Einleitung

Die Gesteine der Erfurt-Formation sind in Süddeutschland als ein Grundwasserleiter ausgebildet, der regional unterschiedliche Eigenschaften aufweist. Diese sind abhängig von der landschaftsgeschichtlichen Entwicklung des Gebietes und der geologischen Entwicklung, auch in den hangenden und liegenden Gesteinen. Es kann regional ein ergiebiger, andernorts aber auch ein wenig durchlässiger Grundwasserleiter vorliegen. Die Verteilung der unterschiedlichen Bereiche folgt einer Regel, die sich aus der landschaftsgeschichtlichen Entwicklung ergibt und aus den Änderungen der Grundwasserleitereigenschaften resultiert. Hauptziel der Arbeit ist die Entwicklungen eines Modells der Aquifergenese der Erfurt-Formation in Hinblick auf die zeitliche Veränderung der Aquifereigenschaften Durchlässigkeit und Speichervermögen sowie des Lösungsinhalts des Grundwassers in Abhängigkeit von der Landschaftsentwicklung.

Die vorliegende Arbeit baut auf Untersuchungen zur Aquifergenese unter anderem von Simon (1997c), Hückinghaus (1998), Simon (1999), Koesters et al. (2000), Birk (2002), Sauter (2005), Gaddissa (2014), Worthington et al. (2016) und Ufrecht (2017) auf. Daneben liegen für das Forschungsgebiet umfangreiche Daten zur Hydrogeologie und im Rahmen dieser Arbeit eigene Untersuchungen zur Geohydraulik, Hydrochemie und zu den Isotopengehalten des Grundwassers vor.

Untersuchungsgebiet

Das Untersuchungsgebiet umfasst einen Teil der flachen Gäulandschaften Nord-Württembergs, insbesondere die Hohenloher Ebene und den östlichen Kraichgau (s. Abb. 1). Im Süden und Osten wird das Untersuchungsgebiet durch die Schichtstufe des Schwäbisch-Fränkischen Keuperberglands begrenzt. Im Norden streicht die Erfurt-Formation aus. Hauptvorfluter im Untersuchungsgebiet sind die Flüsse Neckar, Kocher und Jagst. Der mittlere Jahresniederschlag schwankt zwischen 700 und 800 mm/a (Armbruster 2002).

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Lage des Untersuchungsgebietes, Ausstrich der Erfurt-Formation sowie Lage der Bereiche 1 bis 3

Location of the study area, outcrop of the Erfurt Formation and location of areas 1 to 3

Das Gebiet gehört regional zu den hydrogeologischen Einheiten „Süddeutsche Muschelkalkplatten“ und „Süddeutsches Keuperbergland“ (Ad-hoc-Arbeitsgruppe Hydrogeologie 2016) und zur Grundwasserlandschaft „Muschelkalk und Lettenkeuper“ (Köhler et al. 1985); geomorphologisch zum süddeutschen Schichtstufenland (Simon 1987, 2013).

Geologie

Im Untersuchungsgebiet streicht die Erfurt-Formation (Lettenkeuper) auf den Hochflächen der Gäulandschaften aus. Bereichsweise ist sie noch von Resten der Grabfeld-Formation (Gipskeuper) sowie von quartärem Löss und Lösslehm überlagert. In Richtung der Täler bzw. zum Ausstrich der Erfurt-Formation insbesondere im Norden des Untersuchungsgebietes ist die Mächtigkeit infolge Abtragung reduziert.

Von ihrer Altersstellung gehört die Erfurt-Formation dem Ladinium, der oberen Stufe der Mittleren Trias an. Die Erfurt-Formation (s. Abb. 2 und 3) besteht aus einer sedimentären Wechselfolge von Ton-Schluffsteinen, in die bis zu 1 m mächtige Dolomitsteinbänke (Grenzdolomit, Linguladolomit u. a.) und fein-mittelkörnige, meist tonige Sandsteine eingeschaltet sind. Die Sandsteine keilen oft lateral aus und sind z. T. diskordant ins Liegende eingeschnitten. Ihre Mächtigkeit kann bis zu 12 m betragen (Hauptsandstein). Im mittleren und oberen Teil sind im unverwitterten Zustand Sulfatgesteine (Anhydrit, Gips) in Knollen und dünnen Lagen eingeschaltet. Untergeordnet treten kohlige Lagen sowie Kalksteine auf. Diese Abfolge kann im gesamten Untersuchungsgebiet von Aufschluss zu Aufschluss verfolgt und meist auch gut korreliert werden. Die Mächtigkeit der Erfurt-Formation beträgt im Untersuchungsgebiet zwischen ca. 20 und 30 m und nimmt von Süden nach Norden zu (Geyer et al. 2011).

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Geologisches Übersichtsprofil der Erfurt-Formation für das Untersuchungsgebiet. (Modifiziert nach Hagdorn et al. 2015a, b)

Geological profile of the Erfurt Formation for the study area. (Modified from Hagdorn et al. 2015a, b)

Abb. 3 Fig. 3
figure 3

Die Erfurt-Formation im Steinbruch „Schotterwerk Schuhmann“ in Vellberg-Eschenau. Die Erfurt-Formation (kuE) ist dort komplett aufgeschlossen. Im Liegenden die Meißner-Formation des Oberen Muschelkalks (moM), im Hangenden Grabfeld-Formation (kmGr). (Foto: R. Rausch, April 2018)

The Erfurt Formation in the quarry „Schotterwerk Schuhmann“ in Vellberg-Eschenau. The Erfurt-Formation (kuE) is completely developed. In the lower part Meißner Formation of the Upper Muschelkalk (moM), in the upper part Grabfeld-Formation (kmGr). (Photo: R. Rausch April, 2018)

Detaillierte Beschreibungen zur Geologie der Erfurt-Formation im Untersuchungsgebiet finden sich bei Wagner (1913 und 1960), Geyer und Gwinner (1968), Brunner (1973, 1977), Brunner und Bruder (1981), Hagdorn und Simon (1988), Pöppelreiter (1999), Schoch (1999), Geyer et al. (2011), und Hagdorn et al. (2015a, b).

Hydrogeologie

Bis in die 1960er-Jahre wurde das Grundwasser der Erfurt-Formation intensiv für die lokale Trinkwasserversorgung genutzt. Das Grundwasser wurde aus zahlreichen flachen Brunnen und gefassten Quellen gefördert. Aufgrund der z. T. geringen und stark schwankenden Ergiebigkeit, insbesondere während trockener Sommer- und Herbstmonate sowie der hohen Vulnerabilität gegenüber Verschmutzungen werden die meisten dieser Wasserfassungen heute nicht mehr zur Trinkwasserversorgung verwendet. Eine Ausnahme bildet das Leintal westlich von Heilbronn (Rausch et al. 1995, 2000). Dort finden sich sehr ergiebige Brunnen und Quellen, die auch heute noch für die Trinkwasserversorgung genutzt werden. Für die Zukunft ist anzunehmen, dass durch die zunehmende Industrialisierung und Optimierung der Landwirtschaft sowie durch den Klimawandel das Grundwasser der Erfurt-Formation vermehrt für die landwirtschaftliche Bewässerung genutzt werden wird.

Die Grundwasserführung der Erfurt-Formation ist abhängig von deren Überdeckung durch jüngere Schichten, vom Verwitterungszustand, der topographischen und bereichsweise der tektonischen Lage. Im Untersuchungsgebiet lassen sich daraus drei räumliche Bereiche (im Folgenden als Bereich 1 bis 3 definiert) ableiten, die unterschiedlichen zeitlichen Stadien der Genese des Grundwasserleiters entsprechen. Die Übergangszone zwischen den Bereichen ist lateral vergleichsweise kleinräumig und beträgt meist weniger als einen Kilometer. Die hydrogeologischen Eigenschaften sind für die Bereiche 1 bis 3 in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Table 1 Vergleich der hydrogeologischen Eigenschaften der Bereiche 1 bis 3. (Quellen: Literaturauswertung und eigene Untersuchungen)Comparison of the hydrogeological properties of areas 1 to 3. (Sources: literature review and own investigations)

Die Bereiche gehen auf die Entwicklung der Schichtstufenlandschaft zurück, wonach Schichtstufen nicht kontinuierlich zurückweichen, sondern eine lange Zeit in einer Position nahezu verharren und dann zur nächsten Position „zurückspringen“ und auch dort wieder eine Stillstandsphase haben (Simon 1987, 2013). Dies bedingt, dass die Gesteine der Stufenfläche (Landterrasse) – und ein solches ist die Erfurt-Formation für das harte Gestein des Schichtstufenbildners Muschelkalk – lange Zeit exponiert sind. Da die Keuperschichtstufe über der Erfurt-Formation öfters „zurückgesprungen“ ist, entstehen vor der Keuperschichtstufe auf den Lettenkeuper-Muschelkalkflächen einheitliche Bereiche, die lange Zeit exponiert waren und eine gleiche hydrogeologische Entwicklung nahmen. Dieses Modell, für den Muschelkalk entwickelt (Simon 44,45,46,a, b, c, 1999, 2000; Rausch und Simon 1998, 2004), kann auch auf die Erfurt-Formation übertragen werden.

Angaben zur Hydrogeologie der Erfurt-Formation finden sich für Teilgebiete des Untersuchungsraums bei Zander (1973), Simon (1975), Hohberger (1977), Rausch (1977), Jungbauer (1977), Hartenstein (1979), Carlé (1980), Simon (1980), Jungbauer (1983), Ufrecht (1984), Wolf (1988), Hagdorn und Simon (1988), Rausch et al. (1995), Rausch und Simon (1998), Simon (1998), Schober und Simon (1999), Schock (1999), Rausch et al. (2000), Rausch (2001), Gudera (12,13,a, b), Schober und Simon (2003), Lang et al. (2004), Rausch und Simon (2004), Simon (2009), Simon (2012), Porebski (2019), Lloyd-Pippich (2019), Holler (2020), Bauer (2020) und Wieland (2021).

Die oben aufgeführten Arbeiten wurden in der vorliegenden Publikation ausgewertet. Insbesondere wurden Angaben zu den Aquiferparametern und zur Hydrochemie des Grundwassers erfasst. Diese Daten wurden durch eigene Untersuchungen ergänzt und sind gemeinsam Grundlage für die Definition der drei räumlichen Bereiche 1–3 und die unterschiedlichen zeitlichen Stadien der Genese des Grundwasserleiters. Eine Zusammenstellung der Daten ist in Tab. 1 und in den Abb. 4 und 5 gegeben.

Abb. 4 Fig. 4
figure 4

Hydrochemische Charakterisierung des Grundwassers in der Erfurt-Formation für die Bereiche 1 bis 3. Klassifikation nach der Nomenklatur von Furtak und Langguth (1967)

Hydrochemical characterisation of the groundwater in the Erfurt Formation for areas 1 to 3. Classification according to the nomenclature of Furtak und Langguth (1967)

Abb. 5 Fig. 5
figure 5

Empirische Häufigkeitsverteilung der Transmissivitäten der Erfurt-Formation für die Bereiche 2 und 3 (\(\overline{\mathrm{T}}\)= Mittelwert, σ = Standardabweichung, n = Anzahl der Werte)

Empirical frequency distribution of transmissivities of the Erfurt Formation for areas 2 and 3 (\(\overline{\mathrm{T}}\) = mean, σ = standard deviation, n = number of samples)

Bereich 1

In Bereich 1 ist die Erfurt-Formation noch von den Schichten der Grabfeld-Formation und höherem Keuper überlagert. In diesen Deckschichten haben sich, bei Mächtigkeiten größer als 30 m, eigenständige, oberflächennahe flache Grundwasserleiter ausgebildet, die lokal entwässern. Die an der Basis der Grabfeld-Formation auftretenden Grundgipsschichten sind noch nicht ausgelaugt. Aus dem Hangenden versickert deshalb nur wenig Grundwasser in die Erfurt-Formation, sodass die Grundwasserführung dort sehr gering ist. Die Ton-Schluffsteine der Erfurt-Formation sind nicht verwittert und engständig geklüftet, d. h., dass ihre Durchlässigkeit in etwa in der gleichen Größenordnung wie in den geklüfteten Dolomit‑, Kalkstein- und Sandsteinlagen liegt. Es ist dabei davon auszugehen, dass keine tektonischen Störungen die Klüftigkeit und damit die Durchlässigkeit beeinflussen. Die Erfurt-Formation kann im Bereich 1 als „homogener, isotroper und geklüfteter Geringleiter“ charakterisiert werden.

Insgesamt ist die Erfurt-Formation im Bereich 1 nur sehr gering durchlässig und besitzt ein sehr geringes Speichervermögen. Die Transmissivität liegt in der Größenordnung von 5,0 · 10−8 bis 2,0 · 10−5 m2/s, die mittlere Transmissivität bei 1,0 ∙ 10−6 m2/s. Die durchflusswirksame Porosität beträgt weniger als 0,1 %. Die geringen Werte der Transmissivität und der Porosität sind auf geringe Gebirgsauflockerung, fehlende Verwitterung sowie geringe Verkarstung zurückzuführen. Die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers ist mit weniger als 0,003 m/d (≈ 1 m/a) sehr langsam.

Die Zusickerung von Grundwasser aus den hangenden Schichten ist gering. Die mittlere langjährige Grundwasserneubildung beträgt lediglich 0,001 l/(s ∙ km2) (Rausch und Simon 1998) (≈ 0,03 mm/a). Bedingt durch die geringe Grundwasserneubildung und Grundwasserfließgeschwindigkeit erfolgt der Grundwasserumsatz sehr langsam. Das Grundwasser ist durch fehlende Gehalte an Tritium gekennzeichnet. Die mittlere Verweilzeit des Grundwassers ist größer als 1000 a.

Der Gesamtlösungsinhalt des Grundwassers ist hoch und schwankt zwischen 2000 und 14.000 mg/l. Nach der Nomenklatur von Furtak und Langguth (1967) treten überwiegend sulfatisch erdalkalische Süßwässer mit höherem Alkaligehalt (Bereich e im Piper-Diagramm) und überwiegend sulfatisch-chloridisch alkalische Süßwässer (Bereich g im Piper-Diagramm) auf (Abb. 4).

Der Lösungsaustrag beträgt 0,05–0,45 t/(a ∙ km2) und ist im Vergleich zu den Bereichen 2 und 3 wesentlich kleiner. Erklären lässt sich dies dadurch, dass trotz der hohen Mineralisation des Grundwassers der Grundwasserumsatz sehr gering ist. Die Veränderung des Gesteins in Bereich 1 erfolgt deshalb dort sehr langsam.

Bereich 2

Im Bereich 2 ist die Erfurt-Formation nur noch von weniger als rund 30 m der Grabfeld-Schichten überlagert, da diese zum größten Teil bereits abgetragen sind. Die Grundgipsschichten der Grabfeld-Formation und der darunter lagernde Grenzdolomit der Erfurt-Formation sind intensiv verkarstet, wobei die Verkarstung der Dolomitsteine durch Lösung von Gipseinschlüssen noch verstärkt wird. Nach deren Auslaugung sind die Dolomite stark kavernös. Daneben sind die Klüfte durch Gebirgsentlastung und im Bereich der Karbonate durch Korrosion erweitert. Die größte Durchlässigkeit und Grundwasserführung befinden sich im oberen Teil der Erfurt-Formation. Dort fungieren der Grenzdolomit und untergeordnet der darunterliegende Linguladolomit, eventuell mit Lingulasandstein, für die überlagernden Schichten als Drainage. Die Ton-Schluffsteine sind bereichsweise verwittert und somit gering durchlässig und wirken als Grundwasserstauer.

Vom Aquifertyp kann der obere Teil der Erfurt-Formation im Bereich 2 als „schichtig gegliederter verkarsteter Kluftgrundwasserleiter“ charakterisiert werden.

In Abb. 5 ist die empirische Häufigkeitsverteilung der Transmissivitäten für den Bereich 2 dargestellt. Das Histogramm zeigt, dass die Transmissivitäten lognormal verteilt sind. Die Werte liegen in der Größenordnung von 1,0 · 10−4 bis 3,2 · 10−2 m2/s. Die mittlere Transmissivität beträgt 2,3 ∙ 10−3 m2/s. Der Bereich 2 weist die höchste mittlere Transmissivität der drei Bereiche auf. Die Streuung der T‑Werte im Vergleich zu Bereich 3 ist wesentlich geringer, was auf eine geringere räumliche Variabilität hinweist (s. Abb. 5). Aufgrund der schichtigen Ausbildung des Grundwasserleiters ist die horizontale Durchlässigkeit deutlich höher als die vertikale Durchlässigkeit, sodass der Aquifer eine ausgeprägte Anisotropie aufweist. Es muss jedoch erwähnt werden, dass trotz der geringen vertikalen Durchlässigkeiten ein Teil des Grundwassers aus der Erfurt-Formation in den Oberen Muschelkalk versickert. Im Mittel sind dies ca. 1 l/(s ∙ km2) (Gudera et al. 12,13,a, b). Dabei kann es vorkommen, dass die Erfurt-Formation selbst, über dem nun am Beginn seiner Verkarstung stehenden Oberen Muschelkalk, ein schwebendes Grundwasserstockwerk darstellt. Dies ist dann der Fall, wenn die Eintiefung der Vorfluter für den verkarsteten Oberen Muschelkalk sehr schnell erfolgte, wie zum Beispiel im Quartär. Dies kann besonders in stark tektonisch gestörten Zonen zu einer höheren Zusickerung von Grundwasser aus der Erfurt-Formation in den Oberen Muschelkalk führen.

Die durchflusswirksame Porosität liegt in der Größenordnung von 1 bis 5 %, wobei die höchsten Porositäten in den kavernösen und verkarsteten Dolomitbänken in der oberen Erfurt-Formation vorliegen. Die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers beträgt ca. 1 bis 2 m/d. Die mittlere langjährige Grundwasserneubildung schwankt von 4 bis 5 l/(s ∙ km2) (≈ 126 bis 158 mm/a).

Die Quellen, die meist im Bereich des Grenzdolomits entspringen, haben mittlere Schüttungen von ca. 0,5 bis 3,0 l/s; teilweise sogar höher, wenn die Gipsgesteine in den unteren Schichten der Grabfeld-Formation verkarstet sind und eine Drainage nach unten besteht. Auch Brunnen können große, technisch nutzbare Ergiebigkeiten aufweisen, was insbesondere im Bereich des verkarsteten Grenzdolomits der Fall ist. Aus Brunnen in diesem Schichtbereich können bis 15 l/s gefördert werden.

Bedingt durch die höhere Grundwasserneubildung und -fließgeschwindigkeit, erfolgt der Grundwasserumsatz relativ rasch. Die mittlere Verweilzeit des Grundwassers liegt zwischen 1 und 5 a, was Untersuchungen des Tritium-Gehaltes sowie Sauerstoff-18- und Deuterium-Analysen ergeben haben.

Der Gesamtlösungsinhalt des Grundwassers schwankt zwischen ca. 650 und 1800 mg/l. Nach der Nomenklatur von Furtak und Langguth (1967) handelt es sich um überwiegend hydrogenkarbonatische, normal erdalkalische Süßwässer (Bereich a im Piper-Diagramm). Daneben kommen auch hydrogenkarbonatisch-sulfatische sowie überwiegend sulfatische, normal erdalkalische Süßwässer (Bereich b und c im Piper-Diagramm) vor, wobei der erhöhte Sulfatgehalt auf Gipslösung in der Grabfeld-Formation zurückzuführen ist (Abb. 4).

Der Lösungsaustrag beträgt 70–160 t/(a ∙ km2) und ist somit der höchste Lösungsaustrag im Vergleich zu den Bereichen 1 und 3. Der Grund hierfür sind die starke Gipslösung und ein hoher und rascher Grundwasserumsatz. Die Veränderung des Gesteins im Bereich 2 erfolgt deshalb vergleichsweise sehr schnell.

Bereich 3

Im Bereich 3 ist die Grabfeld-Formation vollständig abgetragen. Die Erfurt-Formation steht direkt an der Oberfläche an und ist bereichsweise von einer mehrere Meter mächtigen Löss- und Lösslehmdecke überlagert. In Teilen des Untersuchungsgebietes ist die Mächtigkeit der Erfurt-Formation durch Abtragung reduziert. Dies trifft besonders für den nördlichen Teil zu.

Die Erfurt-Formation ist nur im unteren und mittleren Teil grundwassergesättigt, der obere Teil ist ungesättigt. Im oberen Teil der Erfurt-Formation haben sich schwebende Grundwasserstockwerke gebildet. In diesen Bereichen kommt es verstärkt zu einer schichtigen Grundwasserführung, die sich teilweise in unterschiedlichen Grundwasserdruckhöhen bemerkbar macht. Die Hauptgrundwasserführung ist im Bereich der z. T. verkarsteten Dolomit- und Kalksteine sowie der Sandsteine, besonders des Hauptsandsteins und hauptsächlich dann, wenn dieser in Flutfazies auftritt. Die Wasserwegsamkeit sowie das Wasserspeichervermögen sind im Wesentlichen auf die Klüfte und Schichtfugen beschränkt. Die Porosität der Sandsteine spielt nur eine untergeordnete Rolle. Durch Bruchstrukturen und größere Klüfte sind hydraulische Verbindungen zwischen den einzelnen Grundwasserhorizonten möglich. Daneben kommt es zu einem Grundwasseraustausch in jenen Bereichen, wo der Sandstein in Flutfazies die einzelnen Stockwerke miteinander kurzschließt. In seltenen Fällen reicht der Hauptsandstein bis in die Muschelkalkschichten.

Bedingt durch den kleinskaligen vertikalen lithologischen Wechsel von gut wasserleitenden und speichernden Sandsteinen, Dolomit- und Kalksteinen mit gering wasserleitenden Schluff- und Tonsteinen lässt sich die Erfurt-Formation vom Aquifertyp als „schichtig gegliederter Kluftgrundwasserleiter“ charakterisieren.

In Abb. 5 ist die empirische Häufigkeitsverteilung der Transmissivitäten dargestellt. Das Histogramm zeigt, dass die Transmissivitäten annähernd lognormal verteilt sind. Die Transmissivität liegt in der Größenordnung von 3,2 ∙ 10−7 bis 1,0 ∙ 10−2 m2/s. Die mittlere Transmissivität beträgt 4,6 ∙ 10−4 m2/s. Dieser Wert ist deutlich geringer als im Bereich 2, was sich durch die z. T. geringere Aquifermächtigkeit und das Fehlen der gut durchlässigen Gesteine z. B. des Grenzdolomits erklären lässt. Die weite Streuung der Transmissivitäten im Vergleich zu Bereich 2 weist auf eine größere räumliche Heterogenität hin, die sich im Wesentlichen mit einer Abnahme der wassergesättigten Mächtigkeit erklären lässt (s. Abb. 5). Aufgrund der schichtigen Ausbildung des Grundwasserleiters ist die horizontale Durchlässigkeit wie im Bereich 2 deutlich höher als die vertikale Durchlässigkeit, sodass der Grundwasserleiter eine ausgeprägte Anisotropie aufweist. Im Bereich 3 ist die Erfurt-Formation öfters über dem verkarsteten Oberen Muschelkalk als schwebender Grundwasserleiter ausgebildet.

Die durchflusswirksame Porosität liegt in der Größenordnung von 1–2 %. Die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers beträgt ca. 0,1–0,5 m/d. Die mittlere langjährige Grundwasserneubildung schwankt von 4 bis 5 l/(s ∙ km2) (≈ 126–158 mm/a).

Die Quellen, die meist im Bereich der Dolomit- und Kalksteinbänke sowie aus dem Hauptsandstein entspringen, haben mittlere Schüttungen von ca. 0,1–1,0 l/s. Brunnen haben in der Regel Ergiebigkeiten von kleiner 1 l/s.

Bedingt durch die höhere Grundwasserneubildung und -fließgeschwindigkeit, erfolgt der Grundwasserumsatz relativ rasch. Die mittlere Verweilzeit des Grundwassers liegt zwischen 1 und 5 a, was durch gemessene Tritium-Gehalte sowie Sauerstoff-18 und Deuterium-Analysen bestimmt wurde.

Der Gesamtlösungsinhalt des Grundwassers schwankt zwischen ca. 420 und 870 mg/l. Nach der Nomenklatur von Furtak und Langguth (1967) handelt es sich um überwiegend hydrogenkarbonatische normal erdalkalische Süßwässer (Bereich a im Piper-Diagramm) (Abb. 4). Daneben kommen auch hydrogenkarbonatisch-sulfatische normal erdalkalische Süßwässer (Bereich b im Piper-Diagramm) vor.

Der Lösungsaustrag beträgt 60–130 t/(a ∙ km2) und ist somit etwas geringer als im Bereich 2. Das Grundwasser ist dort infolge der fast abgeschlossenen Gipsauslaugung geringer mineralisiert, hat aber immer noch einen hohen und raschen Grundwasserumsatz. Die Veränderung des Gesteins im Bereich 3 erfolgt deshalb vergleichsweise schnell.

Zeitliche Aspekte

Die Zeit für das Bestehen der Bereiche und die Zeit für deren Änderung bzw. deren Übergangszeiten, sind nicht von hydrogeologischen Gegebenheiten abhängig, sondern von der Entwicklung der Landschaft und der Tektonik. Bei der Entwicklung der Landschaft sind die Rückverlegung der Keuperschichtstufe und die Ausbildung der Unterkeuper-Muschelkalkverebnung, der sogenannten Gäufläche, die entscheidenden Faktoren. Die Keuperschichtstufe wandert nicht kontinuierlich zurück, sondern „sprunghaft“ (Simon 1987, 2013). Einzelne Schichtstufenlagen können zeitlich eingeordnet werden und somit wird auch eine Abschätzung für die Bestandszeit der einzelnen Bereiche möglich. Die Entwicklung der Tektonik lässt sich zwar für die Vergangenheit in einem zeitlichen Rahmen fassen, nicht jedoch für die Zukunft. Somit stellt die tektonische Entwicklung eine Unsicherheit für Abschätzungen für die Zukunft dar.

Der Zustand des Bereichs 1 bleibt am längsten bestehen und umfasst die Zeit von der abgeschlossenen Diagenese bis etwa zu dem Stadium, bei dem durch Erosion die Obergrenze des Grundwasserleiters noch zirka 30 m unter der Landoberfläche liegt. Bei der Erfurt-Formation kann das viele Millionen Jahre dauern, wobei in dieser Zeit im Bereich 1 ebenfalls kleine Änderungen vorkommen, wie beispielsweise die Belastung bei der Versenkung von mehr als 1000 m und die Entlastung bei der Hebung mit Erosion. Vom Ende des Juras bis zum Ende des Tertiärs sind etwa 140 Mio. Jahre anzunehmen. Der Grenzbereich zum Bereich 2 liegt am unteren Hang des Keuperschichtstufenrandes.

Der Übergang von Bereich 1 zu Bereich 2 dauert nicht sehr lange. Er ist hauptsächlich abhängig von der Sulfatgesteinsauslaugung in der unteren Grabfeld-Formation. Aufgrund des schnellen Auslaugungsprozesses, sind hierfür nicht mehr als einige hunderttausend Jahre anzusetzen.

Der Zustand des Bereichs 2 ist wieder von längerer Dauer. Das Bestehen des Bereichs 2 ist abhängig von der Tieferlegung der Verkarstung im Oberen Muschelkalk. Dies wird durch die Tieferlegung der Vorfluter induziert, was auch zu einer Zertalung der Landschaft führt. Die Ausdehnung der Grundwasserleiter wird kleiner und die Erfurt-Formation beginnt verstärkt unterirdisch in den Muschelkalkkarst zu entwässern (Rausch und Simon 1998, 2004). Diese Übergangszeit kann durch Tektonik stark beeinflusst werden. Steht ein Gebiet unter Senkungstendenz, dann verlängert sich der Zustand des Bereichs 2 zeitlich, was wohl für das Gebiet des Kraichgaus westlich von Heilbronn angenommen werden darf. In Gebieten mit Hebungstendenzen wie etwa im Osten Hohenlohes wird dagegen die Dauer des Bestandes des Bereichs 2 verkürzt, auf weniger als etwa 2 Mio. Jahre, wie Hoydem et al. (2018) in Osthohenlohe an der Speläogenese des Fuchslabyrinths zeigen konnten.

Der Bereich 3 kann wieder längere Zeit bestehen, wofür etwa 5 Mio. Jahre anzusetzen sind (Hoydem et al. 2018).

Die Gesteine der Erfurt-Formation beenden ihre hydrogeologische Funktion als Deckschichten des Karstaquifers im Oberen Muschelkalk. Da die untersten Meter der Erfurt-Formation stark tonig ausgeprägt sind, stellen sie auch in einer stark reduzierten Mächtigkeit noch einen gewissen Schutz des Karstaquifers dar.

Fazit

Die hier am Beispiel der Erfurt-Formation dargestellte hydrogeologische Entwicklung zeigt exemplarisch, dass Grundwasserleiter selbst in geologischen Zeiträumen tiefgreifenden Veränderung unterworfen sind. Grundwasserleiter sind also keine statischen, sondern dynamische Systeme. In geologischen Zeiträumen verändern sich die Gesteine durch Verwitterung, Verkarstung, Abtragung und Entlastung und damit die hydraulischen Parameter sowie der Lösungsinhalt des Grundwassers. Der Grundwasserleiter, der anfangs als Geringleiter charakterisiert werden kann, entwickelt sich zu einem ergiebigen Grundwasserleiter, gekennzeichnet durch eine hohe Durchlässigkeit sowie ein hohes Speichervermögen und schließlich mit zunehmender Verwitterung und Abtragung wieder in einen Geringleiter.

Weiterhin zeigt das Beispiel der Erfurt-Formation in Analogie zur „Waltherschen Faziesregel“ der Sedimentologie, dass hydrogeologisch verschiedene Bereiche, die heute räumlich nebeneinanderliegen, aufeinanderfolgenden zeitlichen Stadien der Aquifergenese entsprechen können. Dieses hier definierte Modell zur Aquifergenese kann auch auf andere Aquifersysteme übertragen werden, wie schon angedeutet insbesondere den Muschelkalk. Dieses Modell sollte bei der hydrogeologischen Charakterisierung von Grundwasserleitern berücksichtigt werden.

Die Gesteine eines Grundwasserleiters verändern sich z. B. durch Lösung und Verwitterung und ihrer Nähe zur Landoberfläche. Das hat zwingend zur Folge, dass sich die Grundwasserleiter verändern. Insbesondere gilt dies für Karstgrundwasserleiter. Dieses Modell trifft auch auf Tongesteine zu, die im unverwitterten Zustand fein geklüftet sind, durch Verwitterung aber praktisch undurchlässig werden.

Bei der praktischen Anwendung hilft dieses Modell z. B. bei der räumlichen Zonierung der Aquiferparameter oder des Lösungsinhalts des Grundwassers, indem die landschaftsgeschichtliche Entwicklung des Grundwasserleiters mitberücksichtigt wird.

Eine weitere Anwendung ist bei der Modellierung von Grundwassersystemen mit Prognosezeiträumen von tausenden Jahren und mehr gegeben. In solchen Fällen ist die mögliche zeitliche Veränderung eines Grundwasserleiters zu berücksichtigen, da bei der Annahme statischer Verhältnisse unrealistische Vorhersagen gemacht würden. Aktuell relevant ist dies z. B. bei der Vorhersage der Auswirkung von langfristigen Klimaänderungen auf das Grundwasser, bei der Anlage von Deponien und bei der Beurteilung von Endlagern radioaktiver Abfälle, wo Prognosezeiträumen von mehreren tausend bis hunderttausend Jahren betrachtet werden müssen.