Dass die von uns angeregte Diskussion zu Abständen von Erdwärmesonden-Anlagen zu Trinkwasserbrunnen von Herrn Rumohr (Rumohr 2021) aufgegriffen wurde, begrüßen wir sehr und möchten zu seinen Punkten wie folgt Stellung beziehen.

  1. 1.

    Der Schwerpunkt unseres Artikels ist eine numerische und generische Szenarienanalyse zur Bewertung der Sicherheitsabstände von Erdwärmesonden (EWS) bei Leckagefällen zu Trinkwasserbrunnen. Bei allen bekannten intrinsischen und uns auch bewussten Defiziten solcher Szenarienanalysen bieten sie die Möglichkeit, Gefährdungen jedenfalls semiquantitativ abzuschätzen und eine Orientierung bei der Bewertung von Gefährdungen und Risiken von EWS im nicht-bestimmungsgemäßen Betrieb zu geben. Das zusammengefasste Ergebnis der Studie ist, dass die Auswirkungen von EWS-Leckagen heute mit gängigen numerischen Ansätzen simuliert werden können und danach die geltenden Sicherheitsabstände bezogen auf die einzelnen Stoffklassen in den Kältemitteln hoch bis sehr hoch sind. Mittelbar geben die Ergebnisse damit auch eine erste, sicherlich noch um empirische Daten zu ergänzende Grundlage, um mögliche EWS-Leckagen vor dem Hintergrund des „Besorgnisgrundsatzes“ faktenbasiert im Vollzug zu bewerten. Dieses ist allerdings nicht die prioritäre Aufgabe von Hochschulen.

  2. 2.

    Uns ist bewusst, dass die Regelungen zum Mindestabstand von EWS-Systemen zu Trinkwasserbrunnen nicht allein durch die EWS-Leckagerisiken determiniert sein sollten. So ist es unstrittig, dass unsachgemäß durchgeführte Bohrungen Grundwasser-Gefährdungen, z. B. durch die Schaffung vertikaler Wegsamkeiten zwischen zwei Grundwasserstockwerken, induzieren können. Allerdings existieren nach unserer Kenntnis, mit Ausnahme weniger wertvoller und in Struß et al. (2020) zitierten Studien wie z. B. Grimm et al. (2014), national dazu kaum belastbare und statistisch quantifizierende empirische Evidenzen. Vielmehr beschränkt sich das Wissen darüber i. d. R. auf Fallbeispiele im Sinne zutreffender aber eben auch anekdotischer Berichte. Numerische Simulationen helfen bei dieser Problemstellung zudem nur bedingt weiter, da national einfach die Datenbasis fehlt und weder Häufigkeit (z. B. im Sinne eines statistischen Mittelwertes unsachgemäß durchgeführter Bohrungen) noch deren quantitativen Auswirkungen (z. B. im Sinne induzierter vertikaler Stoffflüsse) derzeit bisher hinreichend statistisch belastbar abgeschätzt wurden. Falls der Kommentar von Herrn Rumohr so verstanden werden darf, dass er hier auch neben einer verbesserten Qualitätssicherung bei Bohrungen ebenso einen relevanten empirisch-experimentellen und geostatistischen Forschungsbedarf sieht, um Abstandsregelungen auf dieser Basis transparent abzuleiten, würden wir ihm beipflichten.

  3. 3.

    Aus übergeordneter Perspektive und in Ergänzung zu den oben skizzierten fachlichen Punkten können wir die Argumentation im Kommentar von Herrn Rumohr bzgl. unserer Aussagen zur Pauschalität und z. T. fehlenden naturwissenschaftlichen Untersetzung von Abstandsregelungen nicht vollständig nachvollziehen. Sowohl die Trinkwasserversorgung als auch eine klimaneutrale, sichere und sozialverträgliche Wärmeversorgung (Heizen & Kühlen) stellen prioritäre Aufgaben zur Sicherung des Allgemeinwohls dar. Wir sehen daher zukünftig die dringliche Notwendigkeit, potenzielle Nutzungskonkurrenzen im untertägigen Raum sachgerecht, großräumig, zeitlich dynamisch und methodisch transparent dreidimensional abzuleiten, zu erfassen und zu bewerten.

    Dies gilt insbesondere für urbane Räume mit hohen Bedarfsdichten bei der Wasser‑/Trinkwasser- und Wärmeversorgung.

    Einfache Kreise mit einem bestimmten Durchmesser um Trinkwasserbrunnen, unabhängig von Strömungsgeschwindigkeit bzw. -richtung und/oder Entnahmerate beispielsweise in den geologischen Untergrund zu projizieren, z. B. zur Festlegung von Restriktionsräumen für EWS-Anlagen, entspricht diesen Anforderungen dort eben nicht mehr und kann eine optimierte Nutzung des geologischen Untergrundes im Sinne des Allgemeinwohls behindern. Ebenso dürfen derzeit sicherlich bestehende und im Kommentar auch beschriebene Defizite beim Grundwassermonitoring bzw. eventuelle personelle Minderausstattungen im Vollzug nicht dazu führen, dass die Umsetzung prioritärer Interessen des Allgemeinwohls im Hinblick auf das Grundwasser per se als nicht umsetzbar angesehen werden.

    Ein aus Klimaschutzgründen und zur Sicherung einer sozialverträglichen Wärmeversorgung wahrscheinlich unabdingbarer massiver Ausbau von oberflächennahen thermischen Entzug- und Speichersystemen in urbanen Gebieten wird nur zu realisieren sein, wenn die Nutzung des Grundwassers bzw. des untertägigen Raumes zur Wärme- und Wasserversorgung mit gekoppelten thermisch-hydraulischen Simulationswerkzeugen zukünftig geplant und begleitet wird. In diesem Fall wäre dann die Festlegung von Mindestabständen zwischen Bohrungen und Trinkwasserbrunnen eine ortsspezifische Entscheidung der zuständigen Behörden auf Basis entsprechender numerischer Simulationswerkzeuge. Zu berücksichtigen wären dabei seitens der Wasserbehörden auch eine übergeordnete kommunenspezifische langfristige Prioritätensetzung bei der Nutzung des oberflächennahen untertägigen Raumes bzw. einzelner Teilräume.

    Unbestritten wird dies den Einsatz beträchtlicher und derzeit möglicherweise noch nicht vorhandener finanzieller Mittel z. B. zur Erarbeitung und Weiterentwicklung belastbarer geologischer und hydrogeologischer 3‑D-Modelle erfordern. Aber gerade die Transformation der (urbanen) Wärmeversorgungssysteme bietet auch die wirtschaftliche und regulative Chance, den unverzichtbaren Grundwasserschutz wieder so auszustatten, dass im Rahmen einer unterirdischen Raumplanung alle Interessen einer nachhaltigen Nutzung des geologischen Untergrundes mit heute zur Verfügung stehenden Methoden optimiert realisiert werden können. Dies einzufordern und umzusetzen sollte nicht zuletzt vor den weiteren Herausforderungen des Klimawandels und den damit einhergehenden Adaptionsnotwendigkeiten gleichermaßen Aufgabe von Praxis und Forschung im Bereich der Hydrogeologie sein.