Einleitung

Pools aus DNAPL (dense non-aqueous phase liquid = wasserunlösliche Flüssigkeiten mit einer höheren Dichte als Wasser) stellen einen persistenten Schadensherd dar, aus dem über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg Schadstoffmengen freigesetzt werden können, die oberhalb der zulässigen Grenzwerte liegen (Khachikian und Harmon 2000; Lee und Chrysikopoulos 2005; Seyedabbasi et al. 2012). Ein Entfernen der Pools ist mit konventionellen Sanierungsmaßnahmen wie „pump & treat“ oft nicht möglich (Travis und Doty 1990), sodass es umso wichtiger ist, deren langfristiges Verhalten abschätzen zu können.

Oft bestehen DNAPL-Pools aus zahlreichen verschiedenen Komponenten, die unterschiedliche Dichten, Wasserlöslichkeiten und Grenzwerte aufweisen. Meist handelt es sich um leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (LCKW) und/oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Um den Schadstoffaustrag aus solchen Mehrphasengemischen zu modellieren, ist neben unterschiedlichen Transportprozessen wie Advektion, Dispersion und Diffusion auch das Raoult’sche Gesetz zu berücksichtigen. Sowohl Grathwohl und Eberhardt (2002), King und Barker (1999) als auch Reckhorn et al. (2001) haben anhand von Laborexperimenten bzw. Felddaten gezeigt, dass die effektive Wasserlöslichkeit einer Komponente in DNAPL-Pools nicht mit der reinen Wasserlöslichkeit angesetzt werden darf, sondern gemäß dem Raoult’schen Gesetz abzumindern ist – d. h. die Löslichkeit jeder Komponente hängt von deren Molanteil bzw. der Poolzusammensetzung ab. Da diese sich über die Zeit verändert, sind auch die effektiven Wasserlöslichkeiten zeitabhängige Größen. Bisherige Modelle gehen dennoch von zeitlich konstanten effektiven Wasserlöslichkeiten aus (Carey 2015; Seyedabbasi et al. 2012). Um festzustellen, welchen Einfluss dies auf die prognostizierte Langlebigkeit von DNAPL-Pools hat, wurde ein semi-analytisches Berechnungsmodell entwickelt, welches die effektive Wasserlöslichkeit als zeitlich veränderliche Größe behandelt.

In Anlehnung an Carey et al. (2014) sowie Seyedabbasi et al. (2012) wird der DNAPL-Pool als kastenförmige Quelle angenommen, deren Mächtigkeit sich über die Zeit verändert, während die Pooloberfläche konstant bleibt (Abb. 1). Die Schadstoffkonzentrationen im Porenwasser des Pools werden mithilfe der effektiven Wasserlöslichkeiten bestimmt und zur Berechnung des Schadstoffaustrages herangezogen. Dabei werden erstmals sämtliche bekannten Transportprozesse vereint: Neben dem Schadstoffaustrag an der Pooloberfläche wird auch die Durchströmung des Pools gemäß Carey et al. (2014) sowie die Diffusion in bzw. aus geringdurchlässigen Schichten unterhalb der Pools gemäß Seyedabbasi et al. (2012) berechnet (Abb. 1). Aus der Summe dieser Frachten ergeben sich die Poolhöhe und -zusammensetzung für den nächsten Zeitschritt. Transportprozesse außerhalb des Pools werden vom Modell nicht betrachtet.

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Schadstoffausträge aus DNAPL-Pools, die vom Berechnungsmodell erfasst werden

Mass discharges from DNAPL pools covered by the calculation model

Modellentwicklung

Um den Schadstoffaustrag aus der DNAPL-Phase in Grundwasser und Aquitard zu beschreiben, werden mehrere analytische Ansätze vereinigt. Die Diffusion an der Pooloberfläche \(\dot{M}_1\) (Abb. 1) wird vor allem von den dort vorherrschenden Konzentrationsgradienten bestimmt. Das Konzentrationsprofil oberhalb des Pools verändert sich entlang des Fließweges, da die ausgetragenen Schadstoffe durch Advektion weiter transportiert werden. Eine wichtige Rolle spielt zudem die transversal vertikale Dispersion, während die longitudinale Dispersion von der Advektion überlagert und daher vernachlässigt wird. Laut Carey (2015) kann der Schadstoffaustrag über die Pooloberfläche mit Gl. 1 nach Hunt et al. (1988) berechnet werden, dabei wird vereinfacht von einem gleichmäßigen Austrag entlang des Fließweges ausgegangen.

$$\begin{aligned}\dot{M}_{1}^{i}\left(t\right)=&2\cdot C_{\mathrm{eff}}^{i}\left(t\right)\cdot L_{x}\cdot L_{y}\cdot \sqrt{\frac{v_{f}}{\pi \cdot L_{x}}}\\&\cdot \sqrt{\alpha _{v}\cdot v_{f}+ \phi \cdot D_{me,1}^{i}}\end{aligned}$$
(1)

Ceff ist dabei die (zeitabhängige) Wasserlöslichkeit bzw. Konzentration an der Pooloberfläche einer Komponente i. φ und vf stehen für die Porosität des Aquifers bzw. die Darcy-Geschwindigkeit des vorbeiströmenden Grundwassers. Lx und Ly sind die Poollänge bzw. -breite in Fließrichtung, αv die vertikal transversale Dispersivität und Dime,1 der effektive Diffusionskoeffizient der Komponente i innerhalb des Aquifers. Letzterer berechnet sich aus dem molekularen Diffusionskoeffizienten Dim, sowie der Tortuosität τ des Aquifers. Diese kann entweder vorgegeben oder nach Gl. 3 aus dem Durchlässigkeitsbeiwert kf abgeschätzt werden (Carey et al. 2016). Dabei ist kf in m/s vorzugeben.

$$D_{me}^{i}=D_{m}^{i}\cdot \tau$$
(2)

mit:

$$\tau =0,77\cdot {k_{f}}^{0,04}$$
(3)

Für die Berechnung des advektiven Massenaustrages infolge Durchströmung des Pools \(\dot{M}_2\) (Abb. 1) wird ein Ansatz nach Huntley und Beckett (2002) verwendet, wonach sich die advektive Massenflussrate fadv aus Darcy-Geschwindigkeit und (effektiver) Wasserlöslichkeit berechnet. Da das Grundwasser innerhalb der DNAPL-Pools jedoch nur mit eingeschränkter Geschwindigkeit fließen kann, muss die Massenflussrate mithilfe der relativen Permeabilität krw abgemindert werden. Diese wiederum hängt vom (Wasser‑)Sättigungsgrad Sw ab.

$$f_{\mathrm{adv}}=k_{rw}\left(S_{w}\right)\cdot v_{f}\cdot C_{\mathrm{eff}}$$
(4)

Für die Berechnung der relativen Permeabilität krw in Abhängigkeit der Wassersättigung wird der Ansatz nach Van Genuchten-Mualem verwendet. Danach gilt:

$$\begin{aligned}k_{rw}\left(S_{w}\right)=&\left(\frac{S_{w}-S_{wr}}{1-S_{wr}}\right)^{L}\\&\cdot \left\{1-\left[1-\left(\frac{S_{w}-S_{wr}}{1-S_{wr}}\right)^{\frac{1}{m}}\right]^{m}\right\}^{2}\end{aligned}$$
(5)

mit:

$$m=1-\frac{1}{N}$$
(6)

L ist ein empirischer Parameter der Poren-Konnektivität und -Tortuosität und wird gewöhnlich mit 0,5 angenommen. Der Parameter m wird nach der Formel von Mualem berechnet. Der Van Genuchten-Paramter N ist dabei bodenspezifisch vorzugeben. Swr bezeichnet die residuale Wassersättigung.

Die Wassersättigung Sw variiert über die Poolhöhe und kann mithilfe des Ansatzes nach McWorther und Kueper (1996) bestimmt werden. Dieser basiert im Wesentlichen auf der Van Genuchten-Gleichung und liefert einen Zusammenhang zwischen Wassersättigung Sw und Poolhöhe z. Umgestellt nach Sw und mit einer um die residuale DNAPL-Sättigung Snr abgeminderten maximalen Wassersättigung ergibt sich folgende Formel für die Wassersättigung in Abhängigkeit der Koordinate z, gemessen von der Pooloberkante aus:

$$ S_{w} = \left[ 1 + {\left( \frac{z\cdot \Delta \rho \cdot g} {p_{c}^{d}} \right) }^{\frac{1}{1-m}} \right]^{-m} \cdot \left( 1-S_{wr}-S_{nr} \right)+S_{wr}$$
(7)

\(\Updelta \rho\) ist dabei die Dichtedifferenz zwischen DNAPL (mittlere Dichte der Einzelkomponenten) und Wasser. Sie wird vereinfachend als zeitlich konstant angesetzt. pcd bezeichnet den sog. Eindringdruck für ein System mit Wasser und DNAPL. Es handelt sich um den Kapillardruck, der mindestens notwendig ist, damit das DNAPL das Wasser aus den Poren verdrängen kann bzw. umgekehrt. Dieser lässt sich durch Skalierung des Eindringdrucks pcL/W für ein Wasser-Luft-System bestimmen. Dazu wird der Umrechnungsfaktor βNAPL/Wasser verwendet (Lenhard und Parker 1987).

$$p_{c}^{d}=\frac{p_{c}^{L/W}}{\beta _{NAPL/\textit{Wasser}}}$$
(8)

In der Regel ist pcL/W im Vorfeld nicht bekannt, er kann jedoch mithilfe der Van Genuchten-Parameter α, N und m des Aquifers berechnet werden. Gemäß Lenhard und Parker (1990) gilt:

$$p_{c}^{L/W}=\rho _{w}\cdot g\cdot h_{d}^{L/W}$$
(9)

mit:

$$h_{d}^{L/W}=\alpha ^{-1}\cdot S_{x}^{\frac{1}{\lambda }}\cdot \left(S_{x}^{\frac{-1}{m}}-1\right)^{1-m}$$
(10)

und:

$$S_{x}=0,72-0,35\cdot e^{{-N^{4}}}$$
(11)
$$\lambda =\frac{m}{1-m}\cdot \left(1-0,5^{\frac{1}{m}}\right)$$
(12)

λ ist der Porengrößenverteilungsindex und Sx ein von Lenhard und Parker eingeführter Parameter. Aus ihnen ergibt sich die Eindringdruckhöhe hdL/W für ein System mit Luft und Wasser.

Weiterhin ist die Grenzflächenspannung zwischen DNAPL und Wasser σnw erforderlich, um nach Gl. 13 den Umrechnungsfaktor βNAPL/Wasser zu bestimmen. Die Grenzflächenspannung zwischen Luft und Wasser σaw wird dabei mit 0,072 N/m angesetzt.

$$\beta _{NAPL/\textit{Wasser}}=\frac{\sigma _{aw}}{\sigma _{nw}}$$
(13)

Mit diesen Ansätzen können Wassersättigung Sw und relative Durchlässigkeit krw für jede beliebige Pooltiefe z ermittelt werden. Um schließlich den advektiven Massenfluss \(\dot{M}_2\) über die gesamte Poolfläche zu berechnen, muss die Massenflussrate in Gl. 4 über Höhe und Breite des Pools integriert werden. Über die Poolbreite wird von einer konstanten Wassersättigung ausgegangen, sodass für die Integration lediglich eine Multiplikation mit Ly erforderlich ist. Über die Pooltiefe variiert Sw hingegen; hier erfolgt die Lösung des Integrals über die Trapezformel. Auf diese Weise kann das Integral \(\int _{\mathrm{z}}\mathrm{k}_{\mathrm{rw}}\mathrm{dz}\) für jede Poolhöhe – gerundet auf den Millimeter – berechnet werden. Es ist zu beachten, dass die Poolhöhe mit der Zeit abnimmt, da die DNAPL-Pools infolge des Schadstoffaustrags langsam abgebaut werden. Ebenfalls zeitabhängig ist die effektive Wasserlöslichkeit Ceff, sodass die Schadstofffracht für jeden Zeitschritt neu zu berechnen ist. Es gilt:

$$\dot{M}_{2}^{i}\left(t\right)=C_{\mathrm{eff}}^{i}\left(t\right)\cdot v_{f}\cdot L_{y}\cdot \int _{z}k_{rw}\left(t\right)\mathrm{d}z$$
(14)

Zuletzt soll noch der Prozess der Diffusion in bzw. aus geringdurchlässigen Schichten unterhalb der Pools abgebildet werden. Dieser weist stets in Richtung der geringeren Konzentration, was dazu führt, dass zunächst Teile der Schadstoffmasse aus dem Pool in die darunterliegende Schicht hinein diffundieren. Sofern diese ausreichend dick ist – wovon in dieser Arbeit ausgegangen wurde – sammeln sich die Schadstoffe darin an, bis sich der Konzentrationsgradient umkehrt und die Re-Diffusion aus der Schicht heraus einsetzt. Seyedabbasi et al. (2012) haben in ihrer Arbeit gezeigt, dass dadurch noch Jahrzehnte nach Poolauflösung Schadstoffkonzentrationen entstehen können, die oberhalb der Grenzwerte liegen. Aus diesem Grund ist die Matrixdiffusion insbesondere bei Betrachtung des Langzeitverhaltens von Schadstoffquellen zu berücksichtigen.

Die Diffusionsrate wird von Seyedabbasi et al. (2012) mithilfe zweier Gleichungen nach Parker et al. (1994) beschrieben. Diese Unterteilung wird vorgenommen, weil sich die Randkonzentration zwischen Pool und Aquitard einmalig ändert: Die Autoren gehen davon aus, dass bis zur Auflösung des Pools eine konstante Randkonzentration von Ceff vorherrscht und diese dann schlagartig auf null sinkt, wodurch sich die Diffusionsrichtung umkehrt und die Re-Diffusion in den Aquifer einsetzt. Wenn jedoch das Raoult’sche Gesetz berücksichtigt wird, verändert sich die Randkonzentration an der Poolunterkante mit jedem Zeitschritt und der Konzentrationsgradient kann sich ggf. bereits vor der endgültigen Auflösung einer Komponente umkehren. Aus diesem Grund wurde ein modifizierter Ansatz entwickelt, welcher die Konzentrationsprofile für verschiedene Randkonzentrationen und deren Einwirkungszeiträume überlagert. Danach ergibt sich die Konzentrationsverteilung im Aquitard zum Zeitpunkt t aus folgender Gleichung:

$$\begin{aligned}c\left(z_{2},t\right)=&C_{\text{eff}}\left(t_{0}\right)\cdot erfc\left[\frac{z_{2}}{2\cdot \sqrt{\frac{D_{me,2}}{R}\cdot t}}\right]\\&+\sum _{n=1}^{m}\left(C_{\text{eff}}\left(t_{n}\right)-C_{\text{eff}}\left(t_{n-1}\right)\right)\\&\cdot erfc\left[\frac{z_{2}}{2\cdot \sqrt{\frac{D_{me,2}}{R}\cdot \left(t-t_{n}\right)}}\right]\end{aligned}$$
(15)

z2 ist dabei die Tiefe innerhalb des Aquitards gemessen von der Poolunterkante aus. Für die Berechnung des effektiven Diffusionskoeffizienten Dime,2 im Aquitard nach Gln. 2 und 3 sind dessen Tortuosität bzw. Durchlässigkeitsbeiwert zu verwenden. Der Retardationskoeffizient Ri kann nach Gl. 16 aus absoluter Porosität φ, effektiver Porosität φe und Trockenrohdichte \({\rho}_d\) des Aquitards sowie dem Verteilungskoeffizienten der jeweiligen Komponente kid berechnet werden. Letztere ist das Produkt aus organischem Kohlenstoffgehalt des Bodens und dem organischen Kohlenstoff-Verteilungskoeffizienten der Schadstoffkomponente.

$$R^{i}=\left(\frac{\phi+\rho _{d}\cdot k_{d}^{i}}{\phi_{e}}\right)$$
(16)

Der vordere Teil in Gl. 15 beschreibt die Ausgangsverteilung einer Konzentration im Aquitard, welche sich infolge der Randkonzentration zu Beginn Ceff(t0) einstellt. Die Summenformel dahinter beschreibt den Einfluss neuer, veränderter Randkonzentrationen im Pool. tn stellt dabei den Zeitpunkt dar, an welchem sich die n-te Randkonzentration Ceff(tn) seit dem Anfangszustand einstellt. Die Formel berücksichtigt somit alle Randkonzentrationen, die sich vom Beginn t0 bis zum betrachteten Zeitpunkt t eingestellt haben. Die Summanden können unterschiedliche Vorzeichen aufweisen und damit das Ausgangsprofil unterschiedlich beeinflussen. Nimmt die Randkonzentration gegenüber dem vorherigen Zeitschritt ab, ist der zugehörige Summand negativ und bewirkt einen langsameren Anstieg der Konzentration im Aquitard.

Den diffusiven Massenfluss \(\dot{M}_3\) zwischen Pool und Aquitard liefert das Fick’sche Gesetz:

$$\dot{M}_{3}^{i}\left(t\right)=-D_{me,2}^{i}\cdot \left.\frac{\partial c\left(z_{2},t\right)}{\partial z_{2}}\right| _{{z_{2}}=0}\cdot \phi\cdot L_{x}\cdot L_{y}$$
(17)

Das Einsetzen von Gl. 15 in Gl. 17 ergibt eine Erweiterung der Gleichungen nach Parker et al. (1994) für mehr als eine Veränderung der Randkonzentration. Mithilfe einer Integration über die Zeit lässt sich anschließend für jeden Zeitpunkt t die im Aquitard gespeicherte Masse MAq einer Komponente i bestimmen.

$$\begin{aligned}M_{Aq}^{i}\left(t\right)=&\int _{0}^{t}\dot{M}_{3}^{i}\left(t\right)=\phi\cdot L_{x}\cdot L_{y}\cdot \sqrt{\frac{R^{i}\cdot D_{me,2}^{i}}{\pi }}\cdot 2\\&\cdot \left\{C_{\mathrm{eff}}^{i}\left(t_{0}\right)\cdot \sqrt{t}\hphantom{\sum _{n=1}^{m}}\right.\\&\left.+\sum _{n=1}^{m}\left(C_{\mathrm{eff}}^{i}\left(t_{n}\right)-C_{\mathrm{eff}}^{i}\left(t_{n-1}\right)\right)\cdot \sqrt{t-t_{n}}\right\}\end{aligned}$$
(18)

Der Massenaustausch zwischen Pool und Aquitard im Verlauf eines Zeitschritts kann nun als Quotient aus der Veränderung der gespeicherten Masse und der Zeitschrittlänge bestimmt werden:

$$\dot{M}_{3}^{i}\left(t_{n}\right)=\frac{M_{Aq}^{i}\left(t_{n}\right)-M_{Aq}^{i}\left(t_{n+1}\right)}{t_{n+1}-t_{n}}$$
(19)

Ist das Vorzeichen von \(\dot{M}_3\) negativ, nimmt die gespeicherte Masse im Laufe eines Zeitschritts zu und es liegt eine Diffusion in den Aquitard vor. In diesem Fall wird \(\dot{M}_3\) bei der Berechnung der Schadstofffracht in den Aquifer nicht berücksichtigt. Ist das Vorzeichen hingegen positiv, findet eine Re-Diffusion statt und \(\dot{M}_3\) wird der Gesamtfracht hinzugefügt. Verzögerungen, weil die Fracht ggf. erst Reste des DNAPL-Pools durchqueren muss, werden vernachlässigt.

Das Modell geht von quasi-stationären Bedingungen aus, d. h. die Zusammensetzung der Pools wird für einen gewissen Zeitraum als konstant angenommen und regelmäßig neu berechnet. Die Zeitschritte sind so angesetzt, dass Veränderungen der Wasserlöslichkeit und Poolhöhe ausreichend genau erfasst werden. Innerhalb eines Zeitschritts wird beides als konstant angenommen. Somit kann aus der Gesamtfracht \(\dot{M}_{\text{ges}}\) – der Summe der Frachten \(\dot{M}_1\), \(\dot{M}_2\) und \(\dot{M}_3\) (letztere nur bei Re-Diffusion) – die verbliebene DNAPL-Phase jeder Komponente am Ende des Zeitschritts bestimmt und zur Neuberechnung der effektiven Wasserlöslichkeiten und der Poolhöhe herangezogen werden. Dabei wird die DNAPL-Phase als ideale Mischung angenommen. Grathwohl und Eberhardt (2002) haben in einem Experiment nachgewiesen, dass das Raoult’sche Gesetz gemäß Gl. 20 eine gute Annäherung an gemessene Löslichkeiten in einem DNAPL-Pool liefert, ohne dass eine Berücksichtigung der Reaktionskinetik erforderlich ist. Cs entspricht dabei der Wasserlöslichkeit eines Stoffes bei isolierter Betrachtung und χi dessen Molanteil innerhalb des Pools. Aus den effektiven Wasserlöslichkeiten ergeben sich wiederum die Schadstofffrachten für den nächsten Zeitschritt usw. Der Prozess wird so lange fortgeführt, bis alle Komponenten restlos in Lösung gegangen sind. Eine Verfrachtung der DNAPL-Phase selbst wird nicht berücksichtigt; sie wird als immobil angesehen.

$$C_{\mathrm{eff}}^{i}=\chi ^{i}\cdot C_{s}^{i}$$
(20)

Für den Vergleich mit Grenzwerten ist zuletzt noch eine Umrechnung der Schadstofffrachten in Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser erforderlich. Dazu wird die Gesamtfracht durch die Darcy-Geschwindigkeit und die Querschnittsfläche A, über die sich die Fracht verteilt, dividiert.

$$C_{\text{l"o s}}^{i}\left(t_n\right) =\frac{\dot{M}_{\text{ges}}^{i}\left(t_n\right)}{v_f \cdot A}$$
(21)

Fallbeispiel

Im Folgenden wird das semi-analytische Berechnungsmodell auf ein Fallbeispiel angewendet und die Ergebnisse mit denen von Carey (2015) und Seyedabbasi et al. (2012) verglichen. Der Schadensherd besteht dabei aus einem einzelnen DNAPL-Pool, dessen Länge und Breite mit jeweils 1 m und dessen Höhe mit 10 cm angesetzt werden. Die DNAPL-Phase besteht zunächst aus vier Komponenten. Als Hauptvertreter der in DNAPL-Schadensfällen häufig auftretenden chlorierten Kohlenwasserstoffe werden TCE und PCE ausgewählt. DCM zählt ebenfalls zu dieser Stoffgruppe, weist jedoch eine höhere Löslichkeit auf als die ersten beiden Komponenten. Gemeinsam mit Naphthalin, einem häufigen Vertreter der vergleichsweise gering löslichen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), deckt das Gemisch einen Großteil der Eigenschaften typischer DNAPL-Vertreter ab.

Die Stoffkennwerte der vier Hauptkomponenten werden aus der Datenbank des Sickerwasserprognosemodells ALTEX 1D (LBEG 2019) übernommen und sind in Tab. 4 im Anhang aufgeführt. Die Volumenanteile der vier Komponenten sind so gewählt, dass ihre Anfangsmassen allesamt übereinstimmen, um eine Vergleichbarkeit der Auflösungszeiträume zu gewährleisten. Die Grenzwerte für die Schadstoffkonzentration Clös werden vereinfachend für jede Komponente mit 2 µg/l angesetzt, um auch hier die Zeiträume bis zur Unterschreitung untereinander vergleichbar zu machen. Als Grenzflächenspannung für das Gemisch wird ein Mittelwert der einzelnen Komponenten angenommen.

Die gewählten Bodenparameter sind in Tab. 5 im Anhang aufgeführt und entsprechen im Fall des Aquifers ungefähr denen eines Mittelsandes. Im Fall des Aquitards könnte es sich um einen Schluff oder Klei handeln. Die Zeitschrittlänge wird so gewählt, dass die Änderung des Molanteils einer Komponente maximal 1,05 % beträgt. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass sich die Poolzusammensetzung innerhalb eines Zeitschritts nicht zu stark ändert und die Annahme einer konstanten effektiven Wasserlöslichkeit realistisch ist. Die maximale Zeitschrittlänge beträgt ein Jahr und die Berechnung wird abgebrochen, sobald der Grenzwert jeder Komponente seit mindestens 50 Jahren unterschritten ist.

Um den Einfluss des Raoult’schen Gesetzes auf Schadstoffkonzentrationen und Langlebigkeit zu untersuchen, wird in einer weiteren Berechnung derselbe Fall unter der Annahme konstanter effektiver Wasserlöslichkeiten berechnet. Die Anfangsmassen und -volumina der einzelnen Komponenten bleiben dabei dieselben. Abschließend wird der Einfluss von Nebenbestandteilen betrachtet. Dazu wird dem Pool je eine Komponente der in Tab. 6 im Anhang aufgeführten Stoffe hinzugefügt. Der Volumenanteil beträgt stets 3 %. Bei 1,1,1-Trichlorethan (TCA) handelt es sich um einen Chlorkohlenwasserstoff, welcher ähnliche Eigenschaften aufweist wie TCE. Pyren ist ein sehr schwer löslicher PAK und Phenol ein sehr leicht löslicher aromatischer Alkohol. Die Stoffeigenschaften wurden erneut aus ALTEX 1D übernommen. Die Wasserlöslichkeit einer Komponente wurde der Einfachheit halber stets mit deren kristalliner Löslichkeit angesetzt.

Ergebnisse

Für die gewählten Ausgangsparameter ergibt sich eine Anfangsmasse von 3,81 kg je Komponente (Tab. 1). Tab. 1 und Abb. 2 zeigen, dass die Molanteile der einzelnen Komponenten zu Beginn zwischen 18 und 35 % variieren, da deren molare Massen unterschiedlich sind (Tab. 4). Auch die Frachten zeigen deutliche Unterschiede: Aufgrund seiner hohen Wasserlöslichkeit (Tab. 4), weist DCM zu Beginn eine fünfzehn- bis tausendmal höhere Fracht auf als die übrigen Komponenten (Tab. 1). Abb. 2 zeigt jedoch, dass diese in den darauffolgenden Jahren rasch absinkt, da der Molanteil von DCM stark zurückgeht. Komponenten mit geringerer Löslichkeit weisen hingegen einen Anstieg des Molanteils über die Zeit auf. Im Fall des TCE hält dieser nur wenige Jahre an; danach sinken Molanteil und Fracht wieder (Abb. 2). Im Fall des PCE erreichen Molanteil und Fracht nach etwa 25 Jahren ihren Höhepunkt und gehen anschließend wieder zurück. Dabei fällt auf, dass der Molanteil mit der Zeit immer langsamer abnimmt. Im Fall des Naphthalins steigt der Molanteil dagegen durchgehend an und erreicht nach 200 Jahren den Wert eins. Ab da enthält der DNAPL-Pool ausschließlich Naphthalin. Die maximale Fracht der Komponente wird bereits nach rund 125 Jahren erreicht, danach geht sie trotz steigenden Molanteils wieder leicht zurück (Abb. 2). Lediglich nach 245 Jahren erfolgt noch einmal ein kurzer, sprunghafter Anstieg der Fracht. Abgesehen vom DCM erreichen somit alle DNAPL-Komponenten ihre maximale Fracht erst lange nach dem Beginn der Poolauflösung.

Tab. 1 Table 1 Charakteristische Größen der DNAPL-Phasen im AnfangszustandCharacteristic properties of the DNAPL phases in the initial state
Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Entwicklung (a) der Molanteile und (b) der Frachten über die Zeit

Development (a) of molar fractions and (b) mass discharges over time

Tab. 2 zeigt, wann die DNAPL-Phase der einzelnen Komponenten (nahezu) vollständig in Lösung gegangen ist, die Re-Diffusion aus dem Aquitard einsetzt und wann der jeweilige Grenzwert unterschritten wird. Da Molanteil und Fracht der Komponenten DCM, TCE und PCE sich immer weiter dem Wert Null annähern (Abb. 2), zieht sich die Auflösung der letzten Poolreste über viele Jahre hin. Da geringe Restmengen einer DNAPL-Phase keine hohen Frachten hervorrufen und daher in Bezug auf Grenzwerte nicht relevant sind, wird mit einem Schwellenwert von 1 g gearbeitet: Sobald dieser unterschritten ist, gilt eine Komponente als vollständig gelöst. Tab. 2 zeigt, dass dies bei DCM bereits nach 4,8 Jahren der Fall ist, während es bei TCE und PCE mit 56 bzw. 199 Jahren deutlich länger dauert. Alle drei Komponenten haben gemeinsam, dass die Re-Diffusion bereits vor deren endgültiger Auflösung einsetzt. Dies bedeutet, dass Molanteil und effektive Wasserlöslichkeit schon bevor die DNAPL-Phase vollständig gelöst ist so gering sind, dass sich der Konzentrationsgradient umkehrt und die Komponente den Aquitard wieder verlässt. Die Grenzwerte für TCE und PCE werden jeweils nach Beginn der Re-Diffusion, allerdings vor der endgültigen Auflösung der Komponente, erfüllt. Bei DCM hingegen wird der Grenzwert von 2 µg/l erst knapp 3 Jahre nach Auflösung und rund 6,5 Jahre nach Beginn der Re-Diffusion unterschritten. Das Naphthalin ist die einzige Komponente, bei der Auflösung der DNAPL-Phase und Beginn der Re-Diffusion auf denselben Zeitpunkt fallen. Beides ist nach 245 Jahren der Fall, wo auch der kurzzeitige Anstieg der Fracht erfolgt (Abb. 2). Danach ist kein DNAPL-Pool mehr vorhanden und es findet ausschließlich Re-Diffusion aus dem Aquitard statt. Der Grenzwert für Naphthalin wird rund ein Jahr später unterschritten. Interessant ist, dass die Naphthalin-Fracht zu Beginn unterhalb des Grenzwertes liegt, diesen dann nach einigen Jahren überschreitet, bevor sie nach 246 Jahren wieder darunter sinkt (Abb. 2).

Tab. 2 Table 2 Charakteristische Zeitpunkte unter Berücksichtigung des Raoult’schen GesetzesCharacteristic times under the consideration of Raoult’s law

Abb. 3 zeigt, welchen Anteil die verschiedenen Transportprozesse an der Schadstofffracht haben. Zu Beginn machen Advektion, Dispersion und Diffusion an der Pooloberfläche rund 65 % des Schadstoffaustrags aller Komponenten aus; die restlichen 35 % erfolgen über Advektion im Poolinnern. Re-Diffusion aus dem Aquitard tritt das erste Mal nach einem Jahr auf; dabei handelt es sich um DCM (Tab. 2). Nach 11,5 Jahren kommt TCE hinzu, dessen Aufteilung in Transportprozesse in Abb. 3b dargestellt ist und als beispielhaft für den qualitativen Verlauf im Fall von DCM, TCE und PCE gesehen werden kann. Demnach macht die Re-Diffusion anfangs nur wenige Prozent der Fracht aus. Je geringer jedoch der Molanteil der Komponente wird, desto stärker geht der Schadstoffaustrag an der Pooloberfläche und im Poolinnern zurück und die Re-Diffusion gewinnt an Bedeutung. Absolut betrachtet erreicht die diffusive Fracht aus dem Aquitard ihren maximalen Wert in allen drei Fällen nach etwa einem Viertel der Zeit zwischen Beginn der Re-Diffusion und der Auflösung der Komponente (< 1 g Restmenge im Pool). Zu diesem Zeitpunkt macht sie lediglich zwischen 0 und 10 % der Gesamtfracht der Komponente aus. Danach steigt zwar ihr relativer Anteil weiter an und erreicht mit Auflösung der Komponente (nahezu) 100 %, die diffusive Fracht selbst sinkt jedoch und ist lediglich im Fall des DCM hoch genug, um noch für einige Jahre den Grenzwert zu überschreiten (Tab. 2). Gemessen an der Summe aller Komponenten spielt die Re-Diffusion eine eher untergeordnete Rolle: Solange noch DNAPL-Phase vorhanden ist, macht sie maximal 12 % der Gesamtfracht aus (Abb. 3a). Mit Auflösung des Pools nach 245 Jahren stellt die Diffusion aus dem Aquitard den einzig verbleibenden Transportprozess dar; die Fracht ist jedoch gering und besteht vor allem aus Naphthalin (Abb. 2). Dieses ist auch die einzige Komponente, die vor ihrer endgültigen Auflösung keinerlei Re-Diffusion zeigt (Abb. 3c).

Abb. 3 Fig. 3
figure 3

Aufteilung der Gesamtfracht auf die einzelnen Transportprozesse für (a) die Summe aller Komponenten, (b) nur TCE und (c) nur Naphthalin

Total mass discharge divided among the various transport processes for (a) the sum of all components, (b) only TCE and (c) only naphthalene

Abb. 4 und Tab. 2 zeigen die Ergebnisse ohne Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes. Dabei verlaufen die Frachten nahezu konstant und weisen deutlich höhere Werte auf als zuvor (Abb. 2). Infolgedessen schreitet die Poolauflösung deutlich schneller voran: Tab. 2 zeigt, dass sämtliche charakteristischen Zeitpunkte sich erheblich nach vorne verschieben. So ist die Auflösung der DNAPL-Phase bei den besser löslichen Komponenten DCM und TCE mehr als zehnmal so schnell erreicht wie unter Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes; bei PCE beträgt der Faktor knapp sieben und bei Naphthalin 1,15. Relativ betrachtet ist die Langlebigkeit des Pools somit vor allem in Bezug auf leicht lösliche Komponenten deutlich geringer; absolut betrachtet ist der Unterschied bei PCE mit 170 Jahren am größten. Zudem fällt der Beginn der Re-Diffusion stets mit der Auflösung einer Komponente zusammen (Tab. 2), d. h. der Konzentrationsgradient kehrt sich erst um, wenn sämtliche DNAPL-Phase in Lösung gegangen ist. Ab diesem Zeitpunkt sinkt die Fracht schlagartig ab (Abb. 4), dennoch reicht die Re-Diffusion aus dem Aquitard insbesondere bei leicht löslichen Komponenten noch über Jahre aus, um den Grenzwert zu überschreiten (Tab. 2). Anders als bei der Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes unterschreitet keine Komponente den Grenzwert vor ihrer endgültigen Auflösung. Trotzdem werden die Grenzwerte aufgrund der schnelleren Poolauflösung zwischen 1,5 Jahre (DCM) und 86 Jahre (PCE) früher erreicht als unter Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes.

Abb. 4 Fig. 4
figure 4

Entwicklung der Frachten über die Zeit ohne Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes

Development of mass discharges over time without consideration of Raoult’s law

In Abb. 5 und Tab. 3 sind die Ergebnisse für verschiedene Nebenbestandteile dargestellt. Sie zeigen, dass die Zugabe von TCA bzw. Phenol die Molanteile und Frachten der übrigen Komponenten kaum beeinflusst. Auch die Grenzwerte für TCA und Phenol selbst werden erreicht bevor weniger lösliche Komponenten wie PCE oder Naphthalin ihre Grenzwerte unterschreiten. Anders verhält es sich beim Nebenbestandteil Pyren. Zu Beginn ist dessen Molanteil noch gering; die Frachten der übrigen Komponenten bleiben in den ersten 100 Jahren nahezu unbeeinflusst. Lediglich der Molanteil des Naphthalins ist mit 80 % (statt 90 %) etwas geringer, sodass auch die Fracht etwas niedriger ausfällt. Während der Molanteil des Pyrens im weiteren Verlauf immer weiter zunimmt, erreicht er beim Naphthalin nach knapp 150 Jahren einen Höhepunkt. Es zeigt sich nun ein ähnlicher Verlauf wie bei den Komponenten TCE und PCE, die ebenfalls zunächst einen Anstieg und anschließend einen (langsamen) Abfall von Molanteil und Fracht zeigen. Der Beginn der Re-Diffusion fällt nicht mehr mit der Auflösung des Naphthalins zusammen, sondern beginnt bereits nach 234 Jahren. Die Unterschreitung des Grenzwertes verschiebt sich nur geringfügig von 246 auf 242 Jahre. Bis nur noch 1 g Naphthalin im Pool vorhanden ist dauert es nun jedoch deutlich länger, erst nach 375 Jahren ist diese Grenze erreicht. Das Pyren selbst überschreitet den Grenzwert von 2 µg/l aufgrund seiner geringen Löslichkeit zu keinem Zeitpunkt; auch die Geringfügigkeitsschwelle laut LAWA (2016) von 0,1 µg/l wird stets eingehalten (aufgrund ähnlicher Eigenschaften wird der Schwellenwert für Fluoranthen verwendet). Der Lösungsprozess dauert zwar auch nach 350 Jahren noch an – zu diesem Zeitpunkt sind noch nicht einmal 10 % des Pyrens in Lösung gegangen – allerdings beträgt sein Molanteil bereits nahezu 1, sodass ein deutlicher Anstieg der Fracht zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschlossen werden kann.

Abb. 5 Fig. 5
figure 5

Entwicklung der Molanteile und Frachten über die Zeit für verschiedene Nebenbestandteile

Development of molar fractions and mass discharges over time considering different minor components

Tab. 3 Table 3 Charakteristische Zeitpunkte ohne Berücksichtigung des Raoult’schen GesetzesCharacteristic times without consideration of Raoult’s law

Diskussion

Das Fallbeispiel eines DNAPL-Pools mit vier Komponenten hat gezeigt, dass die Poolauflösung sich bei einer Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes deutlich verlangsamt (Tab. 2 und 3). Die Abminderung der effektiven Wasserlöslichkeiten anhand der Molanteile führt zu zeitlich veränderlichen Frachten, die sich unterhalb jener Werte bewegen, die von Carey (2015) und Seyedabbasi et al. (2012) für einphasige Pools angesetzt werden (Abb. 2 und 4). Je mehr Hauptkomponenten der Pool zu Beginn enthält, desto stärker fällt die Abminderung der Frachten aus, da die Summe der Molanteile stets eins ergeben muss. Infolgedessen steigt die Langlebigkeit der Komponenten in unterschiedlichem Maße an. So konnte gezeigt werden, dass die Auflösung leicht löslicher Komponenten im DNAPL-Pool mehr als zehnmal so viel Zeit in Anspruch nimmt wie Modelle ohne das Raoult’sche Gesetz implizieren, während die relative Abweichung bei der am wenigsten löslichen Komponente mit einem Faktor von 1,15 deutlich geringer ist (Tab. 2 und 3). Absolut betrachtet weist PCE, die Komponente mit der zweitniedrigsten Löslichkeit, mit 170 Jahren die stärkste Abweichung auf.

Eine Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes führt insgesamt zu niedrigeren Frachten über einen längeren Zeitraum (Abb. 2 und 4), was sowohl eine frühere, als auch eine spätere Unterschreitung des Grenzwertes zur Folge haben kann. Bei Komponenten mit geringem Molanteil beispielsweise können die Konzentrationen infolgedessen (knapp) unterhalb des Grenzwertes liegen, während er bei voller Ausnutzung der Wasserlöslichkeit überschritten würde. Bei leicht löslichen Komponenten kann der schnelle Rückgang von Wasserlöslichkeit und Fracht eine sehr frühe Unterschreitung der Grenzwerte bewirken, was ebenfalls auf der unsicheren Seite liegt. Hier ist eine Überprüfung unter Vernachlässigung des Raoult’schen Gesetzes sinnvoll, da die Frachten der einzelnen Komponenten dabei mit dem maximal möglichen Wert angesetzt werden. Dies führt jedoch zu der oben beschriebenen schnelleren Auflösung, wodurch die Langlebigkeit der Komponenten teils um Jahrhunderte unterschätzt wird. Insbesondere bei niedrigen Grenzwerten ist es daher notwendig, das Raoult’sche Gesetz und die daraus resultierenden geringeren, aber länger andauernden, Frachten zu berücksichtigen. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Frachten mit der Zeit auch ansteigen können. Vor allem bei schwer löslichen Komponenten bedeutet eine Einhaltung des Grenzwertes zu Beginn nicht, dass dieser zu einem späteren Zeitpunkt nicht doch überschritten wird, wie das Beispiel Naphthalin gezeigt hat (Abb. 2). Diese Tatsache muss auch bei Gefährdungseinschätzungen im Feld berücksichtigt werden.

Anders als bei den von Seyedabbasi et al. (2012) angenommenen einphasigen DNAPL-Pools beginnt die Re-Diffusion aus dem Aquitard bereits deutlich vor deren endgültiger Auflösung (Tab. 2, Abb. 3b). Ursache dafür ist der Rückgang des Molanteils und der Konzentration an der Poolunterkante über die Zeit bei allen Komponenten außer der am wenigsten löslichen (im Fallbeispiel Naphthalin, Abb. 2). Bei letzterer steigen beide bis zur Auflösung an, sodass die Komponente ausschließlich in den Aquitard hinein diffundiert (Abb. 3c). Danach erfolgt – wie bei Seyedabbasi et al. (2012) – eine sprunghafte Umkehr der Diffusionsrichtung und die Re-Diffusion macht 100 % der Schadstofffracht aus. Daraus resultiert der oben erwähnte, kurze Anstieg der Fracht. Ihm darf keine zu große Bedeutung beigemessen werden, da sich die Umkehr der Diffusionsrichtung in der Realität vermutlich über einen längeren Zeitraum erstreckt und daher gedämpfter erfolgt. Dieses Verhalten ist unter Vernachlässigung des Raoult’schen Gesetzes bei allen Komponenten anzutreffen und die Unterschreitung der Grenzwerte wird durch die Re-Diffusion erheblich verzögert (Tab. 2). Unter Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes hingegen überlagern sich die verschiedenen Transportprozesse lange (Abb. 3b), und die Re-Diffusion macht zum Zeitpunkt ihrer maximalen Fracht lediglich 0–12 % der Gesamtfracht aus. Nach Auflösung einer Komponente ist sie oft bereits so gering, dass sie für Grenzwerte nicht mehr relevant ist; sehr leicht lösliche Komponenten wie das DCM im Fallbeispiel können hier jedoch eine Ausnahme darstellen (Tab. 2). Die Advektion im Poolinnern macht insbesondere zu Beginn rund ein Drittel der Gesamtfracht aus und sollte daher keinesfalls vernachlässigt werden (Abb. 3). Zudem bewirkt sie, dass die Fracht schwer löslicher Komponenten trotz steigenden Molanteils absinken kann: Ihre Abnahme infolge sinkender Poolhöhe überlagert den Anstieg der Frachten infolge steigender effektiver Wasserlöslichkeit und erklärt damit, warum die maximale Fracht des Naphthalins bereits nach etwa 125 Jahren erreicht ist (Abb. 2).

Der Einfluss von Nebenbestandteilen hängt vor allem von deren Löslichkeit ab. Grundsätzlich gilt zwar, dass bei einer Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes jede zusätzliche Komponente für eine Absenkung der Schadstofffrachten und damit für eine Verlangsamung des Lösungsprozesses sorgt, die Beispiele Phenol, TCA und Pyren haben jedoch gezeigt, dass die Frachtverläufe der Hauptkomponenten kaum beeinflusst werden, sofern die (maximale) Wasserlöslichkeit der Nebenkomponente mindestens so hoch ist wie die der am schwersten löslichen Hauptkomponente. Verhältnismäßig leicht lösliche Nebenkomponenten sind damit vernachlässigbar, sofern sie nicht sehr niedrige Grenzwerte aufweisen. Anders verhält es sich für Nebenbestandteile, die weniger löslich sind als sämtliche Hauptkomponenten. Das Beispiel Pyren hat gezeigt, dass deren Frachten selbst zwar in der Regel keine Gefahr in Bezug auf Grenzwerte darstellen, der Frachtverlauf der am wenigsten löslichen Hauptkomponente jedoch stark beeinflusst wird (Abb. 5). Deren Auflösung kann sich dadurch um Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte verzögern und auch die Unterschreitung des Grenzwertes kann sich je nach dessen Höhe sowohl nach vorn als auch nach hinten verschieben. Aus diesem Grund dürfen verhältnismäßig schwer lösliche Nebenbestandteile nicht einfach vernachlässigt werden.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Mithilfe des hier vorgestellten, semi-analytischen Berechnungsmodells können Wechselwirkungen zwischen den Komponenten mehrphasiger DNAPL-Pools berücksichtigt werden, was eine verbesserte Quantifizierung der Lösungsprozess ermöglicht. Erstmals werden sowohl die Poolhöhe als auch die Poolzusammensetzung als zeitlich variable Größen behandelt und mithilfe des Raoult’schen Gesetzes Änderungen der effektiven Wasserlöslichkeiten erfasst. Als Folge daraus ergeben sich eine Reihe wichtiger Unterschiede gegenüber Berechnungen, die von einer zeitlich konstanten Wasserlöslichkeit der Poolbestandteile ausgehen:

  • Die Frachten sind erheblich geringer, dafür dauert die Auflösung der DNAPL-Phase deutlich länger.

  • Außer der am leichtesten löslichen Komponente zeigen alle Frachten zunächst einen Anstieg über die Zeit bevor sie wieder sinken.

  • Grenzwerte werden aufgrund des langsameren Lösungsprozesses i. d. R. später unterschritten, die geringeren Frachten können jedoch auch ein früheres Unterschreiten zur Folge haben.

  • Die Re-Diffusion aus dem Aquitard beginnt bei allen außer der am schwersten löslichen Komponente bereits deutlich vor deren Auflösung und ist für die Erfüllung der Grenzwerte oft nicht relevant.

  • Nebenbestandteile mit sehr geringer Löslichkeit beeinflussen das Lösungsverhalten der Hauptbestandteile erheblich und dürfen daher nicht vernachlässigt werden.

Um die Langlebigkeit von mehrphasigen DNAPL-Pools abzuschätzen und Gefährungsbewertungen in Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Frachten vorzunehmen, ist eine Berücksichtigung des Raoult’schen Gesetzes daher dringend notwendig. Zusätzliche Vergleichsrechnungen ohne das Raoult’sche Gesetz sind mitunter sinnvoll, um Ober- und Untergrenze für den Zeitraum bis zur Grenzwertunterschreitung zu bestimmen. Ebenfalls nicht vernachlässigbar ist die Advektion im Poolinnern, welche einen erheblichen Teil der Gesamtfracht ausmacht und mit der Poolhöhe eine zweite zeitabhängige Größe enthält. Die Matrixdiffusion in bzw. aus Aquitarden spielt dagegen eine eher untergeordnete Rolle; bei sehr leicht löslichen Komponenten, niedrigen Grenzwerten oder sehr großen Pooloberflächen kann sie in Bezug auf Grenzwertunterschreitungen dennoch relevant sein. Die Wechselwirkungen zwischen den Komponenten sorgen außerdem dafür, dass leicht lösliche Nebenbestandteile vernachlässigt werden können, (sehr) schwer lösliche dagegen nicht.

Das vorliegende Modell dient in erster Linie der Berechnung des Schadstoffaustrages aus DNAPL-Pools. Das darauffolgende Ausbreitungsverhalten innerhalb des Aquifers wird bislang unter vereinfachten Annahmen wie einer homogenen Permeabilität und Fließgeschwindigkeit bestimmt. Um die Konzentrationen im Aquifer genauer zu berechnen und beispielsweise eine heterogene Verteilung von Bodenparametern zu berücksichtigen, wäre die Kopplung mit einem Transportmodell sinnvoll. Die Auswirkungen von Pumpmaßnahmen sowie Abminderungsmechanismen wie Sorption und chemische bzw. biologische Abbauprozesse zwischen DNAPL-Pool und Messstelle können mit dem jetzigen Modell ebenfalls vereinfacht erfasst werden, die Kopplung mit einem reaktiven Transportmodell würde jedoch auch hier die Genauigkeit noch einmal entsprechend erhöhen. Sorption und Abbauprozesse sind auch innerhalb des Aquitards denkbar und sollten ggf. bei der Berechnung der Matrixdiffusion berücksichtigt werden.