Einleitung

Im Zuge der Energiewende wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz beschlossen, eine nachhaltige Entwicklung der Wärme- und Kälteversorgung zu ermöglichen und die Weiterentwicklung der Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Während der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor von 2014 bis 2018 von 27,4 auf 37,8 % gesteigert werden konnte, liegt der Anteil erneuerbarer Energien im Wärmesektor 2018 bei 14,4 % (BMWi 2019). Dabei ist die Umstellung auf erneuerbare Energien im Wärmesektor von zentraler Bedeutung, um den Primärenergiebedarf im Gebäudebestand bis 2050 um 80 % zu senken. Besonders die fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen und die strombasierte Versorgung von Gebäuden mit Niedertemperaturwärme für Raumheizung und Warmwasser werden in der zukünftigen Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen. Daher ist der Ausbau von Wärmenetzen in Kombination mit großen Wärmespeichern zum Ausgleich von Energiedefiziten essenziell, um die Zielsetzung der Bundesregierung einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 80 bis 95 % bis 2050 gegenüber 1990 zu erreichen. Die Deckung des Raumwärmebedarfs macht mehr als 50 % aller Endenergieverbrauch-Sektoren aus (FVEE 2015) und gerade im urbanen Raum, wo der Wärmebedarf am höchsten ist, bietet der geologische Untergrund die potenziell größten Wärmespeicherkapazitäten, sowohl zum Kühlen als auch zum Heizen von Gebäuden, sodass vor allem Mega- und Großstädte in Zukunft eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen einnehmen werden.

Die Erschließung des Untergrundes zur Wärmespeicherung oder für die oberflächennahe geothermische Heizung und Kühlung von Gebäuden kann mit Erdwärmesonden mit einer hohen Leistungsdichte erzielt werden (Koenigsdorff und Reuß 2006). Sie sind der häufigste Anlagentyp unter den Erdwärmepumpensystemen und können in Deutschland CO2-Einsparungen von 30 % und mehr gegenüber herkömmlichen Heizanlagen wie Öl und Gas bewirken (Saner et al. 2010). Sie werden in vertikalen Bohrungen meist mit Tiefen bis 100 m installiert und bestehen in der Regel aus Doppel-U-Rohr-Sonden mit einem Innendurchmesser von 26 mm. In den Sondenrohren zirkuliert ein Wärmeträgerfluid, welches meist aus Wasser und einem Frostschutzmittel besteht. Am häufigsten wird Monoethylenglykol als Frostschutzmittel verwendet, gefolgt von Propylenglykol (Rumohr 2009). Andere Wärmeträgerfluide wie CO2, Ethanol und Calciumchlorid sind hingegen nur wenig vertreten (Rumohr 2009). Dem Wärmeträgerfluid werden meistens zu verschiedenen Zwecken Additive beigefügt, welche als Korrosionsinhibitoren, Biozide, Farb- und Duftstoffe oder Stabilisatoren dienen (Klotzbücher et al. 2007). Mengenmäßig am stärksten vertretene Additive sind Korrosionsinhibitoren wie Benzo- und Tolyltriazole, sowie Ethylhexansäure, Karbonsäuren (Sebacin- und Benzoesäure) und Amine (Ilieva et al. 2012).

Es handelt sich bei den Sonden zwar um geschlossene Systeme, ein Austritt der Fluide bei Leckagen kann jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Leckagen können durch Undichtigkeiten verursacht werden, die entweder durch Fehler bei der Installation, Materialverschleiß, Korrosion oder Schäden durch äußere Einwirkung entstehen (Bonte et al. 2011). Gemeldete Fälle defekter Erdwärmesonden, bei denen ein Druckabfall im System und somit ein möglicher Austritt des Wärmeträgerfluids detektiert wurde, liegen schätzungsweise < 1 % der installierten Erdwärmesondenanlagen (Ad-Hoc-Arbeitsgruppe Geologie 2011). Weitere Aspekte, denen hier jedoch nicht nachgegangen wird, sind Auswirkungen, die durch das Schaffen oder Plombieren von Wegsamkeiten im Untergrund, und somit einer Änderung der hydraulischen Verhältnisse entstehen, da es dadurch u. a. zum Austreten von artesisch gespanntem Grundwasser, Versiegen von Quellen und zur Änderung der chemischen Zusammensetzung des Grundwassers kommen kann (Bonte et al. 2011; Butscher et al. 2011; Grimm et al. 2014; LAWA 2011; Köber et al. 2015; Lüders et al. 2016, 2020). Eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeit von Schadensfällen bei Erdwärmebohrungen in Baden-Württemberg ergab eine Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Schadensfall von unter 0,002 % pro Jahr, wobei die Ursache in 90 % der Fälle eine unvollständige, undichte Hinterfüllung der Erdwärmesonde bei kritischem Stockwerksbau oder gespannten Grundwasser war (Grimm et al. 2014).

Derzeit ist nach DVGW (2010) in Trinkwassereinzugsgebieten die Nutzung von Erdwärme in den Schutzzonen I, II und III/IIIA aus Vorsorgegründen zu unterlassen. Da in der Regel die Gefährdung des zu fördernden Grundwassers mit zunehmender Verweilzeit durch Dispersions‑, Abbau- und Sorptionsprozesse abnimmt, können die Nutzungsbeschränkungen nach DVGW (2010) in der weiteren Schutzzone abgestuft werden, sodass im Einzelfall Ausnahmen in der Schutzzone IIIB möglich sind, wenn ausschließlich Wärmeträgerfluide verwendet werden, die nicht wassergefährdend sind. Da es bisher noch kein spezielles bundesweites Gesetz für die oberflächennahe Geothermie gibt, werden die Richtlinien aus den Wassergesetzen der Länder, Bundesberg- und Wasserhaushaltsgesetz abgeleitet, sodass die Wasserbehörden gemäß den ländereigenen Richtlinien unterschiedlichen Vorgaben folgen. In einigen Bundesländern ist dabei der Abstand der Erdwärmesonde von Trinkwasserförderbrunnen und in anderen die Lage in den Wasserschutzzonen maßgeblich für deren Zulässigkeit, z. T. werden auch beide Kriterien herangezogen, sodass kein allgemein gültiger Standard besteht. Innerhalb der Wasserschutzzonen I und II von Wasserschutzgebieten und in einem Umkreis von 100 m um die Brunnen der öffentlichen Trinkwasserversorgung ist die Einrichtung von Erdwärmesonden generell unzulässig. In Schleswig-Holstein und Hamburg kann in einer Entfernung von 100 m bis 1000 m von Brunnen der öffentlichen Wasserversorgung die Einrichtung außerhalb des Nutzhorizontes gegebenenfalls zulässig sein, wenn der zur Erdwärmegewinnung genutzte Grundwasserleiter durch schützende Deckschichten vom zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserleiter getrennt ist. Bei der Einrichtung im zur Trinkwassergewinnung genutzten Grundwasserleiter muss hingegen eine Entfernung von mehr als 1000 m im Anstrom zur Fassung eingehalten werden, während beispielsweise in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern die Einrichtung ab der Schutzzone IIIB zulässig sein kann, welche mindestens 1000 m und zumindest 50 Tage Fließzeit von der Fassungsanlage entfernt sein sollte, in der Regel jedoch erst ab einer Distanz von 2000 m beginnt (DVGW 2010). Die Einrichtung von Erdwärmesonden in Trinkwassereinzugsgebieten ist zudem mit erhöhten Schutzanforderungen verbunden. So ist beispielsweise in Hamburg die Einrichtung von Erdwärmesonden in einer Entfernung von 1000 m bis 2000 m von Brunnen der öffentlichen Wasserversorgung im Nutzhorizont nur zulässig, wenn nicht wassergefährdende Stoffe, wie z. B. Wasser oder ein Wasser-Glykol-Gemisch mit einem Glykolanteil unter 3 %, eingesetzt werden.

Bisher erfolgten zwar Einschätzungen zum Gefährdungspotenzial von Wärmeträgerfluiden hinsichtlich ihrer Einsatzhäufigkeit und ihres Umweltverhaltens, jedoch keine Konkretisierung in Bezug auf die räumliche und zeitliche Ausbreitung. Um den Bedarf an quantitativen Kenntnissen über das Ausbreitungsverhalten von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen zu decken und somit eventuell eine optimierte und größere Nutzung regenerativer Energien zu ermöglichen, wurde in dieser Studie das Ausbreitungsverhalten von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen im Grundwasser im Einflussbereich einer Trinkwasserentnahme untersucht. Das primäre Ziel lag dabei auf der Quantifizierung der Auswirkungen der berücksichtigten Prozesse auf die Konzentrationsverläufe von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen in den Brunnen einer Trinkwasserentnahme zur Bewertung der Relevanz von Erdwärmesondenleckagen. Hierbei wird auf Grundlage von aufgearbeiteten stoffspezifischen Abbauratenkonstanten anhand eines vereinfachten Beispiels das Abbauverhalten von Ethylenglykol, Benzotriazol, Tolyltriazol, 2‑Ethylhexansäure, Benzoesäure und Sebacinsäure unter verschiedenen Redoxbedingungen, sowie vergleichsweise auch zum konservativen Transport ermittelt.

Methodik

Zur Berücksichtigung des Abbauverhaltens potenziell grundwassergefährdender Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffe innerhalb der Simulationen des Ausbreitungsverhaltens dieser Substanzen, war es erforderlich, im ersten größeren Teil dieser Studie stoffspezifische Abbauratenkonstanten aus vorliegenden Untersuchungen zusammenzustellen und aufzuarbeiten.

Nach bisherigen Einschätzungen zum Gefährdungspotential von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen wurden diese als potenziell grundwassergefährdend eingeschätzt, wenn sie eine hohe Mobilität im Grundwasser aufweisen und eine eingeschränkte mikrobielle Abbaubarkeit und/oder eine toxische Wirkung gegenüber aquatischen Organismen zeigen (Ilieva et al. 2012). Häufig verwendete Additive, auf die diese Eigenschaften zutreffen, sind z. B. 1‑H-Benzotriazol, Tolyltriazol, 2‑Ethylhexansäure, Sebacinsäure und Benzoesäure (Tab. 1). So führen die zugefügten Additive im Vergleich zu den reinen Frostschutzkomponenten meist zu einer deutlich höheren Toxizität gegenüber aquatischen Organismen als von den Hauptkomponenten abgeleitet werden kann (Tab. 1). Die Mobilität der Additive, abgeleitet von der Wasserlöslichkeit und dem Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log Kow), ist meist moderat (Tolyltriazol, 2‑Ethylhexansäure, Benzoesäure, Sebacinsäure) bis gut (Benzotriazol), Ethylenglykol ist zudem sehr gut wasserlöslich (Tab. 1).

Tab. 1 Table 1 Mobilität und Toxizität von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen. Dargestellt sind Angaben zur Ökotoxizität durch den Geringfügigkeitsschwellenwert (GFS) und die predicted no effect concentration (PNEC), sowie die mittlere effektive Konzentration (EC50) und mittlere lethale Konzentration (LC50) drei trophischer Stufen. Angaben zur Mobilität können der Wasserlöslichkeit und dem n‑Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (Kow) entnommen werdenMobility and Toxicity of Heat Transfer Fluid Ingredients. Ecotoxicity data are presented by the threshold values for insignificance (GFS) and the predicted no effect concentration (PNEC), as well as the mean effective concentration (EC50) and mean lethal concentration (LC50) of three trophic levels. Information on mobility can be obtained from water solubility and the n‑octanol-water partition coefficient (Kow)

Ein Vergleich der Abbauratenkonstanten dieser Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffe aus verschiedenen Studien deutet größtenteils auf eine typische Abhängigkeit des Abbaus vom Redoxmilieu hin, bei der die Abbauraten von aeroben über nitratreduzierende zu fermentativen, eisen(III)reduzierenden und sulfatreduzierenden Bedingungen hin abnehmen (Abb. 1; Tab. 2). Die in Wärmeträgerfluiden gebräuchlichsten Frostschutzmittel Ethylen- und Propylenglykol sind im Gegensatz zu den Triazolen aerob und anaerob gut abbaubar (Carnegie und Ramsay 2009; Gooden 1998; Ilieva et al. 2014; Klecka et al. 1993; McGahey und Bouwer 1992; Schoenberg et al. 2001; Schmidt et al. 2012). Die Mehrzahl der Studien zur Abbaubarkeit von Triazolen weisen auf eine prinzipielle aerobe Abbaubarkeit hin (Heesel 2010; Herzog et al. 2013; Liu et al. 2011, 2013; Mishra et al. 2011; Spahr et al. 2013; Weiss et al. 2006). In einigen Studien konnte jedoch nur ein geringes bzw. kein aerobes Abbaupotenzial festgestellt werden (Hem et al. 2000; Jia et al. 2006; Rollinson und Callely 1986; Schmidt et al. 2012). Unter anaeroben Bedingungen wurde in den meisten Studien nur eine geringe (Schmidt et al. 2012) oder keine Abbaubarkeit nachgewiesen (Hem et al. 2000; Herzog et al. 2013; Hollingsworth et al. 2005). Nur in Untersuchungen von Liu et al. (2011, 2013) konnte ein anaerobes Abbaupotenzial von Triazolen gezeigt werden. 2‑Ethylhexansäure bzw. -hexanoat konnte in Abbauversuchen sowohl unter aeroben (EPA 2016; Schmidt et al. 2012) als auch anaeroben Bedingungen (Chua et al. 2001; Schmidt et al. 2012) meist vollständig abgebaut werden. Über den mikrobiellen Abbau von Sebacinsäure bzw. Sebacat ist bisher nur wenig bekannt. In zwei Studien konnte der Abbau von Sebacat unter aeroben Bedingungen dokumentiert werden (Chapman und Duggleby 1967; Siotto et al. 2012). Der Abbau unter anaeroben Bedingungen wurde in einer Studie von Matthies und Schink (1993) bestätigt (1,7 d−1). Der aerobe und anaerobe Abbau von Benzoesäure bzw. Benzoat konnte in einer Vielzahl von Studien gezeigt werden (z. B. Gibson und Sulfita 1986; Kazumi et al. 1995; TOXNET 2016; Williams und Evans 1975).

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Abbauratenkonstanten des mikrobiellen Abbaus von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen bei verschiedenen Redoxbedingungen. aCarnegie und Ramsay (2009), bChapman und Duggleby (1967), cChua et al. (2001), dEPA (2016), eGibson und Sulfita (1986), fHeesel (2010), gHerzog et al. (2013), hIlieva et al. (2012), iKazumi et al. (1995), jLiu et al. (2011), kLiu et al. (2013), lMatthies und Schink (1993), mMcGahey und Bouwer (1992), nMerck (2013), oMishra et al. (2011), pSiotto et al. (2012), qSpahr et al. (2013), rSchmidt et al. (2012), sTOXNET (2016), tWard (1985), uWeiss et al. (2006), vWilliams und Evans (1975)

Degradation rate constants of the microbial degradation of heat transfer fluid constituents under various redox conditions. aCarnegie and Ramsay (2009), bChapman and Duggleby (1967), cChua et al. (2001), dEPA (2016), eGibson and Sulfita (1986), fHeesel (2010), gHerzog et al. (2013), hIlieva et al. (2012), iKazumi et al. (1995), jLiu et al. (2011), kLiu et al. (2013), lMatthies and Schink (1993), mMcGahey and Bouwer (1992), nMerck (2013), oMishra et al. (2011), pSiotto et al. (2012), qSpahr et al. (2013), rSchmidt et al. (2012), sTOXNET (2016), tWard (1985), uWeiss et al. (2006), vWilliams and Evans (1975)

Tab. 2 Table 2 Abbauratenkonstanten erster Ordnung des mikrobiellen Abbaus von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen unter aeroben (k1‑aerob), fermentierenden (k1‑ferm), nitratreduzierenden (k1‑NO3), sulfatreduzierenden (k1‑SO4) und Eisen(III)-reduzierenden (k1‑Fe(III)) Bedingungen mit Mittelwert x̅ und Standardabweichung σFirst order degradation rate constants of the microbial degradation of heat transfer fluid constituents under aerobic (k1‑aerob), fermenting (k1‑ferm), nitrate-reducing (k1‑NO3), sulphate-reducing (k1‑SO4) and iron(III)-reducing (k1‑Fe(III)) conditions with mean x̅ and standard deviation σ
Tab. 3 Table 3 Im Modell angenommene Konzentrationen und Abbauratenkonstanten (Mittelwerte, siehe Tab. 2) der InhaltsstoffeConcentrations assumed in the model and degradation rate constants (mean values, see table 2) of the constituents

Die Modellsimulationen erfolgten mit der Open-Source-Software OpenGeoSys (Kolditz et al. 2012; Kolditz und Bauer 2004), welche entwickelt wurde, um gekoppelte thermische, hydraulische, mechanische und chemische Prozesse im porösen Medium numerisch zu simulieren. Sie basiert auf der Finite-Elemente-Methode, die zur numerischen Lösung partieller Differentialgleichungen verwendet wird.

Die Modellsimulationen sind angelehnt an einen realen Standort eines Wasserwerkes in Schleswig-Holstein (LANU 2000) und bilden nach einer Parameterstudie von Dethlefsen et al. (2017) häufig auftretende Randbedingungen eines oberflächennahen norddeutschen Aquifers ab. Dazu wurde ein gut durchlässiger Lockergesteins-Aquifer mit einem Durchlässigkeitsbeiwert (kf) von 5 ∙ 10−4 m/s, einem effektiven Porenanteil (npeff) von 20 % aus Busch und Luckner (1974) zitiert nach Garling und Dittrich (1979) und einem natürlichen hydraulischen Gradienten von 2 ∙ 10−3 (Druckhöhenunterschied = 10 m, Fließstrecke = 5000 m) gewählt, wodurch sich eine natürliche Abstandsgeschwindigkeit von 5 ∙ 10−6 m/s (0,4 m/d) ergab. Die Dispersivitäten αL und αT wurden aus Gelhar et al. (1985) zitiert nach Rausch et al. (2002) longitudinal mit 10 m und transversal mit 1 m abgeschätzt. Das Modell bildet einen gespannten oberflächennahen Grundwasserleiter mit einer Mächtigkeit von 20 m ab, der ohne Wechselwirkungen mit weiteren Formationen im Hangenden oder Liegenden simuliert wurde. Da ein Worst-Case-Szenario betrachtet wurde, wurde eine Grundwasserneubildung, die lokal zu einer zusätzlichen Konzentrationsverringerung führen würde, nicht berücksichtigt. Über drei vollverfilterte Brunnen, die in Abständen von 80 m zueinander transversal zur Fließrichtung gesetzt wurden (Abb. 2), erfolgte eine Trinkwasserentnahme mit einer Gesamtentnahmerate von 1.000.000 m3/a, welche eine mittlere Entnahmerate für Wasserwerke in Schleswig-Holstein darstellt (LLUR 1998). Eine Doppel-U-Rohr-Sonde (32 mm Sonde mit 26 mm Innendurchmesser) durchteuft den im Modell betrachteten Aquifer (Abb. 2). Die Erdwärmesondenleckage wurde anhand eines Worst-Case-Szenarios simuliert, bei dem die gesamte Menge des Wärmträgerfluides (212 l für eine 100 m lange Sonde) mit einer Leckagerate von 200 ml/h durch eine punktuelle Undichtigkeit in der Sonde, wie z. B. durch Korrosion, 5 m unter der oberen Schichtgrenze des Aquifers austritt, und sich die Sonde innerhalb von 44 Tagen komplett entleert.

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Skizze des Modellaufbaus. Grundwassergeringleiter wurden nicht mit modelliert

Sketch of the model. Aquitards are not included

Die Diskretisierung des Modellgebietes erfolgte mit einem dreidimensionalen Finite-Elemente-Gitter über ein 5000 m × 5000 m großes Gebiet mit einer konstanten Mächtigkeit von 20 m. Für das Gitter wurde im Großteil des Modellgebietes eine Zellgröße von 20 m × 20 m × 5 m verwendet und graduell auf 5 m × 5 m × 5 m zwischen Erdwärmesonde und Brunnen verfeinert.

Die Ausbreitung des Wärmeträgerfluids im Untergrund wurde für sechs häufig verwendete und zum Teil als potenziell problematisch für Grundwassersysteme angesehene Inhaltsstoffe unter Berücksichtigung von Dispersion und Diffusion auf der Transportstrecke, Verdünnung im Brunnen und mikrobiellem Abbau der Stoffe untersucht. Für die Simulationen wurde das Frostschutzmittel Ethylenglykol, sowie die Korrosionsinhibitoren Benzotriazol, Tolyltriazol, 2‑Ethylhexansäure, Sebacinsäure und Benzoesäure ausgewählt und sowohl unter konservativem als auch reaktivem Transport für unterschiedliche Redoxbedingungen simuliert, welcher die Abbaubarkeit der Inhaltsstoffe in jeweils einzelnen Szenarien durch Fermentation oder Nitratreduktion bzw. Sulfatreduktion berücksichtigt (Tab. 2). Die Eingabe-Konzentrationen der Inhaltsstoffe wurden nach maximalen Endkonzentrationen in fertig gemischten Wärmeträgerfluiden für Erdwärmesonden nach Schmidt et al. (2012) und Ilieva et al. (2012) gewählt (Tab. 3).

Der fermentative Abbau wurde über eine Abbaukinetik erster Ordnung in das Modell integriert, bei der die Konzentration C [mg/l] der Inhaltsstoffe in Abhängigkeit von einer Ratenkonstante erster Ordnung k1 [d−1] über die Zeit t [s] abnimmt:

$$\frac{dC_{\text{Stoff}}}{dt}=-k_{1\mathrm{ferm}}\cdot C_{\text{Stoff}}$$
(1)

Der Abbauterm für Nitrat- und Sulfatreduktion wurde durch einen Monodterm erweitert, sodass der Abbau an die Konzentration des jeweiligen Elektronenakzeptors gekoppelt ist und nicht stattfindet, wenn diese nicht in ausreichender Konzentration vorhanden sind. Die Halbsättigungskonzentration KH ist für die untersuchten Stoffe aus der Literatur nicht gegeben. Aus der Abwasserreinigung ist jedoch bekannt, dass bei der Denitrifikation bei > 1–2 mg/l Nitrat die Reaktionsgeschwindigkeit von der Nitratkonzentration unabhängig ist (Kunz 2013). Die Halbsättigungskonzentration KH (10−3 mg/l) wurde daher so gewählt, dass diese sehr viel kleiner als die Elektronenakzeptorkonzentration ist und geringe Elektronenakzeptorkonzentrationen (≥ 1 mg/l) ausreichen, um einen maximalen stoffspezifischen Abbau zu erzielen.

$$\frac{dC_{\text{Stoff}}}{dt}=-k_{1\text{NO3} }\cdot C_{\text{Stoff}} \left(\frac{ C_{\text{NO3} }}{ K_{H}+C_{\text{NO3}}}\right)\cong -k_{1\text{NO3} }\cdot C_{\text{Stoff}} \text{ f\"ur } K_{\text{H}}\ll C_{\text{NO3} }$$
(2)

Der Abbau durch Sulfatreduktion verläuft analog zum Abbau durch Nitratreduktion (Gl. 2). Als Elektronenakzeptorkonzentrationen wurden in Szenarien mit Nitratreduktion initial 10 mg/l Nitrat und in Szenarien mit Sulfatreduktion initial 50 mg/l Sulfat für den gesamten Grundwasserleiter gewählt.

Die Reaktion der Elektronenakzeptoren mit den Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen wird im Modell über die Stöchiometrie der Abbaureaktion berücksichtigt, die am Beispiel von Ethylenglykol unter der Annahme des vollständigen Abbaus zu CO2 für nitratreduzierende und sulfatreduzierende Bedingungen durch folgende Reaktionsgleichungen beschrieben wird:

$$\text{nitratreduzierend}\colon \text{C}_{2}\text{H}_{4}\left(\text{OH}\right)_{2}+2\text{NO}_{3}^{-}+2\,\text{H}^{+}\rightarrow 2\text{CO}_{2}+4\text{H}_{2}\text{O}+\text{N}_{2}$$
(3)
$$\text{sulfatreduzierend}\colon 4C_{2}H_{4}\left(OH\right)_{2}+5SO_{4}^{2-}+10H^{+}\rightarrow 8CO_{2}+5H_{2}S+12H_{2}O$$
(4)

Um den Einfluss des durch die Trinkwasserentnahme entstandenen Grundwasserströmungsfeldes auf das Ausbreitungsverhalten der Stoffe zu untersuchen, wurden Abstand und Position der Erdwärmesonde zur Trinkwasserentnahme variiert und die maximalen Stoffkonzentrationen im Entnahmebrunnen anhand einer Durchbruchskurve ausgegeben. Die Erdwärmesonde wurde hierbei mit einem Abstand von 1000 m, 500 m oder 100 m von den Entnahmebrunnen direkt anstromig (EWS1), 45° zur Achse der Entnahmebrunnen im Anstrom (EWS2), in Verlängerung der Brunnenachse (EWS3) und abstromig (EWS4) positioniert (Abb. 3).

Abb. 3 Fig. 3
figure 3

Beispiel für Leckagen und Durchbruchskurven im Brunnen anhand des konservativen Transportes von Ethylenglykol (EG) bei einer Entnahmerate von 1.000.000 m3/a. Die Kartendarstellung zeigt den im Diagramm markierten Zeitpunkt

Example of leakages and breakthrough curves in the well using the conservative transport of ethylene glycol (EG) at a withdrawal rate of 1,000,000 m3/a. The map shows the time marked in the diagram

Abb. 3 Fig. 3
figure 4

(Fortsetzung)

(Continued)

Weiterhin wurde in ergänzenden Szenarien die Gesamtentnahmerate der Trinkwassergewinnungsanlage von 1.000.000 m3/a auf 500.000 m3/a, 250.000 m3/a und 125.000 m3/a verringert, um den Einfluss unterschiedlicher Strömungs- und Verdünnungsverhältnisse auf die Stoffkonzentration zu analysieren.

Der Durchlässigkeitsbeiwert (kf) und die Porosität wurden jeweils im mittleren Bereich von Lockergesteins-Aquiferen aus Busch und Luckner (1974) zitiert nach Garling und Dittrich (1979) und Dethlefsen et al. (2017) variiert, um den Einfluss der hydraulischen Bedingungen auf die Stoffkonzentration zu untersuchen. Dafür wurden sowohl ein höherer kf-Wert (3 ∙ 10−3 m/s) und eine größere Porosität (25 %), sowie auch ein geringerer kf-Wert (3 ∙ 10−5 m/s) und eine kleinere Porosität (8 %) als in den sonstigen Szenarien (5 ∙ 10−4 m/s, 20 %) verwendet. Zudem wurde die Dispersivität aus Gelhar et al. (1985) zitiert nach Rausch et al. (2002) für eine Längenskala von 100 m variiert, wobei sowohl 10-fach höhere (αL = 100 m, αT = 10 m) als auch 10-fach niedrigere Dispersivitäten (αL = 1 m, αT = 0,1 m) betrachtet wurden.

Aus den Durchbruchskurven für die Entnahmebrunnen wurde die Maximalkonzentration der Stoffe extrahiert und mit den predicted no effect concentrations (PNEC) bzw. den Geringfügigkeitsschwellen (GFS) nach LAWA (Tab. 1) als Richtwert verglichen, da für die meisten Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffe keine Grenzwerte im Grundwasser nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) oder dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG 1998) vorliegen. Der PNEC-Wert ist die Konzentration unterhalb der höchstwahrscheinlich kein negativer Effekt für das Ökosystem auftritt. Dieser wird auf Grundlage der chronischen Toxizität (NOEC = no effect concentration) für den empfindlichsten Organismus von drei Stufen der Nahrungskette, den so genannten trophischen Stufen (Pflanzen: Alge, Wirbellose: Daphnie, Wirbeltier: Fisch, Reduzenten: Bakterien) zuzüglich eines Sicherheitsfaktors (AF = Assessment Factor) berechnet. Bei Betrachtung von drei trophischen Stufen liegt dieser Sicherheitsfaktor bei 10 und für zwei trophische Stufen bei 50 (LAWA 2004). Die Ableitung des GFS erfolgt auf Basis von human- und ökotoxikologischen Daten (Grenzwert der TrinkwV, Basisdaten Toxikologie, Umweltqualitätsnorm, PNEC) und leitet sich aus dem jeweils kleineren und daher meist dem ökotoxischen Wert ab, da dieser in der Regel bei niedrigeren Belastungen auftritt als der humantoxische. Somit entspricht der PNEC in den meisten Fällen dem GFS und kann daher als Richtwert herangezogen werden, wenn keine Geringfügigkeitsschwelle angegeben ist.

Da ca. 99 % der Stofffahne jeweils nur in den nächstgelegenen der drei Brunnen fließt, wird im Folgenden jeweils nur der Brunnen mit der höchsten Konzentration an Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen betrachtet.

Ergebnisse

Die Simulationen zeigen, dass bei einer Entnahmerate von 1.000.000 m3/a bereits bei konservativem Transport und einem sehr geringen Abstand von nur 100 m zur Erdwärmesonde (EWS1) aufgrund der hohen Verdünnung im Entnahmebrunnen (B2) die Konzentrationen, mit Ausnahme von Sebacinsäure, mit einem Faktor ≥ 10 unterhalb der Richtwerte lagen (Abb. 4). Durch die zusätzliche Berücksichtigung von mikrobiellem Abbau ergaben sich entsprechend geringere Konzentrationen, sodass diese im Entnahmebrunnen in Abhängigkeit vom Redoxmilieu mit einem Faktor ≥ 14, bei Benzoesäure sogar mit einem Faktor > 1000 unterhalb des Richtwerts lagen (Abb. 4). Sebacinsäure unterschreitet beim konservativen Transport den Richtwert mit einem Faktor von 1,2 und unter Berücksichtigung von mikrobiellem Abbau mit einem Faktor 3, wobei der Abbau von Sebacinsäure aufgrund der begrenzten Datengrundlage nur mit höheren Unsicherheiten berücksichtigt werden konnte. Für Ethylenglykol erfolgte mit einer um 67 % niedrigeren Konzentration als beim konservativen Transport der höchste Abbau durch Nitratreduktion, gefolgt vom Abbau durch Fermentation (−28 %) und Sulfatreduktion (−23 %). Es zeigte sich, dass die relative Konzentrationsverringerung durch Mitbetrachtung des Abbaus für das eigentlich gut abbaubare Ethylenglykol aufgrund der Limitierung durch Elektronenakzeptoren (< 1 mg/l Nitrat im Zentrum der Stofffahne) geringer ist als für die Substanzen mit geringeren Abbauratenkonstanten. Für Benzotriazol ergab sich durch den Abbau durch Nitratreduktion eine um 89 % und durch Sulfatreduktion eine um 81 % niedrigere Konzentration als beim konservativen Transport. Eine ähnliche Konzentrationsverringerung durch anaeroben Abbau zeigte sich bei Tolyltriazol, wobei die Konzentration sowohl durch Nitrat- als auch Sulfatreduktion um 93 % niedriger sind als bei konservativem Transport. 2‑Ethylhexansäure weist im Vergleich zum konservativen Transport entsprechend der Abbauratenkonstanten durch Nitratreduktion 62 % und durch fermentativen Abbau um 74 % niedrigere Konzentrationen auf. Bei Sebacinsäure lag die Konzentration durch Berücksichtigung von Fermentation um 53 % niedriger als bei konservativem Transport. Benzoesäure zeigte eine sehr gute Abbaubarkeit durch Nitratreduktion (2,67 d−1), weshalb hier im Vergleich zum konservativen Transport die Konzentration um 99,9 % niedriger lag. Durch fermentativen Abbau ergaben sich um 23 % niedrigere und durch Sulfatreduktion gemäß der geringeren Abbauratenkonstanten um 12 % niedrigere Konzentrationen im Entnahmebrunnen.

Abb. 4 Fig. 4
figure 5

Maximalkonzentration im Brunnen (B2) bei einem Abstand der Erdwärmesonde von 100 m im Anstrom (EWS1) im Vergleich zum Richtwert bei einer Entnahme von a) 1.000.000 m3/a und b) 125.000 m3/a. Der Faktor gibt an, wie weit die Maximalkonzentration den Richtwert unter- (−) oder überschreitet (+). Dabei ist der Faktor = Richtwert/Maximalkonzentration

Maximum concentration in the well (B2) at a borehole heat exchanger distance of 100 m in the inflow (EWS1) compared to the guide value for a) 1,000,000 m3/a and b) 125,000 m3/a. The factor indicates how far the maximum concentration exceeds (+) or falls below (−) the guideline value. The factor = guide value/maximum concentration

Variation der Entnahmerate

Die Variation der Entnahmerate zur Untersuchung des Einflusses der Dispersion und Verdünnung zeigte am Beispiel von Ethylenglykol, dass durch eine Verringerung der Entnahmerate von 1.000.000 m3/a auf 125.000 m3/a bei konservativem Transport bei allen betrachteten Abständen von der Erdwärmesonde zum Entnahmebrunnen (100 m, 500 m, 1000 m) eine dreifach erhöhte Konzentration im Entnahmebrunnen auftrat (Abb. 5b). Bei einem Abstand von nur 100 m vom Entnahmebrunnen lag beispielsweise beim konservativen Transport von Ethylenglykol die Konzentration bei einer Entnahmerate von 500.000 m3/a mit einem Faktor von 6 unter dem Richtwert, bei einer Entnahme von 250.000 m3/a mit einem Faktor von 4 und bei einer Entnahme von 125.000 m3/a nur noch mit einem Faktor von 3 (Abb. 5a). Dennoch konnte auch bei einer geringen Entnahmerate von 125.000 m3/a und einem Abstand von nur 100 m, bei allen Substanzen mit Ausnahme von Sebacinsäure, keine Überschreitung des Richtwertes festgestellt werden (Abb. 4). Die Konzentrationen lagen bei diesem Szenario mit konservativem Transport mit einem Faktor von ≥ 3 unterhalb der Richtwerte. Sebacinsäure lag hingegen einzig bei diesem Szenario mit konservativem Transport mit einem Faktor von 3 über dem Richtwert. Durch die Berücksichtigung von mikrobiellem Abbau ergaben sich für alle betrachteten Substanzen bei der Entnahmerate von 125.000 m3/a geringere Konzentrationen als beim konservativen Transport, die vielfach mit einem Faktor > 1000 unterhalb des Richtwerts lagen (Abb. 4b)). Bei Ethylenglykol zeigte sich, dass der Abbau durch Nitratreduktion aufgrund einer hohen Nitratzehrung (< 1 mg/l Nitrat im Zentrum der Stofffahne, Abb. 6) limitiert wurde und die Konzentrationen im Vergleich zum konservativen Transport dadurch nur um 40 % niedriger waren. Der Abbau durch Fermentation ergab um 93 % niedrigere und durch Sulfatreduktion um 92 % niedrigere Konzentrationen als beim konservativen Transport. Bei Benzotriazol und Tolyltriazol ergab sich durch Nitrat- und Sulfatreduktion eine Abweichung der Konzentration vom konservativen Transport um −99,8 bis −99,9 %. Auch bei 2‑Ethylhexansäure ergab der Abbau durch Nitratreduktion um 96 % und durch Fermentation um 99,9 % niedrigere Konzentrationen als beim konservativen Transport und ist somit mit einem Faktor von bis zu 162 effektiver als bei der höheren Pumprate (1.000.000 m3/a). Sebacinsäure zeigte eine zu 99,3 % niedrigere Konzentration durch fermentativen Abbau im Vergleich zum konservativen Transport, bei der höheren Pumprate lag diese nur bei einer Abweichung von −53 %. Bei Benzoesäure ergab der Abbau durch Nitratreduktion eine um 99,99 % (> Faktor 1000) geringere Konzentration als beim konservativen Transport. Durch Fermentation ergab sich eine Abweichung der Konzentration im Vergleich zum konservativen Transport um −89 %, durch Sulfatreduktion um −75 %.

Abb. 5 Fig. 5
figure 6

Maximalkonzentration im Brunnen bei einem Abstand der Erdwärmesonde von 100, 500 und 1000 m im Anstrom im Vergleich zum Richtwert bei variierender Position der Erdwärmesonde (a) und Entnahmerate (b) am Beispiel von Ethylenglykol

Maximum concentration in the well at a borehole heat exchanger distance of 100, 500 and 1000 m in the inflow compared to the guide value at varying position of the borehole heat exchanger (a) and sampling rate (b) using the example of ethylene glycol

Abb. 6 Fig. 6
figure 7

a Ethylenglykol- (EG) und b Nitratverteilung bei Leckage von Ethylenglykol aus der Erdwärmesonde EWS1 unter nitratreduzierenden Bedingungen mit einer Nitratzehrung bei einer Entnahmerate von 125.000 m3/a und einem Abstand der Erdwärmesonde von 100 m im Anstrom des Brunnens nach 85 Tagen (Zeitpunkt der Maximalkonzentration von Ethylenglykol im Brunnen)

a Distribution of ethylene glycol (EG) and b nitrate in case of ethylene glycol leakage from borehole heat exchanger EWS1 under nitrate-reducing conditions with a nitrate consumption at a withdrawal rate of 125,000 m3/a and a distance of the borehole heat exchanger of 100 m in the inflow of the well after 85 days (time of maximum concentration of ethylene glycol in the well)

Es zeigte sich, dass aufgrund der geringeren Entnahmerate von 125.000 m3/a und der damit verbundenen längeren Aufenthaltszeit der Abbau der Stoffe effektiver stattfand, sofern dieser nicht durch den Verbrauch von Elektronenakzeptoren limitiert wird. Eine Limitierung durch Elektronenakzeptoren zeigte sich beim Abbau von Ethylenglykol durch Nitratreduktion aufgrund einer hohen Nitratzehrung (< 1 mg/l Nitrat im Zentrum der Stofffahne, Abb. 6) bei einer Pumprate von 125.000 m3/a, wodurch die Konzentrationen im Entnahmebrunnen nur um 40 % niedriger waren als beim konservativen Transport. Bei der höheren Pumprate (1.000.000 m3/a) reduzierte sich die Konzentration hingegen um 67 %. Eine Limitierung durch die Elektronenakzeptorkonzentration konnte nur bei Ethylenglykol festgestellt werden, was darauf zurückzuführen ist, dass Ethylenglykol als Frostschutzmittel im Vergleich zu den Additiven in höheren Endkonzentrationen verwendet wird. Unter Berücksichtigung von Abbauprozessen ergaben sich daher bei einer Entnahmerate von 125.000 m3/a meist niedrigere Konzentrationen im Entnahmebrunnen (um bis zu Faktor 200, bei Benzoesäure sogar mit einem Faktor > 1000) als bei einer Entnahmerate von 1.000.000 m3/a, während bei einer Nichtberücksichtigung von Abbauprozessen und der Annahme eines konservativen Transports aufgrund geringerer Verdünnung im Brunnen bei 125.000 m3/a höhere Konzentrationen vorlagen.

Variation von Abstand und Position der Erdwärmesonde

Bei der Variation von Abstand und Position der Erdwärmesonde wurde besonders bei höheren Abständen von 500 und 1000 m bis zur Trinkwasserentnahme deutlich, dass sich die Konzentrationen bei einer Positionierung im seitlichen und unterstromigen Bereich der Entnahme aufgrund des längeren Fließweges bzw. der längeren Fließzeit (siehe im Folgenden) wesentlich verringern, da eine höhere Dispersion stattfindet (Abb. 5a). So lag beispielsweise beim konservativen Transport von Ethylenglykol bei einer Positionierung entlang der Brunnenachse (EWS3) die Konzentration im Entnahmebrunnen (B1) bei einem Abstand von 500 m mit einem Faktor von 45 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,9 Jahren) und bei 1000 m Abstand und einer viermal längeren Fließzeit mit einem Faktor von 150 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 3,6 Jahren) unter dem Richtwert, während diese vergleichsweise bei einer direkten Positionierung der Sonde im zentralen Anstrom zur Entnahme (EWS1) bei einem Abstand von 500 m mit einem Faktor von 30 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,9 Jahren) und bei einem Abstand von 1000 m und einer doppelt so langen Fließzeit mit einem Faktor von 70 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 1,8 Jahren) unter dem Richtwert lagen (Abb. 5). Bei einer Positionierung im zentralen Abstrom (EWS4) lag die Konzentration im Entnahmebrunnen (B2) bei einem Abstand von 500 m sogar mit einem Faktor von 55 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 1,0 Jahren) und bei 1000 m Abstand und einer fünfmal längeren Fließzeit mit einem Faktor von 240 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 5,3 Jahren) unter dem Richtwert. Bei einem geringeren Abstand von nur 100 m zeigte sich kaum noch ein Einfluss der Position der Erdwärmesonde auf die Konzentrationen im Entnahmebrunnen, sodass bei einer zentralen Positionierung im Anstrom der Entnahme (EWS1) (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,1 Jahren), als auch bei einer Positionierung entlang der verlängerten Brunnenachse (EWS3) (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,1 Jahren) oder zentral unterstromigen (EWS4) (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,1 Jahren) Positionierung die Konzentrationen immer noch in etwa mit einem Faktor von 10 unter dem Richtwert lagen. Nur bei einer Positionierung im 45°-Winkel zur Achse der Entnahmebrunnen im Anstrom (EWS2) ergibt sich eine längere Aufenthaltszeit und somit niedrigere Konzentrationen im Entnahmebrunnen (B1), die mit einem Faktor von 35 (Konzentrationsmaximum im Brunnen nach 0,2 Jahren) unter dem Richtwert liegen.

Variation hydraulischer Parameter

Eine Variation des kf-Wertes im mittleren Bereich von Lockergesteinsaquiferen ergab beim konservativen Transport von Ethylenglykol bei einem Abstand der Erdwärmesonde zum Entnahmebrunnen von 100 m für einen höheren kf-Wert von 3 ∙ 10−3 m/s im Vergleich zum ursprünglich angenommenen kf-Wert (5 ∙ 10−4 m/s) eine Abweichung der Maximalkonzentration im Entnahmebrunnen um 1,5 %, für einen niedrigeren kf-Wert von 3 ∙ 10−5 m/s eine Abweichung um −0,7 %. Eine höhere Porosität von 25 % als ursprünglich angenommen (20 %) erbrachte eine Abweichung der Maximalkonzentration um −1,6 %, eine niedrigere Porosität von 8 % eine Abweichung von 0,9 %. Somit haben diese hydraulischen Bedingungen im Nahbereich der Erdwärmesonde erwartungsgemäß nur wenig Auswirkung auf die Konzentration im Förderbrunnen. Bei einer hohen Dispersivität (αL = 100 m, αT = 10 m) ergibt sich eine Abweichung zur ursprünglich berechneten Maximalkonzentration (für αL = 10 m, αT = 1 m) von −47,2 %, wogegen eine niedrige Dispersivität (αL = 1 m, αT = 0,1 m) zu einer Konzentrationsabweichung von +74,1 % führt. Insgesamt zeigt sich also, dass die Variation der Entnahmerate die anderen Faktoren überprägt und wie beschrieben ausschlaggebend für die Verdünnung im Brunnen und die zum Abbau erforderliche Aufenthaltszeit ist.

Diskussion

Die exemplarischen numerischen Simulationen des Ausbreitungsverhaltens von Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffen aus Erdwärmesonden-Leckagen ins Grundwasser zeigten bereits bei Vernachlässigung von Abbau- sowie Sorptionsprozessen und ausschließlicher Annahme eines konservativen Transportes, dass bei einem Abstand von nur 100 m zwischen Erdwärmesonde und Trinkwasserbrunnen für alle Szenarien die Maximalkonzentrationen fast aller betrachteten Wärmeträgerfluid-Inhaltsstoffe im Brunnen aufgrund des hohen Verdünnungseffektes mit einem Faktor > 10 unterhalb der Richtwerte lagen. Unter Berücksichtigung von mikrobiellem Abbau ergeben sich noch geringere Konzentrationen im Brunnen, die in Abhängigkeit der Redoxbedingungen größtenteils mit einem Faktor > 30 und bei Benzoesäure sogar mit einem Faktor > 1000 unter dem jeweiligen Richtwert lagen. Diese niedrigen Konzentrationen treten bei Benzoesäure aufgrund der hohen Abbauratenkonstante (2,67 d−1) unter nitratreduzierenden Bedingungen auf. Auch bei den anderen Substanzen, außer bei 2‑Ethylhexansäure, zeigte sich die typische Abhängigkeit des Abbaus vom Redoxmilieu, bei der die Abbauraten von nitratreduzierenden zu fermentativen und sulfatreduzierenden Bedingungen hin abnehmen. Bei 2‑Ethylhexansäure liegt für den fermentativen Abbau eine höhere Abbaurate vor als für den nitratreduzierenden, wobei sich diese Angaben nur auf die Ergebnisse jeweils einer Studie stützen und ohne Vergleichswerte mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind. Gleiches gilt für den Abbau von Sebacinsäure unter fermentativen Bedingungen, die mit einem Faktor von 3 die geringste Unterschreitung des Richtwertes aufwies.

Auch eine Verringerung der Grundwasserentnahmerate von zuvor 1.000.000 m3/a auf 125.000 m3/a führte mit Ausnahme eines angenommenen konservativen Transportes von Sebacinsäure zu keiner Überschreitung des Richtwertes. Bei geringeren Entnahmeraten treten aufgrund der ca. doppelt so langen Aufenthaltszeit der Stoffe im Grundwasser bei der Berücksichtigung von Abbauprozessen bis zu 99,5 %, bei Benzoesäure sogar bis zu 99,9 %, niedrigere Konzentrationen im Entnahmebrunnen auf als bei einer Entnahmerate von 1.000.000 m3/a, sofern der Abbau nicht wie bei Ethylenglykol durch den Verbrauch von Elektronenakzeptoren limitiert wird. Eine solche Abbaulimitierung entsteht z. B. im Szenario mit nitratreduzierendem Ethylenglykolabbau bei einer geringeren Entnahmerate von 125.000 m3/a und der damit verbundenen längeren Aufenthaltszeit, da durch den hohen Ethylenglykoleintrag im Zentrum der Leckage die Nitratkonzentrationen auf < 1 mg/l sinken (Abb. 6). In einem solchen Fall würde jedoch der Abbau bei zu geringen Nitratkonzentrationen fermentativ erfolgen und sich dadurch die Ethylenglykol-Konzentrationen weiter verringern, sodass die Maximalkonzentrationen im Brunnen höchstens die Werte des Szenarios mit ausschließlich fermentativ angenommenem Abbau erreichen (vgl. Abb. 4).

Bei einer Nichtberücksichtigung reaktiver Prozesse und Annahme eines konservativen Transports traten aufgrund geringerer Verdünnung im Brunnen bei 125.000 m3/a hingegen um bis zu viermal höhere Konzentrationen auf als bei einer Entnahmerate von 1.000.000 m3/a. Unter aeroben Bedingungen, die hier nicht berücksichtigt wurden, sind aufgrund höherer Abbauratenkonstanten (siehe Abb. 2) sogar noch geringere Maximalkonzentrationen zu erwarten. Insgesamt zeigte sich, dass die Variation der Entnahmerate die anderen Faktoren überprägt und wie beschrieben ausschlaggebend für die Verdünnung und die zum Abbau erforderliche Aufenthaltszeit ist. Die Ergebnisse sind für Porengrundwasserleiter in den untersuchten kf-Bereichen gültig und nicht auf Kluft- und Karstgrundwasserleiter übertragbar. Ein prinzipielles Modell ersetzt zudem nicht eine spezifische Standortuntersuchung.

Angesichts des großen Beitrags, den Erdwärmeanlagen und/oder saisonale unterirdische Wärmespeicher zur Emissionsminderung im noch immer weitgehend durch fossile Energieträger dominierten Wärmesektor liefern könnten, entstehen durch pauschale „Sicherheitsabstände“, bei denen 99 % der geschützten Fläche in den meisten Fällen nicht durch Erdwärmesonden-Leckagen gefährdet wären (ringförmige, durch 100-m- und 1000-m-Radius begrenzte Fläche), potenziell erhebliche Einschränkungen der Erdwärmesonden-Nutzung und des damit verbundenen Potenzials im urbanen Raum. Hilfreich wären daher länderübergreifende einheitliche Regelungen mit naturwissenschaftlich begründeten Abstandsvorgaben.

Nach den Ergebnissen der numerischen Simulationen ist die Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung durch kontaminiertes Grundwasser aufgrund einer Erdwärmesondenleckage auch bei wesentlich geringeren restriktiven „Sicherheitsabständen“ ohne weitere Gegenmaßnahmen wenig wahrscheinlich. Aufgrund der hier gemachten Annahme eines kompletten Austritts des Wärmeträgerfluids aus der Erdwärmesonde, sind die Ergebnisse zudem eher konservativ zu bewerten. Ein kompletter Austritt des Wärmeträgerfluides in das Grundwasser sollte durch einen eingebauten Niederdruckpressostat in der Erdwärmesondenanlage, der den Druckabfall registriert und die Anlage daraufhin abschaltet, in der Regel verhindert werden. Selbst für den Fall eines doppelten Störfalls (Leckage aus der Erwärmesonde und Versagen des Sicherheitssystems), der gleichzeitig an mehreren Erdwärmesonden erscheint, sind, ohne es derzeit im Detail untersucht zu haben, eine Reihe von einfachen Interventionsverfahren möglich, um eine nachhaltige Schädigung des Grundwassers zu verhindern. Zu denken wäre u. a. an das einfache Verwerfen oder das Verschneiden der im Volumen begrenzten Wassermengen, da selbst für das angenommene unwahrscheinlich doppelte Störfallszenario i. d. R. jeweils nur ein Förderbrunnen kurzzeitig betroffen wäre. Obwohl nach den Ergebnissen dieser Arbeit auch die Menge und Art der eingesetzten Mittel zur Korrosionsverhinderung bereits heute nur ein relativ geringes Gefährdungspotenzial für das Grundwasser aufweisen, erscheint es aus Akzeptanzgründen erstrebenswert und möglich, im Rahmen von Technologieentwicklungen die Verwendung bzw. die potenziellen Umweltauswirkungen der Zuschlagstoffe zur Korrosionsverhinderung weiter zu reduzieren.

Generell besteht nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser Arbeit zudem Bedarf an einer generellen nationalen Diskussion, wie pauschale und naturwissenschaftlich nicht immer begründete Abstandsvorgaben zwischen Trinkwasserbrunnen und Erdwärmeanlagen und/oder saisonalen unterirdischen Wärmespeichern angesichts der dringenden Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen im Wärmebereich miteinander vereinbart werden können. Methodisch existieren heute schon hinreichende numerische Simulationswerkzeuge, um entsprechende Risiken grundsätzlich und ortsspezifisch auch für „Worst Case“-Szenarien quantifizieren zu können und geeignete Monitoring- und gegebenenfalls auch Interventionskonzepte zu entwerfen. Aus Sicht der Autoren ist es daher eine wesentliche zukünftige Aufgabe hydrogeologischer Forschung in Deutschland, Konzepte zur Vereinbarkeit von Klima- und Grundwasserschutz auf naturwissenschaftlich-technischer Basis zu entwickeln und umzusetzen.