Die Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) verändern das Gesundheitswesen und insbesondere die Onkologie rapide [1]. Früher waren komplexe Daten, wie Bilddaten und Text, nur durch subjektive menschliche Auswertung zugänglich. Versuche, quantitative Informationen aus diesen Datentypen zu extrahieren, waren vor 2012 auf klar definierte Nischenbereiche beschränkt und generalisierten nicht über verschiedene Anwendungen und Datentypen hinweg. Dies hat sich durch die Methoden der KI, die heute fast ausschließlich durch Deep Learning angetrieben werden, fundamental geändert. Deep Learning bezeichnet eine Technik des maschinellen Lernens, die künstliche neuronale Netzwerke benutzt. Diese ermöglicht die quantitative Auswertung von Bildern, Texten und anderen komplexen unstrukturierten Daten und kann damit ganz unmittelbar helfen, beispielsweise in der Radiologie und in der Histopathologie [2].
Klarer klinischer Bedarf für computerbasierte Unterstützung
In der Medizin sind bereits viele Deep-Learning-basierte Systeme für Anwendungen in der Krebsmedizin in Europa für die Anwendung an Patienten zugelassen, die meisten davon in der Bildauswertung. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend noch verstärken wird. Besonders in der Onkologie gibt es immer mehr zu integrierende Daten und immer weniger Fachpersonal, das mit dem Wissen in allen onkologischen Bereichen Schritt halten kann. Hier besteht ein klarer klinischer Bedarf für computerbasierte Unterstützung, und genau hier kann die KI helfen. Die akademische medizinische Community im deutschsprachigen Raum und Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) setzen sich intensiv mit diesem Thema auseinander und haben thematische Gruppen zur KI in der Hämatologie und Onkologie eingerichtet [3].
In diesem Themenheft fassen wir sieben Übersichtsbeiträge von namhaften Expertinnen und Experten aus dem deutschsprachigen Raum zusammen, die sich umfassend mit dem Einsatz und den Perspektiven der künstlichen Intelligenz in der Onkologie beschäftigen (vgl. Abb. 1). Diese Beiträge beleuchten vielfältige Aspekte: von den Grundlagen der KI über ihre spezifischen Anwendungen in verschiedenen Bereichen der Onkologie bis hin zu zukünftigen Entwicklungen und Herausforderungen. F. Wenz und S. Ebener bieten in ihrem Beitrag einen Überblick über KI-Anwendungen in der Onkologie sowie einen Ausblick. M. Börries et al. diskutieren die Sondersituation der Daten in der Onkologie, da alle KI-Systeme nur so gut sind wie die Daten, die ihnen zugrunde liegen. K. Bressem et al. befassen sich mit KI in der Radiologie und Strahlentherapie, zwei der krebsmedizinischen Disziplinen, die unmittelbare Berührungspunkte mit der KI haben. S. Försch und S. Schulz erörtern den Einsatz der KI in der Pathologie. Auch in der Pathologie kann KI einen wertvollen Beitrag leisten, hier steht jedoch besonders die Frage der effizienten Implementierung im Raum. S. Speidel et al. zeigen auf, wie die KI in der onkologischen Chirurgie genutzt werden kann, unter anderem auch in der Aus- und Weiterbildung. Aber auch in der systemischen Tumortherapie kann KI bei Entscheidungen helfen, was immer wichtiger wird, da immer schneller immer mehr Krebsmedikamente zugelassen werden. A. Oeser et al. stellen dar, wie KI in der Entscheidungsunterstützung und medikamentösen Therapie helfen kann. C. Löffler et al. beleuchten die Nutzung von Large Language Models, einer der aktuell spannendsten Technologien mit enormen Durchbrüchen in den Jahren 2022 und 2023 [4]. Schließlich bietet J. Förner einen Beitrag zur Vision von KI in der Onkologie und zur extrem wichtigen Sicht der Patientinnen und Patienten.
Dieses breite Spektrum an Beiträgen zeigt die spannende Bandbreite zwischen technischen, medizinischen und implementierungswissenschaftlichen Fragestellungen zum Thema KI in der Medizin, speziell in der Onkologie. Dieser Überblick ist zwar umfassend, stellt aber nur den Anfang und Auftakt für eine weitgehende Diskussion dar, da es noch zahlreiche offene Fragen im Bereich der medizinischen KI gibt [5]. Wir freuen uns, Ihnen diese Artikelsammlung präsentieren zu können, und hoffen, dass sie den Auftakt für weitere Diskussionen und Entwicklungen in diesem spannenden Bereich bildet.
Für die Schriftleitung
Jakob Nikolas Kather
Für die Herausgebenden
Heinz Schmidberger
Literatur
Topol EJ (2019) High-performance medicine: the convergence of human and artificial intelligence. Nat Med 25:44–56
Shmatko A, Ghaffari LN, Gerstung M, Kather JN (2022) Artificial intelligence in histopathology: enhancing cancer research and clinical oncology. Nat Cancer 3:1026–1038
Rösler W, Altenbuchinger M, Baeßler B, Beissbarth T, Beutel G, Bock R et al (2023) An overview and a roadmap for artificial intelligence in hematology and oncology. J Cancer Res Clin Oncol 149:7997–8006
Clusmann J, Kolbinger FR, Muti HS, Carrero ZI, Eckardt J‑N, Laleh NG et al (2023) The future landscape of large language models in medicine. Commun Med 3:141
Rajpurkar P, Chen E, Banerjee O, Topol EJ (2022) AI in health and medicine. Nat Med 28:31–38
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
J.N. Kather weist auf folgende Beziehungen hin: Beratungsdienstleistungen für Owkin, Frankreich, DoMore Diagnostics, Norwegen, Panakeia, Vereinigtes Königreich, Scailyte, Schweiz, Mindpeak, Deutschland, und MultiplexDx, Slowakei; außerdem hält er Anteile an der StratifAI GmbH, Deutschland, erhielt Forschungsförderung von GSK und Honorare von AstraZeneca, Bayer, Eisai, Janssen, MSD, BMS, Roche, Pfizer und Fresenius. H. Schmidberger gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Additional information
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
QR-Code scannen & Beitrag online lesen
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Kather, J.N., Schmidberger, H. Von der Bildauswertung bis zur Entscheidungsunterstützung: KI-Anwendungen in der Onkologie. Onkologie (2024). https://doi.org/10.1007/s00761-024-01509-y
Accepted:
Published:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00761-024-01509-y