Zusammenfassung
Die verkarsteten Oberjura-Karbonate Süddeutschlands werden als Doppelporositäts-System charakterisiert. Das vorgeschlagene Modell beschreibt die grundlegenden Prozesse, die von der Neubildung zur Quellschüttung führen. Neubildung wird auf Karst und Kluftmatrix verteilt. Während nur geringe Anteile direkt in den Karst gelangen (Direktabfluss), infiltriert der Hauptanteil in das Kluftsystem. Hierdurch wird Vorereigniswasser in der Speichermatrix mobilisiert und dem Karstsystem zugeführt. Zusätzlich läuft die Speichermatrix exponentiell leer (Basisabfluss). Direktabfluss, Vorereigniswasser und Basisabfluss füllen den Karstspeicher auf, der ebenfalls exponentiell leerläuft und damit die Quellschüttung bildet. Basierend auf einer Neubildungsganglinie von 40 Jahren simuliert das Modell die täglichen Vorratsänderungen in den beiden Speichern. Voraussetzung sind Leerlaufkoeffizienten für Basisabfluss und Karst. Ein Verteilungskoeffizient berechnet den Umfang des Direktabflusses, ein zweiter Koeffizient das Volumen des Vorereigniswassers. Die berechnete Schüttung stimmt gut mit der gemessenen Schüttungsganglinie überein.
Abstract
Upper Jurassic karstified limestones in southern Germany are characterized by a dual-porosity system. Here we present a new model that describes the basic processes from recharge to discharge. While recharge is distributed to both main conduits and fractures, only minor amounts of the total runoff reach the karst system directly (direct runoff) while most water infiltrates into the fractured matrix. This mechanism expels pre-event water from the fissured matrix and into karst conduits. Additionally, matrix storage exponentially decreases during baseflow conditions. Altogether, direct runoff, pre-event water and baseflow fill the karst system and make up the spring discharge. Based on a time series of 40 years of recharge data, the model simulates daily changes of groundwater volumes within the two storage systems. Prerequisites are recession coefficients for baseflow and conduits. A distribution coefficient calculates the amount of direct runoff and a second coefficient the amount of pre-event water. Calculated discharges were in good agreement with the spring hydrograph.
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Lemma zur mittleren Verweilzeit des Wassers in einer Speichermatrix unter Berücksichtigung der Mobilisierung von Vorereigniswasser
Gegeben sei eine Speichermatrix mit Füllmenge M, welche mit dem Konzept von Maillet mit einem Leerlaufkoeffizienten α M exponentiell entleert wird (Basisabfluss) und die aus der Grundwasserneubildung R in Höhe von (1−ε−φ)R mit Verteilungskoeffizienten ε (Direktabfluss) und φ (Vorereigniswasser) gefüllt wird. Für den Gleichgewichtszustand, d. h. die Summe aller Zuflüsse entspricht der Summe aller Abflüsse, bleibt M im Zeitablauf konstant. Es gilt dann unter der Annahme einer kontinuierlichen Grundwasserneubildung für das Verhältnis der mittleren Verweilzeiten ohne Mobilisierung von Vorereigniswasser MVZ M (φ=0) und mit Mobilisierung von Vorereigniswasser MVZ MV (φ>0) die Beziehung:
Beweis
Sei R Jahr die Grundwasserneubildung eines Jahres. Davon wird der Anteil 1−ε der Speichermatrix zugeführt. Man erhält somit gemäß der Definition der mittleren Verweilzeit:
Sei ferner t eine beliebige Zeiteinheit. Fände nun KEINE kontinuierliche Zuführung von neuem Grundwasser in die Speichermatrix statt, würde sich diese auf die Restfüllmenge M t leeren:
Daraus ergäbe sich eine Abflussmenge für die Zeiteinheit t in Höhe von \(M ( 1 - e^{ - \alpha_{M}t} )\). Da aber eine kontinuierliche Zufuhr aus der Grundwasserneubildung anzunehmen ist und der exponentielle Basisabfluss stets auf die gleiche Füllmenge M Anwendung findet, muss für den Gleichgewichtszustand stattdessen gelten:
Beim Grenzwert in Gleichung 23 handelt es sich um die erste Ableitung der Funktion \(f ( t ) = - e^{ - \alpha_{M}t}\) an der Stelle t=0. Man erhält somit:
Andererseits gilt für den kontinuierlichen Zufluss in die Speichermatrix mit der Grundwasserneubildung R t für den Zeitraum t:
Aus den gleichen Wassermengen für Zu- und Abfluss erhält man aus 24 und 25:
Setzt man nun t=1 Jahr und verwendet Gleichung 20 erhält man:
Hieraus folgt:
Aus der bekannten Gleichung:
folgt das Lemma:
Entsprechend dem Anteil \(\frac{\varphi}{1 - \varepsilon}\) des Vorereigniswassers findet somit eine Verkürzung der MVZ in der Speichermatrix statt. □
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Fodor, J., Selg, M. Ein Speicher-Durchfluss-Modell für die Abflussbildung im Oberjura-Karst der Schwäbischen Alb. Grundwasser 18, 237–246 (2013). https://doi.org/10.1007/s00767-013-0232-6
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00767-013-0232-6