Einleitung

Das Lausitzer Revier ist eins der größten noch aktiven Abbaugebiete für Braunkohle in Europa. Das Gebiet erstreckt sich vom Südosten Brandenburgs bis in den Nordosten Sachsens und liefert insgesamt rund ein Drittel der in Deutschland geförderten Braunkohle (Benthaus et al. 2015). Für die Braunkohleförderung wird der Grundwasserspiegel lokal um bis zu 100 m abgesenkt (Hüttl 1998). In seiner maximalen Ausdehnung erstreckte sich der dabei entstandene Absenktrichter insgesamt über eine Fläche von 2.100 km2 bis über die Grenzen des aktiven Tagebaus hinaus (Fleischhammel et al. 2010). Die tertiären und pleistozänen Bodenschichten in der Lausitz enthalten große Mengen an Eisendisulfid (FeS2s) wie Pyrit und Markasit (Meyer et al. 1999). Durch die Grundwasserabsenkung bedingte Belüftung des zuvor wassergesättigten und anoxischen Sedimentmaterials, kommt es zur Oxidation (Gl. 14) von FeS2s in den Abraumhalden sowie im Aquifer (Moses et al. 1987; Edwards et al. 1999; Schultze et al. 2010).

$$FeS_{{2_{s}}}+\frac{7}{2}O_{2}+H_{2}O\rightarrow Fe^{2+}+2SO_{4}^{2-}+2H^{+}$$
(1)
$$Fe^{2+}+\frac{1}{4}O_{2}+H^{+}\rightarrow Fe^{3+}+\frac{1}{2}H_{2}O$$
(2)
$$Fe^{3+}+3H_{2}O\rightarrow Fe\left(OH\right)_{{3_{s}}}+3H^{+}$$
(3)
$$FeS_{{2_{s}}}+14Fe^{3+}+8H_{2}O\rightarrow 15Fe^{2+}+2SO_{4}^{2-}+16H^{+}$$
(4)

Kommt FeS2s mit Sauerstoff (O2) in Kontakt wird es zu Sulfat (SO42−) oxidiert, wobei zweiwertiges gelöstes Eisen (Fe2+) und Protonen (H+) freigesetzt werden (Gl. 1). Unter O2-Verfügbarkeit wird das gelöste Fe2+ weiter zu dreiwertigem Eisen (Fe3+) oxidiert, welches wiederum durch Hydrolyse Eisenhydroxide (Fe(OH)3s) bildet und H+ freisetzt (Gl. 3). Abhängig vom pH-Wert sowie der lokalen O2-Verfügbarkeit im Aquifer fungiert auch Fe3+ als Oxidationsmittel für FeS2s (Gl. 4). Dieser anoxische Prozess läuft unter erneuter Freisetzung von Fe2+ und H+ ab. Durch Niederschlag und Sickerwasser, beim Wiederanstieg des Grundwassers und Flutung der Tagebaugruben, werden die Reaktionsprodukte (Gln. 14) gelöst und durch die Grundwasserbewegung in Richtung der Vorfluter (Kleine Spree und Spree), mobilisiert (Bilek et al. 2016). Beim Eintritt in die Fließgewässer bzw. bei direkter O2-Verfügbarkeit im Aquifer fällt das schwer lösliche Fe(OH)3s unter pH neutralen Bedingungen in Form von Mikroflocken aus (Gleisner und Herbert Jr 2002; Pham et al. 2006; Schultze et al. 2010), während SO42− im gelösten Zustand verbleibt. Ab einer Konzentration von 2–3 mg l−1 im Fließgewässer wird das ausgefallene Fe(OH)3s durch rot-bräunliche Verfärbung der Suspension und des Sediments sichtbar (Ulrich et al. 2019).

Der in den Fließgewässern entstehende Eisenocker (Fe(OH)3s-Schlamm) wird je nach Fließeigenschaften des Vorfluters am Flussbett abgelagert. Dies hat negative Auswirkungen auf die benthische Flora und Fauna zur Folge, die durch die Eisenocker-Schlammschicht einen Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen erfahren. Darüber hinaus kommt es zu einer Absenkung des lokalen pH-Wertes, was sich ebenfalls negativ auf aquatische Lebewesen auswirken kann. Ab einer Fe2+-Konzentrationen von 2–3 mg l−1 in den Fließgewässern verenden Fischlaich, Invertebraten und Fische, letztere durch Verkleben der Kiemen (Kruspe et al. 2014). Die durch die starke Trübung erhöhte Lichtabsorption der Gewässer, führt zu einer verminderten Photosyntheserate, mit negativen Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette in fluvialen Ökosystemen (Kruspe et al. 2014). Neben den ökologischen Konsequenzen bringen die erhöhten Eisenkonzentrationen in den Fließgewässern auch wasserwirtschaftliche Probleme mit sich (Schwarzmüller und Menz 2013). Die Spree ist primäre Trinkwasserquelle für den Großraum Berlin, weshalb aufwändige Trinkwasseraufbereitungsmaßnahmen notwendig sind bzw. in Zukunft verstärkt notwendig werden.

Insbesondere der diffuse Eintrag von gelöstem Fe2+ durch das lokale Grundwasser könnte in der Lausitz eine zentrale Rolle bei der Verockerungsproblematik der Spree bzw. der Kleinen Spree spielen. Die Interaktion zwischen Fließgewässer und Grundwasser und der damit verbundene Austausch von Wasser und gelösten Stoffen, kann räumlich entlang eines Fließgewässers stark variieren (Frei et al. 2009). Ziel dieser Studie ist es 1) den Eintrag von Grundwasser entlang der Spree bzw. Kleinen Spree räumlich zu quantifizieren, 2) den Einfluss des Grundwassers auf den Fe2+-Eintrag in die Spree und Kleine Spree qualitativ und quantitativ zu verstehen sowie 3) die Bilanzierung der im Einzugsgebiet zurückgehaltenen Menge an ausgefallenem Fe(OH)3s aus der FeS2s-Verwitterung vorzunehmen. Die Lokalisierung und Quantifizierung der Grundwasserzuflüsse in die Spree und Kleine Spree erfolgt mithilfe des natürlichen Tracers Radon (222Rn), einem geogen vorliegenden, radioaktiven Isotop der Uran-238-Zerfallsreihe.

Material und Methoden

Untersuchungsgebiet und Probennahme

Die Probennahme entlang der Spree und der Kleinen Spree erfolgte während zwei Messkampagnen, zwischen dem 01.05. und dem 04.05.2018 sowie zwischen dem 13.08. und dem 16.08.2018. In beiden Messkampagnen wurden etwa 20 km Flussabschnitt der Kleinen Spree und 34 km der Spree in Abständen von 0,5–3 km beprobt (Abb. 1). Ebenfalls wurden alle Hauptzuflüsse in die Kleine Spree bzw. Spree beprobt. Wichtige oberirdische Zuflüsse in die Kleine Spree sind der Scheibesee und der Bernsteinsee, und für die Spree der Zufluss Schwarzer Schöps/Bärwalder See, der Altarm am Wehr Ruhlmühle, die Kleine Spree und der Industriekanal Schwarze Pumpe. Wasserproben für 222Rn, SO42− und gelöstem Fe2+ wurden mithilfe eines 1 l-Schöpfers in der Hauptströmung etwa 20–30 cm unter der Wasseroberfläche genommen. Für Flüsse mit sehr großen Fließbreiten (z. B. Rhein oder Donau) kann es zu schlechter horizontaler Durchmischung des durch das Grundwasser einströmende 222Rn und anderer gelöster Stoffe kommen. Für Flüsse dieser Kategorie ist eine einzelne Probe oft nicht repräsentativ für den gesamten Fließquerschnitt. Bei der Spree bzw. Kleinen Spree in der Lausitz, mit einer maximalen Breite von bis 20 m, gehen wir von einer guten vertikalen/horizontalen Durchmischung aus, weswegen jeweils nur eine Probe genommen wurde um den Fließquerschnitt an der entsprechenden Stelle zu repräsentieren. In der zweiten Messkampagne wurden zusätzlich 21 Grundwassermesstellen über das gesamte Untersuchungsgebiet verteilt beprobt (s. Karte in Abb. A1 im Anhang, zu finden im Zusatzmaterial der Online-Ausgabe diese Beitrags). Grundwasserproben für die Bestimmung der 222Rn-Aktivitäten wurden mithilfe einer Saugpumpe entnommen. Das abgepumpte Grundwasser wurde über den Schlauch der Pumpe in eine 10 l-PVC-Wanne geleitet und das Volumen je nach Tiefe und Durchmesser der Grundwasserbrunnen so lange ausgetauscht (nach Möglichkeit mindestens das 2‑fache Volumen), bis sich repräsentative Grundwasserparameter (Temperatur, Leitfähigkeit, Sauerstoffgehalt) eingestellt hatten. Eine genaue Beschreibung der Probenaufbereitung der einzelnen Messparameter befindet sich im Anhang.

Abb. 1 Fig. 1
figure 1

Lage des Untersuchungsgebiets mit den beiden untersuchten Flüssen Kleine Spree (KS) und Spree (S) sowie den jeweiligen Probennahmepunkten

Location of the study site including the two rivers Kleine Spree (KS) and Spree (S) with the corresponding sampling points

Radon als natürlicher Tracer für die Quantifizierung von Grundwasserzuflüssen

Das Edelgas Radon (222Rn), mit einer Halbwertszeit von 3,8 Tagen, ist ein natürliches Zerfallsprodukt der Uran-Blei-Zerfallsreihe. Im Grundwasser stellt der radioaktive Zerfall des Mutterisotops Radium-226, enthalten in den mineralischen Bestandteilen des Aquifers, die einzige Quelle für 222Rn dar. Senken für 222Rn im Aquifer ist der radioaktive Zerfall und in Oberflächengewässern zusätzlich die Entgasung in die Atmosphäre (Cartwright und Gilfedder 2015). Im Grundwasser erreicht die 222Rn-Aktivität nach etwa 20 Tagen (~5-fache Halbwertszeit) ein säkulares Gleichgewicht, bedingt durch den radioaktiven Zerfall sowie die Nachlieferungsrate von 222Rn aus dem Zerfall des Mutterisotops 226Ra. Aufgrund der deutlichen Unterschiede in der 222Rn-Aktivität zwischen Oberflächen- und Grundwasser, eignet sich 222Rn als natürlicher Tracer für die qualitative und quantitative Bestimmung von Grundwasserzuflüssen in Fließgewässer (Cook et al. 2006; Cook 2013; Gilfedder et al. 2015, 2019).

Die quantitative Auswertung der 222Rn-Messungen erfolgte mithilfe des Modelles FINIFLUX (Frei und Gilfedder 2015). FINIFLUX basiert auf einem Finite-Elemente-Ansatz für die räumliche Diskretisierung der 222Rn-Massenbilanz in Fließgewässern (Gl. 5).

$$Q_{s}\frac{dc}{dx}=I\left(c_{gw}-c\right)-kwc-dw\uplambda \mathrm{c}+\frac{Q_{r}}{R_{L}}(c_{\text{trib}}-\mathrm{c})+\frac{\upgamma \mathrm{hw}\Uptheta }{1+\lambda t_{h}}-\frac{\lambda hw\Uptheta }{1+\lambda t_{h}}\cdot c$$
(5)

Dabei bezeichnet Qs und Qr [L3 T−1] den volumetrischen Abfluss im beprobten Flussabschnitt bzw. in den Zuflüssen, x [L] die Länge des Flussabschnittes, I [L3 T−1 L−1] die lokale Grundwasserzuflussrate, c, cgw und ctrib [M L−3] die 222Rn-Aktivitäten im Fluss, im Grundwasser sowie in Zuflüssen, k [T−1] den 222Rn Entgasungskoeffizienten, w [L] die Flussbreite, d [L] die Flusstiefe und \(\lambda\) [T−1] die radioaktive Zerfallskonstante von 222Rn.

Die Anreicherung von 222Rn in den Flussbettsedimenten durch den hyporheischen Austausch wird durch die letzten beiden Terme in Gl. 5 beschrieben. Hier steht \(\gamma\) [M L−3 T−1] für die 222Rn-Produktionsrate im Flussbettsediment, h [L] für die Tiefe des hyporheischen Austausches, \(\Uptheta\) [–] für die Porosität der Flussbettsedimente und th [T] für die mittlere Verweilzeit des infiltrierten Flusswassers in der hyporheischen Zone, basierend auf einer exponentiellen Verweilzeitverteilung. FINIFLUX ist gekoppelt an den Optimierungsalgorithmus PEST (Doherty et al. 1994), für die inverse Bestimmung sowohl der Grundwasserzuflussraten I als auch der hyporheischen Parameter th und h. Die 222Rn-Aktivität des Grundwassers (cgw in Gl. 5) stellt mitunter die größte Unsicherheit bei der inversen Bestimmung der Grundwasserzuflussraten als Teil der FINIFLUX-Modellierung dar. Auf Basis der im Untersuchungsgebiet gemessenen 222Rn-Aktivitäten der Grundwassermesstellen (siehe Anhang) wurde eine Häufigkeitsverteilung der Endmember-Aktivitäten erstellt. Für die Häufigkeitsverteilung wurde angenommen, dass die gemessene Variabilität in den 222Rn-Aktivitäten der Grundwasserproben einer Normalverteilung folgt. Anschließend wurde für die normalverteilte Grundgesamtheit das 25 %-, 50 %- und 75 %-Quantil berechnet. Die FINIFLUX-Simulationen wurden jeweils mit allen drei Quantilen, als entsprechende Endmember-Konzentration (cgw in Gl. 5) durchgeführt, um so den Einfluss der Unsicherheit auf die ermittelten Grundwasserzuflussraten zu bestimmen. Die Abflussdaten bzgl. der Spree und der Kleinen Spree sowie aller Zuflüsse wurden für beide Messkampagnen von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), vom Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU), vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen (LfULG) und von der Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV) bereitgestellt und sind im Anhang hinterlegt.

Bestimmung der im Einzugsgebiet der Spree zurückgehaltenen Menge an Eisen aus der Eisendisulfidoxidation

Als Teil dieser Studie wird angenommen, dass die verschiedenen Eisen- und Sulfat-Verbindungen in der Spree und der Kleinen Spree ursprünglich aus der Oxidation von FeS2s-Mineralen stammen. Unter der Annahme, dass SO42− im Gegensatz zu gelöstem Fe2+ chemisch inerte Eigenschaften im Einzugsgebiet (Tagebaurestseen, Fließgewässer und Aquifer) aufweist, kann über die gemessenen SO42−-Konzentration c(SO42−) [M l−3] die Soll-Konzentration von Eisen c(Fesoll) [M L−3] in den Fließgewässern ermittelt werden (Gl. 6). Der stöchiometrische Faktor 0,5 in Gl. 6 indiziert dabei, dass aus der Oxidation von FeS2s jeweils nur halb so viel Fe2+ wie SO42− gebildet wird. Die Soll-Konzentration an gelöstem Fe2+ c(Fesoll) entspricht somit der hypothetischen Konzentration in den Vorflutern für den Fall, dass gelöstes Fe2+ im Einzugsgebiet konservativ transportiert wird. Über die in den Fließgewässern gemessene tatsächliche Fe2+-Konzentration c(Feist) [M L−3] sowie dem gemessenen Abfluss Qs, kann über Gl. 7 die im Einzugsgebiet zurückgehaltene, immobilisierte Menge an Eisen [Feimm] [M T−1] ermittelt werden. Dabei entspricht [Fesoll] [M T−1] der Soll-Fracht an gelöstem Fe2+ und [Feist] [M T−1] der tatsächlich gemessenen Fracht in den Fließgewässern. Die für Gl. 7 notwendigen Konzentrationen c(SO42−) und c(Feist) wurden für die untersuchten Flussabschnitte ionenchromatographisch (c(SO42−)) bzw. photometrisch (c(Feist)) bestimmt (nähere Informationen zur Probennahme und Analyse befinden sich im Anhang).

$$c\left(Fe_{\mathrm{soll}}\right)=\frac{1}{2}c\left(SO_{4}^{2-}\right)$$
(6)
$$\left[Fe_{\mathrm{imm}}\right]=\left[Fe_{\mathrm{soll}}\right]-\left[Fe_{\mathrm{ist}}\right]=Qs\left[c\left(Fe_{\mathrm{soll}}\right)-c\left(Fe_{\mathrm{ist}}\right)\right]$$
(7)

Ergebnisse

222Rn-Aktivitäten in der Spree und der Kleinen Spree

Im Mittel lagen die gemessenen 222Rn-Aktivitäten in der Kleinen Spree für Messkampagne 1 (90 Bq m−3) über den Werten der Messkampagne 2 (47 Bq m−3) (Abb. 2). Die 222Rn-Aktivitäten zu Beginn der beprobten Fließstrecke der Kleinen Spree lagen bei 184 Bq m−3 (Messkampagne 1) und 59 Bq m−3 (Messkampagne 2), mit jeweils abfallendem Trend über die ersten 10 km. Die 222Rn-Aktivitäten des Zuflusses durch den Scheibesee lagen für beide Messkampagnen unterhalb der Nachweisgrenze (< 15 Bq m−3). Durch den Zufluss von nahezu 222Rn-freien Wassers aus dem Scheibesee kommt es in der Kleinen Spree zu einem Verdünnungseffekt, bei dem die gemessene 222Rn-Aktivität zwischen den Messpunkten 6 und 7 (Abb. 2) deutlich abfällt. Im Bernsteinsee lagen die gemessenen 222Rn-Aktiviäten während Messkampagne 1 mit 68 Bq m−3 nah an den Aktivitäten in der Kleinen Spree (Messpunkt 9, Abb. 2). Für Messkampagne 2 lag die 222Rn-Akvität im Bernsteinsee (62 Bq m−3) über der gemessenen Aktivität der Kleinen Spree (~20 Bq m−3), was einen sprunghaften Anstieg der 222Rn-Akvität im Zuflussbereich zwischen den Messpunkten 9 und 10 verursachte. Für die untersuchten Flussabschnitte, im Bereich des Zusammenflusses mit der Spree, zeigte sich für beide Messkampagnen eine tendenzielle Zunahme der 222Rn-Aktivitäten.

Abb. 2 Fig. 2
figure 2

Gemessene und modellierte 222Rn-Konzentrationen für die Spree (S) und die Kleine Spree (KS) für Messkampagne 1 und 2 (ad) sowie simulierter Grundwasserzufluss für die untersuchten Flussabschnitte der Spree und der Kleinen Spree für beide Messkampagnen (eh)

Observed and simulated 222Rn-activities for the Spree (S) and Kleine Spree (KS) for both measurement campaigns (ad), and simulated groundwater inflow for the different river reaches of the Spree and Kleine Spree (eh)

Wie bereits für die Kleine Spree festgestellt, waren die 222Rn-Aktivitäten im Mittel für die Spree während Messkampagne 1 (267 Bq m−3) höher als für Messkampagne 2 (215 Bq m−3) (Abb. 2). Im Vergleich zur Kleinen Spree lagen die gemessenen Werte der Spree deutlich über den Werten der Kleinen Spree, was auf einen höheren Grundwassereinfluss hindeutet. Zu Beginn der untersuchten Fließstrecke lagen die 222Rn-Aktivitäten in der Spree bei 522 Bq m−3 (Messkampagne 1) bzw. 271 Bq m−3 (Messkampagne 2). Für die ersten 5 km der untersuchten Fließstrecke sanken die gemessenen 222Rn-Aktivitäten deutlich. Zwischen den Messpunkten 3 und 4 kam es aufgrund einer wehrbedingten Entgasung zu einer deutlichen Reduktion der 222Rn-Aktivitäten von 390 auf 143 Bq m−3 (Messkampagne 1) bzw. von 280 auf 119 Bq m−3 (Messkampagne 2). Für beide Messkampagnen lagen die 222Rn-Aktivitäten des Zuflusses Schwarzer Schöps (~430 Bq m−3 für beide Messkampagnen) deutlich über den Aktivitäten in der Spree. Hier kam es im Bereich des Zuflusses zwischen den Messpunkten 6 und 7 zu einer deutlichen Zunahme der 222Rn-Aktivitäten in der Spree. Die mit Abstand höchsten gemessenen 222Rn-Aktivitäten (> 1000 Bq m−3) wurden für den Altarm der Spree zwischen den Messpunkten 12 und 13 gemessen. Aufgrund der hohen 222Rn-Aktivitäten des Altarms (Messkampagne 1: 1373 Bq m−3 und Messkampagne 2: 1532 Bq m−3) kam es in diesem Bereich zu einer lokalen Erhöhung der 222Rn-Aktivitäten in der Spree. Der Anstieg der 222Rn-Aktivitäten, verursacht durch den Zufluss des Altarms, ist im Vergleich zu anderen Zuflüssen (z. B. Schwarzer Schöps) nur sehr moderat ausgeprägt, da der Spree durch den Altarm nur geringe Mengen an Wasser zufließen. Nach 22 km folgten die 222Rn-Aktivitäten einem Abwärtstrend, bis Werte von 174 Bq m−3 (Messkampagne 1) und 137 Bq m−3 (Messkampagne 2) am Ende des untersuchten Fließabschnittes erreicht wurden. Die 222Rn-Aktivitäten der Zuflüsse Kleine Spree nach 22 km mit 103 Bq m−3 (Messkampagne 1) bzw. 51 Bq m−3 (Messkampagne 2) und Schwarze Pumpe nach 24 km mit 234 Bq m−3 (Messkampagne 1) bzw. 172 Bq m−3 (Messkampagne 2) führten zu einem leichten Verdünnungseffekt der 222Rn-Aktivitäten in der Spree.

Quantifizierung des lokalen Grundwasserzuflusses in die Spree und in die Kleine Spree

Für beide Messkampagnen wurden die lokalen Grundwasserzuflussraten, basierend auf den gemessenen Endmember-Aktivitäten der Grundwasserproben sowie der 222Rn-Aktivitäten in der Spree und der Kleinen Spree, durch FINIFLUX bestimmt. Die 222Rn-Aktivitäten der Grundwasserproben lagen für die einzelnen Messstellen (n = 18, Karte siehe Anhang) zwischen 1410 und 7840 Bq m−3. Der Median, der als Endmember-Aktivität für die Simulationen in Abb. 2 benutzt wurde (cgw in Gl. 5), lag bei 2565 Bq m−3 und die beiden 25 %- und 75 %-Quantile bei 1852 und 3185 Bq m−3. Sowohl für die Spree als auch die Kleine Spree zeigen die Simulationen eine gute Übereinstimmung zwischen den modellierten und gemessenen 222Rn-Aktivitäten (R2 > 90 %).

Über die gesamte untersuchte Fließstrecke der Kleinen Spree liegt der gesamte, kumulierte Grundwasserzustrom bei ~6900 m3 d−1 für Messkampagne 1 und bei ~2700 m3 d−1 für Messkampagne 2. Im Mittel waren die simulierten Grundwasserzuflussraten für Messkampagne 1 (456 m3 d−1) deutlich höher als für Messkampagne 2 (176 m3 d−1). Basierend auf den durchgeführten Simulationen zeigt die Kleine Spree im Mündungsbereich zur Spree entlang der Spreewitzer Rinne (Bereich C in Abb. 1 und 2) während Messkampagne 1 lokal erhöhte Grundwasserzuflussraten (zwischen 100 und 2000 m3 d−1). Für diesen Bereich liegt der Anteil am Gesamtzustrom bei 75 % (~5000 m3 d−1). Der erhöhte Grundwasserzustrom im Mündungsbereich zur Spree erklärt die in diesem Abschnitt gemessenen erhöhten 222Rn-Aktivitäten. Für Messkampagne 2 liegt der Anteil am Gesamtzustrom im Mündungsbereich bei nur noch 58 % (~1500 m3 d−1).

Der kumulierte Grundwasserzustrom entlang der untersuchten Fließstrecke der Spree liegt für Messkampgane 1 bei ~20.000 m3 d−1 und für Messkampagne 2 bei ~38.000 m3 d−1. Der simulierte mittlere Grundwasserzufluss für die einzelnen Flussabschnitte der Spree lag während Messkampagne 1 (733 m3 d−1) deutlich unter den Wert für Messkampagne 2 (1412 m3 d−1). Für die Spree wurden für beide Messkampagnen zwei Bereiche mit präferenziellem Grundwassereintritt identifiziert. Der erste Bereich (Bereich A in Abb. 1 und 2) liegt zwischen den Messpunkten 8 und 14 in dem Flussabschnitt entlang der Spreewitzer Rinne bis zur Einmündung des Altarms. Für Bereich A liegt der Anteil am gesamten Grundwasserzustrom bei 70 % (~13.700 m3 d−1) für Messkampagne 1 und bei 23 % (~9000 m3 d−1) für Messkampagne 2. Der zweite Bereich des präferenziellen Grundwassereintritts in die Spree (Bereich B in Abb. 2) liegt weiter flussabwärts, ebenfalls entlang der Spreewitzer Rinne, zwischen den Messpunkten 15 und 22. Für Messkampagne 1 lag hier der simulierte Anteil des Grundwasserzuflusses im Bereich B bei 17 % (~3400 m3 d−1) und für Messkampagne 2 bei 25 % (9400 m3 d−1). Der höchste simulierte Grundwasserzustrom mit > 9000 m3 d−1 wurde für den ersten untersuchten Flussabschnitt der Spree, zwischen den Messpunkten 1 und 2 für Messkampagne 2 ermittelt (Abb. 2). Dieser hohe Grundwasserzustrom konnte jedoch durch die Simulationen für Messkampagne 1 nicht bestätigt werden und wurde deshalb nicht als präferenzielle Grundwassereintrittszone deklariert.

Die Simulationen für die Quantifizierung des lokalen Grundwasserzuflusses in die Spree bzw. die Kleine Spree wurden unter Verwendung der 25 %- und 75 %-Quantile der Grundwasser-Endmember-Aktivität cgw wiederholt (Abb. 3). Die kumulierten Grundwasserzuflussraten für das 75 %-Quantil liegen unter den Werten des 25 %-Quantils, da aufgrund der höheren Endmember-Aktivität (75 %-Quantil) weniger Grundwasser notwendig ist, um die in den Fließgewässern gemessenen 222Rn-Aktivitäten zu erklären. Zwar unterscheiden sich die absoluten Werte des Grundwasserzuflusses deutlich für die drei unterschiedlichen Szenarien, die zuvor identifizierten Bereiche präferentiellen Grundwassereintritts (Bereich A–C) bleiben jedoch auch unter Verwendung der 25 %- und 75 %-Quantile erhalten.

Abb. 3 Fig. 3
figure 3

Abschätzung des Einflusses der Unsicherheit der Grundwasser-Endmember-Aktivität auf die Quantifizierung der Grundwasserzuflussraten für die Spree und Kleine Spree. Simulationen wurden durchgeführt unter Verwendung des 25 %- und 75 %-Quantils sowie des Medians der gemessenen 222Rn-Grundwasseraktiviäten. Die Bereiche A–C kennzeichnen Flussabschnitte mit präferentiellem Grundwassereintritt

Calculated uncertainty bands for groundwater inflow to the Spree and Kleine Spree based on the 25 %, 50 % (median) and 75 % quantiles of the observed 222Rn groundwater activity. Yellow areas represent areas of preferential groundwater inflow

Im Einzugsgebiet zurückgehaltenen Menge an Eisen aus der Sulfidoxidation

Für beide Fließgewässer korrelieren die gemessenen gelösten Fe2+-Konzentrationen c(Feist) mit den Bereichen präferenziellen Grundwassereintrittes. Hohe Fe2+-Konzentrationen wurden insbesondere für die Bereiche C und B entlang der Spreewitzer Rinne gemessen. Für die Fracht an gelöstem Fe2+ [Feist] zeigte sich ein ähnlicher Verlauf entlang der Spree und der Kleinen Spree (Abb. 4). Für die oberirdischen Zuflüsse aus dem Scheibesee, Bernsteinsee sowie dem Bärwalder See wurden nur geringe gelöste Fe2+-Konzentrationen gemessen (9–16 µmol l–1). Die höchsten Konzentrationen für gelöstes Fe2+ (3,5 bzw. 3,4 mmol l–1) und SO42− (7,1 bzw. 7,3 mmol l−1) wurde im Altarm der Spree gemessen. Die hohen Fe2+- und SO42−-Konzentrationen, in Verbindung mit den hohen gemessenen 222Rn-Aktivitäten (> 1000 Bq m3) in diesem Bereich, lassen darauf schließen, dass ein Großteil des Altarm-Wassers aus dem Grundwasser stammt. Für den Altarm liegt das Verhältnis aus gemessener Fe2+- und SO42−-Konzentration sehr nahe (~97 %) an dem stöchiometrischen Verhältnis aus Gl. 6, was darauf hinweist, dass nur geringe Mengen an Fe2+ im Altarm als Fe(OH)3s ausgefallen sind. Die hohen Fe2+-Konzentrationen lassen sich durch die niedrigen gemessenen pH-Werte im Altarm (pH 5) sowie im vorfluternahen Grundwasser (pH 3–4) erklären.

Abb. 4 Fig. 4
figure 4

Verlauf der gelösten Eisenfracht und der zurückgehaltenen Menge an Eisen in dem Einzugsgebiet der untersuchten Flussabschnitte der Kleinen Spree (KS) und der Spree (S)

Dissolved iron load in the Spree and Kleine Spree and retained amount of iron in the catchment

Sowohl für die Spree als auch die Kleine Spree ist die zurückgehaltene Menge an ausgefallenem Fe(OH)3s [Feimm] während der ersten untersuchten Flusskilometer vergleichsweise gering (Abb. 4). Für diese Bereiche liegen die Werte für die ermittelten Fe2+-Soll [Fesoll] und Ist-Frachten [Feist] (Gl. 7) nahe beieinander. Eine starke Zunahme von [Feimm] ergab sich für die Bereiche präferenziellen Grundwassereintrittes entlang der Spreewitzer Rinne (Bereich A–C, Abb. 4). Für diese Flussabschnitte ergab sich eine hohe Differenz zwischen [Fesoll] und [Feist], was darauf hinweist, dass hier große Mengen an Fe2+ in Form von ausgefallenem Fe(OH)3s in den Flussabschnitten bzw. deren Einzugsgebieten zurückgehalten wurden. Im Bereich der oberirdischen Zuflüsse in die Spree bzw. die Kleine Spree kommt es oft zu einem deutlichen Anstieg von [Feimm]. Mit Ausnahme des Altarms weisen alle anderen Zuflüsse relativ hohe SO42−- (c(SO42−)) und geringe Fe2+-Konzentrationen (c(Feist)) auf, was nach Gl. 7 die Zunahme von [Feimm] in diesen Abschnitten erklärt (Abb. 4). Die hohe Differenz aus gemessener Fe2+- und SO42−-Konzentration in den Zuflüssen, lassen den Schluss zu, dass in den Tagebaurestseen große Mengen an Fe2+ zurückgehalten werden. Für das Einzugsbiet der untersuchten Flussabschnitte der Kleinen Spree ergibt sich rechnerisch eine zurückgehaltene Menge an Eisen von 14 (Messkampagne 1) bzw. 12 Tonnen/Tag (Messkampagne 2) und für die Spree von 108 (Messkampagne 1) und 119 Tonnen/Tag (Messkampagne 2).

Diskussion

Das durchgeführte 222Rn-Monitoring für die Spree und die Kleine Spree sowie die Ergebnisse der FINIFLUX-Simulationen zeigen, dass die Grundwasserzuflussraten für die einzelnen Flussabschnitte stark variieren und Bereiche mit präferenziellem Grundwasserzufluss existieren. Sowohl für die Spree als auch die Kleine Spree konnten, entlang der Spreewitzer Rinne, Bereiche mit präferenziellem Grundwassereintritt durch das 222Rn-Monitoring identifiziert werden. Im Bereich der Spreewitzer Rinne erfolgte um das Jahr 2000 eine Umkehr der Grundwasserfließrichtung von den Tagebaugruben (v. a. Lohsa II) zur Spree, was nachweislich zu verstärken Grundwasserzuflüssen und erhöhten Eiseneinträgen in die Spree führte (Uhlmann et al. 2012). Für die Flussabschnitte entlang der Spreewitzer Rinne liegt der Anteil am gesamten Grundwasserzustrom für die Kleine Spree bei > 50 % (~5000 m3 d−1) für Messkampagne 1 und > 70 % (~1500 m3 d−1) sowie für Messkampagne 2 und für die Spree bei > 40 % (~17.000 m3 d−1) bzw. > 70 % (~23.000 m3 d−1). Für die Spree wurde von ähnlichen Raten für den Grundwasserzustrom (17.280–34.560 m3 d−1) entlang der Spreewitzer Rinne berichtet (Benthaus et al. 2015). Für die Kleine Spree weichen die Werte von Benthaus et al. (2015) (17.280–25.920 m3 d−1) allerdings deutlich von Raten ab, die durch das 222Rn-Verfahren ermittelt wurden.

Rechts der Spree entlang der Spreewitzer Rinne zwischen Boxberg und Neustadt, befindet sich der wenige Kilometer entfernte, noch aktive Tagebau Nochten. Aufgrund der massiven Grundwasserabsenkung im Tagbau Nochten und des dadurch entstandenen Absenktrichters, wäre es möglich, dass die Flussabschnitte der Spree entlang der Spreewitzer Rinne sogenannte Durchflusssysteme darstellen. Durchflusssysteme können sich bei Oberflächengewässern einstellen und bezeichnen die Situation, dass eine Seite des Ufers Wasser aus dem Aquifer erhält, während die andere Wasser an den Aquifer abgibt (Nield et al. 1994; Woessner 2000). Trotz der simulierten positiven Grundwasserzuflussraten (effluente Bedingungen) in die Spree/Kleine Spree, kann nicht ausgeschlossen werden, dass lokale Fließabschnitte existieren, die Wasser an den Aquifer abgeben (influente Bedingungen). Influente Bedingungen lassen sich allerdings durch das verwendete 222Rn-Verfahren nicht bestimmen, da sich hier die 222Rn-Aktivität im Fließgewässer nicht ändert.

Die Fehler in der Wasserbilanz für die FINIFLUX-Simulationen lagen, mit Ausnahme für Messkampane 2 bei der Kleinen Spree (Fehler: 20 %), unter 5 % (siehe Anhang). Geringe Fehlerwerte stehen für eine geschlossene Wasserbilanz, was die Plausibilität der berechneten Grundwasserzuflussraten stützt. Unsicherheiten hinsichtlich der Quantifizierung der lokalen Grundwassereintritte ergaben sich aufgrund der räumlichen Variabilität der 222Rn-Endmember-Aktivitäten des Grundwassers. Im Untersuchungsgebiet lagen die gemessenen 222Rn-Aktivitäten des Grundwassers zwischen 1515 und 7540 Bq m−3 und waren aufgrund der hohen Anteile an neogenen- und pleistozänen Sanden vergleichsweise gering. Je nach verwendeter 222Rn-Endmember-Aktivität (Median bzw. 25 %- und 75 %-Quantil) resultierten unterschiedlich hohe Grundwasserzuflussraten für die einzelnen Flussabschnitte. Bereiche mit präferenziellem Grundwassereintritt entlang der Spreewitzer Rinne konnten jedoch für alle durchgeführten Szenarien, auch unter Verwendung des 25 %- bzw. 75 %-Quantil, bestätigt werden.

Für beide Fließgewässer konnte nachgewiesen werden, dass der präferenzielle Grundwasserzufluss entlang der Spreewitzer Rinne, und der damit verbundene diffuse Eintrag von Fe2+, die Haupt-Eisen-Quelle darstellt. Genau für diese Flussabschnitte entlang der Spreewitzer Rinne wurden in der Vergangenheit bereits hohe gelöste Fe2+-Konzentrationen festgestellt (Uhlmann et al. 2012; Benthaus et al. 2015). Als Quellen der Fe2+-Belastung wurde dabei primär der pleistozäne Grundwasserleiter der Spreewitzer Rinne sowie sekundär die Innenkippe Burghammer und die Außenhalde Burghammer identifiziert (Uhlmann et al. 2012). Das hohe Eisen-Potenzial der Spreewitzer Rinne in Verbindung mit dem hohen präferenziellen Grundwasserzufluss in diesen Flussabschnitten, sorgt in beiden Fließgewässern für einen abrupten Anstieg der gelösten Fe2+-Konzentrationen. Dies konnte optisch mit der für Fe(OH)3s typisch rot-bräunlichen Färbung des Gewässers bzw. des Sediments bestätigt werden (siehe Abb. A2–A4 im Anhang).

Eisen liegt aufgrund geringer pH-Werte und anoxischer Bedingungen im Grundwasser nahezu ausschließlich als zweiwertig gelöstes Fe2+ vor. Der diffuse Eintrag von Fe2+ durch das Grundwasser in die Spree bzw. die Kleine Spree wird aufgrund des hohen Eisen-Potenzials der Spreewitzer Rinne bei rückläufigen Frachten wohl noch weitere 50–100 Jahre anhalten (Uhlmann et al. 2012). Oberirdische Zuflüsse in die Spree bzw. die Kleine Spree aus Tagbauresteseen, wie dem Scheibesee und Bernsteinsee (Kleine Spree) sowie dem Schwarzen Schöps (Spree), erhöhen die Fe2+-Fracht in den Fließgewässern aufgrund der geringen Fe2+-Konzentrationen nicht signifikant. Um der durch die FeS2-Verwitterung bedingten Versauerung in den Tagebaurestseen entgegen zu wirken, werden regelmäßig Kalkungsmaßnahmen durchgeführt. Dabei steigt der pH-Wert und das gelöste Fe2+ präzipitiert in Form von Fe(OH)3s, während die gelöste Fe2+-Konzentration sinkt (Bengtsson et al. 1980; Klapper et al. 1996). Für die Tagebaurestseen Scheibesee, Bernsteinsee wurde ein Eisenrückhalt [Feimm] zwischen 2 und 6 Tonnen/Tag und für den Bärwalder See ein Rückhalt zwischen 14–16 Tonnen/Tag basierend auf Gl. 7 bestimmt.

Die Quantifizierung des immobilisierten Eisens in Form von Fe(OH)3s zeigte, dass große Mengen an Eisen aus der FeS2-Verwitterung im Einzugsgebiet zurückgehalten werden und nur ein geringer Anteil (< 1 %) in gelöster Form als Fe2+ bzw. als suspendiertes kolloidales Fe(OH)s das Einzugsgebiet verlässt. Für das gesamte untersuchte Einzugsgebiet der Spree wurde eine zurückgehaltene Menge an Eisen von insgesamt 109–120 Tonnen/Tag ermittelt. Primäre Senken für Eisen im Einzugsgebiet sind 1) die Tagebaurestseen, bei denen durch künstliches Kalken die Präzipitation von Fe(OH)3s gefördert wird, 2) die Flussbettsedimente, an deren Grenzschicht zum Aquifer das anoxische Grundwasser mit Sauerstoff in Berührung kommt und Fe(OH)3s gebildet wird, und 3) oxische Bereiche im Aquifer, in denen sich Fe(OH)3s bilden kann. Die durchgeführte Quantifizierung der im Einzugsgebiet der Spree/Kleinen Spree zurückgehaltenen Menge an Eisen basiert auf der Annahme, dass 1) sich im Gegensatz zu gelöstem Fe2+, SO42− annähernd wie ein konservativer Stoff im Einzugsgebiet verhält und 2) die dominante Quelle, sowohl für Fe2+ als auch SO42−, die FeS2-Verwitterung darstellt. Insbesondere für den Altarm konnte gezeigt werden, dass letztere Annahme, aufgrund des stöchiometrischen Verhältnisses zwischen Fe2+ und SO42−, nahezu perfekt erfüllt wird.

Die Annahme für das konservative Transportverhalten von SO42− im Einzugsgebiet, auf dem die Quantifizierung des immobilisierten Eisens basiert, könnte aufgrund von ablaufenden SO42−-Reduktionsprozessen teilweise nicht zutreffen. Im Grundwasserleiter kann SO42−-Reduktion in anoxischen Mikronischen stattfinden, die lokal einen hohen Anteil von bioverfügbarem organischen Kohlenstoff aufweisen (Massmann et al. 2003; Scholl et al. 2006). Ähnliche Abbaumechanismen, bei denen SO42− unter anoxischen Bedingungen reduziert wird, finden in vorfluternahen Feuchtgebieten statt (Whitmire und Hamilton 2005; Frei et al. 2012). Für das Einzugsgebiet der Spree bzw. der Kleinen Spree kann die SO42−-Reduktion im Aquifer bzw. in Feuchtgebieten nicht ausgeschlossen werden. Für Bereiche im Einzugsgebiet, wo SO42− teilweise reduziert wird, wird der quantifizierte Eisenrückhalt tendenziell unterschätzt, da ein Teil des SO42− nicht den Vorfluter erreicht und deshalb nicht in die Bilanzierung eingeht. Aufgrund der sehr hohen SO42−-Frachten in der Spree/Kleinen Spree gehen wir allerdings davon aus, dass dieser Anteil nicht wesentlich die Bilanzierung beeinflusst.

Zusammenfassung und Fazit

Basierend auf dem durchgeführten 222Rn-Monitoring konnte nachgewiesen werden, dass sich der lokale Austausch zwischen der Kleinen Spree bzw. der Spree und dem Aquifer räumlich stark unterscheidet. Insbesondere im Bereich der Spreewitzer Rinne kommt es entlang beider Fließgewässer zur Ausprägung von Bereichen mit präferenziellem Grundwasserzufluss, durch die auch große Mengen an Eisen in beide Fließgewässer gelangen. Die Bilanzierung des zurückgehaltenen Eisens ergab enorme Mengen an Fe(OH)3s, die im Einzugsgebiet der Spree zurückgehalten werden. Als Teil dieser Studie erwies sich das vorgestellte 222Rn-Verfahren als verlässliche und einfach durchzuführende In-situ-Methode zur qualitativen und quantitativen Erfassung lokaler Grundwasserzuflüsse. Das 222Rn-Verfahren eignet sich insbesondere für die Bestimmung der Grundwasserzuflüsse auf der größeren Skala, wie etwa Einzugsgebiete oder ganzer Flussnetze. Ähnliche 222Rn-Studien für die Quantifizierung von lokalen Grundwasserzuflüssen wurden in der Vergangenheit bereits für unterschiedlich große Fließgewässer, wie etwa dem Roten Main (~1 m3 s−1) (Frei und Gilfedder 2015; Pittroff et al. 2017), der Salzach (~250 m3 s−1) (Frei und Gilfedder 2015) oder der Vilqué (~10 l s−1) (Frei et al. 2019), einem kleinen Fluss/Bach in der Bretagne (Frankreich) durchgeführt. Das Verfahren eignet sich insbesondere gut, wenn in den entsprechenden Einzugsgebieten flussnahe Grundwassermessstellen vorhanden sind, über die sich die für den Ansatz notwendigen 222Rn-Endmemberkonzentrationen ermitteln lassen. Das für die quantitative Auswertung der 222Rn-Messungen notwendige Massenbilanzmodell FINIFLUX ist frei verfügbar unter http://www.hydro.uni-bayreuth.de/hydro/de/software/software/software_dl.php?id_obj=129191.