Liebe Kolleginnen und Kollegen,

aufgrund der niedrigen perioperativen Morbidität und Mortalität ist der Anteil der endovaskulären Therapie beim Bauchaortenaneurysma (EVAR) auch bei Patienten mit einem erhöhten perioperativen Risikoprofil für ein offen-chirurgisches Vorgehen weltweit weiter ansteigend [4]. Eine Herausforderung bleiben nach wie vor Patienten mit ungünstigen anatomischen Verhältnissen, wie kurzer, konisch verlaufender oder thrombosierter Aneurysmahals und Kinking, definiert als ein „hostile neck“. Studien haben gezeigt, dass ein „hostile AAA neck“ das postoperative Auftreten eines Typ-Ia-Endoleaks fördert und häufigere Reinterventionen zur Folge hat [1].

Bei elektiven Patienten mit einem Aneurysmahals <10 mm ist die Implantation eines fenestrierten Stentgrafts (FEVAR) eine geeignete Therapieoption [5]. Postoperativ kommt es nach FEVAR selten zu einem Typ-Ia-Endoleak (4,3%), mit einer Offenheitsrate der Zielgefäße von 97,6%. Probleme können durch die physiologische Mobilität der Nierenarterien entstehen mit Migration und Stenosen der verbindenden Stentgrafts und dem Risiko der Organmalperfusion. Regelmäßige und vermutlich lebenslange Nachkontrollen durch bildgebende Verfahren und Ultraschall sind deshalb entscheidend für den Therapieerfolg. Um die Herstellungszeit von 6–8 Wochen der individuell angefertigten fenestrierten Prothesen zu verkürzen, stehen fenestrierte Standardprothesen kurz vor der Zulassung, die bei geeigneter Anatomie der viszeralen Gefäßabgänge implantiert werden können. Während nach Standard-EVAR eine postoperative Aggregationshemmung mittels ASS 100 mg ausreicht, ist nach FEVAR eine duale Thrombozytenaggregationshemmung häufig erforderlich.

Regelmäßige Nachkontrollen sind entscheidend für den Therapieerfolg

Eine weitere, inzwischen bereits gut etablierte Methode, die ausschließlich „off-the-shelf“ endovaskuläres Material verwendet, ist die Periscope-/Chimney-Technik, die insbesondere für Notfallpatienten eine sofort verfügbare Therapiemöglichkeit darstellt. Hierbei werden in die Zielgefäße der renoviszeralen Etage gecoverte Stentgrafts, entweder von kaudal transfemoral (Periscope) oder von kranial transaxillär (Chimney) implantiert und in der Regel zusätzlich mit einem „bare metal“ Stent verstärkt [2]. Mögliche Probleme und Komplikationen des transaxillären Zugangs sind dabei zu berücksichtigen. Bei diesem Therapiekonzept sind die jeweiligen Radialkräfte und angepassten Durchmesser des Stentgrafthauptkörpers und der Parallelstentgrafts zu beachten, um eine gute Abdichtung ohne Endoleckagen zwischen den Stentgrafts („Gutter“), der Stenosierung oder der Einfaltung zu erhalten. Die Behandlung von High-flow-Endoleckagen kann in der Akutsituation (Ruptur) problematisch sein.

Eine gute Option zur Behandlung eines Typ-Ia-Endoleaks nach EVAR mit kurzem infrarenalem Aortenhals oder eines „non-alignement“ nach FEVAR ist die Fixation des Aortenstentgrafts an der Aortenwand mit EndoAnchors. Das System ist auch im Notfall vorrätig und kann bei Endoleaks nach EVAR oder TEVAR primär präventiv oder als Sekundärintervention (repair) verwendet werden [3], evtl. auch zur Behandlung der Endoleaks nach Anwendung der Periscope- oder Chimney-Technik. Eine relative Kontraindikation besteht bei einer zirkulären Arteriosklerose oder bei Thromben im Aneurysmahals, da die EndoAnchors mit 4,5 mm Länge zwingend fest in der Aortenwand fixiert werden müssen.

Eine kostengünstige Alternative zu den beschriebenen Therapieverfahren stellt die Verwendung des Palmaz-Stents dar, um eine Anmodulation der proximalen Attachmentzone zu erreichen. Die Literatur zeigt gute Ergebnisse mit einer Abdichtungsrate von 99%. Es ist zu berücksichtigen, dass bei einem höhergradigen infrarenalen Kinking das starre unter Ende des Palmaz-Stents das Prothesenmaterial des Stentgrafts beschädigen kann.

In der vorliegenden Ausgabe der Gefäßchirurgie finden Sie vier sehr differenzierte Beiträge zum FEVAR (Verhoeven), zur Chimney/Periscope-Technik (Donas), zur Fixation mit EndoAnchors (de Vries) und zui PALMAZ® XL Stentimplantation (Zimmermann). Alle Autoren haben die aktuelle Literatur aufgearbeitet und mit ihren eigenen Erfahrungen verglichen und bewertet.

Die beschriebenen Methoden sollen nicht als konkurrierende Verfahren verstanden werden, sondern als therapeutische Optionen, um für den jeweiligen Patienten das beste klinische Ergebnis zu erreichen. Alle Aortenzentren und gefäßchirurgischen Schwerpunktkliniken sollten diese Methoden berücksichtigen und in Abhängigkeit von der individuellen Patientensituation auch in Kombination anwenden, sowohl bei EVAR als auch bei TEVAR (Abb. 1). Dadurch könnten wir in der Zukunft Patienten mit der Problemzone „hostile neck“ initial und langfristig mit begleitenden Verlaufskontrollen dauerhaft erfolgreich behandeln.

Abb. 1
figure 1

Patientin (69 Jahre) mit TAAA und b-EVAR. Erfolglose Versorgung des linken Nierenarterienzweigs, Zweigverschluss mit Amplatzer™ und Periscope-Versorgung der linken Nierenarterie (schwarzer Pfeil). Nach einem Jahr Stentgraftverlängerung thorakal und Aptus-Fixation (weiße Pfeile) wegen Migration. Auch nach 4 Jahren Follow-up sind bei dieser Patienten noch alle Zielgefäße offen

Mit besten Grüßen

Ihr

PD Dr. P. Kasprzak