Zusammenfassung
Die Freiberger Mulde, die einen Teil des Freiberger Reviers entwässert, weist hohe Schwermetall‑, Arsen- und Sulfatbelastungen auf. Besonders der Abschnitt zwischen Berthelsdorf und Siebenlehn ist stark durch den Alterzbergbau sowie die Bunt- und Edelmetallurgie geprägt. Das Ziel von zwei Messkampagnen war die Identifikation aller punktueller Einleiter in diesem Abschnitt, um mittels einer Frachtbilanzierung die wesentlichen punktuellen Einleiter sowie mögliche diffuse Zutritte von Arsen, Blei, Cadmium, Kupfer, Eisen, Nickel, Nitrat, Sulfat und Zink zu identifizieren. Hierbei wurden acht punktuelle Einleiter identifiziert, die maßgeblich für eine entsprechende Frachtzunahme im Untersuchungsgebiet verantwortlich sind. Die Aufstellung der Frachtbilanzen erfolgte nach einem vereinfachten Ansatz, der Rückschlüsse auf mögliche diffuse Zutritte oder Verluste durch z. B. Rückhalt, Abbau und Versickerung erlaubt. Dabei zeigte eine Bilanzierung über das gesamte Untersuchungsgebiet nur eine geringe Aussagekraft. Erst durch eine abschnittsweise Bilanzierung entlang des Untersuchungsgebietes wird ersichtlich, dass sich Eintrags- und Rückhalteprozesse abwechseln und möglicherweise innerhalb der Abschnitte überlagern. Dies liefert nützliche Erkenntnisse für weitere Betrachtungen der Belastungsursachen und die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Freiberger Mulde.
Abstract
The Freiberg Mulde River, which drains part of the Freiberg mining district, has high levels of heavy metal, arsenic and sulfate pollution. The section between Berthelsdorf and Siebenlehn in particular is strongly influenced by historic mining as well as by non-ferrous and precious metal metallurgy. The aim of two large-scale monitoring campaigns was to identify all point sources in this area in order to identify the main emitters as well as possible diffuse (groundwater-borne) sources of arsenic, lead, cadmium, copper, iron, nickel, sulfate and zinc by means of load balances. Eight main emitters were identified, which are largely responsible for a corresponding increase in pollution in the study area. The pollution balances were carried out according to a simplified approach that allows conclusions to be drawn about possible diffuse influxes or losses due to, for example, retention, degradation and infiltration. In this context, a balance over the entire study area showed limited value. Only a section-by-section balance along the study area reveals that inflow and retention processes alternate and possibly overlap within the sections. This provides useful insights for further considerations of the causes of pollution and for the implementation of the Water Framework Directive in the catchment area of the Freiberg Mulde River.
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Einleitung
Gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie WRRL/2000/60/EG (WRRL 2000) ist bis spätestens 2027 für alle Oberflächenwasserkörper der gute chemische und ökologische Zustand sowie für alle Grundwasserkörper der gute chemische und mengenmäßige Zustand zu erreichen. Insbesondere in den sächsischen Alterzbergbaugebieten liegen jedoch derzeit Belastungen durch Schadstoffe (As, Cd, Cu, Ni, Pb, Zn) und Problemstoffe (Fe, SO4, NO3) vor, mit denen diese Zielstellung verfehlt werden könnte (LfULG 2015a). Dazu gehört unter anderem das Freiberger Revier, dessen oberirdisches Einzugsgebiet durch die Freiberger Mulde entwässert wird. Wichtige punktuelle Einleiter von Schadstoffen, wie z. B. Wasserlösestollen, wurden in den letzten Jahren identifiziert und in der Literatur näher beschrieben (Greif 2013, 2015). Überschlägige Frachtbilanzen nach Greif (2015) lassen vermuten, dass ein wesentlicher Stofffrachtbeitrag diffus in die Freiberger Mulde eingetragen wird. Da jedoch für die bekannten, punktuellen Einleiter oftmals keine oder nur geschätzte Werte zu deren Abflussmengen und Stofffrachten vorliegen, ist bislang keine belastbare, quantitative Aussage zu den diffusen Zutritten der genannten Schadstoffe aus dem Grundwasser und Altbergbau möglich.
Gegenstand dieser Studie war es daher, die punktuellen Haupteinleiter dieser Stoffe bzw. mögliche diffuse Zutritte z. B. aus dem Grundwasser oder aus Haldensickerwässern in die Freiberger Mulde im Abschnitt des Freiberger Alterzbergbaureviers anhand einer Frachtbilanzierung aller begehbaren punktuellen Einleiter zu identifizieren. Die Betrachtung der Frachten ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit der Stoffmengen, die von einer Quelle ins Gewässer eingeleitet werden. Studien, die ebenfalls die Bewertung der Stofffrachten thematisieren, welche ein Fließgewässer belasten, wurden beispielsweise für die Flussgebietsgemeinschaft Elbe durchgeführt (Greif 2013), jedoch ohne Differenzierung zwischen oberflächennahen, punktuellen bzw. diffusen Schadstoffquellen sowie für weitaus größere Einzugsgebiete. Abfluss- und Konzentrationsmessungen erfolgten dabei nicht am selben Ort. Der Anteil des Frachtbeitrages aus Punktquellen an der Gesamtfracht in der Freiberger Mulde lag beispielsweise laut Greif (2015) für Arsen bei nur 1 %. Der Anteil an diffusem Frachteintrag bei Arsen wurde mit 27 % angegeben. Auch bei den Parametern Kupfer, Nickel und Blei wurde ein Frachteintrag aus Punktquellen mit weniger als 10 % an der Gesamtfracht ermittelt. Bei Cadmium (35 %) und Zink (34 %) hingegen trat ein bedeutender Frachtanteil aus bilanzierbaren punktuellen Einleitern zu. Die Methodik der Frachtbilanzierung wird auch international genutzt. Kimball et al. (2007) führten eine Quantifizierung der Metallfracht in der Merse, einem Fluss in Italien, durch, um dessen Sanierungspotenzial abzuschätzen. Anhand detaillierter Probennahmen an aufeinanderfolgenden Tagen konnten die Auswirkungen unterschiedlicher Abflussverhältnisse auf die Metallfracht in einem von Bergbau betroffenen Einzugsgebiet quantifiziert werden. Weiterhin thematisiert diese Studie einen Konzentrationsvergleich der identifizierten punktuellen Haupteinleiter im Untersuchungsgebiet bei Mittel- und Niedrigwasserverhältnissen.
Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet (Abb. 1) erstreckt sich entlang der Freiberger Mulde zwischen dem Pegel „Berthelsdorf“ des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) bei Fluss-km 89,5 und der Ortslage Siebenlehn bei Fluss-km 53,5. Die knapp 36 km lange Fließstrecke ist von Einleitungen aus dem Freiberger Alterzbergbaurevier in die Freiberger Mulde geprägt. Unterstrom der Ortslage Siebenlehn sind keine weiteren Einleiter aus dem Freiberger Revier in die Freiberger Mulde bekannt.
Geologie des Freiberger Reviers
Die Freiberger Mulde durchfließt in Sachsen bis zu ihrer Vereinigung mit der Zwickauer Mulde zur Vereinigten Mulde südlich von Grimma mehrere geologische Einheiten. Von ihrer Quelle im Süden Sachsens sind dies die Erzgebirgszentralzone, das Nossen-Wilsdruffer Schiefergebirge, das Granulitmassiv und die Nordwestsächsische Senke (Pälchen und Walter 2008). Maßgeblich für die bergbaubedingten stofflichen Belastungen der Freiberger Mulde ist dabei die Erzgebirgszentralzone, die den Kernbereich des Erzgebirges bildet. Das Erzgebirgskristallin besteht aus einem Gneiskern, der vor allem im Norden und Westen von Schiefern und Phylliten umgeben ist. Der im 15. Jahrhundert entstandene Name des Erzgebirges weist bereits auf den Erzreichtum dieser Region hin, welcher Ursache eines über 800 Jahre währenden Bergbaus auf Silber, Buntmetalle und Eisen ist. Das Freiberger Revier als bedeutendstes Erzrevier im Einzugsgebiet der Freiberger Mulde befindet sich im nordöstlichen Teil des Erzgebirges. Der Bereich um Freiberg besteht aus grauem Orthogneis, der so genannten Freiberger Gneiskuppel. Dabei handelt es sich um einen mittel- bis grobkristallinen Biotit-Zweifeldspat-Gneis. Im gesamten Freiberger Lagerstättenbezirk sind ca. 1100 Erzgänge nachgewiesen. Sie können zwei tektonisch und zeitlich unterschiedlich entstandenen Scherspaltensystemen zugeordnet werden, die ihre Entstehung dem tektonischen Inventar der variszischen Gebirgsbildung (1. Mineralisationszyklus, Oberkarbon-Perm vor ca. 310–240 Mio. Jahre) bzw. der alpidischen Gebirgsbildung (2. Mineralisationszyklus, Oberkreide-Tertiär vor ca. 140–60 Mio. Jahre) verdanken (Fritz und Jahns 2017).
Bedeutende Formationen, Erze und Mineralien sind in den Tab. S1 und S2 im Zusatzmaterial der Onlineausgabe dieses Beitrags dargestellt.
Hydrogeologisch ist die Freiberger Region durch den Bergbau stark anthropogen überprägt, d. h. es liegen aufgrund der tiefreichenden Entwässerung durch die Wasserlösestollen der Grubengebäude bis in mehrere 100 m Teufe keine natürlichen Grundwasserverhältnisse mehr vor. Dominierend treten Kluftgrundwasserleiter auf, die in die untertägigen Bergbaustollen entwässern. Über mehrere Wasserlösestollen wird das so gesammelte Grund- und Grubenwasser der Vorflut, d. h. den Fließgewässern, zugeführt. Für die Freiberger Mulde sind dies vor allem der Hauptstolln-Umbruch und der Verträgliche Gesellschaftsstolln. Daneben treten in der Zersatzzone des Festgesteins, d. h. im Lockergesteinsbereich oft temporär hypodermische Grund- und Schichtwässer auf, die ebenfalls in die Fließgewässer entwässern können.
Im Freiberger Revier wurden vorrangig Silber, Blei, Zink, Arsen, Schwefel und Cadmium gewonnen (Wagenbreth und Wächtler 1988).
Grundwasserbeschaffenheit im Freiberger Revier
Mithilfe der geogenen Hintergrundwerte können Veränderungen in der Umwelt beurteilt und Flächen mit erhöhter Grundbelastung ausgewiesen werden (LfULG 2015a). Dabei handelt es sich um repräsentative Werte für regionaltypische Gehalte eines Stoffes. Die Hintergrundwerte im Grundwasser des Untersuchungsgebietes weisen bei Arsen und Cadmium Grenzwertüberschreitungen nach GrwV (2017) auf (vgl. Tab. 1). Neben der besonderen Geologie weist der Grundwasserkörper (GWK) der „Oberen Freiberger Mulde“, in dem das Untersuchungsgebiet liegt, jedoch auch aufgrund der intensiven bergbaulichen Nutzung einen schlechten chemischen Zustand auf (LfULG 2015a). Durch den Alterzbergbau liegen in dem GWK laut Bewirtschaftungsplan des LfULG hohe Arsen‑, Blei‑, Cadmium-, und Sulfatbelastungen vor. Ursachen für die hohen Schwermetallbelastungen im Grundwasser sind nach Paffrath (2013) Auslaugungsprozesse von Resterzen, Haldenmaterial, Rückstände aus der Lagerung, der Transport und die Verladung der Roherze, Feinstaubrückstände des Verhüttungsprozesses der sulfidischen Erze, Emissionen und sedimentierte Partikel (Stäube und Aerosole) aus der Verhüttung der Erze sowie schwermetallbelastete Sickerwasseremissionen aus Industrie- und Hausmülldeponien.
Oberflächenwasserbeschaffenheit im Freiberger Revier
Die Beschaffenheit des Oberflächengewässers Freiberger Mulde ist ebenfalls vom Bergbau geprägt, wie eine Analyse der Messdaten der Beschaffenheitsmessstelle „Nossen-Altzella“ an der Freiberger Mulde im Zeitraum 1993–2019 zeigt (Tab. 1). Diese Beschaffenheitsmessstelle liegt unterstrom des Untersuchungsgebiets. Tab. 1 enthält neben dem Mittelwert auch die Maximal- und Minimalwerte der gemessenen Stoffkonzentrationen sowie die Anzahl der Stichtagsmessungen. Die Messwerte der Stoffkonzentrationen weisen einen leicht negativen Trend auf, sind aber unterschiedlichen hydrologischen Abflüssen des unterstrom gelegenen Pegels Nossen 1 zuzuordnen. Zur Beurteilung der Belastungssituation wurden die im Jahresdurchschnitt zulässigen Umweltqualitätsnormen (JD-UQN) der Oberflächengewässerverordnung (OGewV 2016) gegenübergestellt. Es liegen für die Parameter Arsen, Kupfer und Zink in der OgewV nur Werte für das Sediment bzw. den Schwebstoff in mg/kg vor. Die mit Sternchen versehenen Werte in Tab. 1 sind Werte in der Diskussion zur Fortschreibung der OgewV nach UBA-Text 47 (2015). Erkennbar ist, dass alle Parameter außer Eisen und Sulfat, zu denen in der OgewV nur Orientierungswerte angegeben werden, die Grenzwerte deutlich übersteigen. Nur bei Nitrat liegt keine Grenzwertüberschreitung vor.
Methodik
Frachtbilanzierung
Die Frachtbilanzierung erfolgt auf Grundlage der vollständigen Stoffbilanzgleichung (Gl. 1) eines Fließgewässers, das in eine Anzahl I aufeinander folgender Fließgewässerabschnitte i untergliedert werden kann.
Die Bilanz beinhaltet für jeden Abschnitt i den Stoffeintrag Mzu(i), den Stoffaustrag Mab(i), diffuse Stoffeinträge Mdiff(i), die Stoffeinträge MEintrag(i,j) der punktuellen Einleiter j in den Abschnitt, sowie den Stoffrückhalt MRückhalt(i) im Abschnitt durch Versickerung, Sorption, Sedimentation und Stoffabbau (im Fall von Nitrat und Sulfat).
Stoffmengen M des Eintrags und Austrags eines Flussabschnitts sowie aus punktuellen Einleitern können mithilfe der Fracht F (Gl. 2) berechnet werden.
Dazu erfolgt die Messung der Stoffkonzentration C und des Durchflusses (Volumenstromes) Q an einem Probennahmepunkt k. Messtechnisch schwierig zu erfassen ist die Gesamtmenge an diffusen Stoffeinträgen sowie die Anteile des Stoffrückhaltes, die im Flussabschnitt verbleiben. Über eine abschnittsweise Frachtbilanzierung können diese Beiträge jedoch abgeschätzt werden. Dazu erfolgt eine Vereinfachung von Gl. 1 zur Frachtbilanzgleichung (Gl. 3), die die Frachten im Abfluss Fab und Zufluss Fzu sowie den punktuellen Einleitern Feinl in einem Gewässerabschnitt i bilanziert und ein Restglied ∆F ausweist, das diffuse Zutritte sowie den Stoffrückhalt durch Versickerung, Sorption, Sedimentation und ggf. Abbau zusammenfasst.
Weist ∆F positive Werte auf, so ist von zusätzlichen diffusen Zutritten auszugehen, wobei Prozesse des Stoffrückhaltes nicht ausgeschlossen werden können. Bei einem negativen Wert −∆F überwiegen die Prozesse des Stoffrückhaltes im Gewässerabschnitt. Der prozentuale Anteil der diffusen Zutritte an der Gesamtfracht wird nach Gl. 4 berechnet.
Eine Abschätzung des Fehlers der Frachtbestimmung kann für unabhängige Zufallsgrößen mit Gl. 5 für jeden Probennahmepunkt k erfolgen. Dabei beschreibt σF den Gesamtfehler der Frachtbestimmung, ausgedrückt als relative prozentuale Standardabweichung, die aus den relativen prozentualen Standardabweichungen σC der Messung der Stoffkonzentration sowie σQ der Durchflussmessung ermittelt wird. Für jeden Probennahmepunkt k kann so mittels F ± σF die Zuverlässigkeit der Frachtermittlung im 95 %-Vertrauensbereich bestimmt werden.
Vorrausetzung für eine plausible Frachtbilanzierung ist das Vorhandensein möglichst stationärer Durchflussverhältnisse während der Messungen im Fließgewässer und im Untersuchungsgebiet. In der vorliegenden Untersuchung wurden im Flussabschnitt der Freiberger Mulde zwischen Berthelsdorf und Siebenlehn zwei Messkampagnen bei unterschiedlichen hydrologischen Gebietszuständen durchgeführt. Die Messkampagne 1 erfolgte im März 2019. Durch Schneeschmelze und großräumige Niederschläge im Vorfeld der Messkampagne wies das Untersuchungsgebiet eine hohe Bodenfeuchte auf, die den Wasserfluss in der ungesättigten Zone und damit einhergehende diffuse Stoffeinträge ins Fließgewässer begünstigt. Das Fließgewässer selbst war durch eine erhöhte Wasserführung gekennzeichnet, die sich im 2‑ bis 3‑fachen des Mittelwasserabflusses bewegte. Messkampagne 2 erfolgte im Juli 2019 unter Niedrigwasserbedingungen im Fließgewässer infolge längerer Trockenheit.
Abb. 2 prüft die Voraussetzung stationärer Abflussverhältnisse anhand der Ganglinie des Durchflusses am Pegel Berthelsdorf, dem Zufluss in den Untersuchungsabschnitt. Dargestellt sind zudem die Zeitpunkte und Orte der Messungen in der Freiberger Mulde. Während bei Messkampagne 2 eindeutig stationäre Bedingungen vorliegen, ist im Vorfeld der Messkampagne 1 eine Durchflussschwankung von 1m3/s ersichtlich. Während der Messungen liegt ein konstanter Durchfluss vor, sodass von einem quasistationären Zustand ausgegangen werden kann.
Für die Frachtbilanzierung erfolgte zunächst eine Identifikation der begehbaren, punktuellen Einleiter in die Freiberger Mulde im Untersuchungsgebiet von Berthelsdorf bis Siebenlehn, sowie eine Untergliederung in Fließgewässerabschnitte. Aufgrund der Vielzahl punktueller Einleiter wurden in Messkampagne 1 die Freiberger Mulde sowie die Einleiter im Kernabschnitt zwischen Muldenhütten und Obergruna im Zeitraum 12./13.03.2019 beprobt. Die Beprobung der Einleiter an den Gebietsrändern zwischen Berthelsdorf und Muldenhütten sowie zwischen Obergruna und Siebenlehn erfolgte organisatorisch bedingt eine Woche später. Die Bilanzen in diesem Abschnitt sind deshalb mit Vorsicht zu bewerten. Die Einleiter mit den größten Frachtbeiträgen in der Messkampagne 1 wurden im Juli 2019 während der zweiten Messkampagne vom 08./09.07.2019 erneut beprobt.
Durchflussmessung
Die Durchflussmessungen wurden im Untersuchungsgebiet in Abhängigkeit der Wasserführung mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. Der Durchfluss kleinerer, punktueller Einleitungen wurde mittels Gefäßmessung erfasst. In kleineren Bachläufen sowie in der Freiberger Mulde bei Niedrigwasser wurde der Durchfluss mit hydrometrischen Flügeln unterschiedlicher Ausführung und Schaufelgrößen in Abhängigkeit von Wasserstand und Fließgeschwindigkeit gemessen. Bei höherer Wasserführung der Freiberger Mulde (> 10 m3/s) während der Messkampagne 1 wurde ein Acoustic-Doppler-Current-Profiler (ADCP-Boot) der Marke RDI StreamPro zur Durchflussmessung eingesetzt. Für die Abschätzung des Messfehlers der Durchflussmessungen im März 2019 mit dem ADCP in der Freiberger Mulde wurde nach Morgenschweiß (2018) ein Wert von σQ = 5 % verwendet. Da Durchflussmessungen mit dem Messflügel unter Niedrigwasserbedingungen in Flussbetten mit grobem Geröll erfahrungsgemäß mit größeren Unsicherheiten einhergehen, wurde bei der Messkampagne im Juli σQ = 10 % angesetzt.
Beschaffenheitsanalytik
Beschaffenheitsproben wurden an allen Durchflussmessstellen entlang der Freiberger Mulde sowie an den identifizierten Einleitern in die Freiberger Mulde genommen. Hierbei wurde vor Ort die elektrische Leitfähigkeit des Wassers analysiert (cond 3310 mit Sonde Tetra Con 325, Fa. Wtw) sowie nach Filtration von jeweils 15 ml Volumen über 0,2 µm Celluloseacetat-Spritzenvorsatzfilter Proben für die Analytik von echt gelösten Elementen (Arsen und Schwermetallen an einem ICP-MS 7900, Fa. Agilent Technologies) sowie Sulfat, Nitrat und Chlorid an einem IC DX-120, Fa. Dionex abgefüllt. Die Proben für die ICP-Analytik wurden mit 1 % HNO3(c) stabilisiert. Weiterhin wurde ein Probenvolumen von 50 ml unfiltriert für die Bestimmung von pH- und KS4,3-Wert (Titrator T50, Fa. Mettler Toledo) entnommen. Die ICP-MS-Analytik erfolgte im Labor der Staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft (BfUL) am Standort Nossen, alle anderen Analysen im Labor des Instituts für Grundwasserwirtschaft. Zur Bewertung des Messfehlers wurden durch die Labore stoffspezifische Werte für σC bereitgestellt (Tab. S3, Zusatzmaterial).
Ergebnisse und Diskussion
Analyse und Vergleich der punktuellen Einleiter
Insgesamt wurden bei der Messkampagne 1 im März 2019 76 Einleiter identifiziert und beprobt. Die Einleiter werden anhand des laufenden Flusskilometers ab Pegel Berthelsdorf beschriftet. Von den 76 punktuellen Einleitern wurden 13 Hauptemittenten identifiziert, die nach der OGewV die meisten JD-UQN-Grenzwertüberschreitungen aufweisen. Bei der Messkampagne 2 im Juli 2019 wurden diese erneut unter Niedrigwasserbedingungen untersucht. Dabei konnten fünf Einleiter nicht beprobt werden, da sie kein Wasser führten. Im Ergebnis liegen für acht Hauptemittenten Untersuchungsergebnisse für Messkampagne 1 und 2 vor. Hierzu zählen: Unbekannte Einleiter bei Flusskilometer 10,706 km und 15,468 km, der Ablauf der Spülhalde Hammerberg (10,856 km), drei Abschläge des Roten Grabens (12,404 km, 14,328 km und 15,125 km), der Münzbach (20,256 km) und die Bobritzsch (32,865 km) (siehe Tab. 2, Abb. 3).
Während der Messkampagne 1 sind diese acht punktuellen Einleiter bei den Parametern Blei, Cadmium, Zink und Eisen für über 90 % der gesamten eingeleiteten Fracht aller punktueller Einleiter verantwortlich (siehe Tab. 3). Bei den Parametern Arsen, Nickel und Nitrat fällt ihr Anteil mit jeweils über 70 % geringer aus. Für Sulfat liegt ihr Anteil bei nur 51 %. Einzelne Einleiter weisen für bestimmte Parameter besonders hohe Anteile auf. So ist allein die Bobritzsch für 60 % der Nitratfracht aller punktuellen Einleiter im Untersuchungsgebiet verantwortlich. Der Münzbach liefert für die Parameter Arsen 62 %, Blei 78 % und Eisen 90 % Anteil der Fracht aller punktuellen Einleiter. Der Abschlag des Roten Grabens (12,404 km) fällt besonders bei den Parametern Cadmium mit 41 % und Zink mit 45 % als Hauptquelle auf.
Der Rote Graben ist ein Kunstgraben mit mehreren technisch errichteten Abschlagbauwerken, in den über mehrere Entwässerungsstollen (u. a. Hauptstolln-Umbruch und Verträglicher Gesellschaftsstolln) Gruben- und Bergbauwässer in die Freiberger Mulde geleitet werden. Der Name des Roten Grabens ist auf die Färbung aufgrund von eisenhydroxidreichen Schlämmen zurückzuführen. Die Spülhalde Hammerberg gehört zum Davidschachtkomplex in Freiberg, einem der Hauptförderschächte im Freiberger Revier. Im Bereich der Spülhalde gelangen über den Sickerwasserpfad Schwermetalle in das Gruben‑, Grund- und Oberflächenwasser. Der Münzbach ist ein 18,5 km langer Nebenfluss der Freiberger Mulde. Zu den Einleitern, die den Münzbach als Vorfluter nutzen, zählen unter anderem die Kläranlage Freiberg, die auf die Herstellung von Reinstsiliziumwafer spezialisierte Firma Siltronic AG, der Wasserzweckverband Freiberg und die Molkerei Freiberg (SMUL 2016). Die Bobritzsch ist ein 38 km langer Nebenfluss der Freiberger Mulde, welcher im Osterzgebirge entspringt.
Abb. 3 zeigt einen Vergleich der gemessenen Stoffkonzentrationen für die Messkampagnen im März und Juli 2019. Die zugehörigen Durchflusswerte der punktuellen Einleiter sind in Tab. 2 zusammengefasst. Bei den Elementen Cadmium, Nickel und Zink ist eine lineare Konzentrationszunahme mit dem Durchfluss erkennbar. Auffällig ist bei diesen drei Parametern, dass die punktuellen Einleiter die gleiche Reihenfolge der Konzentrationszunahme zeigen. Bei Blei, Nitrat und Sulfat weisen die Stoffkonzentrationen im März bei höheren Durchflüssen größere Werte auf als im Juli (abzüglich weniger Ausreißer). Die Zunahme lässt sich durch saisonale Komponenten, wie z. B. Durchfluss und Niederschlag erklären. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen ist der feuchtere Gebietszustand im März, der eine Auswaschung der Stoffe aus dem Untergrund begünstigt. Bei Blei liegen die Konzentrationen von drei punktuellen Einleitern im Juli 2019 unterhalb der Nachweisgrenze mit 0,101 µg/l. Bei Arsen und Kupfer sind keine allgemein gültigen Aussagen für alle Einleiter zu treffen. Die Konzentrationen treten als Punktwolke auf. Für Stoffe, die keinen linearen Zusammenhang aufweisen, bietet sich eine regelmäßige Beprobung an. Die Konzentrationen der punktuellen Einleiter bei Eisen liegen unterhalb der Nachweisgrenze und lassen somit keine Bewertung zu. Einzige Ausnahme stellt der Münzbach dar. Zusammenfassend kann gezeigt werden, dass der Ablauf der Spülhalde Hammerberg (10,856 km) und Abschläge des Roten Grabens (12,404 km und 14,328 km) eindeutig bergbaugeprägte Wässer in die Freiberger Mulde einleiten.
Als maßgebliche Kontaminationspfade in das Oberflächengewässer und Grundwasser werden im Freiberger Altbergbaugebiet laut Greif (2015) unter anderem der Eintrag gelöster Schadstoffe und abgespülter Partikel über Entwässerungssysteme oder durch Erosionsprozesse, die Mobilisierung von Schadstoffen über Sickerwässer z. B. bei der Passage von Niederschlagswasser durch den kontaminierten Boden, der Eintrag gelöster Schadstoffe über den Altbergbau und zerstörte Wasserableitungssysteme sowie Fällung gelöster Bestandteile mit nachfolgender Sedimentation der gebildeten oder eingespülten Partikel im Sediment des jeweiligen Vorfluters genannt. Bei den Schwermetallen und Sulfat kann es zu einer geochemischen Mobilisierung im Untergrund durch Oxidation von Sulfiden kommen (Kölle 2010). Arsen kann zusätzlich auch durch einfache Auflösungsprozesse in geologischen Formationen ins Oberflächenwasser eingetragen werden. Quellen von Nitrateinträgen stellen Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Flächen sowie kommunale und industrielle Abwässer dar.
Der Durchflussverlauf in der Freiberger Mulde während der Messkampagnen
Für eine detaillierte Analyse der Durchflüsse und Frachten wird der Kernabschnitt zwischen Muldenhütten und Obergruna in drei Abschnitte untergliedert. Diese sind: Muldenhütten bis Halsbrücke (Abschnitt 1), Halsbrücke bis Altväterbrücke (Abschnitt 2) und Altväterbrücke bis Obergruna (Abschnitt 3).
Abb. 4 zeigt die Messwerte des Durchflusses unter Angabe der Ortsnamen inklusive ihrer Messfehler entlang der Freiberger Mulde. Die kumulierten Durchflüsse der punktuellen Einleiter in die Freiberger Mulde wurden für die Abschätzung der Wasserbilanz ebenfalls eingefügt.
Zur Messkampagne im März 2019 weist der Durchfluss am Pegel Berthelsdorf einen Wert von 8,72 m3/s auf. Verglichen mit dem mittleren Durchfluss (MQ) des Pegels von 3,48 m3/s entspricht dies ca. dem 2,5-fachen der mittleren Wasserführung. Ausgehend vom Pegel Berthelsdorf bis zum Messpunkt Halsbrücke ist eine stetige Zunahme des Durchflusses zu beobachten. Für eine Schließung der Wasserbilanz in Abschnitt 1 ist die Annahme zusätzlicher diffuser Zuflüsse in die Freiberger Mulde erforderlich. Aufgrund des feuchten Gebietszustandes und der stetigen Zunahme der Einzugsgebietsfläche kann diese Annahme als plausibel angesehen werden.
In Abschnitt 2 nimmt der Durchfluss bis zur Altväterbrücke um ca. 0,3 m3/s ab. Die Abnahme des Durchflusses liegt im Bereich der Messunsicherheit. Unter Annahme ähnlicher diffuser Zuflüsse wie in Abschnitt 1 ist hier jedoch von einer möglichen Versickerung durch das Flussbett auszugehen. Bekannt ist in Abschnitt 2 der Halsbrücker Spat, eine Störungszone, die zur Fluorbarytischen Bleierzformation gehört (Pälchen und Walter 2008) und unterhalb des Flussbettes auf Höhe der Gemeinde Halsbrücke verläuft. Der Halsbrücker Spat ist bis nahe der Erdoberfläche abgebaut und unter der Mulde durch Gewölbe verschlossen, die jedoch nicht völlig dicht sind. Ebenfalls verläuft in diesem Abschnitt unterhalb der Freiberger Mulde der Hauptentwässerungsstollen Rothschönberger Stolln (siehe Kap. Untersuchungsgebiet). Es liegt die Vermutung nahe, dass dieser Entwässerungsstollen auch Wasser der Freiberger Mulde abführt. Eine geeignete Grundwassermessstelle in unmittelbarer Nähe zur Freiberger Mulde, die diese These stützen könnte, ist jedoch nicht vorhanden.
Im weiteren Gewässerverlauf steigt der Durchfluss wieder bis zum Ausgang des Untersuchungsgebietes in Siebenlehn auf 15,4 m3/s an. In Abschnitt 3 leitet mit dem Münzbach ein größerer Zufluss in die Freiberger Mulde ein. Die Wasserbilanz für den Abschnitt 3 kann unter Berücksichtigung des Messfehlers geschlossen werden. Eine Versickerung, wie in Abschnitt 2 ist möglich, allerdings nicht so ausgeprägt wie in Abschnitt 2. Der größte Einleiter im Pilotgebiet während der ersten Messkampagne ist die Bobritzsch mit einem Durchfluss von 3,31 m3/s.
Während der zweiten Messkampagne im Sommer 2019 weist der Durchfluss am Pegel Berthelsdorf einen Wert von 0,76 m3/s auf. Der mittlere Niedrigwasserdurchfluss am Pegel ist mit 0,653 m3/s verzeichnet, sodass für die zweite Messkampagne von Niedrigwasserbedingungen ausgegangen werden kann. Bis zum Ausgang des Untersuchungsgebietes in Siebenlehn steigt der Durchfluss auf 1,24 m3/s an. Allerdings sind auch hier kleinere Rückgänge des Durchflusses entlang des Fließweges der Freiberger Mulde erkennbar. Diese befinden sich allerdings im Bereich des Messfehlers, was die Ableitung belastbarer Aussagen erschwert. Eine Betrachtung der Wasserbilanz ist nicht möglich, da nur ausgewählte Einleiter beprobt wurden.
Zusammenfassend zeigt die Untersuchung des Durchflussverlaufs während der Messkampagnen, dass Wasserverluste im Untersuchungsgebiet durch das Flussbett aufgrund von tektonischen Störungen und Entwässerungsstollen nicht ausgeschlossen werden können. Dies betrifft insbesondere den Abschnitt 2 zwischen Halsbrücke und Altväterbrücke. Eine verlässliche Quantifizierung der Verluste ist nicht möglich. Hierfür müsste ein anderer Monitoringansatz gewählt werden, der den Durchfluss im betroffenen Gewässerabschnitt kontinuierlich und zeitlich hoch aufgelöst erfasst. Entlang der Fließstrecke im Untersuchungsgebiet sind keine Wasserentnahmen bekannt.
Frachtbilanzierung im März und Juli 2019
Die Abb. 5 zeigt die Ergebnisse der Frachtberechnung in der Freiberger Mulde. Die Fracht aus den punktuellen Einleitern wurde hier abschnittsweise ausgehend von der Fracht in der Freiberger Mulde aufsummiert. Die JD-UQN (OGewV 2016), mit denen die zulässigen Frachten berechneten wurden, entstammen der Tab. 1. Die Bilanzuntersuchung nach Gl. 2 für die drei Abschnitte des Kerngebietes sowie das gesamte Pilotgebiet sind in tabellarischer Form in Tab. 4 enthalten.
Die Frachtbilanz der Parameter Arsen, Blei, Eisen, Nitrat und Sulfat weist im Abschnitt 1 und 2 im März zusätzliche diffuse Zutritte auf, da die akkumulierte Fracht der Einleiter entlang der Fließstrecke kleiner ist als die gemessene Fracht in der Freiberger Mulde am Messpunkt Halsbrücke (siehe Tab. 4 und Abb. 5a, b, g, h, i). Ursachen für diffuse Zutritte können unterirdische Einleiter, die bei der Beprobung nicht identifiziert wurden, oder auch Auswaschungen von fließgewässernahen Flächen oder Rücklösung der Stoffe aus z. B. Flusssediment sein. Bei den Parametern Cadmium, Kupfer, Nickel und Zink hingegen sind im Abschnitt 1 die akkumulierten Frachten der Einleiter deutlich höher als die gemessene Fracht der Freiberger Mulde am Messpunkt Halsbrücke (siehe Tab. 4 und Abb. 5c–f). In diesem Fall ist von einem Rückhalt in der Freiberger Mulde auszugehen. Ein sorptiver Rückhalt kann z. B. an Eisenhydroxidpartikeln oder organischem Material, wie Laub stattfinden. Betrachtet man die Frachtbilanzen in Abschnitt 2, so weisen diese einen sehr geringen Frachtanteil aus punktuellen Einleitern auf, da sich lediglich vier Einleiter in diesem kurzen Abschnitt befinden.
In Abschnitt 3 ist besonders bei die Parameter Arsen, Blei, Kupfer, Nickel, Eisen, Nitrat und Sulfat ein Rückhalt zu beobachten. Bei der Begehung wurde eine starke Verkrautung der Freiberger Mulde in diesem Bereich festgestellt. Die Bilanz von Cadmium hingegen kann durch die punktuellen Einleiter bei einem sehr geringen diffusen Frachtanteil von knapp 3 % erklärt werden. Ebenso scheint es zu diffusem Eintrag von Zink zu kommen.
Auffällig ist, dass die Frachtbilanzen für die einzelnen Abschnitte sehr hohe Anteile des Restgliedes ∆F aufweisen und nur in seltenen Fällen durch die punktuellen Einleiter geschlossen werden können (z. B. Zink im Abschnitt 1, Cadmium in Abschnitt 3). Diese hohen Anteile werden bei einer Betrachtung über das gesamte Pilotgebiet jedoch nicht sichtbar, da sich in den einzelnen Abschnitten Rückhalt, Versickerung und diffuser Eintrag im Gewässer abwechseln. Auch scheinen sich innerhalb einzelner Abschnitte Eintrags‑, Abbau- und Rückhalteprozesse zu überlagern und sind so nicht mehr klar zu unterscheiden. So fällt beispielsweise der Anteil der diffusen Stoffeinträge bei den Elementen Arsen, Cadmium, Zink, Nitrat und Sulfat kleiner als 15 % für das gesamte Untersuchungsgebiet aus, was bei der abschnittweisen Betrachtung nicht deutlich wird. Die hier durchgeführte abschnittsweise Betrachtung erweist sich als hilfreich bei der Untersuchung der Frachtbilanzen und wird ausdrücklich empfohlen.
Die Bilanzierung der Frachten im Juli 2019 ist unvollständig, da nur ausgewählte punktuelle Einleiter beprobt wurden. Jedoch sind gerade im Abschnitt 1 bei Cadmium, Kupfer und Zink ähnliche Frachtverläufe wie im März erkennbar (vgl. Abb. 5c, d, f). Durch die geringen Durchflüsse im Juli 2019 weisen die punktuellen Einleiter nur geringe Frachtmengen auf (vgl. Tab. 2).
Die berechneten zulässigen Frachten nach JD-UQN (OGewV 2016) werden bei den Parametern Cadmium und Zink sowohl bei der Messkampagne im März als auch im Juli an allen Messpunkten in der Freiberger Mulde überschritten. Für die Parameter Nickel, Kupfer und Arsen liegen am Ausgang des Untersuchungsgebietes Überschreitungen der Grenzwerte vor, die sich aus den Zutritten im Untersuchungsgebiet ergeben. Im Sommer wird die berechnete zulässige Fracht bei Kupfer an allen Messpunkten überschritten. Eisen, Nitrat und Sulfat weisen bei beiden Messkampagnen an den Messpunkten in der Freiberger Mulde keine Grenzwertüberschreitungen auf. Dies trifft auch auf den Parameter Blei zu, wobei nach Einleitung des Münzbachs in Abschnitt 3 im März 2019 von einer Überschreitung der zulässigen Fracht ausgegangen werden kann (Abb. 5b).
Zusammenfassung
Anhand von zwei umfangreichen Messkampagnen im März und Juli 2019 konnten für die Freiberger Mulde zwischen Berthelsdorf und Siebenlehn Stoffzutritte identifiziert und mittels Frachtbilanzierung quantifiziert werden. Diese Bilanzierung bildet eine wertvolle Grundlage für die weitere Planung und Bewertung von Maßnahmen zur Minderung von Bergbaufolgen, da sich dieser Gewässerabschnitt im Einzugsgebiet des Freiberger Alterzbergbaureviers befindet.
Bei der Messkampagne im März 2019 wurden alle punktuellen Einleiter im Untersuchungsgebiet in die Freiberger Mulde sowie ausgewählte Messstellen in der Freiberger Mulde selbst beprobt und die Durchflüsse bestimmt. Die Beprobung erfolgte bei feuchtem Gebietszustand und erhöhter Wasserführung der Freiberger Mulde (2,5 · MQ), wobei für den Kernabschnitt zwischen Muldenhütten und Obergruna quasistationäre Fließbedingungen nachgewiesen werden konnten. Insgesamt wurden 76 Einleiter erfasst und die wesentlichen punktuellen Einleiter der Stoffbelastungen der erzbergbautypischen Stoffe (As, Cd, Cu, Ni, Pb, Zn) sowie weiterer Elemente (Fe, SO4, NO3) in der Freiberger Mulde identifiziert. Der Münzbach sowie mehrere Abschläge des Roten Grabens, die Bobritzsch, der Ablauf der Spülhalde Hammerberg verursachen einen wesentlichen Teil der Stofffrachten in der Freiberger Mulde. Das ist u. a. auf die Rolle des Münzbach als Vorfluter für industrielle Abwässer und die Speisung des Roten Grabens aus verschiedenen Entwässerungsstollen zurückzuführen. So liegt ihr Anteil an der Gesamtfracht der punktuellen Einleiter bei allen Parametern außer Sulfat bei über 70 %.
Die Aufstellung der Frachtbilanzen wurde für aufeinander folgende Gewässerabschnitte im Untersuchungsgebiet mit einem vereinfachten Ansatz durchgeführt. Die Differenz der Frachten zwischen Auslass und Eingang sowie Summe der Einleiter im Abschnitt ergibt dabei ein Restglied, das Rückschlüsse auf mögliche diffuse Zutritte oder Verluste infolge von Rückhalt, Abbau oder Versickerung zulässt. Eine Frachtbilanzierung über den gesamten Fließabschnitt ist nicht zu empfehlen, da sich Eintrags- und Rückhalteprozesse entlang der Fließstrecke abwechseln. Diese Erkenntnis konnte aus der abschnittsweisen Betrachtung der Frachtbilanzen in der Freiberger Mulde gewonnen werden. Der Parameter Arsen beispielsweise weist einen diffusen Anteil für das gesamte Untersuchungsgebiet von 4,59 % auf. Bei der genaueren Analyse der einzelnen Abschnitte konnte diese Annahme jedoch nicht unterstützt werden, da die einzelnen Abschnitte zusätzliche diffuse Einträge und Rückhalt oder Versickerung zeigen. Eine Bilanzschließung bedeutet, dass die Frachtdifferenz zwischen Zufluss und Abfluss in der Freiberger Mulde ausschließlich durch die punktuellen Einleiter erklärbar ist. Dies ist für die abschnittsweise aufgestellten Frachtbilanzen jedoch nicht der Fall. Die Ursachen hierfür können neben dem diffusen Stoffeintrag auch ein sorptiver Schadstoffrückhalt und Fällungsprozesse im Gewässer sein. Besonders zu beachten ist dabei das sorptive Rückhaltepotenzial, welches z. B. durch Aushebungen des Flusssedimentes oder Hochwasserereignisse mobilisierbar ist und eine besondere Belastung darstellen kann. Eine Untersuchung des Sedimentes, wie bei der von Greif (2015) durchgeführten Studie, wäre deshalb empfehlenswert. Da ausschließlich echt gelöste Konzentrationen bewertet wurden, konnten keine Aussagen über den Transport von partikulär an Eisenhydroxiden gebundenen Schadstoffen erfolgen. Die Abweichungen des in der vorliegenden Studie ermittelten diffusen Frachtanteils und desjenigen aus der Studie von Greif (2015) sind auf zwei wesentliche Unterschiede zurückzuführen. Einerseits erfolgte die Betrachtung der Bilanzen in der vorliegenden Studie abschnittsweise, wohingegen in der Studie von Greif (2015) über die gesamte Freiberger Mulde bilanziert wurde. Anderseits wurden unterschiedliche Durchfluss- und Probennahmeorte bei Greif (2015) beprobt.
Im Rahmen einer zweiten Messkampagne im Sommer 2019 war es möglich, die Beiträge der ermittelten wesentlichen punktuellen Einleiter von Schadstoffen unter Niedrigwasserverhältnissen abzuschätzen. Basierend auf den Ergebnissen dieser beiden Messkampagnen kann festgestellt werden, dass für den Münzbach und einen Abschlag des Roten Grabens eine Überwachung und gegebenenfalls Sanierung der Belastungsquellen zielführend wäre, um punktuelle Frachtzutritte in die Freiberger Mulde zu minimieren.
Während der beiden Messkampagnen wurden die nach JD-UQN nach OGewV (2016) bzw. UBA (2015) berechneten, maximal zulässigen Frachten bei Cadmium und Zink an jedem Messpunkt in der Freiberger Mulde überschritten. Bei Arsen, Kupfer und Nickel zeigen die Messpunkte am Gebietsausgang Grenzwertüberschreitungen an, was auf Einleitungen innerhalb des Untersuchungsgebietes zurückzuführen ist.
Obwohl die Messkampagnen nach umfangreicher Planung und mit größtmöglicher Sorgfalt durchgeführt wurden, sind die Ergebnisse dieser Studie durch Messunsicherheiten beeinflusst. Dazu gehören die unterschiedlichen, vom Wasserstand abhängigen Durchflussmessverfahren sowie die Durchführung der Messkampagne im März 2019 an vier verschiedenen Tagen mit unterschiedlichen Messgruppen aufgrund der Größe des Untersuchungsgebietes und Vielzahl an Einleitern. Hinzu kommen fehlende Kenntnisse und Informationen über den Einfluss von geologischen Störungszonen, wie Verbruchzonen und Überleitungen im Freiberger Revier. Wichtig wäre auch eine genaue Untersuchung des Grundwasserkörpers unterhalb der Freiberger Mulde, um effluente Bedingungen identifizieren zu können. So könnte der Austausch zwischen Grund- und Oberflächenwasser besser beschrieben werden.
Zusammenfassend zeigt die Frachtbilanzierung der Freiberger Mulde im Abschnitt Berthelsdorf – Siebenlehn die Möglichkeit, den Stoffeintrag in das Untersuchungsgebiet besser abschätzen und gezielt punktuelle Haupteinleiter identifizieren zu können. Außerdem wurde gezeigt, dass eine geschlossene Frachtbilanzierung komplexer und durch die Aktivitäten des Altbergbaus veränderter Oberflächenwasser- und Grundwassereinzugsgebiete nur mit geographisch und zeitlich hochaufgelösten Überwachungsmessungen aller Kompartimente der relevanten Stoffe (gelöst, gesamt, partikelgebunden) gelingen kann. Hierbei sind die Kosten solcher Untersuchungen mit dem Nutzen der zu erwartenden Ergebnisse abzuwägen. Die vorliegende Studie liefert nützliche Erkenntnisse für weitere Betrachtungen der Belastungsursachen und somit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Einzugsgebiet der Freiberger Mulde.
Literatur
Verwendete Literatur
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Danksagung
Die Studie, in der die hier präsentierten Ergebnisse gewonnen werden konnten, wurde durch das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) beauftragt. Für die Bereitstellung der Daten und den regelmäßigen fachlichen Austausch bedanken wir uns bei Frau Karin Kuhn (Referat 44: Oberflächenwasser, Wasserrahmenrichtlinie) sowie Herrn Dr. Peter Börke (Referat 43: Siedlungswasserwirtschaft, Grundwasser). Die Begehung der Freiberger Mulde und Aufarbeitung der Daten erfolgte mithilfe Studierender der TU Dresden. Ebenfalls möchten wir uns bei Herrn Mirko Martin von G.E.O.S. Freiberg und Frau Jutta Hofmann von der Professur für Hydrologie für ihre Unterstützung mit standortspezifischem Wissen über das Freiberger Revier und die hilfreichen Anmerkungen bedanken. Besonderer Dank gilt den anonymen Reviewern, die dank ihrer ausführlichen Anmerkungen und Korrekturen maßgeblich weitergeholfen haben. Die Begehung der Freiberger Mulde und die Aufarbeitung der Daten erfolgte mithilfe der Studierenden Lucas Höfer und Johannes Lieder der TU Dresden.
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Das Zusatzmaterial beinhaltet Hintergrundwissen zur Geologie des Untersuchungsgebietes und zur Einschätzung der Messergebnisse sowie eine graphische Darstellung der wesentlichen Einleiter. In Tab. S1 und S2 sind bedeutende Formationen, Erze und Mineralien des Freiberger Reviers dargestellt. Tab. S3 enthält die relative Standardabweichung für die neun analysierten Elemente zur Bewertung des Messfehlers. Abb. S1 zeigt die acht wesentlichen punktuellen Einleiter, die bei der ersten Messkampagne ermittelt werden konnten.
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Reumann, G., Grundmann, J., Burghardt, D. et al. Identifikation von Stoffeinträgen aus dem Alterzbergbau in die Freiberger Mulde. Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 27, 97–111 (2022). https://doi.org/10.1007/s00767-022-00512-7
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- Sächsisches Alterzbergbaugebiet
- Diffuse Stoffeinträge
- Frachtbilanzierung
- Arsen
- Schwermetalle
- Sulfat
- Nitrat
- Grundwasserbeschaffenheit