Die Erfassung von patientenberichteten Endpunkten („patient-reported outcomes“ [PRO]) ist bislang noch kein Standard in klinischen Registern. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zu vermuten ist, dass vor allem Unkenntnis darüber besteht, wie PRO-Erfassung in die Register implementiert und hohe Datenqualität gewährleistet werden kann. Außerdem ist unbekannt, wie aufwendig eine solche Implementierung ist und ob sich dieser Aufwand lohnt. Da im Rahmen der neu eingeführten Anwendungsbegleitenden Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln aber genau dies gefordert wird, möchten wir in diesem Beitrag über unsere Erfahrungen mit der Einführung von PRO in ein europäisches medizinisches Register berichten.

Wenn die Wirkung eines Arzneimittels oder einer nichtmedikamentösen Intervention von den Erkrankten nicht wahrgenommen werden kann, sei es in Form von längerem Überleben oder besserem Befinden, wie wertvoll ist diese Wirkung dann überhaupt? Wenn ein Medikament zwar das Überleben um einige Monate verlängert, diese Zeit aber mit großen Schmerzen, starker Übelkeit oder starker Fatigue verbracht wird, wollen die Patient*innen dies? Diese berechtigten Fragen führten dazu, dass seit mehreren Dekaden Anstrengungen unternommen werden, neben klinischen Endpunkten (wie Gesamtüberleben oder Ansprechen) auch die Sicht der Patient*innen in klinischen Studien systematisch und valide zu ermitteln [19]. Hierbei spricht man von patientenberichteten Endpunkten, im Englischen von „patient-reported outcomes“ (PRO). Diese werden in der Regel anhand von Fragebögen erfasst, den „patient-reported outcomes measures“ (PROM).

So wertvoll es ist, die Patientenperspektive zu kennen und bei der Entwicklung und Zulassung von Medikamenten zu berücksichtigen, stellen sich doch einige Herausforderungen bei der Umsetzung. Hier seien nur einige davon genannt: Zunächst muss die Studienleitung wissen, welchen Fragebogen sie verwenden kann – nicht nur bei multinationalen Studien, sondern auch vor dem Hintergrund von Migration, stellt sich die Frage nach den Übersetzungen (und deren Qualität). Die Bögen müssen an alle Zentren verteilt werden und in ausreichender Zahl vorliegen. Die Studienassistent*innen dürfen nicht vergessen, die Bögen im richtigen Zeitfenster auszuteilen. Die Patient*innen müssen willens und in der Lage sein, die Bögen auszufüllen (Brille vergessen? Kugelschreiber vorhanden? Fragen verständlich?). Anschließend dürfen die ausgefüllten Bögen nicht verloren gehen, sie sollten auch auf Vollständigkeit (Datum eingetragen? Alle Fragen beantwortet?) geprüft werden, bevor sie dann datenschutzkonform an die Studienzentrale übermittelt werden. Neben der Dateneingabe inkl. Plausibilitätschecks bedarf es dort einer Person, die sich mit der Datenauswertung auskennt.

Obwohl aufwendig, ist die Erfassung von PRO in klinischen Studien mittlerweile Standard, zunehmend auch unter Zuhilfenahme elektronischer Datenerfassung [2]. Darüber hinaus werden PRO in der klinischen Praxis oder zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern inzwischen regelhaft eingesetzt [5, 22, 23].

In Registern hingegen finden PRO bislang selten Anwendung, und wenn, dann nur punktuell für einzelne Studien [12, 24]. Eine erwähnenswerte Ausnahme bildet das PROFILES-Register in den Niederlanden [6, 11, 13,14,15, 18]. Diese von Lonneke van de Poll-Franse initiierte [17] und geleitete Struktur verbindet Daten des niederländischen Krebsregisters mit PRO-Erhebungen, bereitet diese auf und stellt sie für wissenschaftliche Fragestellungen zur Verfügung (www.profilesregistry.nl). In Deutschland gibt es eine solche Infrastruktur noch nicht. Teilweise wird hier die Erfassung von PRO als Intervention ausgelegt, was die Umsetzung in Registern erschwert.

Da im Rahmen der neu etablierten „Anwendungsbegleitenden Datenerhebung für neue Arzneimittel“ (AbD) aber letztlich genau dies gefordert wird, hat das Europäische Mantelzell-Lymphom-Register (EMCL-R) begonnen, eine solche Struktur aufzubauen. Wir berichten in diesem Beitrag über unsere Erfahrungen damit, um anderen Registern die Möglichkeit zu geben, daraus zu lernen.

Patientenberichtete Endpunkte in der Nutzenbewertung

Für die Nutzenbewertung von Arzneimitteln spielen PRO eine tragende Rolle. Das liegt darin begründet, dass für die Feststellung eines Zusatznutzens laut Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) nur folgende vier Endpunkte relevant sind: Gesamtüberleben, Dauer der Erkrankung, Morbidität und Lebensqualität. Die Feststellung des Zusatznutzens ist für die pharmazeutischen Unternehmer essenziell für die Preisgestaltung des neuen Arzneimittels. Die Prüfung erfolgt durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), welcher das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) damit beauftragt.

Da für einige neue Arzneimittel die Studienlage zum Zeitpunkt der Zulassung (noch) nicht aussagekräftig genug ist, kann der G‑BA vom Hersteller eine AbD verlangen. Das bedeutet, dass während der Anwendung des Arzneimittels prospektiv Daten zur Verträglichkeit und Wirkung gesammelt werden. Es handelt sich hierbei also nicht um klinische (das heißt interventionelle) Prüfungen, sondern um Beobachtungsstudien. Diese unterliegen einer höheren Gefahr von systematischen Fehlern, insbesondere von „confounding“, als randomisierte klinische Studien. Um dieses Risiko zu reduzieren, muss streng darauf geachtet werden, dass kein „Rosinen-Herauspicken“ bei der Datenerhebung und -auswertung stattfindet (dass also Daten oder Ergebnisse, die nicht den Erwartungen entsprechen, aussortiert werden). Die Daten müssen demnach möglichst vollständig und repräsentativ erhoben werden. Dabei helfen Register, da diese Vergleichsdaten zur Verfügung stellen können. Hier besteht ebenfalls die Gefahr von selektiver Auswahl, sodass die Kontrollgruppe besonders sorgfältig ausgesucht werden muss, idealerweise per Zufallsprinzip. Zu diesem Zweck muss die Studienpopulation im Protokoll beschrieben und erläutert werden.

Zu berücksichtigen ist, dass „Register“ kein geschützter Begriff ist. Jede Person, die in ihrer Klinik eine Tabelle anlegt und medizinische Daten darin einträgt, kann dies ein „Register“ nennen. In der Regel versteht man darunter aber systematische Verzeichnisse von Patient*innen mit definierten Krankheitsbildern, zu denen epidemiologische (z. B. Vitalstatus, Erkrankungsstatus), demografische (z. B. Geschlecht, Geburtsdatum, Todesdatum), klinische (z. B. Diagnose, Histologie etc.) und Behandlungsdaten (z. B. Datum und Art der Behandlungen) dokumentiert werden. Um den Erkrankungsverlauf verfolgen zu können, müssen auch personenidentifizierende Daten (z. B. der Name) erfasst werden. In einigen Registern, etwa den Landeskrebsregistern, ist dies durch gesetzliche Vorgaben geregelt. Andere Register, denen diese gesetzliche Grundlage fehlt, können die patientenbezogenen Daten nur nach schriftlicher informierter Einwilligung der Betroffenen dokumentieren.

Je vollständiger und vollzähliger die Datenerfassung im Register ist, desto verlässlicher sind die Aussagen, die man von ihren Daten ableitet.

Das Europäische Mantelzell-Lymphom-Register

Das Mantelzelllymphom (MCL) ist ein seltener Subtyp maligner B‑Zell-Lymphome mit aggressivem Krankheitsverlauf und häufigen Rezidiven. In den letzten Jahren hat sich das biologische Verständnis erheblich verbessert und molekulare Behandlungsziele wurden identifiziert [1, 4, 7, 8, 10, 21]. Infolgedessen haben sich die etablierten Behandlungsalgorithmen verändert und diversifiziert [3, 9, 20]. Bei jedoch weiterhin unbefriedigender Prognose besteht ein großer Bedarf, die optimale Behandlungsabfolge und den Wert von Rettungsstrategien im Krankheitsverlauf zu erforschen.

Deshalb wurde das MCL-Register ins Leben gerufen, ein multinationales Projekt des europäischen MCL-Netzwerks (European Mantle Cell Lymphoma Network, EMCL). Es ist ein nichtinterventionelles, longitudinales, multizentrisches, pro- und retrospektives Register für alle Patient*innen mit der Diagnose MCL. Die Patient*innen können unabhängig von ihrem individuellen Behandlungszeitpunkt aufgenommen werden, Daten zum früheren Krankheitsverlauf werden retrospektiv erfasst. Dies gewährleistet einen longitudinalen Überblick über den gesamten Verlauf. Auch Informationen von Patient*innen, die nicht in klinische Studien aufgenommen werden, können durch das Register erfasst werden. Diese sogenannten „real world data“ können nur in sorgfältig gepflegten Registern in angemessener Qualität und Tiefe gesammelt werden. Darüber hinaus ermöglichen solche Register die Integration einer langfristigen Nachbeobachtung von Patient*innen aus klinischen Studien mit vergleichsweise geringem Aufwand.

Das EMCL-Register wurde 2015 von der Ethikkommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz genehmigt; erste Patient*innen wurden 2016 eingeschlossen. Die Daten werden in 94 teilnehmenden Zentren in 7 Ländern (Deutschland, Spanien, Italien, Irland, Portugal, der Schweiz und Kroatien) erfasst, darunter Universitätskliniken (51), kommunale Krankenhäuser (34), Praxen (8) und eine Privatklinik (1). Den Studienzentren wird eine webbasierte Datenbanklösung in Form eines modularen Systems zur Verfügung gestellt, welches mithilfe eines elektronischen „case report form“ (eCRF) bearbeitet wird. Nach Zustimmung durch die Patient*innen werden die Daten zentral gespeichert und automatisch pseudonymisiert. Das System ermöglicht den wiederholten Zugriff auf einzelne Patientenfälle, um die verfügbaren Informationen zu erweitern. Zu diesem Zweck werden die Zentren einmal jährlich erinnert, die entsprechenden Informationen auszufüllen und den Follow-up-Status zu aktualisieren. Der geschätzte Zeitaufwand für das Ausfüllen des eCRF beträgt bei geübten Dokumentar*innen ca. 15 min pro Patient*in.

Das EMCL-Register erfasst patientenbezogene Daten zu Demografie, Krankheitsmerkmalen und Risikofaktoren, Komorbiditäten, Leistungsstatus, Vitalstatus, Therapien (Chemotherapien, Antikörpertherapien, zielgerichtete Wirkstoffe, zelluläre Therapien usw.), Inanspruchnahme des Gesundheitswesens, Nebenwirkungen und Lebensqualität.

Insgesamt sind bisher 1524 Patient*innen eingeschlossen worden (Stand: Dezember 2023), mit einer deutlichen Zunahme in den letzten Jahren (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Anzahl von in das European Mantle Cell Lymphoma(EMCL)-Register eingeschlossenen Patient*innen pro Quartal seit 2015 (kumuliert)

Damit umfasst das Register einen der weltweit größten Datensätze zum Mantelzelllymphom. Dennoch beträgt die Vollzähligkeit in Deutschland lediglich ca. 10 % aller Erstdiagnosen und auch die Vollständigkeit der Datensätze ist – wie bei anderen medizinischen Registern auch – noch nicht optimal. Mitunter fehlen zum Beispiel gelegentlich Daten zu p53-Status, Knochenmarksbefall oder Erkrankungsstadium.

Die Teilnahme am EMCL-Register ist freiwillig und bedeutet für die teilnehmenden Zentren einen zusätzlichen Arbeitsaufwand, der neben dem klinischen Alltag zu bewältigen ist. Neben der intrinsischen Motivation der Zentren zur Teilnahme ist daher eine angemessene Vergütung des Dokumentationsaufwands wichtig. Dem gegenüber steht die schwierige Finanzierung rein wissenschaftlicher Register, die aktuell zum großen Teil von der Förderung durch die Industrie abhängig ist und starken Schwankungen unterliegen kann. Daher erfolgt eine Aufwandsentschädigung meist in Form einer eingeschränkten Basisvergütung. In der hier vorgestellten AbD erhalten die Zentren einen geringen dreistelligen Betrag pro eingeschlossenem Fall inkl. erster Therapielinie sowie kleinere Beträge für das jährliche Datenupdate, im Falle einer weiteren Therapielinie oder einer zellulären Therapie sowie am Ende der Beobachtung. Weiterhin erfolgt die Einreichung bei der zuständigen Ethikkommission zentral durch den Sponsor, um den bürokratischen Aufwand für die Zentren zu minimieren.

Sollen Projekte innerhalb des Registers durchgeführt werden, die einen erheblichen Mehraufwand für die Dokumentation bedeuten, wird dieser zusätzlich vergütet. Dieser Mehraufwand betrifft insbesondere die Erhebung von Daten zur Lebensqualität. Durch die PRO wird der Dokumentations- und administrative Aufwand der Zentren wesentlich erhöht. Der vollständige Datensatz einer Patient*in innerhalb der AbD und die Dokumentation von unerwünschten Nebenwirkungen sowie der Lebensqualität zu Studienbeginn wird zusätzlich vergütet. Die Fragebögen der Folgebefragungen werden durch eine zentrale Vertrauensstelle (zum Verfahren s. unten) direkt an die Patientin bzw. den Patienten verschickt, um den Aufwand der Zentren für die Phase der Nachbeobachtung zu verringern.

Eine weitere Aufgabe der Vertrauensstelle ist das „Dublettenmanagement“. Hierfür muss die Identität von Patient*innen abgeglichen werden, da es unter Umständen (z. B. bei Wohnortswechsel) zur doppelten Erfassung kommen kann. Hierbei handelt es sich um einen umfangreichen Prozess, der fortlaufend überwacht und weiterentwickelt wird.

Beispiel anwendungsbegleitende Datenerhebung bei einem CAR-T-Zell-Produkt

Am Beispiel von CAR-T-Zell-basierten Immuntherapien in der Hämatoonkologie [16] soll über eine konkrete AbD und unsere bisherigen Erfahrungen damit berichtet werden.

Vertragsgestaltung und weitere regulatorische Aspekte

Generell werden, wie in klinischen Prüfungen auch, im Umfeld von Registern vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Registerbetreiber und den datenerhebenden Registerzentren abgeschlossen. In diesen Vereinbarungen werden der Umfang der zu erbringenden Leistung und die damit verbundene finanzielle Aufwandsentschädigung festgelegt. Neben den vorgenannten Themen spielen gerade im Umfeld von Registern datenschutzrechtliche Aspekte eine wesentliche Rolle in den Verträgen. Dazu zählen nicht nur die Verpflichtungen nach Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), z. B. Informationspflichten, sichere Datenerhebung und -transfer, Archivierung etc., sondern auch Themen wie Datennutzung, Dateneigentum und Publikationsstrategie.

Im konkreten Fall einer AbD kommt hinzu, dass über die vertragliche Vereinbarung die Teilnahme am Register gegenüber dem Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) nachgewiesen wird. Auf dieser Grundlage können Kliniken eine Erstattung der CAR-T-Zell-Therapie geltend machen. Nach einer Verordnungsbeschränkung des G‑BA erfolgt diese nur für teilnehmende Registerzentren. Zusätzlich erkundigt sich der Medizinische Dienst (MD) nach dem Stand der Datenerhebung, um eine adäquate Datenqualität sicherzustellen.

Im Rahmen einer AbD besteht zudem eine Meldepflicht nach § 67 (6) Arzneimittelgesetz (AMG) gegenüber der Bundesoberbehörde, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (für die gesetzliche Krankenversicherung) und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (für die private Krankenversicherung). Hier müssen regelmäßig detaillierte Angaben nicht nur zu den teilnehmenden Ärzt*innen, sondern auch zum Stand des Patienteneinschlusses und zu erhaltenen Entschädigungen gemacht werden.

Neben den vertraglichen und gesetzlichen Aspekten spielt die Antragsstellung bei den lokalen Ethikkommissionen ebenfalls eine zentrale Rolle. Nach der ärztlichen Berufsordnung sind die teilnehmenden Ärzt*innen auch bei einem nichtinterventionellen Register verpflichtet, sich bei der für sie zuständigen Ethikkommission berufsrechtlich beraten zu lassen und ein Votum einzuholen. Damit verbunden ist oft auch die Konsultation von lokalen Datenschutzbeauftragten. Anders als in klinischen Prüfungen existiert hier keine federführende Ethikkommission, die sich mit den anderen beteiligten Ethikkommissionen ins Benehmen setzt. Im vorliegenden Fall entscheidet primär jede Ethikkommission unabhängig, jedoch besteht die Möglichkeit, im sogenannten koordinierten Verfahren ein Votum von mehreren Ethikkommissionen gleichzeitig zu erhalten. Durch das föderale System ergeben sich hieraus oft unterschiedliche Auslegungen, die miteinander in Einklang gebracht werden müssen; sollte das nicht möglich sein, entstehen hieraus lokale Abweichungen, die bei der Zusammenführung der Daten berücksichtigt werden müssen.

Sollte es sich – wie beim EMCL – um ein internationales Register handeln, treffen im Wesentlichen die genannten Punkte zu, hinzu kommt allerdings, dass nationale Vorgaben von den Gegebenheiten in Deutschland abweichen können und bei der Gestaltung von Verträgen bzw. Ethikeinreichungen berücksichtigt werden müssen.

All diese Aspekte zusammengenommen, empfiehlt es sich, ausreichend Ressourcen, neben der reinen Datenerhebung an sich, einzuplanen oder frühzeitig Expertise von Registerbetreibenden, Epidemiolog*innen und PRO-Expert*innen einzubeziehen.

Zentrales „Site Management“ und Monitoring

Schulungsaufwand

Um möglichst vollständige und qualitativ hochwertige Daten zu PRO zu erfassen, ist eine sorgfältige Schulung der Studienzentren durch die Studienleitung (in dem Fall der hier beschriebenen AbD unterstützt durch das Monitoring-Team des Interdisziplinären Zentrums Klinische Studien [IZKS] Mainz) essenziell.

Die Prüfärzt*innen und Studienassistent*innen stellen als Ansprechpartner*innen für die Registerpatient*innen ein wichtiges Bindeglied dar. Sie tragen die Verantwortung für die Ausgabe der Fragebögen. Die Studienassistent*innen müssen genau wissen, welche Fragebögen zu welchen Zeitpunkten an welche Patient*innen ausgehändigt werden. Dafür müssen die Ein- und Ausschlusskriterien für die AbD, die Erhebungszeitpunkte und ggf. die Logistik zur Übermittlung der Fragebögen geschult werden. Idealerweise lässt sich eine solche PRO-Schulung in die Initiierung einbinden. Im Falle der hier vorgestellten AbD finden auf Grundlage des G‑BA-Beschlusses nachträgliche Schulungen aller bereits am EMCL-Register teilnehmenden, aber auch neuer Studienzentren im Online-Format statt. In acht Terminen à 1,5–2,5 h wurden bisher insgesamt 52 Studienzentren geschult. Im Hinblick auf die Erhebung der PRO stehen vor allem die Erhebungszeitpunkte und die Vollständigkeit der Bögen im Vordergrund. Für diese AbD wurde eine zentrale PRO-Unit eingerichtet, die die Dokumentation der PRO-Parameter aus allen Studienzentren übernimmt (siehe unten). Dafür müssen die Fragebögen auf elektronischem oder postalischem Weg datenschutzkonform an die PRO-Unit übermittelt werden. Die damit einhergehende Logistik muss ebenfalls geschult werden. Insgesamt beläuft sich der Schulungsaufwand für die PRO auf 10–15 min.

Monitoring, telefonische Kontakte

Die Arbeit der Monitor*innen am IZKS endet allerdings nicht mit der erfolgreichen Schulung; die eigentliche Arbeit beginnt danach. Um einen möglichst reibungslosen Ablauf bei der Erhebung der PRO zu erzielen, werden alle Studienzentren mit potenziellen Patient*innen für die AbD im Rahmen des zentralen „Site Management“ unterstützt. Da die Erhebung der PRO zeitkritisch und an bestimmte Behandlungszeitpunkte geknüpft ist, werden die Studienzentren telefonisch für die Ausgabe der Fragebögen und ihre Übermittlung an die PRO-Unit sensibilisiert. Sie werden auch darauf hingewiesen, die Fragebögen im Rücklauf auf Vollständigkeit zu prüfen und ggf. fehlende Antworten bei den Patient*innen nachzufordern. Sollten die Studienzentren telefonisch mehrfach nicht erreichbar sein, werden sie schriftlich kontaktiert.

Insgesamt umfasst das zentrale „Site Management“ inkl. Erinnerung an und Sensibilisierung für die Ausgabe der Fragebögen, fortlaufendem Tracking der PRO-relevanten Behandlungszeitpunkte und Beantwortung von Fragen in Hochphasen durchschnittlich circa 2 h pro Tag pro Monitor*in (im Beispiel der AbD sind insgesamt 3 Monitorinnen tätig). In der Vorbereitungsphase und zu Projektstart kann dies sogar noch höher liegen. Perspektivisch nimmt der Zeitaufwand ab, je routinierter die Studienzentren in den projektspezifischen Abläufen werden. Insbesondere zu Beginn eines solchen Projekts sind Fehler und Versäumnisse nicht zu vermeiden. Je höher der Patient*inneneinschluss in einem Studienzentrum ist, desto routinierter werden die Abläufe und desto weniger Betreuung durch die Monitor*innen ist nötig.

Im Falle einer elektronischen Übermittlung der Fragebögen muss zum einen die Datenschutzkonformität gegeben sein, aber zum anderen auch der Umgang mit den entsprechenden Upload-Portalen geschult werden. Darüber hinaus müssen für den Zugriff vorab die Befugnisse bzw. Verantwortlichkeiten der Mitarbeitenden auf dem „delegation log“ durch die/den hauptverantwortliche/-n Prüfärztin/-arzt des jeweiligen Studienzentrums bestätigt werden. Das „delegation log“ wird zur Prüfung an die Monitor*innen versendet. Hier ist ggf. ein erneutes Nachfragen nötig, wenn Eintragungen nicht richtig vorgenommen wurden. Wenn das Dokument korrekt ist, stellen die Monitor*innen eine Anfrage zur Erstellung von Zugangsdaten an die PRO-Unit. Auch dies ist Teil des zentralen „Site Management“.

Im Rahmen eines Monitorings vor Ort erfolgen eine Quelldatendurchsicht (englisch: „source data review“ [SDR]) und ein Quelldatenabgleich (englisch: „source data verification“ [SDV]). Der Umfang beider Bereiche kann variieren und risikobasiert angepasst werden (z. B. hundertprozentige Überprüfung oder nur stichpunktartige Kontrolle). In Abhängigkeit von der geforderten Überprüfungsintensität der beiden Bereiche und der vorliegenden Datenqualität variiert die hierfür benötigte Zeit. Neben den Einwilligungserklärungen, Patientenakten und den regulatorischen Unterlagen werden ggf. die im Studienzentrum vorliegenden PRO von den Monitor*innen überprüft.

Im Falle der hier vorgestellten AbD werden die Fragebögen von den Studienzentren direkt an eine zentrale PRO-Unit übermittelt, wo eine Überprüfung und die weitere Prozessierung erfolgen. Hier ist ein Zeitaufwand ab 5 min aufwärts pro Fragebogen pro Zeitpunkt realistisch.

Sicht der Studienzentren

Da Register einen nichtinterventionellen Charakter haben, ist es durchaus eine Herausforderung, die Ausgabe und Logistik der Fragebögen in den Studienzentren zu etablieren. Der daraus entstehende organisatorische Mehraufwand ist mit der Grundvergütung für die Teilnahme am Register selten komplett abgedeckt. Dies sollte entsprechend in einer zusätzlichen Vergütung für die Teilnahme an der AbD berücksichtigt werden und kann Anreize für eine projektplankonforme Durchführung der AbD bieten (z. B. „enrollment fees“ für erfolgreich eingeschlossene AbD-Patient*innen). Die daraus entstehenden neuen Verantwortlichkeiten müssen ggf. neu zugeteilt werden und/oder Studienteams müssen umstrukturiert werden.

Wenn, wie im Falle der hier vorgestellten AbD, durch die Erhebung der PRO feste Zeitpunkte für Folgebefragungen eingehalten werden müssen, wird die Flexibilität des Registers stark eingeschränkt. Deadlines zu Zwischenauswertungen müssen eingehalten werden und von im Projektplan definierten Erhebungszeitpunkten sollte man nicht abweichen. Um dies zu gewährleisten, ist das zentrale „Site Management“ ein sinnvolles und hilfreiches Tool. Das regelmäßige Anrufen, Anschreiben und Nachfragen kann die Studienzentren aber durchaus auch unter Druck setzen. Es ist daher wichtig, ein gutes Mittelmaß zwischen der notwendigen Beharrlichkeit und dem Verständnis für die Komplexität des Projekts zu finden. Dabei ist Fingerspitzengefühl notwendig. Das zeitintensive zentrale „Site Management“ hat nur dann einen Mehrwert, wenn die Hilfe auch angenommen wird und alle Beteiligten versuchen, die Prozesse fortwährend zu verbessern, im Sinne des gemeinsamen Ziels einer guten Datenerhebung.

Vertrauensstelle, PRO-Unit und Folgebefragungen

Vertrauensstelle

Um die Fragebögen datenschutzkonform an die Patient*innen im Register versenden zu können, wurde eine Vertrauensstelle eingerichtet. Diese ist am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universitätsmedizin Mainz angesiedelt und wird von der dortigen Abteilung für Medizinische Dokumentation betrieben. Die Vertrauensstelle hat mehrere Aufgaben im Rahmen des EMCL-Registers:

  1. 1.

    Erfassung und Archivierung von Einwilligungserklärungen: Die Vertrauensstelle ist verantwortlich für die Sammlung und Archivierung aller Einwilligungserklärungen der Patient*innen des EMCL-Registers.

  2. 2.

    Elektronische Erfassung personenidentifizierender Daten: Die Vertrauensstelle erfasst elektronisch personenidentifizierende Daten wie Name, Vorname, Geburtsdatum, Adresse, Telefonnummer und E‑Mail-Adresse.

  3. 3.

    Versand von Lebensqualitätsfragebögen: Die Fragebögen für die Folgebefragungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach Therapiestart (im Falle der beschriebenen AbD 1, 3, 6, 12 Monate und 2, 3 Jahre) werden verschickt. Die Patient*innen sollen diese Bögen zu Hause ausfüllen.

  4. 4.

    Registrierung und Rückverfolgung der Fragebögen: Sie registriert den Rücklauf der Fragebögen und meldet fehlende Fragebögen der PRO-Unit.

Im Rahmen eines allgemeinen Amendments des EMCL-Registers wurde unter anderem auch die Einwilligungserklärung erweitert, sodass eine Einholung der PRO möglich wurde. Die erweiterte Einwilligungserklärung wird von allen Patient*innen im Register erneut eingeholt. Die größte Herausforderung liegt aktuell darin, dass die Mitarbeiter*innen der Studienzentren verlässlich die Unterschrift in der Einwilligungserklärung einholen und anschließend die Lebensqualitätsfragebögen protokollgemäß herausgeben und rasch an die PRO-Unit übermitteln.

Wenn keine Einwilligungserklärung in der Vertrauensstelle und/oder keine Daten zum geplanten Therapiestart vorliegen, kann dies dazu führen, dass ein fehlender Rücklauf von Fragebögen unentdeckt bleibt und damit PRO-Daten für die Auswertung fehlen. Die gute Schulung der Studienzentren und regelmäßige Erinnerungen schaffen Bewusstsein für die Wichtigkeit der Einholung von Einwilligungserklärungen und die vollständige Erfassung der PRO vor Therapiestart und sind daher von großer Bedeutung für den Erfolg der AbD.

PRO-Unit

Neben der Vertrauensstelle wurde ebenfalls eine PRO-Unit etabliert, die die Erfassung der PRO logistisch unterstützt. Sie ist ebenfalls am Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik in Mainz angesiedelt, allerdings in der Abteilung Epidemiologie und Versorgungsforschung. Vertrauensstelle und PRO-Unit agieren somit unabhängig voneinander, stehen aber in engem Austausch. Das Ziel der PRO-Unit ist, dafür zu sorgen, dass für möglichst alle Teilnehmenden der AbD vollständige Daten zur Lebensqualität (für alle im Protokoll vorgesehenen Datenzeitpunkte) eingeholt, elektronisch erfasst, aufbereitet, ausgewertet und archiviert werden.

  • Die PRO-Unit steht indirekt über das Team der Monitor*innen des IZKS mit den Studienzentren in Kontakt, um die Zahl der Akteur*innen und Anfragen für die Studienzentren zu minimieren. Dies bedeutet andererseits für die PRO-Unit, dass sie bezüglich der zentralen Baseline-Datenerhebung nur mittelbar tätig werden kann. Wichtige Datumsangaben zur Therapie, deren Kenntnis für die Planung der Folgebefragungen essenziell ist, müssen aktiv nachgefragt werden. Ohne diese können keine Fragebögen oder Erinnerungen versendet werden.

  • Potenzielle Patient*innen der AbD, für die seitens der Studienzentren keine Einwilligungserklärung eingeholt und rechtzeitig an die Vertrauensstelle übermittelt wird, können übersehen werden und somit nicht in die PRO-Datenauswertung der AbD einbezogen werden.

  • Die teilweise engen Toleranzfenster in der AbD für die Erhebung der PRO-Daten machen es nötig, dass die Fragebögen für die Folgebefragungen frühzeitig verschickt und die Rückläufe streng monitoriert werden. Bei fehlender Antwort erfolgen Erinnerungen postalisch und gegebenenfalls auch telefonisch. Befinden sich die Patient*innen in der Klinik, kann eine Befragung über die Studienassistent*innen vor Ort zielführend sein.

  • Für eine hohe Rücklaufquote bei den Folgebefragungen hat sich bisher eine kurze Kontaktaufnahme mit den teilnehmenden Patient*innen bewährt, bei denen sich die Mitarbeiter*innen der PRO-Unit für das Ausfüllen der bisherigen Fragebögen bedanken und die Wichtigkeit der mehrmaligen Erhebung der Lebensqualität betonen.

Datenschutzkonformer Datentransfer

Die eingescannten Einwilligungserklärungen werden von den Studienzentren auf einer verschlüsselten Datentransferplattform (QIATA-FTP – File Transfer Protocol) an die Vertrauensstelle übermittelt. Dazu bedarf es einmalig bereitgestellter Login-Daten und eines benutzerdefinierten Passworts. Die Nutzung der Datentransferplattform ist für die Datenerhebungszentren kostenfrei, da dieser Dienst von der Universitätsmedizin Mainz zentral gestellt wird.

Die Fragebögen der Baseline-Befragung werden von den Studienzentren auf einem zentralen Datenspeicherort (z. B. Seafiles) abgelegt und danach von der PRO-Unit in einer Datenbank erfasst. Fragebögen, die postalisch versendet und eingeholt werden, werden bei Ankunft mit Datum des Eingangs und des Ausfüllens des Fragebogens in einer Organisationsdatenbank festgehalten.

Die Antworten auf den Fragebögen werden von zwei Personen unabhängig voneinander dokumentiert. Sind auf den Fragebögen handschriftliche Ergänzungen gemacht worden, werden diese innerhalb von 2 Werktagen schriftlich an das zentrale „Site Management“ übermittelt und dann an die Studienzentren gespiegelt.

Zusammenführung mit den klinischen Daten

Die Zusammenführung der klinischen Daten mit den PRO-Daten geschieht über die Patienten-ID. Die Auswertung der zusammengeführten Daten (mit indirektem Personenbezug) erfolgt auf speziell gesicherten Servern.

Die Kommunikation der Vertrauensstelle und der PRO-Unit mit dem IZKS funktioniert sehr gut. Fehlende Angaben zu Therapiezeitpunkten bzw. Baseline-Fragebögen werden rasch in den Studienzentren eingeholt und an die PRO-Unit weitergeleitet. Auch die elektronische Übermittlung von Einwilligungserklärung und PROM funktioniert gut. Alle Dokumente sind gut lesbar. Handschriftliche Ergänzungen sind selten. Es gibt nur wenige Fehlwerte innerhalb der Fragebögen, d. h., die Patient*innen füllen die Bögen verlässlich aus.

Als herausfordernd erweist sich, dass Vertrauensstelle und PRO-Unit nicht direkt erfahren, in welchen Zentren neue potenzielle Teilnehmende der AbD ankommen und vorbereitet werden, was dazu führen kann, dass die PRO-Erhebung keine 100 %ige Abdeckung erreicht.

Schlussfolgerung

Wenn PRO in Registern eingesetzt werden, ergeben sich Chancen und Herausforderungen. Der wichtigste Vorteil ist, dass Lebensqualitätsthemen, die für Patient*innen relevant sind, nicht so leicht übersehen werden. Die wichtigste Herausforderung besteht im sehr hohen personellen und logistischen Aufwand. Eine PRO-Erhebung geht nur bei entsprechender Finanzierung. Je nach Organisation der Register ist diese häufig projektbasiert und damit nicht nachhaltig. Eine mögliche Lösung könnte die Einführung einer Abrechnungsziffer in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab sein.

Unser Modell mit Vertrauensstelle, PRO-Unit, zentralem „Site Management“ und Register hat sich als gut machbar erwiesen und kann empfohlen werden. Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit ist dabei essenziell.

Wir denken, dass es eine gute Entscheidung war, durch die zentrale Organisation der PRO-Folgebefragungen die Studienzentren zu entlasten. Die PRO-Erfassung ist aus unserer Sicht nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten möglich, da Datenerhebung, -eingabe und -auswertung sowie regulatorische Aufgaben wie Datenschutz, Ethikvotum etc. sehr aufwendig sind. Wir raten dringend dazu, hierfür externe Expertise einzubeziehen.

Fazit für die Praxis

  • Die PRO-Erfassung im Rahmen von Registern ist möglich, aber mit hohem Aufwand verbunden.

  • Eine Regelfinanzierung der PRO-Erfassung in Registern erscheint sinnvoll, was zumindest im Rahmen von AbD möglich ist.