsquelle vorliegen [2, 10]. Ein endovaskulärer Therapieansatz war in unserem Fall nicht durchzuführen, da durch die Kombination der valvulären Kardiopathie und dilatativen Arteriopathie die Indikation für einen offenen Eingriff gegeben war. Es bleibt offen, ob eine interventionelle Therapie mittels Endograft oder Coiling bei einer isolierten primären oder sekundären aortopulmonalen Fistel eine suffiziente Versorgung der Grunderkrankung darstellt [2, 6, 7].

Fazit für die Praxis

  • Bei Patienten mit Hämoptyse sollte an Voroperationen an der Aorta gedacht werden.

  • Es besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer aortopulmonalen Fistel nach Eingriffen an der thorakalen Aorta, auch wenn sie 39 Jahre zurückliegen.

  • Eine CT-Angiographie sollte durchgeführt werden, auch um gegebenenfalls weitere Erkrankungen der Aorta zu erkennen.

  • Die Therapiestrategie bei aortopulmonalen Fisteln sollte individuell ausgerichtet werden.