Einleitung

Im Dezember 2018 wurden in Deutschland die letzten beiden aktiven Steinkohlenbergwerke Prosper-Haniel und Ibbenbüren offiziell stillgelegt (Kurkamp et al. 2019). Damit endet eine Ära, welche die deutschen Bergbauregionen unter anderem an Ruhr und Saar seit dem Mittelalter geprägt hat und zu ihren Hochzeiten Arbeit für rund 600.000 Menschen geschaffen hat (Kretschmann et al. 2017). Über Jahrhunderte war der Steinkohlenbergbau ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in verschiedenen Regionen Deutschlands und gleichzeitig Standbein des Wirtschaftsaufschwungs nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit dem Ende des Steinkohlenabbaus bleibt das Erbe des Bergbaus, welches die Menschen in den betroffenen Regionen in den nun folgenden Jahrhunderten begleiten wird. Dieses Erbe beinhaltet Ewigkeitsaufgaben, welche laut Ruhrkohle AG (RAG 2014) die langfristige Grubenwasserhaltung, die Sanierung kontaminierter Standorte sowie Poldermaßnahmen zur Regulierung des oberflächennahen Wasserhaushalts beinhalten (Westermann et al. 2017). Zu diesem Zweck wurde im Jahr 2007 zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und der RAG-Stiftung der Erblastenvertrag zur Bewältigung der Ewigkeitslasten des Steinkohlenbergbaus der RAG AG nach endgültiger Einstellung des Bergbaus im Rahmen der sozialverträglichen Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland zum Ende des Jahres 2018 geschlossen (RAG 2014).

Seit Beginn des mitteleuropäischen Steinkohlenabbaus ist die Geschichte der Kohlenförderung eng mit jener der Wasserhaltung verknüpft, da der Abbau in größeren Tiefen ohne eine umfassende Wasserhaltung nicht möglich ist. In den großen Bergbaurevieren in Deutschland wurden Steinkohlen überwiegend im Untertagebergbau gewonnen. Mit dem fortschreitenden Bergbau und verbesserter Bergbautechnik konnten Steinkohlen aus immer tiefer liegenden Flözen gefördert werden. Um dies zu gewährleisten, wurde das durch Klüfte und Störungen in das Grubengebäude eindringende Grundwasser (Grubenwasser) mittels Pumpen dauerhaft gehoben. Diese Maßnahmen zur Hebung und Ableitung von Grubenwasser in nahegelegene Oberflächengewässer bergen die Gefahr von Verunreinigungen. In der Regel mischen sich die meist hoch mineralisierten Tiefenwässer mit der Vorflut und lassen die Mineralisation unterstrom der Einleitung spürbar ansteigen. Dies führt dazu, dass die ökologischen Auswirkungen von gehobenem Grubenwasser in nahezu allen Betriebsphasen eines Bergwerks eine entscheidende Rolle spielen, auch noch lange nach Beendigung des aktiven Bergbaus (Kretschmann et al. 2017).

Nach der Stilllegung sollen die offenen Grubengebäude entweder kontinuierlich oder schrittweise geflutet werden, wobei auf einen weitgehend selbstregulierenden Grubenwasseranstieg abgezielt wird. Häufig werden Grubenflutungen von Monitoringprogrammen begleitet, um ökologische Auswirkungen frühzeitig erkennen zu können. Diese beinhalten klare Regelungen zu Eingreifkriterien und möglichen Maßnahmen. Die zentrale Fragestellung ist, ob und in welchem Ausmaß das Grubenwasser gehoben werden muss, um Grund- und Oberflächengewässer wirksam vor Kontaminationen zu schützen. Dazu muss unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Aspekte ein langfristiges Grubenwasserniveau identifiziert und eingestellt werden. Für die Bergwerksbetreiber, beispielsweise an Ruhr, Saar und Ibbenbüren, ergibt sich daraus eine Ewigkeitsaufgabe, welche teils hohe Investitions- und Energiekosten für einen dauerhaften Pumpenbetrieb erforderlich machen. Dabei gilt: in Abhängigkeit vom Höhenniveau des genehmigten Grubenwasseranstieges fallen die Pumpkosten höher oder niedriger aus, weshalb an vielen ehemaligen Bergwerkstandorten wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Grubenwasserkonzepte entwickelt und geprüft werden. Dieser Beitrag soll die wissenschaftlichen Aspekte eines wiederansteigenden Grubenwasserspiegels an ehemaligen Bergwerksstandorten erläutern und diskutieren.

Schadstoffquelle Grubenwasser

Chemische Beschaffenheit

Mit dem Begriff Grubenwasser wird „alles Wasser, das mit Tief- und Tagebauen in Kontakt steht oder stand“ bezeichnet (Burghardt et al. 2017). Es handelt sich um ein Mischwasser bestehend aus Grundwasser, Formationswasser, Sickerwasser und Prozesswasser, welches in das Grubengebäude fließt und dort zentral gesammelt wird (Wohnlich et al. 2013). Saures Grubenwasser (Singer und Stumm 1970) ist eines der ökologischen Hauptprobleme im Zusammenhang mit Bergbau im Allgemeinen und den meisten Steinkohlenbergbauen im Besonderen, nicht aber dem im Saarland, Ruhrgebiet und Ibbenbüren. Definitionsgemäß liegt saures Grubenwasser vor, sofern die gehobenen Wässer einen pH-Wert von kleiner 5,6 aufweisen (Blowes et al. 2014; Nordstrom 2011; Stumm und Morgan 1996; Younger et al. 2002). Ursache der Versauerung ist die Verwitterung von Disulfiden (hauptsächlich Pyrit und Markasit) in den kohleführenden Formationen. Ein Großteil der relevanten toxischen Metalle gelangt entweder direkt oder indirekt über die (Di)-Sulfidverwitterung ins Grubenwasser. Hohe Eisenkonzentrationen erhöhen das Säurebildungsvermögen von Grubenwasser durch dessen Hydrolyse. Gleichzeitig führt ein sinkender pH-Wert in der Regel zu einer höheren Löslichkeit und Mobilität von Metallen. Mit zunehmender Abbautiefe steigt die Mineralisation des Grubenwassers, was zur Folge hat, dass im Ruhrgebiet und in Ibbenbüren Grubenwässer mit mehreren Gramm gelöstem Salz je Liter keine Seltenheit sind (Domalski 1988; Wedewardt 1995). Stellenweise werden auch polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Gewässern und Böden mit dem Steinkohlenbergbau in Zusammenhang gebracht. PAK sind natürlicher Bestandteil von Steinkohlen (Abdel-Shafy und Mansour 2016) und zeigen beispielsweise an Saar und Ruhr, wo sie auch in Gewässersedimenten vorkommen, charakteristische Muster und Konzentrationen (Achten und Hofmann 2009). Sie befinden sich vorrangig in der Suspensionsfracht und werden durch aquatischen Transport in Gewässer und Sedimente ausgetragen (Yang et al. 2008).

Neben den natürlich vorkommenden Schadstoffen sind auch originär anthropogene Verunreinigungen relevant. Insbesondere der Einsatz von Maschinen untertage und deren Betriebsmittel bergen das Risiko der Grubenwasserverunreinigung mit Kohlenwasserstoffen. Von speziellem Interesse sind die bis Mitte der 1980er-Jahre in Hydraulikölen eingesetzten polychlorierten Biphenyle (PCB) (z. B. AG „PCB Monitoring“ 2018). Deren Ersatzstoffe, die Tetrachlorobenzyltoluene (UGILEC 141), verhalten sich ökotoxikologisch ähnlich, sodass auch mit potenziellen Verunreinigungen des Grubenwassers durch diese Komponenten gerechnet werden muss (Heim et al. 2004).

In den letzten Jahrzehnten wurden in den Bergwerken im Ruhrgebiet Reststoffe aus Müllverbrennungsanlagen und der Rauchgasentschwefelung nach Untertage gebracht und vermischt mit Zement als Versatzmaterial verwendet (Jäger et al. 1990). Dadurch ist ein höher konzentriertes Metallinventar in den Bereichen der Verfüllung vorhanden, welches bei ungünstigen physikalisch-chemischen Verhältnissen freigesetzt werden kann. Vorsorglich sollten daher in Bereichen mit untertägiger Verbringung auch die Elemente Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Quecksilber, Thallium und Zinn Teil der Risikoanalyse sein. Prinzipiell ist die Mobilität der einzelnen (Halb)-Metalle sehr unterschiedlich und bedarf daher aufwändiger chemisch-thermodynamischer Modellierungen. Himmelsbach und Wendland (1999) haben in Laborversuchen gezeigt, dass die Bildung von Metall-Chlorid-Komplexen in hoch mineralisierten Tiefenwässern zwar eine ideale Ausbreitung von Cadmium in strömungsaktiven Klüften erlaubt, gleichzeitig aber zu einer adsorptiven Immobilisierung von Blei führt.

Geogene Einflüsse

Im Ruhrgebiet treten hochmineralisierte Grubenwässer zutage, die einen erheblichen Anteil an Tiefenwässern haben (Wedewardt 1995). Die chemische Zusammensetzung der Wässer wird dabei durch Lösung von Mineralen (Phasen) kontrolliert und unterliegt zeitabhängigen Veränderungen durch reaktive oder mikrobielle Abbauvorgänge (Younger 1997). Beispielsweise verläuft die Oxidation von Pyrit, Markasit oder Pyrrhotin zu dreiwertigem Eisen abiotisch sehr langsam, wird aber in Gegenwart von Bakterien- und Archaeenstämmen um den Faktor 106 beschleunigt (Evangelou und Zhang 1995). Weiters ist die Kenntnis vorhandener Mineralphasen ein Faktor für die Entschlüsselung der Grubenwassersignaturen (Nordstrom und Alpers 1999). Deren genaue Identifizierung ist selbst bei Kombination von geochemischen Elementanalysen und semiquantitativen Mineralbestimmungsmethoden mitunter schwierig und folglich bleiben Kenntnislücken bezüglich der ablaufenden Reaktionen und deren Reaktionskinetik. Beispielsweise beeinflussen Spurenelementkonzentrationen im Pyrit dessen Löslichkeit. Durch die Kenntnis des Mineralbestands im Einflussbereich eines Bergwerkes können unter Berücksichtigung der vorherrschenden Fließverhältnisse geogene Hintergrundwerte ermittelt bzw. abgeleitet werden. Diese Gesteinshintergrundwerte sind eine wichtige Information für die Bewertung von Grubenwasser, denn nicht jede Grenzwertüberschreitung in einer Bergbauregion ist zwangsläufig auf die Abbauaktivität zurückzuführen (Nordstrom 2015). Für das Grubenwassermanagement muss daher zwischen den anthropogenen und natürlichen Einflüssen auf die Wasserqualität unterschieden werden. In den Kohlerevieren Pennsylvanias ließ sich beispielsweise zeigen, dass die zeitliche Entwicklung des Grubenwasserchemismus in Abhängigkeit von den geologischen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich ausfallen kann (z. B. Burrows et al. 2015; Cravotta III 2008a, 2008b). Dabei kann der Zeitraum bis zur Verbesserung der Grubenwasserqualität nach Einstellung der Förderung zwischen wenigen Jahrzehnten und hunderten von Jahren betragen (z. B. Younger 1997; Banwart und Malmström 2001; Burrows et al. 2015).

Untersuchungsmethoden bei Grubenflutungen

Modellanwendungen

Die Hydraulik von Grubenflutungen ist in erster Linie eine hydrogeologische Konzeptvorstellung. Bei der Flutung werden die Pumpen der untertägigen Wasserhaltung in der Regel dauerhaft abgeschaltet. Daraufhin steigt das Grubenwasser durch Zulauf von Tiefengrundwasser sowie seitlichen oberflächennaher Grundwässer und Grundwasserneubildung an, und es kann sich langfristig ein natürlicher Grundwasserspiegel einstellen. Alternativ kann das Grubenwasseranstiegsniveau durch dauerhaften Tauchpumpenbetrieb kontrolliert werden, z. B. in den ehemaligen Bergwerksschächten. Die zeitliche Entwicklung des Grubenwasseranstiegs sowie das endgültige Grubenwasserniveau sind von hohem Interesse für die nachbergbauliche Grubenwasserhaltung. Bergwerksflutungen dauern meist über mehrere Jahre bis Jahrzehnte, wobei hydrostatische und chemische Effekte noch weit über den eigentlichen Wiederanstieg hinaus auftreten können (Wolkersdorfer 2008; Younger and Adams 1999). Geflutete Bergwerke stellen ein spezifisches hydraulisches System dar, welches sich aus Hohlräumen und benachbarter Gebirgsmatrix zusammensetzt. Durch die Auflast des Deckgebirges verstürzen langfristig Hohlräume und damit auch hydraulische Wegigkeiten und Verbindungen im Grubengebäude. Es empfiehlt sich daher, die Flutungsdynamik einerseits mithilfe von Monitoringprogrammen zu begleiten und aufzuzeichnen, und andererseits mittels numerischer Modelle zu prognostizieren. Modelle sind besonders für solche Standorte von Vorteil, die über kein ausreichendes Monitoring verfügen oder an denen kritische Grubenwasserspiegel nicht überschritten werden dürfen.

Im Steinkohlenbergbau wurden bislang unterschiedliche quantitative Modellierungsansätze für die Prognose des Grubenwasseranstiegs angewendet (z. B. Adams und Younger 1997; Azrag et al. 1998; Burke und Younger 2000; Gandy und Younger 2007; Kim und Choi 2018; Sherwood und Younger 1994; Toran und Bradbury 1988). Grubenflutungen unterliegen meist einer Kombination aus Matrixfluss und Hohlraumströmung. Anders als in herkömmlichen Strömungsmodellen für poröse Medien, bei denen in der Regel das laminare Darcy-Gesetz Eingang findet, ist die Wasserbewegung in Grubenhohlräumen während des Wasseranstiegs weitgehend turbulent (Wolkersdorfer 2008). Die bestehenden Modelle können basierend auf der Strömungscharakteristik in drei Ansätze unterteilt werden: (a) physikalisch motivierte Modellkonzepte, welche die Strömung zwischen Hohlräumen und Matrix differenziert berechnen (Adams and Younger 2001), (b) semi-explizite Parametermodelle (Boxmodelle), welche die Flüsse über definierte Volumina bilanzieren (Burke and Younger 2000; Choi et al. 2012; DMT GmbH & Co. KG 2011) sowie (c) voll diskretisierte, numerische Kontinuummodelle (Abb. 1). Adams und Younger (2001) empfehlen für die Auswahl des Modellansatzes den Zeitraum sowie die Größe des zu modellierenden Reviers zu berücksichtigen. Je kleiner das Modellgebiet desto eher können Modelle angewendet werden, welche explizit den Hohlraumfluss berücksichtigen. Für Modellgebiete von 100 km2 Größe und mehr empfehlen sich semi-explizite Modelle, welche die kleinskaligen Heterogenitäten mitteln, jedoch die regionalen Strukturen im Modell abbilden können. Solche Modelle wurden typischerweise für die Simulation von Grubenwasseranstiegen eingesetzt (Gandy and Younger 2007; Kortas and Younger 2007). Für großräumigere Betrachtungen kommen in erster Linie numerische Kontinuummodelle in Betracht.

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Konzeptionelle Modellvorstellung von (a) einem diskreten Hohlraummodell und (b) einem Parametermodell wie dem Box Modell. In einem diskretisierten Kontinuummodell werden die Strömungstypen vergleichbar dem Hohlraummodell (a) implementiert

Conceptual model of (a) a discrete void-space model and (b) a lumped-parameter model like the Box Model. In a fully-discretized continuum model the flow types implemented similar to the void-space model (a)

Neben dem zeitlichen Flutungsverlauf ist die hydrochemische Beschaffenheit des Grubenwassers von großer Bedeutung. Im Hinblick auf mögliche Grubenwasserübertritte in überlagernde Aquifere oder gar Oberflächengewässer ist es unabdingbar, die Transportwege und Schadstofffrachten aus dem Grubengebäude zu kennen. Auch dabei gibt es vielversprechende Modellansätze, die Schadstoffentwicklung und -menge zu prognostizieren (Banks et al. 2010; Wolkersdorfer 2008). In erster Linie versuchen solche Modelle den Ursprung, die Größenordnung und den zeitlichen Verlauf von potenziellen Schadstoffquellen zu berechnen (Adams and Younger 2001). Bei der Weiterentwicklung der numerischen Codes werden auch reaktive Transportprozesse von saurem Grubenwasser integriert (Molson et al. 2012). Aufgrund langer Aufenthaltszeiten und sich verändernder hydrochemischer Milieus werden chemische Sorptions- oder Umwandlungsprozesse im Grubengebäude begünstigt. Bei der reaktiven Transportmodellierung wird die Reaktionskinetik, d. h. die chemischen Reaktionsraten, für die individuellen Schadstoffe explizit anhand der physikalischen Randbedingungen berechnet. Das bedeutet, dass die zeitabhängigen Konzentrationsveränderungen entlang des simulierten Transportpfades berücksichtigt werden und in die Frachtberechnungen der relevanten Schadstoffe einfließen.

Eine Besonderheit bei der Modellierung von Strömung und Transport in Grubengebäuden ist die Ausbildung von Dichteschichtungen im Grubenwasserkörper. Erste Untersuchungen in gefluteten Bergwerken wurden 1961 von Stuart and Simpson (1961) durchgeführt, in Deutschland von Wolkersdorfer (1996) und Forschungsarbeiten für den deutschen Steinkohlenbergbau erfolgten ab Ende der 1990er-Jahre (Coldewey et al. 1999; Kories et al. 2004; Rüterkamp 2001). Tritt Dichteschichtung auf, bilden sich eine oder mehrere Zwischenschichten zwischen Wasserkörpern unterschiedlicher Dichte. In der Regel ist das höher mineralisierte Grubenwasser mit höherer Dichte in den tieferen Grubenbauen vorzufinden, wohingegen das Wasser mit besserer Qualität oberflächennah auftritt (Nuttall and Younger 2004; Wolkersdorfer 2008). Als natürlicher Prozess entsteht dadurch eine Barrierewirkung, welche für die Qualität des austretenden Grubenwassers von großer Bedeutung ist und so Aufwand und Kosten der Grubenwasserreinigung minimieren kann. Eine künstlich eingestellte Dichteschichtung könnte demzufolge als In-situ-Sicherungsmaßnahme von Grubenwasser genutzt werden. Dafür ist es notwendig, Fließwege des Grubenwassers zu begrenzen und eine Zirkulation des Wassers im Grubengebäude zu unterbinden, beispielsweise durch die Errichtung hydraulischer Dämme. So ist der Aufbau einer Schichtung umso wahrscheinlicher, je weniger großräumige Konvektionskreisläufe sich ausbilden (Wolkersdorfer 1996). Selbst eine künstliche Überschichtung mit Wasser mit geringerer Dichte ist als Schutzmaßnahme nach Abschluss der Flutung denkbar (Coldewey et al. 1999; Eckart et al. 2010; Kories et al. 2004; Luckner and Morgenstern 2006), sofern die großräumige Konvektion unterbunden werden kann.

Isotopenchemische Analytik

Für die Prognose von Schadstofffrachten im Zuge von Grubenflutungen sind Informationen über Konzentration, Herkunft, Transportwege und Prozesse notwendig. Isotopenuntersuchungen von Wasserproben können dabei helfen, durch Analyse der isotopenchemischen Signaturen Rückschlüsse auf Alter, Zustrom und Verweildauer zu ziehen. Balci et al. (2007) haben die stabilen Isotope des Sulfatschwefels und -sauerstoffs analysiert, um die Herkunft des Sulfats im Grubenwasser zu identifizieren. Gammons et al. (2010) haben deren Isotopensignaturen verwendet, um die Grundwasserkontamination durch Grubenwässer zu identifizieren. Ähnliches ist unter Einbeziehung der Strontiumisotope möglich (z. B. Chapman et al. 2013). Durch die Einbindung isotopengeochemischer Methoden in die Hydrogeochemie ist es unter anderem gelungen, die Genese der salinaren Wässer im Oberrheingraben zu entschlüsseln (z. B. Pauwels et al. 1993). Über die Interpretation von Spurenelementen konnten dabei Korrelationen zwischen den angetroffenen Grundwässern mit den jeweilig relevanten geologischen Schichten hergestellt werden, in denen diese Wässer gebildet wurden. Aus diesen und anderen Studien (Grobe und Machel 2002; Lüders et al. 2010) lässt sich ableiten, dass ein Multiproxyansatz notwendig ist, um die Entstehung von tiefen Grundwässern abzuleiten.

Monitoring und Risikomanagement

Eine Prognose der Anstiegs- bzw. Schadstoffkurven bei Grubenflutungen ist in der Regel mit Unsicherheiten behaftet. Daher sollte während der Grubenflutung ein Monitoring vorgesehen werden, das neben einer Kontrolle und Dokumentation ein vertieftes Verständnis der hydrogeologischen und geochemischen Rahmenbedingungen ermöglicht. Daraus werden Zusammenhänge der Wirkmechanismen und steuernden Maßnahmen abgeleitet, um die ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekte des Grubenwasseranstiegs planen zu können (Krzemień et al. 2016). Sofern Prognose und Monitoring übereinstimmen, kann dann von einer langfristigen Sicherheit während und nach der Flutung ausgegangen werden. Bei Abweichungen ist die Planung gegebenenfalls anzupassen.

Erstmals wurde bei der Flutung des Kalibergwerks Hope ein umfangreiches physiko-chemisches Monitoring in einem Untertagebergwerk durchgeführt (Herbert and Sander 1987; G.S.F. – Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung 1985). Auch an Standorten im Ruhrgebiet wurden bestehende Monitoringkonzepte durch eine Auswahl an geeigneten Methoden für die nachbergbauliche Wasserhaltung getestet (Goerke-Mallet et al. 2017; Grigo et al. 2007; Klinger et al. 2013, 2012; Melchers et al. 2016). Diese Methoden müssen hinsichtlich Umsetzung, Intensität und Diversität für die jeweiligen Bergwerke adaptiert und erweitert werden. Dabei sieht das Risikomanagement aus wissenschaftlicher Perspektive für die Erkennung und Bewertung unerwünschter Ereignisse eine Beurteilung nach deterministischen und probabilistischen Maßstäben vor. Bei der Grubenflutung entstehen Gefahrenszenarien, welche sich von denen des aktiven Bergbaubetriebs deutlich unterscheiden können. Eine unkontrollierte Flutung kann beispielsweise die Gefahr von Erdfällen in Bereichen oberflächennahen Abbaus erhöhen (Deck et al. 2009). Auch Ausgasungen während der Flutung sind eine potenzielle Gefahr (Krause and Pokryszka 2013). Weiterhin kann der Grubenwasseranstieg darüber liegende Aquifere kontaminieren, die im Bereich des Absenkungstrichters liegen und eventuell Trink- und Brauchwasserversorgungen gefährden (Neymeyer et al. 2007).

Mögliche Gefahrenszenarien und die darauf einwirkenden Faktoren können beispielsweise mittels der Bow-Tie-Methode nach Reason (1997, 1990) für verschiedene Arbeitsbereiche visualisiert werden (Bourne et al. 2014; Primrose et al. 1996; Sullivan and Kandola 2003). Dieses Verfahren stellt auf der einen Seite Gefährdungen, deren Barrieren und Auslöser (Fehlerbaum) und auf der anderen Seite deren möglichen Abwehrmechanismen (Ereignisbaum) gegenüber. Das Resultat ist eine qualitative Risikoanalyse, welche die kausalen Zusammenhänge von Fehlerquellen und Auswirkungen unerwünschter Ereignisse darstellt.

Die Gefahren und die damit verbundenen Präventionsmaßnahmen können schließlich in einer Risikomatrix bewertet werden, die Auskunft über die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Schadensausmaß sowie deren Kosten-Nutzen-Abschätzung gibt. In Bourne et al. (2014) wurde ein risikobasierter Ansatz erstmals für den Entwurf von Mess- und Monitoringprogrammen bei CCS-Projekten (Carbon Capture and Storage) angewendet. Im deutschen Steinkohlenbergbau wurde im Aachener Revier eine ähnliche Risikoabschätzung für flutungsbedingte Bodenhebungen anhand einer Klassifizierung von Einwirkungspotenzialen vorgenommen (Rosner et al. 2014). Die Bezirksregierung Arnsberg hat im Jahr 2007 auf Grundlage eines Gutachtens relevante Einwirkungspotenziale für Monitoringprogramme für das Steinkohlenrevier an der Ruhr identifiziert (Grigo et al. 2007; Tab. 1, linke Spalte). Dabei wurde der Fokus geologisch und tiefenstufenabhängig in Karbon, Deckgebirge und Vorfluter gelegt, um den Phasen eines potenziellen Grubenwasseranstiegs zu entsprechen.

Tab. 1 Table 1 Einwirkungspotenziale, die als Kriterien für den Entwurf von Monitoringprogrammen dienen. (Linke Spalte nach Grigo et al. 2007)Impact potentials as criteria for the design of monitoring programs. (Left column after Grigo et al. 2007)

Ein Flutungsmonitoring muss zahlreiche Kriterien berücksichtigen und im Hinblick auf mögliche Eskalationsszenarien (Abb. 2) geplant und ausgestattet werden. Dies bedeutet, dass eine größtmögliche räumliche Abdeckung und höchstmögliche Sensitivität (Frühwarnindikation) anzustreben sind. Weiterhin sind eine innovative Sensorik und intelligentes Datenmanagement wünschenswert, wobei das Monitoring und die Datenanalyse stets zweckmäßig und wirtschaftlich verhältnismäßig sein müssen (RAG 2014). In den Revieren der RAG AG in Nordrhein-Westfalen (Ruhr und Ibbenbüren) wird ein integrales Monitoringkonzept (Bezirksregierung Arnsberg 2020) für Grubenwasseranstiege angewendet, validiert und eine anwendbare und übertragbare Methodik für die Zukunft entwickelt (Drobniewski et al. 2018; Grigo et al. 2007; Witthaus und Drobniewski 2017).

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Beispielhaftes Schema des Risikomanagements einer Schadstoffkontamination nach der Bow-Tie-Methode

Exemplary scheme of risk management of a pollutant contamination according to the Bow-Tie method

Bewertung von Grubenwasser

Bei der Beurteilung von Grubenwässern und deren geplantem Anstieg sind in vielfältiger Weise gesetzliche Vorschriften zu berücksichtigen. In erster Linie betrifft dies die Einleitung von Grubenwasser in Oberflächengewässer, für die Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL, WRR 2000) und Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die Herstellung oder die Erhaltung des guten chemischen und ökologischen Zustandes fordern. Daher orientiert sich die Qualitätsbewertung im Falle des Grubenwassers an der Vorgabe, dass die Einleitung zu keiner Beeinträchtigung von Schutzgütern führen darf. Zu diesen gehören neben den Oberflächengewässern auch Tiere, Pflanzen, biologische Vielfalt, Boden, Stillgewässer, Grundwasser, Sachgüter und der Mensch. Typischerweise werden die jeweiligen Gefährdungen durch die vielfältigen Schadstofftypen in einer Matrix zusammengestellt, um einen raschen Überblick über die potenziell problematischen Einleitungen zu erhalten.

Für die Bewertung von Grubenwassereinleitungen sind die Vorgaben in der Oberflächengewässerverordnung OGewV (OGewV 2016) verbindlich. Maßgeblich sind die Konzentrationen im Gewässer unterstrom der Einleitstelle und nicht die des Grubenwassers selbst. Die Grenzwerte für Grubenwassereinleitungen müssen daher individuell aus den Grenzwerten für das jeweilige Gewässer, den Konzentrationen im Grubenwasser und dem Verhältnis aus Abfluss und Einleitmenge abgeleitet werden. Der pH-Wert ist beispielsweise in der OGewV als Qualitätskriterium gesetzlich geregelt, wobei je nach Gewässertyp des Vorfluters eine Wertespanne zwischen 5,5 und 8,5 für einen guten chemischen Zustand definiert ist. Das Erreichen dieses Wertes erscheint im deutschen Steinkohlebergbau derzeit nicht als Problem (Gombert et al. 2018). Mit sinkendem pH-Wert steigen jedoch in der Regel die Löslichkeit und Mobilität potenziell toxischer Metalle, wobei eine Überschreitung der Grenzwerte für einzelne Metalle auch in Grubenwasser mit zirkumneutralem pH-Wert möglich ist. Am häufigsten lassen sich Überschreitungen anorganischer Ionen in Bezug auf die Grenzwerte der EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL), die OGewV oder der Orientierungswerte der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) bei Eisen, Sulfat und Chlorid beobachten. Beispielsweise kommt es am Ibbenbürener Westfeld an den Einleitstellen regelmäßig zur Überschreitung der Grenzwerte für Chlorid, dessen Toxizität für aquatische Lebensformen zudem von der Gesamtwasserhärte abhängt (Elphick et al. 2011). Generell sind im deutschen Steinkohlenbergbau lokal Überschreitungen der Konzentrationen von Ammonium, Arsen, Barium, Blei, Bor, Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber und Zink bekannt (Gombert et al. 2018). Oftmals werden auch Grenzwertüberschreitungen für polyzyklische, aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Gewässern und Böden mit dem Steinkohlenbergbau in Zusammenhang gebracht. Aufgrund der weitläufigen Überschreitung der Umweltqualitätsnormen (UQN) für PAK in deutschen Oberflächengewässern sollten PAKs auch bei umfassenden Betrachtungsweisen der ökologischen Auswirkungen von Grubenwässern miteinbezogen werden.

Ein weiteres Bewertungskriterium sind die Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS), die von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) im Jahre 2004 festgelegt und 2017 noch einmal überarbeitet wurden (LAWA 2004). Die derzeit vorliegenden GFS basieren auf ökotoxikologischen Kriterien sowie der Trinkwasserverordnung und wurden bisher nur für oberflächennahe Grundwasserkörper ermittelt. Zudem legt die Grundwasserverordnung (GrwV) fest, dass bei Überschreitungen von Schwellenwerten, welche auf eine natürliche Ursache zurückzuführen sind, diese als eingehalten gelten und daher keine Maßnahmen zur Verminderung der Belastung erforderlich sind. Umgekehrt ist eine anthropogene Ursache in jedem Fall gegeben, sofern beispielsweise durch bergbauliche Aktivitäten eine hydraulische Verbindung zwischen tiefem und oberflächennahem Grundwasser entstanden ist. In diesem Fall müssen bei Überschreitungen von Grenzwerten Maßnahmen ergriffen werden, unabhängig von der Herkunft der Schadstoffe.

Umsetzung von Grubenflutungen in Deutschland

Rechtlicher Rahmen

In der Bundesrepublik Deutschland stellt die Grubenwasserhaltung, das heißt das Heben und Ableiten von Grubenwasser, eine Gewässerbenutzung dar und ist daher genehmigungspflichtig. Zusätzlich kommen die Umleitung von Grundwasser (§ 9, Abs. 2, Nr. 1, Wasserhaushaltsgesetz, WHG 2009) sowie die nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit (§ 9, Abs. 2, Nr. 2, Wasserhaushaltsgesetz, WHG 2009) als genehmigungspflichtige Maßnahme in Betracht. Die Genehmigungen werden durch die Bergbehörden der Länder erteilt (Beckmann 2010), haben allerdings im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde zu erfolgen. Sämtliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Grubenwasserhaltung sind Teil der zugelassenen bergbaulichen Betriebspläne, die für die Errichtung, den Betrieb und für die Stilllegung des Bergwerkes verpflichtend sind (§ 53, Abs. 1, Satz 2 des Bundesberggesetzes, BBergG 1980). Im Rahmen des bergrechtlichen Zulassungsverfahrens ist zu prüfen, ob durch die Grubenwasserhaltung schädliche Einflüsse, auch in Bezug auf Gewässerverunreinigungen, ausgeschlossen werden können (Jordan und Welsing 2017). Je nach Beschaffenheit der Grubenwässer kann das Genehmigungsverfahren eine Nachbehandlung sowie ein Monitoringprogramm für die Wasserhaltung vorschreiben. Die Formulierung von Auflagen unterliegen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und müssen daraufhin geprüft werden. Zusätzlich sind für die Hebung von Grubenwasser wasserrechtliche Erlaubnisse sowohl für das Zutagefördern des Grundwassers (§ 9 Absatz 1, Nr. 5 Wasserhaushaltsgesetz, WHG 2009) als auch für die Einleitung in Oberflächengewässer (§ 9 Absatz 1, Nr. 4, Wasserhaushaltsgesetz, WHG 2009) erforderlich. Grundsätzlich legt das Wasserhaushaltsgesetz als Bewirtschaftungsziel das Erreichen eines guten ökologischen und chemischen sowie eines guten mengenmäßigen Zustands der Gewässer fest. Abweichungen von diesen Zielen sind nach § 30 WHG Ziff. 1 zulässig, wenn „die Gewässer durch menschliche Tätigkeiten so beeinträchtigt oder ihre natürlichen Gegebenheiten so beschaffen sind, dass die Erreichung der Ziele unmöglich ist oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden wäre“ (Wieber 2013).

Beispiele ausgewählter Bergwerksstandorte

Neben den derzeit aktuell zur Flutung anstehenden Steinkohlenrevieren im Saarland, im Ruhrgebiet und in Ibbenbüren wurden in Deutschland bereits weitere Grubenreviere geflutet oder unterliegen derzeitig der Flutung. Ohne besondere Reihung betrifft dies unter anderem das Aachener Revier (NRW, Belgien), das Döhlener Bergbaurevier (Freital, Sachsen), das Ibbenbürener Steinkohlenrevier (NRW, Westfeld), das Lugau-Oelsnitzer Steinkohlenrevier (Sachsen), das Rheinisch-Westfälische Steinkohlerevier (NRW), das Saarrevier (Saarland, Frankreich), das Zwickauer Steinkohlenrevier (Sachsen), sowie die Reviere Stockheim und die Bayerische Pechkohlenmulde in Bayern. Im Aachener Revier und im anschließenden Bereich auf der niederländischen Seite ist die Flutung bereits abgeschlossen, ohne dass bislang negative Auswirkungen auf das Grundwasser oder Vorfluter bekannt geworden sind (Heitfeld et al. 2002; Rosner 2011; Wolkersdorfer und Bowell 2005). Gleiches gilt für das Stockheimer Revier und die Bayerische Pechkohlenmulde. In beiden Fällen gibt es nur jeweils einen Grubenwasseraustritt, der zu kleinräumiger lokaler Beeinträchtigung des Vorfluters führt, aber nach wenigen hundert Metern durch Verdünnung nicht mehr erkennbar ist (Wolkersdorfer und Bantele 2013). In Zwickau ist die Flutung bereits seit über 20 Jahren abgeschlossen. Einzelne diffuse Grubenwasseraustritte sind an der Geländeoberfläche festzustellen. Für das Grubenwasser, welches geothermisch genutzt wird, erfolgt unter Kontrolle der physiko-chemischen Wasserparameter die Einleitung in den Vorfluter Zwickauer Mulde (Hoth 2008; Röder 2018). Im Ibbenbürener Westrevier sind die Tiefbaue seit langem geflutet und nach passiver und aktiver Reinigung wird das austretende Grubenwasser der Vorflut Ibbenbürener Aa zugeleitet (Goerke-Mallet und Drobniewski 2016). Die Steinkohlenbergwerke des Saarreviers (Lothringen) auf französischer Seite sind vollständig geflutet und mittels eines untertägigen hydraulischen Damms von den noch nicht gefluteten Bergwerken auf deutscher Seite abgeriegelt. Eine Besonderheit stellt das sächsische Revier Lugau-Oelsnitz dar. Obwohl seit Stilllegung des Bergbaus im Jahr 1971 die Flutung begann, erfolgt der Anstieg des Grubenwassers nur sehr langsam. Ein erstes Austreten des Grubenwassers an der Tagesoberfläche wird um das Jahr 2033 erwartet (Felix et al. 2010a).

In den meisten ehemaligen deutschen Steinkohlenrevieren erfolgt eine direkte Einleitung des gehobenen Grubenwassers in die Vorflut. Im Döhlener Bergbaurevier in Freital/Sachsen gibt es beispielsweise keine Überschreitung relevanter Grenzwerte der wasserrechtlichen Erlaubnis (Goerke-Mallet et al. 2016). Auch im Aachener Revier und im Saarland wird das gehobene Grubenwasser bislang ohne vorgeschaltete Grubenwasserreinigung in die Vorflut eingeleitet (MUV 2017). Gegenwärtig wurden eine Reihe von Maßnahmen zur Ermittlung der Herkunft sowie der Reduzierung der Chlorid‑, Wärme‑, Ammonium- und PCB-Belastung in das Programm des 2. Bewirtschaftungszyklus aufgenommen, die verpflichtend bis Ende 2021 umgesetzt werden müssen (MUV 2017). Im rheinisch-westfälischen Revier wurde vor Abwerfen der Grube Auguste Victoria eine untertägige Bariumabscheidung betrieben, und am Standort Friedlicher Nachbar im selben Revier wurde das Wasser einer Eisenfällung unterzogen. Das Grubenwasser wird dabei zunächst über Kaskaden belüftet und mit Sauerstoff angereichert. In nachgeschalteten Absetzbecken kommt es zur Ausfällung und Abscheidung des Eisens, bevor das Grubenwasser in einem offenen Gerinne in den Vorfluter eingeleitet wird (Rahm 2018). Punktuell treten bei Grubenwasseraustritten Geruchsbelästigungen durch mikrobiologisch gebildeten Schwefelwasserstoff auf, beispielsweise an den Standorten Haus Aden und Robert Müser (Harpener Teiche), sowie im Saarland am Standort Camphausen. Mittels einer „Impfung“ der Wässer mit Wasserstoffperoxid wird Schwefelwasserstoff in elementaren Schwefel und nach der Einleitung in Sulfat überführt und damit der starke Geruch reduziert (RAG 2010). Bei allen anderen Grubenwasseraustrittsstellen im rheinisch-westfälischen Revier wird zum jetzigen Zeitpunkt keine Grubenwasserreinigungsanlage betrieben. Von 2007 bis 2010 wurde jedoch am Standort Concordia eine Pilotanlage zur aktiven und passiven Behandlung von Grubenwasser getestet, wozu unter anderem Fällungsreaktionen von Eisen, Barium und Mangan, sowie Belüftungsversuche und Sedimentation zählen (DMT 2010). Im Revier Ibbenbüren wird bereits heute Grubenwasser sowohl passiv als auch aktiv gereinigt. Wasser aus dem Ostfeld des Bergwerkes durchfließt in Püsselbüren mehrere Absetzbecken (Sedimentationsteiche Püsselbüren) und ein angeschlossenes Feuchtgebiet, bevor es über den Stollenbach in die Ibbenbürener Aa eingeleitet wird. Die Absetzbecken verringern die Fließgeschwindigkeit und es kommt zur Sedimentation des Schwebstoffgehalts. Zudem wird durch den Sauerstoffeintrag die Hydrolyse des Eisens begünstig, das in den Sedimentationsbecken ausfällt und wodurch eine bessere Einleitqualität des Grubenwassers erreicht wird. Neben dieser passiven Grubenwasserreinigung findet mit dem Wasser aus dem Westfeld am Standort Gravenhorst eine aktive Eisenfällung durch die Zugabe von Kalkmilch und zusätzlicher Belüftung statt (Rahm 2018). Weiterhin kommt es zur Flockung, Koagulation und schließlich Fällung des Eisenoxihydrats (Wolkersdorfer 2020). In Lugau-Oelsnitz zeigen Untersuchungen des Grubenwassers, dass vermutlich hoch mineralisierte Tiefenwässer austreten werden und möglicherweise eine Grubenwasserreinigung notwendig sein wird (Felix et al. 2010a). Aufgrund der hohen Eisen- und Mangankonzentrationen im Grubenwasser wird gegenwärtig die Anschaffung einer mobilen Grubenwasserreinigungsanlage diskutiert (Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie 2018). Auch im Fall einer zukünftigen geothermischen Nutzung des Wassers müsste eine Reinigung konzipiert werden (Felix et al. 2010b).

Energetische Nutzungspotenziale

Im Zeitalter der Energiewende und des Klimaschutzes kommt auch den energetischen Nutzungspotenzialen im Nachbergbau eine gewisse Bedeutung zu. Diese umfasst in erster Linie die Nutzung des Grubenwassers als geothermale Wärmequelle oder als Speichermöglichkeit für die regionale Wärme- und Stromversorgung (Grab et al. 2018). Bei der Wärmeproduktion wird zwischen zwei Systemen der Niedrig-Enthalpie-Wärmenutzung unterschieden: (a) geschlossene Wärmesonden-Kreisläufe und (b) offene Systeme, welche die Wärmeenergie unmittelbar aus dem Grubenwasser beziehen. In einer Potenzialstudie vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Bracke et al. 2018) wurde eine erste Abschätzung des Gesamtwärmepotenzials getroffen, das durch Grubenwasser in den Steinkohlen- und Erzrevieren zur Verfügung stehen würde. Für das Jahr 2035 steht dieser zufolge ein theoretisches Potenzial von 2186 GWh/a zur Verfügung. In NRW befinden sich derzeit zwei Heizkraftwerke, welche Wärme aus Grubenwasser beziehen: die Kraftwerke in Bochum-Werne und Essen, die seit 2012 bzw. 2010 in Betrieb sind und Grubenwasser aus Teufen von 570 bzw. 1200 m mit bis zu 300 l/s fördern. Mittlerweile hat das Konsortium „Grubenwasser-Ruhr“ drei weitere Grubenwasserprojekte für die Städte Essen (Bergwerk Amalie), Bergkamen (Bergwerk Haus Aden) und Bochum (Bergwerk Robert Müser) identifiziert, die sich in der planerischen Umsetzung befinden (Reiners et al. 2018). Entscheidender Faktor für den Ausbau der geothermischen Grubenwassernutzungen sind, neben der begleitenden Technologie, die rechtlichen Statuten wie das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG, EEG 2017), welches die anvisierte Dezentralisierung der Energiesysteme regelt. Bei geschlossenen Systemen sind zudem die thermophysikalischen Parameter wie die Wärmeleitfähigkeit, Wärmekapazität und Wärmestromdichte ausschlaggebend für eine dauerhafte und grundlastfähige Wärmeversorgung. Technisch gesehen ist die Frage der Korrosion oder der Bildung von Ablagerungen („Scaling“) für die Langlebigkeit geothermischer Nutzungen von erheblichem praktischen Interesse. Vor diesem Hintergrund wurde die hydrochemische Zusammensetzung von Grubenwasser und dessen Auswirkungen auf die geothermische Infrastruktur an verschiedenen Standorten studiert (Boch et al. 2017; Bozau et al. 2015; Corsi 1986; Eggeling et al. 2013; Wanner et al. 2017). Eine weitere Möglichkeit der energetischen Nutzung von Grubengebäuden ist der Umbau zu Pumpspeicherkraftwerken. Auch dabei wird zwischen geschlossenen und offenen Systemen unterschieden. Ersteres ist von Vorteil, wenn hochsalinare Tiefen- oder Grubenwässer zu erwarten sind und eine Vermischung mit Injektionswasser und dessen schleichender Versalzung vermieden werden soll. Entsprechend sind separate Leitungen und unterirdische Kavernen notwendig (Niemann et al. 2013; Perau et al. 2012). Eine 200-MW-Anlage mit einer Kapazität von 835 MWh wurde für den Standort Prosper-Haniel in Bottrop konzipiert. Die vier bestehenden Schachtanlagen werden als Zugang zur Tiefe genutzt, die unterirdischen Speicherbecken jedoch als langgestreckter Ringspeicher neu aufgefahren (Niemann et al. 2018; Niemann 2018). Im offenen System können alle im Untergrund vorhandenen Hohlräume wie Stollen, Strecken, verstürzte Abbaubereiche sowie das zur Verfügung stehende Porenvolumen genutzt werden. Es besteht daher großes Speicherpotenzial, und allein über die Nutzung der Grubenwasserhaltung könnte ein geschätztes Speichervolumen von etwa 3 · 106 m3 zur Verfügung stehen (Niemann et al. 2013).

Ausblick und Forschungsziele

In den vergangenen Jahren wurden für den Rückbau und die geplante Flutung von stillgelegten Steinkohlenbergwerken eine Vielzahl von Gutachten und Konzepten ausgearbeitet (z. B. RAG 2014; Wagner 2017). Diese sind notwendig, um verlässliche Prognosen für den Grubenwasseranstieg an ehemaligen Standorten erstellen zu können. Dabei stützen sich die Aussagen hauptsächlich auf Konzepte, Ergebnisse aus Beweissicherungen und numerische Berechnungen. Es existieren jedoch relativ wenige Erfahrungswerte zu den hydraulischen und hydrochemischen Prozessen während und nach den Bergwerksflutungen. Die Ergebnisse sind meist schlecht übertragbar und die gefluteten Bergwerke ohnehin unzugänglich. Forschungsbedarf ergibt sich insbesondere in den Bereichen Flutungs- und Schadstoffprognose, Design von Monitoringkonzepten und Erarbeitung rechtlicher Bewertungsgrundlagen für Grubenwasser. Numerische Kontinuummodelle ermöglichen die Kombination von Matrix- und Hohlraumströmung und versuchen, die Prognosen der bisher häufig angewendeten Boxmodelle zu erweitern. Daneben bedarf es moderner Monitoringmaßnahmen mit begleitender Analytik, um Schwachstellen in Grubenwasserkonzepten zu identifizieren, künftige Entwicklungen zu erleichtern und einen Beitrag zur besseren Bewältigung der zukünftigen Grubenwasserhaltung zu liefern. Neben den angewandten Fragestellungen der Grubenwasserhaltung sind auch eine Reihe verknüpfter Aspekte der Grundlagenforschung wie die Evolution mineralisierter Tiefenwässer, der reaktive Stofftransport oder die Dichteschichtungen in gefluteten Grubengebäuden Gegenstand künftiger Forschungsvorhaben. Beispielsweise ist die Reaktionskinetik von Schadstoffen in Grubenwässern abhängig von den Zusammensetzungen der Mineralphasen, welche jedoch für Kohlenbergwerke in der Regel schlecht dokumentiert sind. Auch katalytische Oxidationen von Pyrit und Markasit sind durch fehlende Daten zu Existenz und Aktivität von mikrobiellen Gemeinschaften in großer Tiefe weitgehend unerforscht. Isotopensignaturen könnten Aufschluss auf die Herkunft von Grubenwasser geben und tragen dazu bei, Quellen, Milieus und Pfade der Mineralisierung zu identifizieren und zu lokalisieren. Inwieweit die mineralisierten, tiefen Grubenwässer an der Oberfläche austreten, hängt auch von den hydrodynamischen Verhältnissen innerhalb des gefluteten Grubengebäudes ab. Durch experimentelle Untersuchungen kann versucht werden die Dynamik von Konvektionszellen und die Ausbildung von Dichteschichtungen zu entschlüsseln. Dieser Aspekt könnte letztlich auch der angewandten Forschung von Nutzen sein, indem beispielsweise Dichteschichtungen als In-situ-Sicherungsmaßnahme in Grubengebäuden eingestellt werden könnten.