Einleitung

Der Eintrag von Pestiziden in Oberflächengewässer in Regionen intensiven Ackerbaus ist weltweit ein Problem. Kritisch sind vor allem neben den direkten toxischen Wirkungen auf Nichtzielorganismen einschließlich des Menschen, Anreicherungen in der Nahrungskette, die endokrine Wirkung von Wirkstoffen und ihrer Metaboliten sowie die Ausbildung von Resistenzen (Schudel 2008). Am häufigsten werden in Europa und Nordamerika Herbizide und ihre Metaboliten in Oberflächengewässern nachgewiesen (Schreiner et al. 2016; Liess et al. 2022). Auch in kleinräumigeren Studien dominierten Herbizidfunde, zum Beispiel in 23 untersuchten Einzugsgebieten in Südwestdeutschland (Weber et al. 2018). Die maximalen Konzentrationen verschiedener Substanzen überschritten die Grenzwerte der Grundwasserverordnung oder der Umweltqualitätsnormen nach Richtlinie 2008/105/EG für Binnengewässer. Pestizide werden auch in den Mündungsgebieten großer Flüsse nachgewiesen (Hartwell 2011; Massei et al. 2018) und tragen somit zur Belastung von Ökosystemen in Küstengewässern bei (Diaz und Rosenberg 2008).

Einzelne Pestizide sind in der Umwelt sehr langlebig. Sie können entsprechend über lange Fließstrecken transportiert werden (Sandin et al. 2018). Am bekanntesten ist das Beispiel von Atrazin, das in Deutschland seit 1991 nicht mehr zugelassen ist, und dennoch immer noch häufig im Grundwasser in Konzentrationen nahe dem Schwellenwert der Grundwasserverordnung von 0,1 µg l−1 nachgewiesen wird, ohne dass ein signifikanter Rückgang zu verzeichnen ist (Vonberg et al. 2014).

Für die Belastung von Oberflächengewässern spielt die Entwässerung der Flächen eine wichtige Rolle (Gramlich et al. 2018). Brown und van Beinum (2009) schätzten, dass etwa 16 % der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland durch Gräben oder durch Rohrdräne entwässert werden. Für Mecklenburg-Vorpommern wird der Anteil der künstlich entwässerten landwirtschaftlichen Flächen auf 66 % geschätzt. Davon werden etwa 53 % der Ackerflächen hauptsächlich durch unterirdische Rohrdräne entwässert (Koch et al. 2010). Der Anteil der durch Rohrdräne entwässerten Ackerflächen kann 40 % oder mehr des jeweiligen Einzugsgebietes betragen (Behrendt und Bachor 1998; Tetzlaff et al. 2009).

Aus Sicht der Grundwasserforschung stellen Rohrdräne eine gute Möglichkeit dar, mit geringem Aufwand die Beschaffenheit des Sickerwasserflusses unterhalb der Hauptwurzelzone und in hoher zeitlicher Auflösung großflächig zu erfassen. Regelmäßige Beprobungen des Auslaufs der Rohrdräne auf Schadstoffe können somit einerseits als Frühwarnsystem für spätere Belastungen des Grundwassers genutzt werden. Andererseits können diese Daten dazu genutzt werden, die Ursache der oft starken zeitlichen Variabilität der Konzentration von Pestiziden und ihrer Metaboliten im oberflächennahen Grundwasser zu untersuchen. Direkte Zusammenhänge mit dem Zeitpunkt und der Art der Ausbringung der Pflanzenschutzmittel oder mit sonstigen Bewirtschaftungsmaßnahmen werden zwar oft vermutet, sind aber nur mit hohem Aufwand direkt nachzuweisen (Wick et al. 2019).

Die Auswaschungsrate von Pestiziden hängt neben der ausgebrachten Menge auch von den Eigenschaften der Substanzen ab (Ulrich et al. 2012; Boivin et al. 2005). Brown und van Beinum (2009) fanden in einer Auswertung von 23 Studien von verschiedenen Standorten in ganz Europa signifikante Korrelationen zwischen der maximalen Pestizidkonzentration im Abfluss und dem Grad der Sorption der Pestizide im Boden, der Halbwertszeit der Pestizide im Boden, dem Zeitraum zwischen der Ausbringung und dem ersten Abfluss sowie mit dem Tongehalt des Bodens. Zusätzlich spielen auch die Niederschlags- und Bodenfeuchtebedingungen eine wesentliche Rolle (Willkommen et al. 2019). Beispielsweise beobachteten Norgaard et al. (2014), dass die Auswaschung von Glyphosat und seinem Metaboliten Aminomethylphosphonsäure (AMPA) stark von dem Zeitpunkt und der Intensität des ersten Niederschlagsereignisses nach der Anwendung abhing. Kalita et al. (2006) fanden in den ersten drei Monaten nach der Ausbringung von Atrazin hohe Austragsraten über die Rohrdräne. Die Auswaschung von Pestiziden kann durch präferenzielles Fließen in teilweise gefrorenen Böden deutlich gegenüber dem Austrag in nicht gefrorenen Böden erhöht sein (Holten et al. 2019). Daneben scheint die Bodenbearbeitung eine Rolle zu spielen. So fanden beispielsweise Gaston et al. (1996) und Larsbo et al. (2009) bei reduzierter Bodenbearbeitung eine geringere Auswaschung von Bentazon und Isoproturon im Vergleich zur Auswaschung bei konventioneller Bodenbearbeitung.

Die mikrobielle Umwandlung von Herbiziden in landwirtschaftlich genutzten Böden wurde für Metolachlor (McGahen und Tiedje 1978; Krause et al. 1985) und Metazachlor (Laue et al. 1996) bereits frühzeitig beschrieben. Rice et al. (2020) konnten zeigen, dass die Auswaschung der beiden Metaboliten des Herbizids Metolachlor, Metolachlorethansulfonsäure (MESA) und Metolachloroxanilsäure, stark mit der Nitratauswaschung aus dem Boden korrelierte.

Während der Abbau der meisten heute verwendeten Pestizidwirkstoffe in der Regel relativ schnell erfolgt (Mamy et al. 2005), bleiben ihre Metaboliten oft viel länger erhalten (Lewis et al. 2016). Bartha (1971) wies Metaboliten des Herbizids Chloranilin mehr als zehn Jahre nach der Ausbringung im Boden nach. Phillips et al. (1999) wiesen die beiden Metaboliten des Herbizids Metolachlor, Metolachlor ESA (Ethansulfonsäure) und OA (Oxanilsäure), in landwirtschaftlich genutzten Böden vier oder mehr Jahre nach der Anwendung nach. Einzelne Transformationsprodukte des Chlorthalonil wie R471811 haben eine um bis zu zwei Zehnerpotenzen höhere Halbwertszeit als der Wirkstoff selber und sind entsprechend häufig im Grundwasser nachzuweisen (Kiefer et al. 2019). Gassmann (2021) weist allerdings darauf hin, dass die Modellierung der Metabolisierung von Pestizidwirkstoffen in der Umwelt nach wie vor mit sehr großen Unsicherheiten behaftet ist.

Entsprechend ist davon auszugehen, dass die zeitliche Dynamik der Pestizidfunde in Oberflächengewässer während einzelner Abflussspitzen (z. B. Xing et al. 2013; Lorenz et al. 2017) zu einem wesentlichen Teil auf die Mobilisierung von Substanzen im Oberboden zurückzuführen ist. Eine direkte Zuordnung von einzelnen Befunden zu entsprechenden landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmaßnahmen in situ wäre dann kaum oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich. Detaillierte Studien an einzelnen Standorten erlauben jedoch nur sehr begrenzt Aussagen über größere Regionen und sind überdies aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Methoden oft kaum untereinander vergleichbar (z. B. Ulrich et al. 2015).

Aus diesem Grund hat das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) sein mehrjähriges Messprogramm für die Erfassung von Stoffausträgen aus Rohrdränen für eine Dränperiode um die Messung von Pflanzenschutzmitteln und ausgewählten Metaboliten erweitert. Diese Messungen wurden an verschiedenen Standorten innerhalb des gesamten Bundeslandes wöchentlich durchgeführt, um flächenmäßig repräsentative Aussagen zu erhalten. Zusätzlich wurden detaillierte Daten zu den Bodeneigenschaften und zur Bewirtschaftung der Flächen erhoben und um meteorologischen Daten des Deutschen Wetterdienstes ergänzt. Ziel der Untersuchungen war es, mögliche Zusammenhänge zwischen Bewirtschaftungsmaßnahmen und Pestizidfunden zu identifizieren, die Rückschlüsse auf mögliche Optimierungen der Bewirtschaftung erlauben würden. Außerdem wurde aus der Analyse ein besseres Verständnis der Ursachen der kurzzeitigen Dynamik der Konzentration der Wirkstoffe und ihrer Metaboliten im oberflächennahen Grundwasser erwartet.

Daten

Von Dezember 2018 bis Juni 2019 wurden die Ausläufe von Rohrdränen von acht Ackerflächen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (Abb. 1) beprobt. Die Größe der jeweiligen jeweils homogen bewirtschafteten Ackerflächen reicht von 5 bis 171 ha. Die einzelnen Rohrdräne entwässerten dabei Flächen von 0,25 bis 9,3 ha Größe. Die Eignung der Flächen für die ackerbauliche Nutzung wird mit der Ackerzahl beschrieben, die Effekte der Textur, der Fruchtbarkeit, des Klimas und anderer Landschaftsmerkmale wie Hanglage und Waldschatten erfasst. Die Ackerzahlen der untersuchten Feldstandorte lagen mit einer Ausnahme im oder nur leicht über dem unteren Drittel dieser Bandbreite, was für diese Region typisch ist, und stark durch den relativ hohen Sandgehalt der Böden bestimmt wird.

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Lage der Untersuchungsflächen im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern

Location of the study areas in the federal state of Mecklenburg-Western Pomerania

Seit 2012 wurde die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der entwässerten Flächen detailliert dokumentiert. Dazu gehören Informationen über die angebaute Fruchtart, Art und Menge des ausgebrachten Düngers, den Ertrag sowie die jährlichen Stickstoff- und Phosphorbilanzen der Ackerfläche. Außerdem wurden von den landwirtschaftlichen Betrieben auch Informationen zu den Terminen, ausgebrachten Mitteln und Mengen von Pflanzenschutzmitteln sowie zur Bodenbearbeitung seit 2015 abgefragt. Die in den Jahren 2015 bis 2019 am häufigsten angebaute Kultur war Winterweizen, gefolgt von Winterraps, Wintergerste und Mais. Gelegentlich wurden auch Winterroggen und Zuckerrüben angebaut. In der Fruchtfolge dominierten Wintergerste, Winterraps oder Mais und Winterweizen.

Auf den Ackerflächen wurde der Niederschlag mit Sammlern erfasst. An den Ausläufen der Rohrdräne wurden in wöchentlichen Abständen der Abfluss sowie physikalisch-chemische, chemische und organische Parameter des Dränwassers bestimmt. Dazu gehörte die Bestimmung der Konzentrationen von 26 verschiedenen Substanzen (Tab. 1). Das war neben ausgewählten Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen und einigen ihrer Metaboliten auch Trifluoressigsäure (TFA). TFA wird inzwischen ubiquitär im Regen‑, Oberflächen- und Grundwasser nachgewiesen. TFA wird vielfältig in der chemischen Industrie eingesetzt, entsteht darüber hinaus auch bei dem Abbau unterschiedlichster anthropogener Stoffe in der Umwelt wie z. B. verschiedener Kältemittel oder Arzneistoffe, kann aber auch bei der Metabolisierung verschiedener Wirkstoffe synthetischer Pflanzenschutzmittel entstehen. Eine eindeutige Zuordnung zur jeweiligen Quelle ist in der Regel nicht möglich. TFA ist in der Umwelt persistent und sehr gut wasserlöslich (Nödler et al. 2019; Bayerisches Landesamt für Umwelt 2021; Umweltbundesamt 2021).

Tab. 1 Table 1 Untersuchte Substanzen. Die Spalte „Anbaupause“ bezieht sich auf den letztmaligen Anbau der Kulturart, für die der entsprechende Wirkstoff zugelassen ist, auf der Fläche, auf der der Wirkstoff oder Metabolit in der Dränperiode 2019 nachgewiesen wurde. Die Charakterisierung der Eigenschaften der Wirkstoffe wurde Lewis et al. (2016) entnommen. Zu den Eigenschaften ihrer Metaboliten lagen jedoch keine Informationen vorSubstances investigated. The column “Cultivation break” refers to the last cultivation of the crop for which the corresponding active substance is approved on the area where the active substance or metabolite was detected in the 2019 drainage period. The characterisation of the properties of the active substances was taken from Lewis et al. (2016). However, no information was available on the properties of their metabolites

Die Gesamtzahl der Probennahmen pro Messstelle lag bei bis zu 22. Insgesamt wurden 132 Wasserproben genommen. Die Probennahme erfolgte in Form einer qualifizierten Stichprobe nach § 2 der Abwasserverordnung (AbwV). Fünf Einzelproben zu je 1000 ml wurden im Abstand von zwei Minuten direkt am Ablauf entnommen, zusammengefasst und die In-situ-Parameter gemessen. Für die Laboranalysen wurden eine 2000-ml-PET-Flasche und eine 100-ml-Borosilikatglasflasche mit 2 ml konzentrierter Salpetersäure zur Konservierung gefüllt. Alle Proben wurden an einem dunklen und kühlen Ort gelagert, bis sie ins Labor gebracht wurden. Die Analytik wurde von der Firma „Analytik Institut Rietzler GmbH“ am Laborstandort Fürth analysiert. Die Pflanzenschutzmittel und die Abbauprodukte wurden nach DIN 38407-F36:2014-09 untersucht, Glyphosat und AMPA nach ISO 16308:2014-09, und Chlorthalonil nach DIN EN ISO 6468 (F1): 1997-02. Für TFA wurde eine laboreigene Methodik genutzt, die nicht akkreditiert ist.

Für den gesamten Zeitraum Oktober 2012 bis Mai 2019 wurden dem Climate Data Centre des Deutschen Wetterdienstes (https://opendata.dwd.de) die Tageswerte verschiedener meteorologischer Variablen wie Niederschlag, Schneedeckenhöhe, Bodenfrost, potenzielle Verdunstung und Klimatische Wasserbilanz von den jeweils den Beprobungsstellen nächstgelegenen Niederschlags- und Klimamessstationen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) entnommen. Aufgrund der räumlichen Verteilung der Flächen variierten der mittlere Jahresniederschlag, die Lufttemperatur, die potenzielle Verdunstung (bestimmt nach Penman-Monteith) und die klimatische Wasserbilanz während der Entwässerungsperioden zwischen den Standorten im Zeitraum 2013–2019 im Bereich von 272–342 mm, 5,3–6,1 °C, 18–90 mm bzw. 213–281 mm (DWD 2019). Die Details sind in Steidl et al. (2022) dokumentiert.

Statistische Modellierung

Die Analyse zielte darauf ab, Zusammenhänge zwischen den zeitlich und örtlich variierenden Konzentrationen der einzelnen Substanzen mit Witterungs- und Bewirtschaftungsdaten zu detektieren. Neben den Tageswerten der Wetterdaten wurden auch kumulierte Zeitreihen von Anfang der Dränperiode bis zum Zeitpunkt der Beprobung sowie der zeitlichen Abstände der Beprobung zu vorhergehenden Witterungsereignissen wie Niederschlagsereignisse oder Tagen mit Schneedecke bestimmt. Aus Gründen der Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Beprobungsstellen wurden die jeweils bei der Beprobung am Auslass der Rohrdräne bestimmten Schüttungsraten auf den Mittelwert der Schüttungswerte der jeweiligen Rohrdräne normiert. Die komplette Liste der für diese Studie zusammengestellten meteorologischen Messgrößen, Boden- und Bewirtschaftungsdaten ist in Steidl et al. (2022) ausführlich beschrieben.

Angesichts der Vielzahl möglicher Prädiktoren und der oft stark ausgeprägten, nicht notwendigerweise linearen Korrelationen untereinander wurde im ersten Schritt eine Analyse mittels Random-Forest-Modellen durchgeführt. Im Gegensatz zu einfachen Korrelations- oder Regressionsanalysen können mit diesem Ansatz auch komplexe nichtlineare Zusammenhänge zwischen abhängigen Variablen und verschiedenen möglichen Prädiktoren erfasst werden, wobei letztere sowohl metrisch als auch kategorisch skaliert sein können (Breiman 2001). Es ist ein inzwischen auch in den Umweltwissenschaften häufig verwendetes, schnelles und robustes Verfahren des Maschinellen Lernens (z. B. Tyralis et al. 2019; Peichl et al. 2021). Es ist insbesondere gut geeignet, um aus einer Vielzahl möglicher, einander ähnlicher Prädiktoren die relevantesten zu identifizieren.

Aufgrund der relativ geringen Zahl von 132 Einzelproben war jedoch eine systematische Feature Selection zur Bestimmung der relevantesten Prädiktoren wie z. B. bei Lischeid et al. (2022) nicht möglich. Für die Modellierung wurden nur Befunde oberhalb der Bestimmungsgrenze berücksichtigt. Dadurch reduzierte sich die Zahl der verfügbaren Proben je nach Substanz zum Teil erheblich. Eine weitere Reduzierung ergab sich daraus, dass nicht für jede Probe Werte aller Prädiktoren vorlagen. Um trotz der geringen Größe des Datensatzes robuste Ergebnisse zu erhalten, wurde darauf geachtet, ein Verhältnis von 1:20 zwischen der Zahl der Prädiktoren und der Zahl der Datenpunkte nicht zu unterschreiten. Die Modellierungen wurden jeweils separat für einzelne Substanzen, aber jeweils für alle Probennahmestellen gemeinsam durchgeführt, um regionale Zusammenhänge zu erfassen. Ziel war es jedoch, Prädiktoren zu identifizieren, die für alle Substanzen relevant sind. Deshalb wurde in jedem Schritt für jede Substanz ein Ranking der Prädiktoren durchgeführt, anschließend über alle Substanzen gemittelt und auf dieser Basis die relevantesten Prädiktoren für den nächsten Schritt ausgewählt.

Eine Aufteilung des Datensatzes in Trainings- und Testdatensatz war aufgrund der geringen Probenzahl nicht möglich. Da in den Random-Forest-Modellen jeweils Informationen von 500 Entscheidungsbäumen für die Bestimmung der relevantesten Prädiktoren genutzt wurde, war dennoch ein gewisser Schutz vor einem Overfitting gegeben.

Auf der Basis der Random-Forest-Modellierung wurden die beiden Prädiktoren ausgewählt, mit denen im nächsten Schritt eine Support-Vector-Machine-Simulation durchgeführt wurde. Dieses Verfahren des maschinellen Lernens wird häufig verwendet, um in großen Datensätzen multivariate nichtlineare Zusammenhänge zu detektieren (Vapnik 1995; Cortes und Vapnik 1995). Anders als bei Random-Forest-Modellen bestimmen Support Vector Machines jedoch einen möglichst glatten funktionalen Zusammenhang zwischen den unabhängigen und der abhängigen Variable. Einerseits ist deshalb in der Regel die Vorhersageleistung im Vergleich zu Random-Forest-Modellen etwas schlechter, andererseits ist aber die Generalisierbarkeit und nicht zuletzt auch die Interpretierbarkeit der funktionalen Zusammenhänge besser (Lischeid et al. 2022). Aufgrund des geringen Umfangs des Datensatzes ist das erstellte Support-Vector-Machine-Modell für Vorhersagen oder für einen Hypothesentest nicht geeignet. Stattdessen wird es hier zur Visualisierung verwendet, um Hinweise für weitergehende Untersuchungen abzuleiten.

Die Analysen wurden mit der Statistiksoftware R (R Core Team 2021) und den Paketen randomForest (Liaw und Wiener 2002) und e1071 (Meyer et al. 2021) durchgeführt.

Ergebnisse

In den Wirtschaftsjahren 2015 bis 2019 dokumentierten die landwirtschaftlichen Betriebe die Verwendung von 86 Pflanzenschutzmitteln mit insgesamt 72 Pestizidwirkstoffen, davon 37 Herbizide. Darunter waren vier Produkte mit Glyphosat, die in Mengen von 0,5–4,3 l/ha ausgebracht wurden. Darüber hinaus wurden drei weitere Produkte mit dem Wirkstoff Metazachlor in Mengen von 1 bis 2,2 l/ha und eines mit S‑Metolachlor in Kombination mit Terbuthylazin in Mengen von 2 bis 3,75 l/ha ausgebracht.

Für das Monitoring wurden 26 Substanzen ausgewählt, die nach dem Studium der Literatur als besonders relevant angesehen wurden. Davon wurden 12 mit Werten oberhalb der Bestimmungsgrenze nachgewiesen (Tab. 1). Mit Ausnahme eines einzelnen Nachweises von Glyphosat wurden nicht die Wirkstoffe selbst nachgewiesen, sondern verschiedene Metaboliten. Für den Chlorthalonil-Metaboliten R417888 wurde der Schwellenwert der Grundwasserverordnung (GrwV) von 0,1 μg l−1 um mehr als 25 % überschritten. Wiederholt wurden verschiedene Metaboliten auch nach mehrjährigen Anbaupausen der entsprechenden Kulturart, für die der Wirkstoff zugelassen ist, nachgewiesen (Tab. 1).

Die zeitlichen Verläufe der beiden Substanzen Trifluoressigsäure und Metazachlorsulfonsäure BH 479‑8, die in allen Proben nachgewiesen wurden, sind exemplarisch in Abb. 2 dargestellt. Die Konzentrationsverläufe weisen zum Teil erhebliche Schwankungen auf, zeigen darüber hinaus aber keine klaren Trends.

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Zeitlicher Verlauf der Konzentrationen von Trifluoressigsäure und Metazachlorsulfonsäure BH 479‑8 an den verschiedenen Messflächen

Time series of the concentrations of trifluoroacetic acid and metazachlorosulfonic acid BH 479-8 at the different measurement sites

Für die Substanzen mit mehr als 40 Nachweisen in den 132 Proben wurde zunächst versucht, mittels Random-Forest-Modellierung die besten Prädiktoren der Konzentrationen der einzelnen Substanzen zu bestimmen (Tab. 2). Die schrittweise Elimination der weniger relevanten Prädiktoren führte nur in Einzelfällen zu einer schlechteren Modellgüte, im Fall des Dimethachlor-Metaboliten CGA 369873 und der Metazachlorsulfonsäure BH 479‑8 sogar eher zu einer Verbesserung. Nur für die Metazachlor- und Chlorthalonil-Metaboliten war die Ausbringung des Wirkstoffs in den Jahren vor der Beprobungsperiode dokumentiert. Für die Modellierung dieser Substanzen wurde deshalb der Zeitraum seit der Ausbringung des jeweiligen Wirkstoffs als zusätzlicher Prädiktor aufgenommen (Tab. 2).

Tab. 2 Table 2 Güte der Random-Forest-(RF)- und Support-Vector-Machine-(SV)-Modelle für die verschiedenen Substanzen unter Verwendung unterschiedlicher Sätze von PrädiktorenPerformance of different Random Forest (RF) and Support Vector Machine (SVM) models for different substances using different sets of predictors

Das erste Screening mittels Random-Forest-Modellierung ergab für alle Substanzen klare Hinweise auf die Bedeutung der Schüttung für die zeitliche Dynamik der Konzentrationen. Unter den wichtigsten Prädiktoren waren außerdem verschiedene Variablen mit einem monotonen Anstieg für den Verlauf der Dränperiode, wie z. B. die Zahl der Tage seit Beginn der Dränperiode, die Zahl der Tage seit der letzten Bodenbearbeitung, die kumulative klimatische Wasserbilanz oder die kumulative potenzielle Evapotranspiration. Diese Variablen waren hinsichtlich der Modellierung der Stoffkonzentrationen weitgehend redundant zueinander. Dies wurde als Hinweis darauf angesehen, dass der Zusammenhang zwischen den Stoffkonzentrationen der einzelnen Substanzen und der Schüttung sich im Laufe der Dränperiode systematisch veränderte.

Für den Chlorthalonil-Metaboliten R417888 lieferte gemäß der Random-Forest-Modellierung der zeitliche Abstand der Beprobung zu der vorhergehenden Ausbringung des Wirkstoffs keine für die Modellierung relevante Information. Im Gegensatz dazu erwies sich für die beiden Metaboliten des Metazachlor der Zeitraum seit der Ausbringung als relevanter Prädiktor für die Stoffkonzentrationen. Dieser Zusammenhang war in beiden Fällen positiv: Je länger die Ausbringung zurück lag, desto höher war die mittels Random Forest prognostizierte Konzentration der beiden Metaboliten. Offensichtlich erfolgte die Umsetzung von Metazachlor zu den beprobten Metaboliten mit einer sehr langsamen Rate auf der Zeitskala von mehreren Monaten. Aus Gründen der Vergleichbarkeit zwischen den verschiedenen Substanzen wurde die Zeitspanne seit der Ausbringung jedoch in der weiteren Analyse nicht berücksichtigt.

Für die nachfolgende Modellierung mittels Support Vector Machine wurde einerseits die Schüttung, jeweils normiert auf den Mittelwert der Beprobungsstelle, ausgewählt. Als zweiter Prädiktor wurde der Dräntag, d. h. der zeitliche Abstand des Probennahmetermins von dem Beginn der Dränperiode am 01.11.2018 bestimmt. Im Unterschied zu den restlichen oben genannten Variablen mit einem monotonen Anstieg über den Verlauf der Dränperiode differenziert die Variable „Dräntag“ nicht zwischen den verschiedenen Probennahmestellen. Damit wird das Risiko eines „Overfitting“, d. h. einer zu starken Berücksichtigung spezifischer Besonderheiten der Daten einzelner Probennahmestellen, minimiert.

Für sechs der Substanzen konnten zwischen 17 % und 42 % der räumlichen und zeitlichen Varianz mit der Support-Vector-Machine-Modellierung als Funktion des Dräntags und der Schüttung abgebildet werden (Tab. 2). Für zwei Substanzen ist die Güte der Support-Vector-Machine-Modellierung deutlich besser als die des besten Random-Forest-Modells, für zwei weitere ist jedoch das Gegenteil der Fall. Die Güte des Support-Vector-Machine-Modellierung variiert dabei zwischen den verschiedenen Substanzen deutlich weniger stark als die der Random-Forest-Modelle.

Die unabhängig voneinander jeweils für einzelne Substanzen erstellten Modelle zeigten sehr ähnliche Zusammenhänge (Abb. 3). Generell steigt die Konzentration vom Beginn der Dränperiode an kontinuierlich an, erreicht in der Mitte der Dränperiode im zeitigen Frühjahr einen Maximalwert und sinkt dann bis zum Ende der Dränperiode wieder kontinuierlich ab. Dieses generelle Muster wird von dem Effekt der Schüttung überlagert: Mit zunehmender Schüttung nimmt die Konzentration zunächst ab, erreicht einen Minimalwert, und steigt für höhere Schüttungsraten wieder kontinuierlich an. Im Laufe der Dränperiode verschiebt sich diese Dynamik zusätzlich noch insofern, als dass anstelle eines teilweise negativen Zusammenhangs zwischen Schüttung und Konzentration gegen Ende der Dränpeiorde ein fast durchweg positiver Zusammenhang tritt (Abb. 3).

Abb. 3 Fig. 3
figure 3

Konzentration verschiedener Substanzen als Funktion der Schüttung der Dräne, bestimmt mittels Support Vector Machine. Zusätzlich ist jeweils die Zahl der Datenpunkte (n), die Zahl der Flächen (m) und die Güte des Modells (r2) angegeben

Concentration of various substances depending on drain discharge, modelled by Support Vector Machines. In addition, the number of data points (n), the number of sites (m) and the model performance (r2) are given

Diskussion

Nachgewiesene Substanzen

Es wurden zwar einige Metaboliten verschiedener Pflanzenschutzmittel gefunden, jedoch mit einer Ausnahme kein einziger Wirkstoff. Das Spektrum der nachgewiesenen Metaboliten entspricht dabei weitgehend dem der in Grund- und Oberflächengewässern in Bayern (Gierig 2009) und Baden-Württemberg (Schneider 2009) nachgewiesenen Substanzen. Der fehlende Nachweis der entsprechenden Wirkstoffe kann zumindest teilweise damit begründet werden, dass die typischen Zeiträume der Applikation außerhalb der Periode liegen, in der die Rohrdräne Wasser führen. Fungizide wie Chlorthalonil werden überwiegend in der Hauptwachstumsphase eingesetzt, also eher gegen Ende der Dränperiode oder später. Die sonstigen analysierten Wirkstoffe waren ausnahmslos Herbizide, ähnlich wie bei Schreiner et al. (2016). Propyzamid wird im Nachauflauf bei Raps, also weit vor Beginn der Dränperiode angewendet. Metolachlor wird vor allem bei Mais und damit frühestens zum Ende oder nach der Dränperiode angewendet. Vorauflaufherbizide, wie Metazachlor, Dimethachlor, Bentazon, Tritosulfuron, Ametryn, Terbutylazin und Simazin werden vor dem Auflaufen der Kulturpflanzen weit vor oder erst wieder gegen Ende der Dränperiode angewendet.

Moderne Pflanzenschutzmittel weisen in der Regel kurze Halbwertszeiten (DT50) im Boden auf, wobei diese im Wasser allerdings deutlich größer sein können. Lewis et al. (2016) geben für Dimethachlor im Feld einen DT50-Wert von drei Tagen an, López-Ruiz et al. (2020) hingegen 40–70 Tage im Boden und Grundwasser. Laut Kucharski und Sadowski (2011) liegt der DT50-Wert von Metazachlor, ermittelt in Labor- und Feldstudien, im Mittel bei 26 Tagen. Li et al. (2008) geben für Bentazon einen DT50-Wert von etwa 20 Tagen an.

Demgegenüber können die Werte einzelner Metaboliten deutlich darüber liegen. Für den Wirkstoff des Totalherbizids Glyphosat geben Lewis et al. (2016) einen DT50-Wert von 32 Tagen an, für dessen Metaboliten AMPA einen mehr als zehnfach höheren Wert von 419 Tagen. Dennoch wurde AMPA in dieser Studie nur einmal und damit nicht häufiger als Glyphosat nachgewiesen. Dies ist konsistent mit den Beobachtungen von Pazikowska-Sapota et al. (2020), die diese Substanzen nur eine kurze Zeitspanne nach der Ausbringung in den angrenzenden Entwässerungsgräben finden konnten. Ein Nachweis wird oft durch die nur sehr kurzzeitige Mobilisierung unter bestimmten Rahmenbedingungen, z. B. während intensiver Niederschläge kurz nach der Anwendung, erschwert (Norgaard et al. 2014).

In dieser Studie wurde davon ausgegangen, dass weder Verdriftungen bei der Ausbringung noch eine Zuströmung von oberflächennahem Grundwasser von benachbarten Flächen eine Rolle spielen, sowie dass die Dokumentation der Fruchtfolgen korrekt und vollständig ist. Somit bleibt festzuhalten, dass der größte Teil der Positivbefunde auf Ausbringungen zurückzuführen ist, die Monate oder Jahre vor der Beprobung durchgeführt wurden. Folglich wurde in dieser Studie primär eine Langzeit-Belastung erfasst. Ähnlich werden auch in anderen Studien häufig Substanzen gefunden, deren Zulassung schon länger ausgelaufen ist (Liess et al. 2022) oder die aufgrund der Umstellung auf biologische Landwirtschaft schon seit Jahren nicht mehr ausgebracht wurden (Riedo et al. 2021).

Statistische Modellierung

Die mittels der Support Vector Machine bestimmten Zusammenhänge zwischen Schüttung, Dräntag und der Konzentration verschiedener Substanzen lassen sich schlüssig mit einer Mobilisierung im Zuge der herbstlichen Wiederbefeuchtung des Bodens und der nachfolgenden Auswaschung sowie im späteren Verlauf der Dränperiode mit der erneuten Immobilisierung durch die einsetzende Austrocknung des Bodens zu Beginn der Vegetationsperiode erklären. Ähnlich beobachteten Steidl et al. (2022) auf diesen und weiteren Flächen in Mecklenburg-Vorpommern, dass die zeitliche Dynamik der Konzentration gelöster anorganischer Stoffe vor allem von bodenhydrologischen Prozessen gesteuert wurde und keinen direkten Bezug zu einzelnen Bewirtschaftungsmaßnahmen aufwies. Ergänzende Daten der Bodenlösung auf einer der Flächen zeigten, dass bei Wiederbefeuchtung des Bodens kurzzeitig Stoffe aus dem Oberboden bis in die Tiefe der Rohrdräne verfrachtet wurden (Steidl et al. 2022). Vergleichbare Beobachtungen in einem Waldboden führten Lischeid et al. (2007) auf die kurzzeitige Mobilisierung einer ansonsten weitgehend immobilen Fraktion der Bodenlösung zurück. Analog haben Studien zum Stoffaustrag aus kleinen Einzugsgebieten über Fließgerinne wiederholt gezeigt, dass stärkere Niederschlagsereignisse zu einer sehr kurzzeitigen Mobilisierung und Auswaschung von Stoffen führen können, die sich über Jahre und Jahrzehnte dort angesammelt hatten (Kirchner 2003).

Zu den Ergebnissen dieser Studie sind zwei Aspekte hervorzuheben: Erstens wurden diese Zusammenhänge nicht für einzelne Flächen ermittelt, sondern für bis zu fünf Flächen, die teilweise mehr als 100 km voneinander entfernt sind. Zweitens wurden die Modelle für jede Substanz separat erstellt, zeigten aber trotzdem sehr ähnliche Muster. Die Support-Vector-Machine-Modellierung berücksichtigte weder die räumlich variierenden Bodeneigenschaften, die sehr unterschiedlichen physikochemischen Eigenschaften der verschiedenen Substanzen, noch die unterschiedliche landwirtschaftliche Bewirtschaftung auf den verschiedenen Flächen. Dennoch konnten mit einem relativ einfachen Modell bis zu 42 % der Varianz der Konzentration verschiedener langlebiger Metaboliten abgebildet werden. Mit einer größeren Zahl von Prädiktoren konnten Random-Forest-Modelle nur in wenigen Einzelfällen eine bessere Modellgüte erzielen (Tab. 2). In diesen Fällen ist jedoch von einem Overfitting auszugehen. Gemittelt über alle sechs Substanzen ist die Güte des Support-Vector-Machine-Modells mit nur zwei Prädiktoren genauso groß oder sogar größer als die der Random-Forest-Modelle mit bis zu 22 Prädiktoren (Tab. 2).

Für diese Substanzen und auf dieser Raum- und Zeitskala spielten Wechselwirkungen mit dem Boden und biologischer Abbau im Vergleich zu bodenhydrologischen Prozessen offensichtlich eine eher nachrangige Rolle. Untersuchungen der Abflussdynamik (Thomas et al. 2012) sowie von Grundwasserganglinien (Lehr und Lischeid 2020; Lischeid et al. 2021) zeigten, dass die hydrologische Dynamik im norddeutschen Tiefland auf der Skala ganzer Bundesländer weitgehend synchron erfolgt und somit mit recht einfachen Ansätzen erfasst bzw. modelliert werden kann. Dies muss dann zwangsläufig auch für die der Abflussbildung bzw. der Grundwasserneubildung vorgelagerten bodenhydrologischen Prozesse gelten. Das spricht dafür, dass für die Zeitplanung und die Analyse des Schadstoff-Monitorings in Grund- und Oberflächengewässern die Ergebnisse großskaliger Modellierungen bodenhydrologischer Prozesse (z. B. Kumar et al. 2013) sehr hilfreich sein können, um gezielt die „Hot Moments“ der Schadstoff-Mobilisierung aus dem Oberboden zu identifizieren. In der hier untersuchten Dränperiode lag das Konzentrationsmaximum der sechs am häufigsten nachgewiesenen Substanzen jeweils zu Beginn der Vegetationsperiode, d. h., vor Einsetzen der sommerlichen Austrocknung des Bodens. Die hier vorgestellten Ergebnisse der statistischen Modellierung lassen sich nicht ohne weiteres auf andere Regionen, veränderte klimatische Verhältnisse oder meteorologische Extremereignisse übertragen. Sie geben aber wertvolle Hinweise auf eine großskalige Synchronizität, die weiterer Forschung bedarf.

Trifluoressigsäure

Unter den untersuchten Substanzen nimmt Trifluoressigsäure (TFA) eine Sonderrolle ein. Es ist eine der beiden Substanzen, die in allen 132 Proben nachgewiesen wurde. Mittels der Support Vector Machine konnten 39 % der Varianz auf der räumlichen Skala eines ganzen Bundeslandes abgebildet werden (Abb. 3). TFA entsteht unter anderem auch beim Abbau verschiedener fluorierter Pflanzenschutzmittel. Allerdings spielt auch die atmosphärische Deposition aus nicht landwirtschaftlichen Quellen eine wichtige Rolle (Bayerisches Landesamt für Umwelt 2021). Es ist davon auszugehen, dass über die Deposition eingetragene TFA sich während der Vegetationsperiode im Oberboden anreichert, in der anschließenden Dränperiode sukzessive in größere Tiefen verlagert und von dort über die Dräne ausgetragen wird bzw. mit dem Sickerwasserfluss ins Grundwasser gelangt. TFA kann somit als Modellsubstanz sowohl für den Prozess der Anreicherung persistenter organischer Verbindungen als auch der diverser Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln während der Vegetationszeit im Oberboden und die spätere Mobilisierung und Auswaschung in nassen Perioden angesehen werden.

Schlussfolgerungen

Über Rohrdräne erfolgende Stoffausträge aus Ackerflächen haben nicht nur eine direkte Relevanz für die Oberflächengewässer, sondern liefern auch flächenhafte Informationen über die Beschaffenheit des Sickerwasserflusses und damit der Schadstofffracht der Grundwasserneubildung. Dieser Ansatz wurde genutzt, um auf der Skala eines Bundeslandes die zeitliche Dynamik der Konzentration verschiedener Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln, ihrer Metaboliten und von Trifluoressigsäure zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass die beobachtete Dynamik in erster Linie auf die Mobilisierung und Auswaschung von Stoffen zurückzuführen ist, die direkt oder deren Ausgangssubstanzen z. T. Jahre vorher im Boden eingebracht worden sind. Direkte Rückschlüsse auf entsprechende Bewirtschaftungsmaßnahmen sind deshalb in der Regel nicht möglich.

Unsere Untersuchung ergab klare Hinweise darauf, dass die für die zeitliche Dynamik der Stoffkonzentrationen verantwortlichen bodenhydrologischen Prozesse auf einer Skala von ca. 10.000 km2 weitgehend synchron erfolgen. Dies lässt sich für gezielte großskalige Monitoring-Kampagnen nutzen, indem mittels bodenhydrologischer Modelle die „Hot Moments“ der Schadstoffeinträge in das oberflächennahe Grundwasser bzw. in die Vorfluter abgeschätzt werden.