Kurzfassung
Sedimentäre Strukturen können die Fließ- und Stofftransportpfade in feinkörnigen Talfüllungen stark beeinflussen. Diese Strukturen müssen gezielt auf ihre Ausdehnung und Eigenschaften untersucht werden, um Verweilzeiten, Fließpfade und das Abbaupotenzial eingetragener Schadstoffe zu bestimmen. In der quartären Talfüllung der Ammeraue bei Tübingen wurden beispielhaft Torflagen und eine Kiesrinne untersucht, um ihre Einflüsse auf die regionale Hydrogeologie und Hydrochemie zu bewerten. Dafür wurden geophysikalische und hydrogeologische Erkundungsmethoden ausgewählt und kombiniert. Mit geoelektrischen Oberflächenmessungen konnte die Ausdehnung der betrachteten Strukturen erkundet werden. Unterschiedliche Direct-Push-Sondierungen, darunter eine In-situ-Bestimmung der Sedimentfarbe, und bohrlochgeophysikalische Messungen erfassten ihre Geometrie und interne Heterogenität. Die hydraulischen und biogeochemischen Eigenschaften der Sedimente und des Grundwassers wurden anschließend durch gezielte Probennahmen und hydraulische Tests an repräsentativen Ansatzpunkten bestimmt. Die dargestellte Methodenkombination zur Abgrenzung relevanter Teilgebiete mit anschließender hochauflösender Untersuchung lässt sich auch auf die Untersuchung großflächiger Täler übertragen.
Abstract
Sedimentary features can significantly influence flow and transport pathways in fine-grained valley fills. The spatial extent and properties of these features should be analyzed in order to determine residence times, flow pathways, and the reaction potential for contaminants. In the Ammer floodplain close to Tübingen, we examined peat layers and a gravel channel in order to determine their influence on the regional hydrogeology and hydrochemistry. Towards this end, we selected and combined geophysical and hydrogeological investigation techniques. Surface geoelectrical measurements revealed the spatial extent of relevant features, while subsequent borehole geophysical and direct-push surveys, including the in-situ detection of the sediment color, were used to assess their geometry and internal heterogeneity. At representative points, the hydraulic and biogeochemical properties of the sediments and the groundwater could be determined by targeted sampling and hydraulic tests. The general methodology of delineating relevant sub-units followed by high-resolution profiling may also be applied to investigate larger-scale valley fills.
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Einleitung
Sedimentäre Talfüllungen verbinden die Hänge eines Einzugsgebietes mit dem talbildenden Fließgewässer. Sie üben typischerweise hydrologische und geochemische Filterfunktionen aus, indem sie Niederschlagsereignisse und Einträge von Schad- und Spurenstoffen dämpfen (Haycock und Burt 1993; Burt et al. 1999; Weng et al. 2003). Die Schadstoffeinträge stammen in diesen Landschaften meist von Altlastenstandorten oder landwirtschaftlichen Nutzflächen und bilden punkt- bzw. flächenhafte Belastungen (Burri et al. 2019). Erreichen die Schadstoffe den Grundwasserkörper, werden sie im Talgrundwasserleiter entlang der bestehenden Transportpfade abtransportiert und gefährden die Grundwasserqualität und die Oberflächengewässer. Die Transportpfade werden dabei sehr stark von der Geologie der Talfüllung beeinflusst und sollten zur Abschätzung des Gefährdungspotenzials möglichst umfassend erkundet werden. In der Praxis werden sedimentäre Talfüllungen jedoch meist nur in den Tälern großer Flüsse untersucht, in denen gut durchlässige Grundwasserleiter mit grobklastischen Sedimenten zur Trinkwassergewinnung genutzt werden (z. B. Wiederhold et al. 2008). Im süddeutschen Keuperbergland und vergleichbaren Regionen Mitteleuropas überwiegen hingegen die Täler kleinerer bis mittlerer Flüsse mit einer oft feinkörnigen Talfüllung auf relativ geringdurchlässigem Festgestein. Die Hänge und Auen dieser Landschaften sind häufig landwirtschaftlich geprägt und weisen vereinzelt größere Industriestandorte auf. Sie sind daher einem möglichen Schadstoffeintrag ausgesetzt.
Die feinkörnigen Talfüllungen werden oftmals als quartäre Deckschichten kartiert und großflächig als Grundwassergeringleiter eingestuft (LGRB 2008). Die Sedimente in diesen Tälern bestehen jedoch zumeist aus einer komplexeren Abfolge von Alluvial- und Hangschuttablagerungen, die seit dem letzten Hochglazial unter stark unterschiedlichen Bedingungen abgelagert wurden (Gibbard und Lewin 2002): In Flussläufen wurden grobkörnige Sedimente aus dem oberstromigen Einzugsgebiet ab- und umgelagert; in der Flussaue und in stehenden oder langsam fließenden Gewässern lagerten sich hauptsächlich feinkörnige Sedimente – oftmals mit einem hohen Anteil an organischem Material – ab; an den Talhängen führten gravitative Prozesse wie Hangrutschungen und Solifluktion zur Umlagerung der am Talhang anstehenden Gesteine sowie erhöhtem Sedimenteintrag in die Talfüllung. Eine laterale Migration dieser Ablagerungsräume sowie die starken Klimaänderungen im Holozän und menschliche Eingriffe führten zudem zu stetig wechselnden Ablagerungsbedingungen mit großen Unterschieden in der Sedimentfracht, dem Niederschlag und der Vegetation (Hagedorn und Rother 1992; Gibbard und Lewin 2002). In den Talfüllungen sind daher lokal wechselnde Untergrundstrukturen aufgrund räumlich (horizontal) und zeitlich (vertikal in der sedimentären Abfolge) begrenzter Ablagerungsbedingungen zu erwarten. Diese abgrenzbaren Strukturen können durch unterschiedliche hydrogeologische Eigenschaften die Grundwasserströmung und den Stofftransport im Untergrund maßgeblich beeinflussen (Martin et al. 2020). Ein bevorzugter und beschleunigter Abfluss kann beispielsweise die erwarteten Verweilzeiten im Talgrundwasserleiter drastisch verringern und die eingetragenen Schadstoffe weiter als angenommen transportieren. In diesem Fall führt die Annahme einer homogenen Talfüllung zur Fehlinterpretation der regionalen Hydrogeologie und zu einer unerkannten Gefahr für die Oberflächengewässer im Abstrom. Zusätzlich zur regionalen Hydrogeologie müssen daher auch dominante Untergrundstrukturen auf ihre räumliche Ausdehnung sowie ihre hydrogeologischen und biogeochemischen Eigenschaften untersucht werden.
In der Praxis beruhen die hydrogeologischen Untersuchungen eines Standorts meist auf Bohrungen, Sondierungen, hydraulischen Tests und Probennahmen. Die Ergebnisse werden anschließend zwischen verschiedenen Ansatzpunkten interpoliert und erlauben so eine Interpretation des geologischen Aufbaus, der Grundwasserströmung und der Hydrochemie. Die abgrenzbaren Untergrundstrukturen sind jedoch in ihrer horizontalen Ausdehnung meist sehr viel kleiner als die gesamte Talfüllung (vgl. Abb. 1c). Im Rahmen der Standorterkundung sollte daher zunächst die Lage und Ausdehnung dieser potenziell relevanten Strukturen bestimmt werden, damit die Bohrungen und weiteren Untersuchungen an repräsentativen Ansatzpunkten durchgeführt werden können. Bislang betonen jedoch nur wenige Studien diese gezielte Ausdifferenzierung von abgrenzbaren Strukturen und deren anschließende gezielte Untersuchung (z. B. Wiederhold et al. 2008; Vienken et al. 2014; Dörr et al. 2017). Für die Abgrenzung relevanter Teilbereiche der Talfüllung eignen sich besonders oberflächengeophysikalische Methoden (Wiederhold et al. 2008; Parsekian et al. 2015). Die gängigen Methoden messen dabei die elektrische Leitfähigkeit (Geoelektrik und Elektromagnetik) (Binley und Kemna 2005; Robinson et al. 2008) beziehungsweise die seismische oder elektromagnetische Wellengeschwindigkeit (Seismik oder Bodenradar) (Rabbel 2006; Paz et al. 2017) des Untergrunds. Dabei erfasst keine geophysikalische Methode direkt die gesuchten hydrogeologischen oder geochemischen Eigenschaften; letztere lassen sich jedoch in vielen Fällen aus empirischen, oft standortspezifischen Beziehungen ableiten (Topp et al. 1980; Slater 2007; Steelman und Endres 2011). So können zum Beispiel Bereiche unterschiedlicher elektrischer Leitfähigkeit (geoelektrische Fazies) Hinweise auf Unterschiede im Tongehalt (z. B. Schulmeister et al. 2003) und in der Salinität des Porenwassers (z. B. Herd und Schafrik 2017; Rahman et al. 2021) geben. In feinkörnigen Lockersedimenten ist jedoch die Eindringtiefe geophysikalischer Oberflächenmessungen stark limitiert und die räumliche Auflösung der identifizierten geophysikalischen Eigenschaftsverteilungen nimmt mit der Tiefe stark ab (Van Nostrand 1953; Spies 1989; Ismail et al. 2012). Nur selten lassen sich daher die hydrogeologisch relevanten Untergrundstrukturen mithilfe einer einzigen geophysikalischen Methode zuverlässig abgrenzen und charakterisieren. Die geophysikalischen Untersuchungen können deshalb hochauflösende Vertikalprofile, hydraulische Tests und Grundwasserprobennahmen nicht ersetzen. Sie geben jedoch Hinweise für geeignete Ansatzpunkte und ermöglichen eine verbesserte Interpolation zwischen Bohrprofilen.
In dieser Arbeit zeigen wir, wie für die Beantwortung individueller hydrogeologischer Fragestellungen unterschiedliche geophysikalische Methoden, Sondierungen und Probennahmen kombiniert werden können. Für die Untersuchungen nutzen wir zunächst oberflächengeophysikalische Messungen an einem exemplarisch ausgewählten Standort im Ammertal bei Tübingen, um unterschiedliche Teilbereiche und Untergrundstrukturen abzugrenzen. Anschließend bestimmen wir deren hydrogeologische und geochemische Eigenschaften mittels gezielter Kernbohrungen, Sondierungen und Grundwassermessstellen. Durch diese mehrstufige Erkundung können die Ausdehnung und die Eigenschaften von Untergrundstrukturen auf verschiedenen Skalen bestimmt werden, um ihren Einfluss auf die regionale Hydrogeologie und Hydrochemie zu bewerten.
Standortbeschreibung
Für die zielorientierte hydrogeologische und hydrogeochemische Standortuntersuchung betrachten wir eine feinsedimentäre Talfüllung, wie sie typisch ist für viele Regionen Mitteleuropas (Hagedorn und Rother 1992; Collins et al. 2006; Dabkowski 2020). Das ca. 5 km2 große Untersuchungsgebiet liegt im östlichen Teil des Einzugsgebiets der Ammer zwischen Ammerbuch-Pfäffingen und Tübingen (Abb. 1a). Im nordwestlichen Teil streicht der verkarstete Muschelkalk aus. Im restlichen Untersuchungsgebiet bilden die Erfurt- und Grabfeld-Formation des Keupers sowohl die Sohle der Talfüllung als auch die Hänge, die besonders südlich der Aue vergleichsweise flach und ausgedehnt sind. Die jüngeren Sand- und Tonsteine des Mittelkeupers (Stuttgart- bis Trossingen-Formation) bilden die Grenzen des Einzugsgebiets entlang der Erhöhungen des nördlichen Schönbuchs sowie der südlichen Höhenzüge (Pfaffenberg, Kappellenberg, Spitzberg). Im Talzentrum besteht die flächige, hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Auendeckschicht aus Auenlehm und holozänen Altwasserablagerungen. Die Ammer verläuft im Untersuchungsgebiet entlang des nördlichen Talrandes mit einem mittleren Abfluss von ca. 1 m3/s (Schwientek et al. 2013).
Eine erste Standorterkundung mittels Kernbohrungen ergab eine durchschnittlich 14 m mächtige quartäre Sedimentfüllung mit relativ konstanter Mächtigkeit im Auenzentrum (Martin et al. 2020). Die Lithologie entspricht einer typischen postglazialen Abfolge in Europa: auf einer Talsohle aus teilweise verwittertem Festgestein lagern tonreiche Kiese, bedeckt von grauen Tonen, mächtigen Wiesenkalken sowie dem nach oben abdeckenden, braunen und schluffigen Auenlehm (Abb. 1b; Hagedorn und Rother 1992; Gibbard und Lewin 2002; Lespez et al. 2008). Die Wiesenkalke (unverfestigter Kalktuff) bestehen aus schluffigen bis feinkiesigen, autochthonen Süßwasserkarbonaten mit Einlagerungen von sandig-feinkiesigen Körnern organischen Materials und weisen in einigen Kernbohrungen zudem bis zu metermächtige Torflagen auf. Die Kiese am Talrand enthalten lediglich Komponenten der Sand- und Tonsteine, die an den umliegenden Höhenrücken anstehen (Hangschutt), während die Kiese im Talzentrum hauptsächlich aus gut gerundetem, fluviatil abgelagertem Muschelkalkkies bestehen (Heidgen et al. 2020; Martin et al. 2020). Diese tonreichen Muschelkalkkiese und die Wiesenkalke bilden im Ammertal gespannte Grundwasserleiter.
Abb. 1c fasst die Ergebnisse der ersten Standortuntersuchung in einem geologischen Konzeptmodell zusammen. Die vier typischen Lithologien wurden in Mächtigkeit und Zusammensetzung relativ einheitlich angetroffen. Es ist jedoch möglich, dass die Kernbohrungen abgrenzbare Strukturelemente mit relevantem Einfluss auf die Hydrogeologie der Talfüllung verfehlt haben. Martin et al. (2020) leiten einige solcher potenziellen Strukturelemente aus der geologischen Interpretation der sedimentären Talfüllung ab und diskutieren deren Einfluss auf die Hydrogeologie und Hydrochemie (Abb. 1c).
Die vorliegende Studie diskutiert die zielorientierte hydrogeophysikalische Erkundung von zwei Strukturelementen: Zum einen untersuchen wir die flächenhafte Ausbreitung, die interne Heterogenität und den hydrogeologischen Einfluss einer Kiesrinne, die aus geoelektrischen Messungen interpretiert wurde und möglicherweise den Grundwasserabfluss im Ammertal kontrolliert. Zum anderen bestimmen wir die flächenhafte Ausbreitung von Torflagen und ihren Gehalt an organischem Kohlenstoff, um die Bereiche des Grundwasserleiters zu bestimmen, die wesentlich zur Freisetzung von Elektronendonatoren und zur Denitrifikation beitragen können.
Methoden
Für eine großflächige Standortuntersuchung bietet sich eine Kombination aus flächenhaften oberflächengeophysikalischen Messungen und detaillierten Punktinformationen aus Sondierungen und Kernbohrungen an (Hoffmann et al. 2008; Mele et al. 2010; Vienken et al. 2014; Dörr et al. 2017). Die flächenhaften Informationen werden üblicherweise aus mehreren Profilmessungen an der Oberfläche mittels Geoelektrik (Koch et al. 2009; Petzold et al. 2017), Elektromagnetik (Wiederhold et al. 2008; Herd und Schafrik 2017), Seismik (Hoffmann et al. 2008; Wiederhold et al. 2008) oder Bodenradar (McArthur et al. 2010; Corradini et al. 2020) gewonnen. Inversionsmethoden erlauben es, aus den gewonnenen Messdaten eine mögliche räumliche Verteilung geophysikalischer Eigenschaften im Untergrund abzuleiten. Diese Verteilung ist jedoch aufgrund des Äquivalenzproblems der Inversion nur eine von vielen möglichen Lösungen (Flathe 1976). Zudem können hydrogeologische Eigenschaften (z. B. Durchlässigkeitsbeiwert, Speicherkoeffizient, Reaktivität) nicht direkt mit solchen Methoden erfasst werden, sondern müssen standortspezifisch von den geophysikalischen Eigenschaften (z. B. der Wellengeschwindigkeit oder dem elektrischen Widerstand) abgeleitet werden. Die oberflächengeophysikalischen Messungen dienen somit hauptsächlich dazu, verschiedene strukturelle Einheiten mit kontrastierenden Eigenschaften voneinander abzugrenzen und passende Ansatzpunkte für eine Validierung durch In-situ-Messungen oder Kernbohrungen zu bestimmen (Schelenz et al. 2017; Utom et al. 2019; Klingler et al. 2020b). In der vorliegenden Studie wurden die In-situ-Messungen mit Direct-Push- und bohrlochgeophysikalischen Sonden durchgeführt, die im Vergleich zu Kernbohrungen eine sehr genaue Tiefenzuordnung ermöglichen, da keine Kernverluste auftreten können (Fejes et al. 1997; McCall et al. 2005; Dietrich und Leven 2009; Leven et al. 2011).
Oberflächengeophysikalische Messungen
Für die flächenhafte oberflächengeophysikalische Erkundung im Ammertal wurden zwei geoelektrische Profilmessungen (ERT) sowie geoelektrische und elektromagnetische Kartierungen angewandt: Die ERT-Profilmessungen in Wenner-α-Anordnung (RESECS, DMT) erfolgten mit einem Elektrodenabstand von 1,5 m (P002) und 2 m (P001). Anschließend wurden die manuell bereinigten Messwerte mit einer L2-Norm-Optimierung und einem Glättungsfaktor von λ = 20 auf einem unstrukturierten Gitter mit homogenem Startmodell invertiert (Boundless Electrical Resistivity Tomography – BERT, Günther et al. 2006). Aus den Anomalieeffekten in den Messdaten von P002 wurde der zielorientierte Elektrodenabstand für eine folgende geoelektrische Kartierung bestimmt (Klingler et al. 2020b). Die elektromagnetische Kartierung (CMD Explorer und CMD Mini Explorer, GF Instruments) erfolgte auf einem Schlitten entlang landwirtschaftlicher Wege, wobei bei mehrfacher Befahrung des Auengebiets die Leitfähigkeiten des Untergrunds mit vier verschiedenen Spulenabständen zwischen 0,32 und 4,49 m gemessen wurden.
In-situ-geophysikalische Messungen
Für die In-situ-Untersuchungen wurde eine Kombination aus Bohrlochgeophysik und Direct-Push-Sondierungen angewandt. Die bohrlochgeophysikalischen Messungen der natürlichen Gammastrahlung (von hier an: Gammamessungen) erfolgten mit einer Bohrlochsonde (Mount Sopris HLP-2375 gamma tool) mit einer vertikalen Auflösung von 5 cm in bestehenden Grundwassermessstellen oder einem temporär installiertem Direct-Push-Sondiergestänge (AD: 57 mm). Zur Auswertung wurden die Messungen aus drei bis fünf Messdurchgängen pro Messstelle gemittelt. Vertikalprofile der In-situ-Sedimentfarbe wurden mithilfe einer Direct-Push-SCOST-Sonde (Soil Color Optical Screening Tool, Dakota Technologies Inc.) aufgenommen. Die Sonde misst die reflektierte Sedimentfarbe durch ein zur Seite gerichtetes Saphirglasfenster mit zentimetergenauer vertikaler Auflösung. Zur Datenverarbeitung und -auswertung der Farbmessungen verweisen wir auf Hausmann et al. (2016) und Klingler et al. (2020a).
In-situ-hydrogeologische Messungen
An mehr als 20 Ansatzpunkten im Untersuchungsgebiet wurden je eine Grundwassermessstelle im Kies- und im Wiesenkalkgrundwasserleiter errichtet, der Grundwasserspiegel in beiden Grundwasserleitern auenweit gemessen und mithilfe eines digitalen Höhenmodells mit einer Auflösung von 1 m × 1 m (LGL 2005) in Bezug auf Normalhöhennull gebracht. Zudem wurde die Transmissivität mittels Kurzpumpversuchen und Slug-Tests bestimmt. Während regelmäßiger Grundwasserbeprobungen erfolgte im Gelände zudem die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit und des Redoxpotenzials des Grundwassers. Sondierungen zur Bestimmung der relativen hydraulischen Durchlässigkeit (Hydraulic Profiling Tool – HPT, Geoprobe) erlaubten eine qualitative Abgrenzung hydraulisch besser und schlechter durchlässiger Zonen. Bei dieser Sondierung wird bei konstantem Vortrieb Wasser mit möglichst konstanter Injektionsrate von 300 ml/min über eine seitliche Sondenöffnung in das Sediment verpresst (McCall und Christy 2020). Aus dem Verhältnis von Injektionsrate und Verpressdruck lässt sich ein Vertikalprofil der relativen hydraulischen Durchlässigkeit des Sediments ermitteln (Dietrich et al. 2008). Die HPT-Sonde misst zudem die elektrische Leitfähigkeit des Untergrundmaterials durch eine geoelektrische Vierpunktanordnung an der Sonde.
Kernbohrungen und Labormessungen
Zur Validierung der hydrogeologischen und geophysikalischen Messungen führten wir 41 Kernbohrungen im Direct-Push-Verfahren mit einem Sondiergerät (Geoprobe 6610DT) und einem Sonic-Bohrgerät (SonicSampleDrill, SmallRotoSonic) durch. Die Bohrkerne wurden in Kunststoff-Linern mit 51 mm Durchmesser entnommen, im Labor eingefroren, aufgesägt, fotografiert und lithologisch aufgenommen. An ausgewählten Kernen wurden zudem Korngrößenanalysen durchgeführt und der Gehalt an organischem Kohlenstoff bestimmt. Die Korngrößenanalysen erfolgten nach DIN EN ISO 17892-4:2017-04 im Siebverfahren für den Grobkornanteil und im Sedimentationsverfahren nach Durner et al. (2017) für den Feinkornanteil (< 0,063 mm). Die Korngrößenanteile wurden anschließend zur vereinfachten Darstellung in vier Größenklassen zusammengefasst (Kies, Sand, Schluff, Ton). Zur Bestimmung des Anteils an organischem Kohlenstoff wurden ausgewählte Proben getrocknet, durch Mahlen homogenisiert und anschließend in drei Temperaturbereichen verbrannt (SoilTOC cube, Elementar Analysesysteme GmbH). Wir definieren hier den Anteil des organischen Kohlenstoffs als Summe des Kohlenstoffs, der bei der Erhitzung auf 400 und auf 600 °C verbrannt wird.
Ergebnisse
Regionale Standorterkundung – Kernbohrungen, Messstellen und Geoelektrik
Alle Kernbohrungen im Talzentrum wiesen die vier Hauptlithologien mit einheitlichen Mächtigkeiten auf und ließen daher auf einen horizontalen Verlauf der Schichtgrenzen schließen. Der Kontakt zum Festgestein wurde jedoch nur in wenigen Kernbohrungen erreicht und meist mit der maximalen Eindringtiefe des Sondiergestänges gleichgesetzt (Martin et al. 2020). Sowohl im Kies- als auch im Wiesenkalkgrundwasserleiter herrscht ein talabwärts gerichteter hydraulischer Gradient mit Einflüssen vom südlichen Auenrand (Abb. 2). Aus Slug-Tests und Pumpversuchen in den teilverfilterten Grundwassermessstellen können die Wiesenkalke als schwach durchlässig bis durchlässig (Transmissivität T = 10−7 bis 10−4 m2/s) und die durch den unteren grundwasserhemmenden Ton davon getrennten Kiese als durchlässig bis stark durchlässig (T = 10−5 bis 10−3 m2/s) eingestuft werden (Martin et al. 2020). In beiden Grundwasserleitern ist sowohl die elektrische Leitfähigkeit (700–1500 μS/cm) als auch das Redoxpotenzial des Grundwassers stark zoniert (Martin et al. 2020). An den Auenrändern und an den Talhängen herrschen jeweils eher oxidierende Bedingungen, während im Talzentrum – vor allem in den Wiesenkalken großflächig – reduzierende Bedingungen dominieren (Abb. 2). Der hydrochemische Übergangsbereich ist dabei auf wenige Zehnermeter beschränkt. Dies deutet auf einen schnellen Stoffumsatz durch ein hohes Freisetzungspotenzial von Elektronendonatoren aus der Matrix hin.
Die großflächige elektromagnetische Kartierung zeigte für keinen der gewählten Spulenabstände (0,32–4,49 m) eine aussagekräftige laterale oder vertikale Variation der elektrischen Leitfähigkeiten im Untergrund. Im oberflächennahen Bereich zeigen die geoelektrischen Profilmessungen ebenfalls eine relativ einheitliche Verteilung des elektrischen Widerstands (Abb. 3a, b). Sie erreichen jedoch durch die Profillänge von mehr als 500 m eine weitaus höhere Eindringtiefe und lösen auch den Festgesteinskontakt auf. Abb. 3b zeigt das Inversionsergebnis der geoelektrischen Messungen entlang des Profils P002. Fünf Kernbohrungen bestätigten den Festgesteinskontakt in ca. 14 m Tiefe am Randbereich des Profilschnittes und in 22 m Tiefe in einer zentralen Rinnenstruktur. Das Inversionsergebnis der westlichen Profilmessung (Abb. 3a) zeigt ebenfalls eine Rinnenstruktur mit spezifischen elektrischen Widerständen im Wertebereich der quartären Auenfüllung aus P002. Unterhalb des Festgesteinskontakts liegen die Werte mit mehr als 100 Ωm jedoch weit über dem für die Grabfeld-Formation in Profil P002 bestimmten elektrischen Widerstand. Klingler et al. (2020b) erfassten den Verlauf der Rinnenstruktur zwischen den ERT-Profilen durch eine großflächige geoelektrische Kartierung (Abb. 3c).
Kartierung von Schichtgrenzen – Gamma- und Leitfähigkeitsmessungen
Die Kernbohrung an Ansatzpunkt X072 diente Klingler et al. (2020b) zur Validierung der kiesgefüllten Rinnenstruktur (Abb. 3c). Abb. 4a vergleicht die Kernbeschreibung und Korngrößenanalyse dieser Validierungsbohrung mit einer ortsgleichen Leitfähigkeitssondierung mittels HPT-Sonde und einer Gammamessung. Die elektrische Leitfähigkeit ist im Kieskörper – wie aus der geoelektrischen Tomographie zu erwarten – geringer als im überlagernden Sediment. Der Kontakt zum hangenden Ton und liegenden Festgestein ist durch einen Anstieg der Leitfähigkeit erkennbar. Die Wiesenkalke unterscheiden sich jedoch in der elektrischen Leitfähigkeit nicht eindeutig von den über- und unterlagernden Tonen. Im Vertikalprofil der Gammamessung hingegen lassen sich die Wiesenkalke und Tonschichten eindeutig voneinander abgrenzen. Auch im Kieskörper liegen die Gammawerte bis auf eine Zone erhöhter Messwerte in 12,5–13,5 m Tiefe in einem relativ engen Wertebereich. Wir verwendeten daher Gammamessungen in temporär installierten Sondiergestängen zur Interpretation der Schichtmächtigkeit und internen Heterogenität der Auenlithologien. Abb. 5 präsentiert die typischen Wertebereiche der Gammamessungen an Ansatzpunkten mit vorliegender Bohrkernbeschreibung. Durch den direkten Vergleich von auenweit wiederkehrenden Signalmustern mit der jeweils angetroffenen Lithologie konnten wir den Hauptlithologien (Muschelkalkkies, Hangschuttkies, Ton/Lehm und Wiesenkalk) einen jeweils typischen Gammawertebereich zuordnen (Dersch 2019).
Bei Gammamessungen entlang der auskartierten Rinnenstruktur bestätigen bereits die maximalen Eindringtiefen des Sondiergestänges einen ca. 6 m tieferen Festgesteinskontakt (Abb. 4b). Die Wiesenkalke und Tone sind auch hier mit einheitlicher Mächtigkeit und eindeutigen Wertebereichen voneinander abgrenzbar. Im Kieskörper zeigen sich Zonen höherer und niedrigerer gamma-Aktivität, die als tonreiche bzw. tonarme Kiese interpretiert wurden. Diese Zonen sind nur vereinzelt zwischen den Vertikalprofilen korrelierbar.
Die Gammasignatur des Wiesenkalks kartierten wir im Rahmen einer weiteren Feldkampagne über die gesamte Aue (Abb. 1, rote Kreuze), um die Mächtigkeit des Wiesenkalks im gesamten Auengebiet zu erfassen (Abb. 6a) und Profilschnitte zu konstruieren (Abb. 6b). Hierbei zeigt sich eine relativ einheitliche Mächtigkeit im Talzentrum und ein Ausstreichen zum Auenrand hin. Das Ausstreichen der Wiesenkalke stimmt zudem mit der hydrogeochemischen Übergangszone der Redoxbedingungen überein (Abb. 2a).
Gezielte In-situ-Sondierungen und Kernbohrungen
Die tonreicheren und tonärmeren Zonen in der Kiesrinne deuten auf eine heterogene Verteilung der hydraulischen Eigenschaften entlang der Kiesrinne hin. Zur Bestätigung dieser Annahme zeigt Abb. 4c einen Vergleich von sechs HPT-Sondierungen in der Kiesrinne in einem Abstand von 20 m entlang des Profils P002. Der Kieskörper kann aus den ortsgleichen elektrischen Leitfähigkeitsprofilen klar abgegrenzt werden. Die relative hydraulische Durchlässigkeit liegt im Kies höher als im Wiesenkalk, zeigt jedoch in beiden Grundwasserleitern eine starke vertikale Variabilität. Im Kieskörper lassen sich besonders in den Sondierungen in nördlichen Bereichen metermächtige Zonen guter und weniger guter relativer Durchlässigkeiten klar voneinander abgrenzen. Diese Zonen sind jedoch zwischen den einzelnen Profilen nicht miteinander in Verbindung zu bringen. Ein durchgängiger bevorzugter Fließpfad mit hohem Durchlässigkeitsbeiwert ist daher im Kiesgrundwasserleiter nicht zu erwarten.
Um die hydrogeologischen und hydrochemischen Bedingungen in der Kiesrinne genauer zu untersuchen, installierten wir entlang des Gammaprofils aus Abb. 4b über die gesamte Kiesmächtigkeit verfilterte Grundwassermessstellen (Ausbaudurchmesser DN50). Tab. 1 gibt eine Übersicht über die Transmissivität (aus Pumpversuchen und Slug-Tests) des Kiesgrundwasserleiters sowie die elektrische Leitfähigkeit und das Redoxpotenzial des zugehörigen Grundwassers (aus Feldmessungen). Die elektrische Leitfähigkeit ist bei allen Messstellen in der Kiesrinne vergleichbar mit den durchschnittlichen Messwerten im Muschelkalkkies. Im Gegensatz dazu variiert die Transmissivität entlang der Transekte über zwei Größenordnungen. Entlang der Transekte herrschten zudem weniger stark reduzierende Bedingungen als im Rest des Kiesgrundwasserleiters (gelb markierte Messstellen in Abb. 2b). Der hydraulische Gradient im Kiesgrundwasserleiter ändert sich unter Berücksichtigung der neuen Messstellen jedoch kaum (gestrichelte Isolinien in Abb. 2b).
Die Geoelektrik- und Gammamessungen geben zwar Aufschluss über die Ausbreitung und Mächtigkeit der Wiesenkalke, jedoch nicht über ihre interne Heterogenität. Um diese zu bestimmen und um die Torflagen hochaufgelöst auszukartieren, nutzten wir Direct-Push-Sedimentfarbmessungen im Auenrandbereich (Klingler et al. 2020a). Abb. 6c zeigt einen exemplarischen Nord-Süd-Profilschnitt am südöstlichen Auenrand. Eine durchgängige, metermächtige Torflinse mit einem hohen Anteil an organischem Kohlenstoff von bis zu 50 % TOC konnte identifiziert werden. Der umgebende Wiesenkalk zeigt mit ca. 10 % TOC einen geringeren Anteil an organischem Kohlenstoff. Die potenzielle Reaktivität innerhalb der Torflinse ist jedoch nur relevant, wenn sie von einem signifikanten Grundwasserstrom durchflossen wird. Daher führten wir neun weitere Direct-Push-HPT-Sondierungen im Bereich der kartierten Torflinse durch, um die vertikale Verteilung der relativen hydraulischen Durchlässigkeit zu bestimmen. Die HPT-Profile in Abb. 6c zeigen, vergleichbar mit den Sondierungen in Abb. 4c, eine höhere relative Durchlässigkeit im obersten Bereich der Wiesenkalke in 2–3 m Tiefe, jedoch nicht im Bereich der Torflinse.
Diskussion
Das Ammertal bei Tübingen ist ein typisches Auengebiet mit feinsedimentärer Talfüllung. Die Lockersedimente können regional in vier Schichten mit zwei isolierten Grundwasserleitern unterteilt werden, sind lokal jedoch weitaus komplexer. Während der erweiterten Standorterkundung konnten wir Hinweise auf alle in Abb. 1c angedeuteten Strukturen finden (Martin et al. 2020). Die verschiedenen Strukturen unterscheiden sich vom umgebenden Sediment in unterschiedlichen geophysikalischen, hydraulischen und biogeochemischen Eigenschaften. Folglich eignet sich keine einzelne geophysikalische Methode dazu, die gesamte Komplexität der Sedimentverteilung zu erfassen. Stattdessen verwendeten wir eine Kombination unterschiedlicher Methoden, um die Ausdehnung und interne Beschaffenheit der beiden exemplarisch untersuchten Strukturen, nämlich der Kiesrinne und der Torflagen, in der Talfüllung zu bestimmen. Die in dieser Studie angewandten Methoden sowie die Erkenntnisse, die aus den jeweiligen Messungen im Ammertal abgeleitet wurden, sind in Tab. 2 zusammengefasst. Dabei war es erforderlich, die individuelle Kombination der Methoden auf die standortspezifischen Bedingungen, die genaue Fragestellung und die erwarteten Eigenschaften der jeweils untersuchten Struktur abzustimmen.
Die ersten Kernbohrungen und oberflächengeophysikalischen Messungen dienten der flächenhaften Kartierung und Identifizierung der Sedimentstrukturen. Die geoelektrischen Messungen erfassten die Rinnenstruktur und die Kernbohrungen bestätigten die erwarteten Torflagen mit hohem Anteil organischen Kohlenstoffs. Aufgrund dessen untersuchten wir anschließend zum einen die Durchlässigkeitsverteilung des Kieskörpers, um den Grundwasserdurchfluss im Kiesgrundwasserleiter zu bestimmen. Zum anderen ermittelten wir die Ausdehnung und den TOC-Gehalt der Torflagen und des Wiesenkalks, um die relevanten Zonen für Stoffumwandlungsprozesse im oberen Grundwasserleiter zu identifizieren. Offensichtlich erfassten die gezielten Vertikalprofile die jeweils relevanten Eigenschaften zur Interpretation der Schichtgrenzen (Leitfähigkeits- und Gammamessung), der relativen hydraulischen Durchlässigkeit (HPT-Sondierung) und des TOC-Gehalts (Sedimentfarbmessungen). Die Messungen in temporären Bohrlöchern und die Direct-Push-Sondierungen erlaubten dabei sowohl eine großflächige Erkundung (auenweite Schichtmächtigkeit), als auch zielgenaue Sondierungen in den abgegrenzten Teilbereichen (interne Heterogenität). Generell ermöglicht das mittlerweile breite Spektrum an bohrlochgeophysikalischen Methoden und Direct-Push-Sonden die Untersuchung verschiedener geophysikalischer Eigenschaften mit hoher vertikaler Auflösung (Dietrich und Leven 2009; Leven et al. 2011; Bumberger et al. 2015). Zudem können ausgedehnte Strukturen horizontal nahezu kontinuierlich erfasst werden, indem die Sondierungen mit Abständen von wenigen Metern durchgeführt werden (Hausmann et al. 2018; Rabiger-Völlmer et al. 2020). Um aus den gemessenen geophysikalischen Eigenschaften Aussagen zur Grundwasserströmung und Wasserchemie treffen zu können, sind jedoch zusätzliche, direktere Methoden wie hydraulische Tests und hydrochemische Probennahmen an Grundwassermessstellen sowie Kernbohrungen zur Validierung der Struktur erforderlich. Da diese aufwändigen Kernbohrungen und Messstelleninstallationen nur zielgerichtet in den relevanten Teilgebieten durchgeführt werden müssen, ermöglicht der hier dargestellte, mehrstufige Ansatz auch die Erkundung großflächiger Untersuchungsgebiete.
Tonarme Rinnenstruktur im Kiesgrundwasserleiter
Unsere Untersuchungen ergaben eine tonarme Zone in einer Rinne des Kiesgrundwasserleiters, die sich an der Basis in das Festgestein eingeschnitten hat. Solche Strukturen können bevorzugte Grundwasserfließwege darstellen und die Grundwasserbilanz maßgeblich beeinflussen. Die nähere hydrogeologische Untersuchung zielte deshalb darauf ab, die Ausdehnung der Rinnenstruktur zu erfassen und die querschnittsintegrierte Durchlässigkeit des Kiesgrundwasserleiters zu ermitteln.
Die geoelektrischen Profilmessungen mit anschließender Kartierung erfassten die Ausdehnung der zentralen Rinnenstruktur über die gesamte Aue (Klingler et al. 2020b). Alternative oberflächengeophysikalische Methoden sind durch die standortspezifischen Bedingungen limitiert: Die lithologische Ähnlichkeit der Kiesmatrix und des unteren Tons lässt keinen Kontrast in seismischer Wellengeschwindigkeit erwarten und die 2 m mächtige Auenlehm-Deckschicht lässt keine nennenswerte Eindringtiefe für Bodenradarmessungen erwarten (Knödel et al. 2005). Auch in den geoelektrischen Tomogrammen sind die Schichtkontakte aufgrund der geringeren Auflösung in der Tiefe fehlerbehaftet bzw. nicht auflösbar. Durch den hohen elektrischen Widerstand der Erfurt-Formation kann zwar der Kontakt zum Festgestein entlang des westlichen Profils gut erkannt werden, er muss jedoch entlang von P002 aus den Validierungsbohrungen interpoliert werden. Auch der Kieskörper wird lediglich in der Rinnenstruktur aufgelöst, da seine Mächtigkeit im restlichen Auengebiet zu gering ist. Es wäre zwar möglich, die Inversion mithilfe weiterer A‑priori-Daten zu optimieren (Hoffmann und Dietrich 2004; Hellman et al. 2017; Wunderlich et al. 2018), aber diese zeit- und kostenintensive Arbeit würde lediglich die geoelektrischen Informationen entlang des ERT-Profils verbessern.
Um die auenweite Geometrie der Rinnenstruktur und ihre hydraulischen Eigenschaften zu bestimmen, eignen sich eher die zielgenauen Vertikalprofile im geoelektrisch auskartierten Rinnenverlauf. Um die sedimentgeologische Heterogenität des Kieskörpers zu erkunden, eignet sich die Abgrenzung tonreicher und tonarmer Zonen durch die Gammamessungen mit einer anschließenden groben Abschätzung der hydraulischen Durchlässigkeit. Für eine direkte Messung der relativen hydraulischen Durchlässigkeit und ihrer räumlichen Variabilität eignen sich hingegen die HPT-Sondierungen entlang einer Transekte. Die aus den Gammamessungen und HPT-Sondierungen abgeleiteten Zonen höherer relativer Durchlässigkeit lassen sich im Ammertal jedoch nicht miteinander in Verbindung bringen und bilden daher vermutlich keinen durchgängigen Fließpfad. Die absoluten hydrogeologischen Kennwerte des Kieskörpers können jedoch nur durch hydraulische Tests ermittelt werden.
Wir untersuchten den Kieskörper, um den Einfluss der Rinnenstruktur und der lithologischen Heterogenität auf die Wasserbilanz zu bestimmen. Für diese Wasserbilanz ist sowohl die Durchlässigkeit als auch die Mächtigkeit der tonarmen Rinnenstruktur wichtig. Abb. 7 zeigt eine Abschätzung des Grundwasserstroms durch den Kieskörper für Szenarien mit und ohne Kiesrinne (Fläche A3) orthogonal zum konzeptionellen Querschnitt entlang des Profils P002 (Abb. 7a). Die Geometrie der Rinnenstruktur (schwarz gestrichelt) repräsentiert die interpretierte Kiesrinne im geoelektrischen Tomogramm (Abb. 3b). Die Durchflussmenge Qj durch eine einzelne Querschnittsfläche Aj des Kieskörpers wird unter Annahme eines konstanten hydraulischen Gradienten i und dem querschnittspezifischen Durchlässigkeitsbeiwert Kj berechnet (Abb. 7b). Der Gesamtdurchfluss Qgesamt ergibt sich aus Addition der einzelnen Beiträge:
Aufgrund der ermittelten Verteilung der tonarmen Zonen und der relativen hydraulischen Durchlässigkeiten stellt Szenario 3 mit tonarmen, stark durchlässigen Kiesen in der Rinnenstruktur und tonreichen Kiesen in den oberen Metern des Kiesgrundwasserleiters den wahrscheinlichsten Fall dar. Eine Wasserbilanz ohne Berücksichtigung der Rinnenstruktur und mit durchschnittlicher hydraulischer Durchlässigkeit (Szenario 1, basierend auf ersten Kernbohrungen und Pumpversuchen im Auengebiet, ohne geoelektrische Erkundung) hätte daher zu einer Unterschätzung des Grundwasserstroms geführt. Im Gegenteil dazu wird der Grundwasserdurchfluss stark überschätzt, würde der Durchlässigkeitsbeiwert des gesamten Kieskörpers aus der einzelnen Validierungsbohrung in stark durchlässigem Material (X072) abgeleitet werden (Szenario 5, bei erfasster Rinnenstruktur und nicht repräsentativem Durchlässigkeitsbeiwert einzig aus dem Pumpversuch an X072). Die Geometrie und Heterogenität des Kieskörpers sowie die geohydraulischen Eigenschaften müssen daher über das gesamte Tal auskartiert werden, um eine aussagekräftige Wasserbilanz für den gesamten Kiesgrundwasserleiter aufzustellen. Für diese Untersuchungen bieten sich weitere HPT-Transekten mit anschließendem Pumpversuch in einer temporären Messstelle an, um den Durchfluss durch mehrere Kontrollflächen zu vergleichen. Aus den räumlichen Änderungen des Grundwasserdurchflusses lassen sich anschließend mögliche Zu- und Abflüsse durch die Grenzflächen des Kiesgrundwasserleiters ableiten.
Torflagen im Wiesenkalk
Torflinsen mit hohem Gehalt an organischem Kohlenstoff können Elektronendonatoren freisetzen und damit mikrobielle Reduktionsprozesse wie die heterotrophe Denitrifikation von Nitrat fördern (Haycock und Burt 1993; Bauer et al. 2007; Rivett et al. 2008). Sie haben jedoch nur dann einen signifikanten Einfluss auf die großskalige Stoffbilanz in der Talfüllung, wenn ein substanzieller Anteil des Grundwasserstroms in Kontakt mit den Torflinsen kommt. Im Ammertal konnten wir die hydraulischen und biogeochemischen Eigenschaften des oberen Grundwasserleiters durch die Kombination der Gammamessungen mit den Sedimentfarb- und HPT-Sondierungen hochauflösend kartieren.
Der Wiesenkalk dominiert die Lithologie der Talfüllung im Ammertal. Durch die eindeutige Signatur in den Gammamessungen lässt sich die Mächtigkeit direkt ableiten und das Ausstreichen am Auenrand hochauflösend kartieren. Die Direct-Push-Sedimentfarbmessung löst die im Wiesenkalk enthaltenen sedimentären Strukturen detailreich auf und ermöglicht es, biogeochemische Parameter abzuschätzen (Klingler et al. 2020a). Der hohe Anteil an organischem Kohlenstoff von durchschnittlich 35 % TOC bestätigt, dass die untersuchte Torflinse im Wiesenkalk eine biogeochemisch aktive Zone mit Einfluss auf die Grundwasserchemie darstellt. Trotz geringerer Konzentration von 10 % TOC enthält der Wiesenkalk über die gesamte Mächtigkeit betrachtet jedoch fast doppelt so viel organischen Kohlenstoff wie die Torflinse (Abb. 7c). Dieser liegt im gesamten Wiesenkalk als Feinkornfraktion vor und bietet somit eine weitaus größere Oberfläche und daraus folgende Bioverfügbarkeit. Die HPT-Messungen zeigen zudem eine höhere relative Durchlässigkeit im Wiesenkalk als in der Torflinse, besonders im oberen Bereich. Die Strömungs- und Transportwege führen daher bevorzugt durch den Wiesenkalk mit fein verteiltem organischen Kohlenstoff. Die stark reduzierenden Verhältnisse im oberen Grundwasserleiter sind folglich nicht unbedingt auf die Passage des Grundwassers durch Torfschichten zurückzuführen. Zudem dämpft der Wiesenkalk am Auenrand daher auch in Bereichen ohne Torflagen den Eintrag gelöster Elektronenakzeptoren (Sauerstoff, Nitrat, Sulfat) von den Talhängen.
Schlussfolgerungen
Die hydrogeologischen Bedingungen in feinsedimentären Talfüllungen weisen Heterogenitäten auf unterschiedlichen Skalen auf. Die Talfüllung kann regional in unabhängige Grundwasserleiter unterteilt und die bevorzugten Grundwasserströmungs- und Stofftransportpfade lokal durch abgrenzbare Strukturen bestimmt sein. Eine effiziente Standorterkundung auch ausgedehnter Täler kombiniert daher geophysikalische Methoden zur flächigen Aufnahme der geologischen Bedingungen mit Sondierungen und Installationen zur Erkundung relevanter Teilgebiete. Die jeweiligen hydrogeologischen Fragestellungen können so an gezielten Ansatzpunkten durch repräsentative hydraulische Tests und Probennahmen beantwortet werden. Dabei sollten sowohl die fachliche Fragestellung, als auch der Betrachtungsmaßstab die Wahl der geeigneten Methoden und deren Kombination bestimmen.
Im Ammertal eigneten sich jeweils unterschiedliche Methodenkombinationen zur Erkundung der beispielhaft untersuchten Strukturen: Die Rinnenstruktur und ihr Einfluss auf die Wasserbilanz des Kiesgrundwasserleiters konnten durch geoelektrische Messungen und zielgerichtete Gammamessungen, HPT-Sondierungen und Pumpversuche erfasst werden. Die Ausdehnung der Torflagen und ihr Einfluss auf die Hydrochemie des Wiesenkalkgrundwasserleiters ergaben sich aus einer Kombination von Gamma‑, HPT- und Sedimentfarbmessungen mit der Laboranalyse von Sedimentproben. Eine anschließende quantitative Abschätzung zeigt, dass die Geometrie und der Durchlässigkeitsbeiwert der Rinnenstruktur die Wasserbilanz des Kiesgrundwasserleiters stark beeinflusst, der Einfluss der Torflagen auf die Hydrochemie im Wiesenkalkgrundwasserleiter hingegen eher vernachlässigt werden kann. Die Ausdehnung und Eigenschaften solcher Strukturen sind jedoch ebenso standortspezifisch wie ihr Einfluss auf die regionale Hydrogeologie und die geeignete Methodenkombination. Daher müssen selbst an einem vergleichbaren Standort die Anwendbarkeit und Verfügbarkeit der einzelnen Erkundungsmethoden sowie die Beziehung zwischen gemessenen und gesuchten Eigenschaften im Einzelfall überprüft werden.
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08 November 2021
Zu diesem Beitrag wurde ein Erratum veröffentlicht: https://doi.org/10.1007/s00767-021-00499-7
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Danksagung
Diese Arbeit wurde durch den von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Sonderforschungsbereich CAMPOS (DFG, SFB 1253/1 2017, Projekt P3: Floodplain Hydrology) unterstützt. Wir möchten U. Werban, A. Schoßland, H. Kotas und M. Kreck (UFZ Leipzig) sowie M. Jantz, T. Siller, V. Cordero, M. Dersch, T. Rotava und K. Singer (Uni Tübingen) für die Unterstützung der Feldarbeiten danken. Wir danken zudem den beiden anonymen Gutachtern für ihre positiven und konstruktiven Anmerkungen.
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Klingler, S., Martin, S., Cirpka, O.A. et al. Kombination geophysikalischer und hydrogeologischer Methoden zur gezielten Erkundung feinkörniger Talfüllungen. Grundwasser - Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie 26, 379–394 (2021). https://doi.org/10.1007/s00767-021-00494-y
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