Zusammenfassung
Das Glioblastom gehört zu den häufigsten primären Tumoren des zentralen Nervensystems und ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Die Kriterien für eine integrierte Diagnose basieren auf histologischen und molekularen Merkmalen, die in der aktuellen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation verankert sind. Die postoperative Erstlinientherapie besteht in einer Kombination von Radiotherapie, Temozolomidchemotherapie (je nach molekularem Profil, Alter und klinisch-neurologischem Zustand kombiniert mit Lomustin) sowie Tumortherapiefeldern. Die Therapiestrategie bei Progression wird interdisziplinär abgestimmt, basierend auf verschiedenen Kriterien, darunter der klinische Zustand, die Latenz zur Erstlinientherapie und das bildgebende Progressionsmuster. Klinische Therapiestudien sind in jedem Krankheitsstadium integraler Bestandteil der Glioblastombehandlung. Aktuelle klinische Therapiestudien untersuchen biomarkerbasierte Therapiestrategien, verschiedene Strategien der Immuntherapie oder auch die weitere Optimierung bisheriger Therapiekonzepte.
Abstract
Glioblastoma is one of the most common primary neoplasms of the central nervous system and has an unfavorable prognosis. The criteria for an integrated diagnosis of glioblastoma are based on histological and molecular characteristics, which are anchored in the current World Health Organization classification. First-line postoperative therapy consists of a combination of radiotherapy, temozolomide chemotherapy (with or without lomustine, depending on the molecular tumor profile), and tumor treating fields. Upon tumor progression, treatment recommendations are based on various criteria, including clinical status, time elapsed from first-line therapy, and the pattern of disease progression. Therapeutic clinical trials are an integral part of neuro-oncological care at all stages of glioblastoma. Current strategies in clinical trials include biomarker-based and immunotherapies, as well as optimization of current treatment concepts.
Avoid common mistakes on your manuscript.
Lernziele
Nach Lektüre dieses Beitrags
-
sind Sie mit den Grundlagen interdisziplinärer Therapieentscheidungen bei Patienten mit Glioblastom vertraut.
-
können Sie klinische und bildgebende Befunde von Patienten mit Glioblastom entsprechend den aktuell gültigen Kriterien (Neurologic-Assessment-in-Neuro-Oncology[NANO]-Skala, Response-Assessment-in-Neuro-Oncology[RANO]-Kriterien) interpretieren.
-
kennen Sie aktuelle klinischen Studien in der Neuroonkologie und neue, innovative Therapieansätze in der Behandlung des Glioblastoms.
-
kennen Sie das Versorgungsnetzwerk der Zentren für Personalisierte Medizin und die hierdurch geschaffenen biomarkerbasierten und personalisierten Therapieoptionen.
Einleitung
Fallbeispiel
Ein 62-jähriger Patient stellte sich aufgrund einer akut aufgetretenen Hemiparese links mit konsekutiven Stürzen sowie einem Gesichtsfelddefekt nach rechts in der Notaufnahme des heimatnahen Krankenhauses vor. Die initial mit Verdacht auf eine ischämische Genese veranlasste zerebrale Computertomographie (CT) zeigte eine zerebrale Raumforderung rechts parietookzipital mit ausgeprägtem perifokalem Ödem und Mittellinienverlagerung. Die ergänzte Magnetresonanztomographie (MRT) zeigte eine kontrastmittelaufnehmende Raumforderung rechts parietookzipital mit perifokalem Ödem (Abb. 1). Zur Planung und Durchführung der Resektion erfolgte die Verlegung in eine neurochirurgische Klinik. Nach präinterventioneller interdisziplinärer Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard wurde eine Resektion empfohlen. Die neuropathologische Diagnose lautete Glioblastom, Grad 4 nach Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Tumoren des zentralen Nervensystems, Isocitratdehydrogenase(IDH)-Wildtyp, Methylguanin-DNA-Methyltransferase(MGMT)-Genpromotor unmethyliert.
Die postoperative interdisziplinäre Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard führte zur Empfehlung einer kombinierten Radiochemotherapie. Der Einschluss in eine klinische Therapiestudie war nicht möglich. Die Radiotherapie erfolgte mit 60 Gy in 30 Fraktionen unter begleitender Temozolomidchemotherapie (75 mg/m2 Körperoberfläche), gefolgt von einer Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid nach dem 5/28-Schema (150–200 mg/m2 Körperoberfläche an 5 von 28 Tagen). Nach 3 Zyklen der Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid zeigte sich in der klinisch-neurologischen Untersuchung eine Zunahme der vorbestehenden Hemiparese links. Die MRT-Verlaufskontrolle ergab passend zum klinischen Untersuchungsbefund eine Tumorprogression mit neu aufgetretener Schrankenstörung, angrenzend an die Resektionshöhle rechts parietookzipital und sich nach trigonal ausbreitend.
Nach interdisziplinärer Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard erfolgte zunächst die Evaluation einer Behandlungsoption im Rahmen einer klinischen Therapiestudie. Eine solche war nicht gegeben. Die konsensuelle Empfehlung lautete: erneute Resektion und anschließende Chemotherapie mit Lomustin (90 mg/m2 Körperoberfläche). Bereits nach einem Lomustinzyklus zeigte sich klinisch eine zunehmende Gangunsicherheit und als bildgebendes Korrelat eine erneute multifokale Tumorprogression mit duraler Infiltration, jedoch ohne Hinweise auf eine leptomeningeale Dissemination.
Gemäß interdisziplinärer Empfehlung nach Diskussion im neuroonkologischen Tumorboard erfolgte aufgrund der Lokalisation außerhalb des initialen Bestrahlungsfelds eine erneute Bestrahlung mit 20 Gy in 5 Fraktionen. Bei erneut fehlender Möglichkeit des Einschlusses in eine klinische Therapiestudie und fehlenden weiteren zugelassenen Therapieoptionen indizierte das neuroonkologische Tumorboard über eines der Zentren für Personalisierte Medizin die erweiterte molekulare Diagnostik, die eine FGFR3-TACC3-Fusion detektierte. Nach interdisziplinären Diskussionen im molekularen Tumorboard und im neuroonkologischen Tumorboard erhielt der Patient basierend auf einer interdisziplinären konsensuellen Empfehlung eine zielgerichtete Therapie mit dem FGFR-Inhibitor Erdafitinib (Evidenzlevel m1c (ein oder mehrere Fallberichte in der gleichen Tumorentität), Klassifikationssystem angelehnt an das Schema des MD Anderson Cancer Center).
Mit einer Inzidenz von etwa 3/100.000 Personen pro Jahr gehören Glioblastome zu den häufigsten primären malignen Tumoren des zentralen Nervensystems (ZNS) im Erwachsenenalter. Glioblastome werden gemäß der überarbeiteten Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für ZNS-Tumoren von 2021 anhand histologischer und molekularpathologischer Kriterien dem ZNS-WHO-Grad 4 zugeteilt [1]. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Der Gipfel der Inzidenz liegt zwischen dem 70. und 85. Lebensjahr [2]. Glioblastome treten überwiegend sporadisch auf. Aktuell bestehen keine Empfehlungen für Präventions- oder Früherkennungsmaßnahmen [1]. Eine Tumorprogression tritt in Abhängigkeit von prognosebestimmenden Faktoren bei der überwiegenden Anzahl der Patienten 6–12 Monate nach Erstdiagnose auf [3].
Wichtige klinische prognostische Faktoren sind das das Alter, der klinische Zustand des Patienten und das Resektionsausmaß [1, 4]. Bei einer 5‑Jahres-Überlebensrate von weniger als 10 % ist die Prognose weiterhin ungünstig, sodass ein hoher Bedarf an klinischen Therapiestudien mit innovativen Therapieansätzen besteht, um die Diagnostik und vor allem auch die Therapiestrategien weiterzuentwickeln. Die Behandlung der Patienten mit Glioblastom sollte in Zusammenarbeit mit zertifizierten neuroonkologischen Zentren erfolgen.
Merke
Zu den wichtigen klinischen prognostischen Faktoren gehören das Alter, der klinisch-neurologische Zustand und das Resektionsausmaß.
Klinische Symptome und Diagnosestellung
Glioblastome wachsen infiltrativ und können funktionstragende (sogenannte eloquente) Hirnareale und Faserbahnen einbeziehen, was zu fokalen neurologischen Symptomen wie Hemiparesen oder Sensibilitätsstörungen (etwa 50–60 %) oder epileptischen Anfällen (etwa 20 %) führen kann. Häufig sind die diagnoseweisenden Symptome sehr subtil und unspezifisch, beispielsweise neurokognitive Störungen (20–30 %), Leistungsabfall bzw. Fatigue (80 %; [5, 6]).
Der Karnofsky-Performancestatus (KPS) und der Performancestatus der Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG), zwei in der Onkologie gebräuchliche Skalen, spiegeln die Quantifizierung des klinischen Zustands nicht vollständig wider, da neurologische Symptome in diesen Skalen unberücksichtigt sind. Es wurde daher eine dedizierte Skala zur semiquantitativen Beurteilung der neurologischen Funktionen entwickelt: die Neurologic-Assessment-in-Neuro-Oncology(NANO)-Skala. Diese Skala umfasst 9 Domänen, die in einem Gesamtscore ausgedrückt werden:
-
Gangbild
-
Kraft
-
Ataxie
-
Oberflächensensibilität
-
Fingerperimetrisches Gesichtsfeld
-
Fazialisfunktion
-
Sprachverständnis und -produktion
-
Vigilanz
-
Verhalten
Der NANO-Score kann zwar inter-observer-abhängig variieren, hat jedoch bereits gute Ergebnisse hinsichtlich der Voraussage des Erkrankungsverlaufs bzw. der Prognose erbracht [7].
Merke
Häufig verwendete Skalen für die Quantifizierung des klinischen Zustands sind KPS, ECOG-Performancestatus und NANO-Skala.
Bildgebende Diagnostik
Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Neurokraniums mit und ohne Kontrastmittel(KM)-Gabe ist die Bildgebung der Wahl zur Diagnose und Verlaufsbeurteilung von Glioblastomen [1]. Postoperativ wird innerhalb von 24 bis 72 h eine MRT mit und ohne KM-Gabe durchgeführt. Diese dient zur Bestimmung des Resektionsausmaßes und zur Planung der sich anschließenden Radiochemotherapie. Vier Wochen nach Abschluss der Strahlentherapie und begleitenden Chemotherapie wird eine erneute MRT-Untersuchung des Neurokraniums durchgeführt, deren Ergebnisse als Ausgangsbefund für weitere Verlaufskontrollen während der nachfolgenden postoperativen Therapie dienen. Die Beurteilung der MRT erfolgt gemäß den Response-Assessment-in-Neuro-Oncology(RANO)-Kriterien [8]. Zu beachten ist hierbei nicht nur das Ansprechen auf die Tumortherapie im Sinne einer „complete/partial response“ (Abnahme der sichtbaren Tumorlast), „stable disease“ (weder Zu- noch Abnahme der Tumorlast) oder „progressive disease“ (Zunahme der Tumorlast), sondern auch die differenzialdiagnostische Abgrenzung von therapieassoziierten Veränderungen, das heißt „Pseudoprogression“ (Zunahme der KM-Aufnahme und assoziierten T2/Fluid-attenuated-inversion-recovery[FLAIR]-Veränderungen, meist innerhalb von 3 bis 6 Monaten nach Abschluss der Radiotherapie) bzw. „Pseudoresponse“ (Abnahme der KM-Aufnahme und T2/FLAIR-Veränderungen, vor allem häufig beobachtet unter Therapie mit dem Anti-VEGF-Antikörper Bevacizumab). Eine Glukokortikoideinnahme und der klinisch-neurologische Zustand werden auch in den RANO-Kriterien berücksichtigt, das heißt, es zählen nicht nur rein bildmorphologische Parameter. Im Rahmen klinischer Studien mit Immuntherapeutika werden in spezifischen Studien auch die Immunotherapy-Response-Assessment-in-Neuro-Oncology(iRANO)-Kriterien angewendet [9].
Zusätzlich zur MRT ist häufig eine ergänzende Positronenemissionstomographie (PET) entsprechend radioaktiv markierter Aminosäure hilfreich, so etwa bei der Unterscheidung zwischen Progression und therapieassoziierten Veränderungen. Hierbei kommen meist 18F‑Fluorethyltyrosin (18F‑FET) oder 11C-Methionin (11C‑MET) als Tracer zum Einsatz [10]. Zudem kann die FET-PET bei der radioonkologischen Zielvolumendefinition sehr vorteilhaft sein.
Merke
Die RANO-Kriterien ermöglichen eine harmonisierte und vergleichbare Bewertung der MRT-Bildgebung hinsichtlich Verlaufsbeurteilungen unter Therapie.
Erstlinientherapie des Glioblastoms
Die Behandlung von Patienten mit Glioblastom sollte in Zusammenarbeit mit einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen. Eine aktuelle retrospektive Auswertung der onkologischen Versorgung in Deutschland (Krebsregister- und Krankenkassendaten) bei verschiedenen Tumorentitäten (Kolon‑, Rektum‑, Pankreas‑, Mamma‑, Zervix‑, Endometrium‑, Ovarial‑, Bronchial- und Prostatakarzinom sowie Kopf-Hals- und neuroonkologische Tumoren) zeigte, dass die Behandlung in einem zertifizierten Zentrum zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil führt [11]. In jedem Krankheitsstadium, also auch präinterventionell, erfolgt eine Diskussion aller Befunde im interdisziplinären neuroonkologischen Tumorboard. Integraler Bestandteil dieser interdisziplinären Erörterungen ist die Evaluation von Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen einer klinischen Therapiestudie.
Die Erstlinientherapie des Glioblastoms außerhalb klinischer Studien erfolgt multimodal durch
-
neurochirurgische Intervention,
-
radioonkologische Behandlung,
-
alkylierende Chemotherapie sowie
-
Tumortherapiefelder („tumor treating fields“ [TTFields]).
Das Resektionsausmaß gehört hierbei zu den wichtigsten prognostischen Faktoren. Die RANO-Resect-Gruppe empfiehlt die Evaluation einer supramaximalen Resektion (Komplettresektion der KM-aufnehmenden Tumoranteile und ≤ 5 cm3 nicht-KM-aufnehmende Resttumoranteile) bzw. die maximal sichere Resektion der KM-aufnehmenden Tumoranteile (≤ 1 cm3 KM-aufnehmender Resttumor). Ihre retrospektive multizentrische Analyse zeigt eine Korrelation mit einem signifikant verbesserten Gesamtüberleben im Vergleich zu einer submaximalen Tumorresektion oder Tumorbiopsie [12].
Dieser Zusammenhang ist aktuell erstmals in einer prospektiven multizentrischen Studie untersucht worden. Durch intraoperative MRT (iMRT) bzw. 5‑Aminolävulinsäure (5-ALA) gestützte Operationstechniken erwiesen sich hierbei als gleichermaßen hilfreich, um eine maximale Tumorresektion unter Erhalt der neurologischen Funktion zu erzielen, jedoch ist die Dauer des operativen Eingriffs unter Anwendung der iMRT verlängert [13].
Bei irresektabler Tumorlokalisation oder eingeschränkter Operationsfähigkeit wird die Möglichkeit einer diagnostischen Biopsie evaluiert.
Merke
Das Ziel der Tumorresektion ist die maximal mögliche sichere Resektion bei gleichzeitigem Erhalt der neurologischen Funktion.
Bei der Entscheidung zur postoperativen Erstlinientherapie sind
-
Alter,
-
klinischer Gesamtzustand und
-
Methylierungszustand des Genpromotors der O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT)
wichtige Kriterien (Abb. 2).
Postoperativer Behandlungspfad bei Glioblastom außerhalb klinischer Studien. Die frühe postoperative cMRT dient zur Bestimmung des Resektionsausmaßes. Die Therapiestrategie wird im neuroonkologischen Tumorboard in Abhängigkeit von KPS und Alter interdisziplinär und konsensuell definiert. Essenziell ist hierbei zunächst die Evaluation, ob Behandlungsoptionen in einer klinischen Therapiestudie bestehen (weitere Details siehe Text). Nach abgeschlossener Erstlinientherapie erfolgen klinische und bildgebende Verlaufskontrollen alle 8–12 Wochen. Im Falle einer Progression wird die Therapie in Abhängigkeit vom klinischen Zustand evaluiert. Hierbei bieten die Zentren für Personalisierte Medizin als krankenkassenfinanzierte klinische Versorgungsleistung unter bestimmten Voraussetzungen die Option einer erweiterten molekularen Diagnostik, Vorstellung im MTB und personalisierten biomarkergesteuerten Behandlung gemäß MTB-Empfehlung (weitere Details siehe Text). CeTeG Phase-III-Studie zur Lomustin/Temozolomid-Kombinationstherapie vs. Standardtemozolomidtherapie bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom und methyliertem MGMT-Promotor im Tumor, CeTeG/NOA-09-Studie [12], cMRT kraniale Magnetresonanztomographie, hypRT hypofraktionierte Radiatio, hypRT/TMZ kombinierte Radio- und Temozolomidchemotherapie mit hypofraktionierter Radiatio [14], IDH Isocitratdehydrogenase, KPS Karnofsky-Performancestatus, MGMT O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase, MGMT meth MGMT-Genpromotor methyliert, MGMT unmeth MGMT-Genpromotor unmethyliert, MRT Magnetresonanztomographie, MTB molekulares Tumorboard, RT Radiatio, RT/TMZ Radiotherapie mit begleitender täglicher Temozolomidtherapie, TMZ Temozolomidchemotherapie nach dem 5/28-Schema als Erhaltungschemotherapie, TMZ mono alleinige Temozolomidchemotherapie nach dem 5/28-Schema ohne vorherige Radiatio, TMZ-Reexposition Temozolomidchemotherapie nach dem 5/28-Schema in der Progression, TTFields Tumortherapiefelder [15], ZNS-WHO-Grad Grad des Tumors nach Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation für Tumoren des zentralen Nervensystems, ZPMBaWü Zentren für Personalisierte Medizin in Baden-Württemberg, derzeit nationale Erweiterung des Konzepts zum Deutschen Netzwerk für Personalisierte Medizin (DNPM)
Sollte eine Studienteilnahme nicht möglich sein, erfolgt die Einleitung einer kombinierten Radiochemotherapie, bestehend in einer Strahlentherapie mit einer Gesamtdosis bis zu 60 Gy in 30 Fraktionen (2 Gy Einzeldosis) auf die erweiterte Tumorregion und einer begleitenden Chemotherapie mit Temozolomid in einer täglichen Dosis von 75 mg/m2 Körperoberfläche (KOF). Hiernach erfolgt eine Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid mit bis zu sechs 28-tägigen Zyklen, wobei die Temozolomideinnahme an den ersten 5 Tagen des Zyklus mit einer Dosis von jeweils 150 bis 200 mg/m2 KOF erfolgt (5/28-Schema). Eine Chemotherapie mit Temozolomid in der Erstlinientherapie über 6 Zyklen hinaus wird in der Regel nicht empfohlen, da dies für die Patienten hinsichtlich des progressionsfreien und Gesamtüberlebens keinen Vorteil bringt [16].
Der Methylierungsstatus des MGMT-Genpromotors ist ein wichtiger molekularer Marker in Glioblastomen. In der Therapie des Glioblastoms werden alkylierende Substanzen wie Temozolomid oder Lomustin (Chlorethyl-Cyclohexyl-Nitrosoharnstoff) eingesetzt, die die DNA-Replikation durch eine Methylierung der DNA-Basen stören. Dem wirkt das Reparaturprotein MGMT entgegen. Bei Patienten, deren Tumorgewebe eine methylierte MGMT-Genpromotor-Region aufweist, wird eine geringere Menge an MGMT-Protein gebildet, sodass der Reparaturmechanismus schwächer ausgeprägt ist und die Patienten durchschnittlich besser auf alkylierende Chemotherapien ansprechen, im Sinne eines längeren progressionsfreien Intervalls und eines längeren Gesamtüberlebens. Der MGMT-Genpromotor-Status ist damit ein molekularer Faktor für das Ansprechen auf die alkylierende Chemotherapie [17].
Bei älteren Patienten über (65–)70 Jahre müssen bei der Therapieempfehlung zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden, die eine reduzierte Therapiefähigkeit und Therapieadhärenz bedingen können, beispielsweise
-
ein reduzierter klinischer Zustand,
-
Multimorbidität,
-
eine begleitende Pharmakotherapie und
-
ein erhöhter Unterstützungsbedarf im Alltag.
Auch hier gilt, dass zunächst die Option einer Behandlung im Rahmen von Therapiestudien eruiert werden sollte. Die Empfehlung für die Erstlinientherapie bei diesem Patientenkollektiv berücksichtigt den klinischen Zustand (KPS ≥ oder < 70 %) und MGMT-Promotor-Methylierungsstatus. Die hypofraktionierte Bestrahlung mit 15-mal 2,67 Gy und begleitender Temozolomidchemotherapie mit einer Gesamtdauer von etwa 3 Wochen gefolgt von bis zu 6 Zyklen Temozolomiderhaltungschemotherapie nach dem 5/28-Schema hat sich als Standard in dieser Patientengruppe etabliert – insbesondere bei Vorliegen eines methylierten MGMT-Genpromotors [18]. Bei älteren Patienten oder jenen, die einen reduzierten klinischen Zustand (KPS < 70 %) aufweisen, kann bei unmethyliertem MGMT-Genpromotor auch eine alleinige Strahlentherapie (34 Gy in 2 Wochen) bzw. bei methyliertem MGMT-Genpromotor eine alleinige Temozolomidchemotherapie erwogen werden [18, 19, 20]. Im Falle eines ausgezeichneten klinischen Zustands ist im Rahmen eines individuellen Therapiekonzepts trotz des höheren biologischen Patientenalters auch eine Erstlinientherapie analog der Therapieempfehlung bei jüngeren Patienten (siehe oben) in Betracht zu ziehen.
Für Patienten unter 70 Jahren mit einem methylierten MGMT-Genpromotor und einem guten klinischen Zustand (KPS ≥ 70 %) kann, basierend auf Ergebnissen der CeTeG/NOA-09-Studie, die intensivierte Erstlinientherapie mit Strahlentherapie und kombinierter Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin zum Einsatz kommen. Dieses intensivierte Behandlungskonzept war in der genannten prospektiven, randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie dem Kontrollarm (Strahlentherapie mit begleitender und adjuvanter Temozolomidchemotherapie) im Hinblick auf das Gesamtüberleben überlegen [21].
Merke
Für die Erstlinientherapieempfehlung außerhalb klinischer Studien werden neben dem molekularen Profil des Tumors auch biografische und klinische Parameter (Alter des Patienten, klinischer Zustand [KPS/ECOG-Performancestatus]) berücksichtigt.
Tumortherapiefelder während der Temozolomiderhaltungstherapie
TTFields sind eine physikalische Therapie mit elektrischen Wechselstromfeldern, von denen gemäß dem aktuellen Wissenstand angenommen wird, dass sie die Mitose stören. In einer 2:1 randomisierten unverblindeten Phase-III-Studie wurde eine Therapie mit TTFields in der Glioblastombehandlung im Rahmen der Erstlinientherapie begleitend zur Temozolomiderhaltungschemotherapie angewendet (EF-14-Studie). Hier zeigte sich im Mittel ein Überlebensvorteil von 4,9 Monaten für die Patienten mit TTFields-Therapie im Vergleich zum Kontrollarm [22]. TTFields-assoziierte Nebenwirkungen blieben in erster Linie auf lokale dermatologische Symptome beschränkt. Etwa 52 % der Patienten hatten milde bis mäßige Kopfhautirritationen von Grad 1 und 2 gemäß den Common Terminology Criteria for Adverse Events (CTCAE). Aktuelle Phase-IV-Studien sollen unter anderem Aufschluss über den Einsatz in der klinischen Routine geben, auch hinsichtlich der Compliance mit der Tragedauer des Geräts von 18 h/Tag und mehr (TTFields In GErmany in Routine Clinical Care [TIGER], ClinicalTrials.gov Identifier NCT03258021). Zudem wird derzeit der Nutzen eines früheren TTFields-Einsatzes bereits während der Radiochemotherapie im Rahmen einer Phase-III-Studie untersucht (EF-32, TRIDENT, NCT04471844).
Merke
Eine physikalische Therapie mit TTFields kann basierend auf der EF-14-Studie bei neu diagnostiziertem Glioblastom zusätzlich zur Standardtherapie in der Erhaltungsphase und bis zur zweiten Progression angewendet werden.
Therapiestrategien in der Progression
Die Therapieempfehlung bei Glioblastomprogression ist abhängig von der zuvor erfolgten Erstlinientherapie, dem zeitlichen Abstand zur Erstlinientherapie, dem klinischen Zustand des Patienten (KPS/ECOG-Performancestatus/NANO-Skala) und der Lokalisation des Tumors (Abb. 2). Auch bei diesem Krankheitsstadium hat in der interdisziplinären Tumorboard-Diskussion die Evaluation möglicher Optionen für klinische Therapiestudien die höchste Priorität. Eine Systemtherapie mit alkylierenden Chemotherapeutika ist prinzipiell sowohl mit Temozolomid als auch mit Lomustin möglich. Eine Temozolomidreexposition kann erwogen werden, vor allem bei methyliertem MGMT-Genpromotor und bei entsprechender zeitlicher Latenz zur Erstlinientherapie. Die Temozolomidreexposition bei methyliertem MGMT-Genpromotor war in der DIRECTOR-Studie mit einem progressionsfreien Überleben nach 6 Monaten von 39,8 % assoziiert, gegenüber 6,9 % bei unmethyliertem MGMT-Promotor [23]. Es steht zudem Lomustin als zugelassenes Therapeutikum zur Verfügung [24].
Der Stellenwert einer erneuten Resektion hinsichtlich des Gesamtüberlebens ist bisher nur retrospektiv untersucht worden [25, 26]. Je nach Lage des progredienten Tumors muss unter Berücksichtigung des zu erzielenden Resektionsergebnisses und möglicher Morbiditätsrisiken eine erneute Resektion kritisch interdisziplinär evaluiert werden. Aktuell rekrutiert zu dieser Indikation europaweit eine randomisierte, prospektive Studie (RESURGE, NCT02394626).
Hinsichtlich des therapeutischen Nutzens einer erneuten Bestrahlung sowie bezüglich deren Modalität (hypofraktioniertes Schema, stereotaktische Bestrahlung) und Dosis gibt es bislang kaum randomisierte Studien [1]. Von klinischer Bedeutung für die Evaluation einer erneuten Bestrahlung sind
-
der klinische Zustand,
-
die Lokalisation der Tumorprogression in Bezug auf das ursprünglich bestrahlte Gebiet,
-
der zeitliche Abstand zur initialen Bestrahlung und
-
die Abschätzung des Risikos für die Entwicklung einer Radionekrose oder kumulativer Organbelastungen (Sehbahn, Hirnstamm) anhand von Vorbestrahlung, Rezidivausdehnung und begleitenden Therapien [27].
Ob die FET-PET-basierte Planung der erneuten Bestrahlung bei Patienten in der Progression einer konventionellen Planung mittels MRT überlegen ist, wird derzeit in der GLIAA/NOA-10-Studie untersucht (NCT01252459), die kürzlich die Rekrutierung komplettiert hat.
In der Behandlung der Glioblastomprogression entsteht häufig die Situation, dass alle zugelassenen Therapieoptionen erschöpft sind und keine Behandlungen im Rahmen einer klinischen Studie verfügbar sind. Für dieses Szenario bieten die Zentren für Personalisierte Medizin unter bestimmten Voraussetzungen als klinische Versorgungsleistung die Option einer
-
erweiterten molekularen Diagnostik,
-
Vorstellung im molekularen Tumorboard (MTB) und
-
anschließenden personalisierten, biomarkergesteuerten Behandlung gemäß MTB-Empfehlung.
In Baden-Württemberg fungiert der Verbund der Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) als Versorgungsnetzwerk an den Universitätskliniken. Derzeit erfolgt eine nationale Ausweitung über die onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Center [CCC]) in Deutschland im Rahmen des Deutschen Netzwerks für Personalisierte Medizin (DNPM).
Voraussetzung für die Möglichkeit einer erweiterten molekularen Diagnostik und MTB-Vorstellung von Patienten mit Glioblastom ist die interdisziplinäre Indikationsstellung im neuroonkologischen Tumorboard. Diese stützt sich auf folgende Kriterien [14]:
-
Ausgeschöpfte zugelassene Therapieoptionen
-
Fehlende Möglichkeit einer klinischen Therapiestudie
-
Hinreichend guter klinisch-neurologischer Zustand und hinreichend gute Lebensqualität
Es erfolgt zunächst eine erweiterte molekulare Diagnostik im zuständigen Universitätsklinikum zur Detektion therapierelevanter Veränderungen im Tumorgewebe. Die molekulargenetischen Befunde werden dann im MTB diskutiert und mögliche biomarkerbasierte Therapieoptionen priorisiert (Abb. 2). Über diesen Behandlungspfad gelingt es natürlich auch, Patienten mit Glioblastom für klinische Studien oder prospektive Beobachtungsstudien mit biomarkerbasierten Einschlusskriterien zu identifizieren, beispielsweise für die prospektive ON-TRK-Beobachtungsstudie (NCT04142437) bei Patienten mit einer Neurotrophic-tyrosine-receptor-kinase(NTRK)-Genfusion [28, 29].
Merke
Die Kriterien für eine erweiterte molekulare Diagnostik und MTB-Vorstellung bei Patienten mit Glioblastom umfassen: Indikation durch das neuroonkologische Tumorboard, fehlende Möglichkeit einer klinischen Therapiestudie, fehlende leitliniengerechte Therapieoption bzw. seltene Tumorerkrankung in jedem Erkrankungsstadium.
Therapieansätze mit Immuncheckpointinhibitoren und therapeutischen Vakzinierungen beim Glioblastom
Zwei Phase-III-Studien mit dem Programmed-cell-death-protein-1(PD-1)-Antikörper Nivolumab in der Erstlinientherapie des Glioblastoms haben zu keiner Verlängerung des Gesamtüberlebens geführt und verfehlten damit ihren primären Endpunkt. In der CheckMate-498-Studie wurde bei Patienten mit unmethyliertem MGMT-Genpromotor die Hinzunahme von Nivolumab zur Standardtherapie untersucht. In der CheckMate-548-Studie erfolgte ein entsprechender Vergleich bei Patienten mit methyliertem MGMT-Genpromotor [30, 31]. In der CheckMate-143-Studie führten Immuncheckpointinhibitoren auch in der Tumorprogression zu keinem Überlebensvorteil [32].
Die Wertigkeit von Immuncheckpointinhibitoren in der Glioblastombehandlung ist also nicht mit jener bei anderen soliden Tumoren zu vergleichen. Als eine Ursache der fehlenden Wirksamkeit wird das immunsuppressive Tumormikromilieu von Glioblastomen diskutiert. Die Angiogenese des Tumors wird durch tumorinfiltrierende myeloide Zellen gefördert, zudem bewirken diese eine Immunsuppression, statt Immunantworten gegen den Tumor zu initiieren [15, 33, 34]. Ein anderer Aspekt könnte auch der Zeitpunkt der Behandlung sein. So erfolgte in Phase-I-Studien eine neoadjuvante Behandlung mit Pembrolizumab (n = 21; [35]) bzw. Nivolumab (n = 29; [36]) vor einer geplanten und verschiebbaren erneuten Resektion bei Glioblastomprogression. Mit neoadjuvantem Pembrolizumab lag das mediane Gesamtüberleben (n = 9) bei 13,5 Monaten vs. 7,5 Monaten im Kontrollarm (n = 12; [35]). In der zweiten Studie zu neoadjuvantem Nivolumab mit 29 Patienten lagen das mediane progressionsfreie und Gesamtüberleben bei 4,1 bzw. 7,3 Monaten [36]. In beiden Studien zeigte sich eine Modifikation des Tumormikromilieus durch die neoadjuvante PD-1-Blockade. Die klinische Wirksamkeit dieser Strategie muss jedoch erst noch durch größere und vor allem gut kontrollierte Studien validiert werden. Zudem steht der direkte Vergleich der Wirksamkeit einer neoadjuvanten vs. postoperativen Behandlung mit PD-1-Antikörpern weiterhin aus.
Merke
Die Phase-III-Studien mit Immuncheckpointinhibitoren in der Erstlinientherapie des Glioblastoms zeigen keine Verlängerung des Gesamtüberlebens.
Die verschiedenen Ansätze einer therapeutischen Vakzinierung, beispielsweise
-
Peptidvakzinierungen,
-
mRNA-basierte Vakzinierungen oder
-
DNA-Vakzinierungen,
werden derzeit in klinischen Studien evaluiert. Aktuell sind 25 Studien auf https://www.clinicaltrials.gov als rekrutierend gelistet (Stand Juli 2023), darunter eine kürzlich geöffnete internationale Phase-I/II-Studie (NCT05938387) mit einem mRNA-Impfstoffkandidaten für neu diagnostizierte MGMT-Genpromotor-unmethylierte Glioblastome und den Subtyp 02:01 des humanen Leukozytenantigens (HLA).
Ein weiterer aktueller Schwerpunkt sind zell- und antikörperbasierte Therapiestrategien bei Glioblastomen. Eine Phase-I-Studie untersucht beispielsweise die Wirkung modifizierter natürlicher Killerzellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-NK-Zellen) bei HER2-positivem, progredientem Glioblastom (CAR2BRAIN, NCT03383978). Eine andere Phase-I/II-Studie untersucht aktuell die Sicherheit und Wirksamkeit eines Antikörper-Zytokin-Fusionsproteins (L19TNF), eines sogenannten Immunzytokins, in Kombination mit einer Chemotherapie mit Lomustin bei Patienten mit erster Progression eines Glioblastoms (GLIOSTAR, NCT04573192).
Merke
Innovative Therapieansätze mit therapeutischen Vakzinierungen, Zelltherapien und Immunzytokinen werden in aktuellen klinischen Studien untersucht.
Supportive Therapie und psychoonkologische Begleitung
Eine gelungene supportive Therapie setzt bei Patienten mit Glioblastom ein funktionierendes Versorgungsnetzwerk voraus. Die Begleittherapie unter Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin umfasst eine konsequente Antiemese und Obstipationsprophylaxe. Bei zunehmendem Einsatz von zielgerichteten Therapien und Immuntherapien – im Rahmen klinischer Studien oder im individuellen Therapieversuch – spielt auch das frühzeitige Erkennen und Behandeln anderer Symptome wie Mukositis, Hautirritationen, Hand-Fuß-Syndrom oder Diarrhö eine wichtige Rolle, zudem die adäquate Behandlung einer strukturellen Epilepsie [37]. Auch wenn epileptische Anfälle zu den häufigen diagnoseweisenden Symptomen gehören, ist eine primärprophylaktische antikonvulsive Therapie nicht empfehlenswert. Bei erstmaligem epileptischem Anfall erfolgt eine antikonvulsive Therapie mit einem inerten anfallssupprimierenden Medikament, um Medikamenteninteraktionen zu vermeiden. Levetiracetam ist hierbei aktuell häufig das Medikament der ersten Wahl, weil es rasch eindosiert werden kann und zudem auch für intravenöse Applikationen verfügbar ist.
Ist eine Behandlung mit Glukokortikoiden notwendig, wird die 1‑malige morgendliche Gabe von 2 bis 8 mg Dexamethason im Falle von ödemassoziierten klinischen Symptomen empfohlen. In Ausnahmesituationen, etwa bei klinischen Hirndruckzeichen, müssen diese Dosis und Frequenz für kurze Zeit überschritten werden (beispielsweise 1‑malige intravenöse Gabe von 20 bis 40 mg Dexamethason in der Akutphase). Wegen des multifaktoriellen Nebenwirkungsprofils der Glukokortikoidbehandlung sollte stets „so viel wie nötig und so wenig wie möglich“ gegeben werden. Bei Immobilisation ist eine Thromboseprophylaxe aufgrund der hohen Gefahr thromboembolischer Ereignisse bei Patienten mit Glioblastom in Erwägung zu ziehen, insbesondere unter einer Therapie mit Glukokortikoiden. Bei einer chemotherapieinduzierten Thrombopenie < 50.000 Zellen/µl sollte die Prophylaxe gegebenenfalls pausiert werden [37].
Intensive Physio- und Ergotherapie sowie gegebenenfalls eine Logopädie dienen nicht nur der Symptomkontrolle, sondern können dazu beitragen, Fatigue positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität zu verbessern. Aufgrund der erheblichen psychosozialen Belastung der Patienten und Angehörigen sind eine sozialrechtliche Beratung und psychoonkologische Betreuung von hoher Bedeutung [38]. Ein wesentlicher Aspekt in der klinischen Routine ist es, den Unterstützungsbedarf adäquat zu erfassen und entsprechende Angebote zu bahnen bzw. bereitzustellen. Hierzu gehört ein regelmäßiges psychoonkologisches Screening, da Patienten selten von sich aus psychosozialen Unterstützungsbedarf äußern und dieser Bedarf aktiv erfragt und erhoben werden muss.
Merke
Die patientenzentrierte supportive Therapie spielt in allen Krankheitsstadien des Glioblastoms eine essenzielle Rolle.
Palliativmedizinische Therapie
In Anbetracht der ungünstigen Prognose ist eine frühzeitige Integration der Palliativmedizin in das interdisziplinäre Behandlungskonzept empfehlenswert [37]. Insbesondere bei klinisch-neurologischer Verschlechterung, hoher Symptomlast oder rascher Progression sollte ein Kontakt mit dem zuständigen Behandlungsteam der speziellen ambulanten Palliativversorgung (SAPV) gebahnt werden [39]. Hierbei ist zu beachten, dass eine palliativmedizinische Mitbehandlung eine Fortführung der tumorspezifischen Therapie keineswegs ausschließt, sondern als ergänzende Behandlungsmodalität zu sehen ist. Das Advance Care Planning, also eine frühzeitige sensible Besprechung der Themen, die in der letzten Krankheitsphase relevant sind, kann zudem eine hilfreiche Unterstützung für die vorausschauende Planung sein [40].
Merke
Eine palliativmedizinische Therapie sollte frühzeitig bei Patienten mit hoher Symptomlast, fortgeschrittenem Alter, schwieriger psychosozialer Situation sowie klinischer und/oder bildgebender Progression evaluiert werden.
Resümee und Ausblick
Die Therapie des Glioblastoms erfordert einen interdisziplinären, multiprofessionellen Therapieansatz [41]. Klinische Therapiestudien sind integraler Bestandteil der Versorgung von Patienten mit Glioblastom und müssen stets in den interdisziplinären Tumorboard-Diskussionen evaluiert werden. Etablierte Behandlungskonzepte sind die maximal sichere Resektion, die Radio- und begleitende Chemotherapie sowie die anschließende Chemotherapiephase, gegebenenfalls unterstützt durch TTFields. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität von Diagnostik und Therapie mit sich stets weiterentwickelnden Therapiestrategien und zwingend erforderlicher Interdisziplinarität sollte die Behandlung von Patienten mit Glioblastom grundsätzlich an einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen.
Aktuelle innovative Therapiestrategien in klinischen Therapiestudien verfolgen vielfältige biomarker-, zell- oder antikörperbasierte Konzepte sowie Ansätze mit therapeutischen Vakzinierungen. Die kürzlich beendete N2M2/NOA-20-Studie untersuchte biomarkergesteuerte, zielgerichtete Therapieansätze für das neu diagnostizierte MGMT-Genpromotor-unmethylierte Glioblastom in einem Umbrella-Design [42]. Zudem analysiert und bewertet die GBM-AGILE-Studie (NCT03970447) mithilfe eines adaptiven, globalen und innovativen Konzepts die klinische Wirksamkeit verschiedener Therapiearme und potenzielle Biomarker [43]. Studienkonzepte mit therapeutischen Vakzinierungen werden aktuell bei MGMT-Genpromotor-unmethylierten Glioblastomen in der CV-GBLM-001-Studie (NCT05938387), bei MGMT-Genpromotor-methylierten Glioblastomen in der Glio-XS15-Studie (NCT04842513) oder bei progredienten Glioblastomen in der ROSALIE-Studie (NCT04116658) untersucht. Ein weiterer Ansatz sind zellbasierte Therapiestrategien oder Immunzytokine, wie in der CAR2BRAIN-Studie (NCT03383978) oder GLIOSTAR-Studie (NCT04573192).
Zudem werden natürlich fortlaufend Ansätze entwickelt, um die gegenwärtige Standardtherapie zu optimieren, so wird beispielsweise in der demnächst beginnenden PRIDE/NOA-28-Studie (NCT05871021) eine isotoxische Dosissteigerung bis 75 Gy unter protektiver Gabe von Bevacizumab in der Radiochemotherapiephase beim unmethylierten Glioblastom untersucht.
Das Spektrum der klinischen Studien ändert sich fortlaufend. Von kompetenten Behandlern wird daher neben der Kenntnis aktueller leitliniengerechter Therapien insbesondere auch eine Kenntnis der aktuellen Studienlandschaft erwartet, damit sie ihre Patientinnen und Patienten gegebenenfalls gezielt für die Evaluation einer Studienteilnahme anderen Zentren zuweisen können.
Fazit für die Praxis
-
Glioblastome werden durch histologische und molekular-pathologische Kriterien definiert und Grad 4 nach Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Tumoren des zentralen Nervensystems zugeordnet.
-
Die Behandlung von Glioblastomen sollte an einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erfolgen.
-
Klinische Therapiestudien sind integraler Bestandteil des Behandlungskonzepts von Glioblastomen und müssen bei Therapieempfehlungen in jedem Krankheitsstadium berücksichtigt werden.
-
Die Therapie des Glioblastoms außerhalb klinischer Studien erfolgt multimodal durch neurochirurgische Intervention, radioonkologische Behandlung, alkylierende Chemotherapie sowie Tumortherapiefelder.
-
Bei meist ausgeprägter neurologischer Symptomatik und hoher psychischer Belastung sind die frühzeitige symptomorientierte Therapie, eine psychoonkologische Betreuung und das Etablieren einer ambulanten palliativmedizinischen Versorgung besonders wichtig.
Literatur
Gliome WW, S2k-Leitlinie, 2021, Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg) (2021) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. www.dgn.org/leitlinien. Zugegriffen: 25. Dez. 2021
Ostrom QT, Cioffi G, Waite K, Kruchko C, Barnholtz-Sloan JS (2021) CBTRUS statistical report: primary brain and other central nervous system tumors diagnosed in the United States in 2014–2018. Neuro Oncol 23(12 Suppl 2):iii1–iii105
Molinaro AM, Hervey-Jumper S, Morshed RA, Young J, Han SJ, Chunduru P et al (2020) Association of maximal extent of resection of contrast-enhanced and non-contrast-enhanced tumor with survival within molecular subgroups of patients with newly diagnosed glioblastoma. JAMA Oncol 6(4):495–503
Weller M, van den Bent M, Preusser M, Le Rhun E, Tonn JC, Minniti G et al (2021) EANO guidelines on the diagnosis and treatment of diffuse gliomas of adulthood. Nat Rev Clin Oncol 18(3):170–186
Armstrong TS, Cohen MZ, Eriksen LR, Hickey JV (2004) Symptom clusters in oncology patients and implications for symptom research in people with primary brain tumors. J Nurs Scholarsh 36(3):197–206
Coomans MB, Dirven L, Aaronson NK, Baumert BG, Van Den Bent M, Bottomley A et al (2019) Symptom clusters in newly diagnosed glioma patients: which symptom clusters are independently associated with functioning and global health status? Neuro Oncol 21(11):1447–1457
Nayak L, DeAngelis LM, Brandes AA, Peereboom DM, Galanis E, Lin NU et al (2017) The Neurologic Assessment in Neuro-Oncology (NANO) scale: a tool to assess neurologic function for integration into the Response Assessment in Neuro-Oncology (RANO) criteria. Neuro. Oncol 19(5):625–635
Youssef G, Rahman R, Bay C, Wang W, Lim-Fat MJ, Arnaout O et al (2023) Evaluation of standard response assessment in neuro-oncology, modified response assessment in neuro-oncology, and immunotherapy response assessment in neuro-oncology in newly diagnosed and recurrent glioblastoma. J Clin Oncol 41(17):3160–3171
Okada H, Weller M, Huang R, Finocchiaro G, Gilbert MR, Wick W et al (2015) Immunotherapy response assessment in neuro-oncology: a report of the RANO working group. Lancet Oncol 16(15):e534–e542
Albert NL, Weller M, Suchorska B, Galldiks N, Soffietti R, Kim MM et al (2016) Response assessment in neuro-oncology working group and European association for neuro-oncology recommendations for the clinical use of PET imaging in gliomas. Neuro Oncol 18(9):1199–1208
Roessler M, Schmitt J, Bobeth C, Gerken M, Kleihues-van Tol K, Reissfelder C et al (2022) Is treatment in certified cancer centers related to better survival in patients with pancreatic cancer? Evidence from a large German cohort study. BMC Cancer 22(1):621
Karschnia P, Young JS, Dono A, Hani L, Sciortino T, Bruno F et al (2023) Prognostic validation of a new classification system for extent of resection in glioblastoma: a report of the RANO resect group. Neuro Oncol 25(5):940–954
Roder C, Stummer W, Coburger J, Scherer M, Haas P, von der Brelie C et al Intraoperative MRI-guided resection is not superior to 5‑aminolevulinic acid guidance in newly diagnosed glioblastoma: a prospective controlled multicenter clinical trial. J Clin Oncol 2023:JCO2201862
Renovanz M, Kurz SC, Rieger J, Walter B, Becker H, Hille H et al (2023) Clinical outcome of biomarker-guided therapies in adult patients with tumors of the nervous system. Neurooncol Adv 5(1):vdad12
Jackson CM, Choi J, Lim M (2019) Mechanisms of immunotherapy resistance: lessons from glioblastoma. Nat Immunol 20(9):1100–1109
Balana C, Vaz MA, Sepulveda MJ, Mesia C, Del Barco S, Pineda E et al (2020) A phase II randomized, multicenter, open-label trial of continuing adjuvant temozolomide beyond 6 cycles in patients with glioblastoma (GEINO 14-01). Neuro Oncol 22(12):1851–1861
Weller M, Stupp R, Reifenberger G, Brandes AA, van den Bent MJ, Wick W et al (2010) MGMT promoter methylation in malignant gliomas: ready for personalized medicine? Nat Rev Neurol 6(1):39–51
Perry JR, Laperriere N, O’Callaghan CJ, Brandes AA, Menten J, Phillips C et al (2017) Short-course radiation plus temozolomide in elderly patients with glioblastoma. N Engl J Med 376(11):1027–1037
Wick W, Platten M, Meisner C, Felsberg J, Tabatabai G, Simon M et al (2012) Temozolomide chemotherapy alone versus radiotherapy alone for malignant astrocytoma in the elderly: the NOA-08 randomised, phase 3 trial. Lancet Oncol 13(7):707–715
Malmström A, Grønberg BH, Marosi C, Stupp R, Frappaz D, Schultz H et al (2012) Temozolomide versus standard 6‑week radiotherapy versus hypofractionated radiotherapy in patients older than 60 years with glioblastoma: the nordic randomised, phase 3 trial. Lancet Oncol 13(9):916–926
Herrlinger U, Tzaridis T, Mack F, Steinbach JP, Schlegel U, Sabel M et al (2019) Lomustine-temozolomide combination therapy versus standard temozolomide therapy in patients with newly diagnosed glioblastoma with methylated MGMT promoter (CeTeG/NOA-09): a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet 393(10172):678–688
Stupp R, Taillibert S, Kanner A, Read W, Steinberg D, Lhermitte B et al (2017) Effect of tumor-treating fields plus maintenance temozolomide vs maintenance temozolomide alone on survival in patients with glioblastoma: a randomized clinical trial. JAMA 318(23):2306–2316
Weller M, Tabatabai G, Kästner B, Felsberg J, Steinbach JP, Wick A et al (2015) MGMT promoter methylation is a strong prognostic biomarker for benefit from dose-intensified temozolomide rechallenge in progressive glioblastoma: the DIRECTOR trial. Clin Cancer Res 21(9):2057–2064
Weller M, Le Rhun E (2020) How did lomustine become standard of care in recurrent glioblastoma? Cancer Treat Rev 87:102029
Ringel F, Pape H, Sabel M, Krex D, Bock HC, Misch M et al (2016) Clinical benefit from resection of recurrent glioblastomas: results of a multicenter study including 503 patients with recurrent glioblastomas undergoing surgical resection. Neuro Oncol 18(1):96–104
Suchorska B, Weller M, Tabatabai G, Senft C, Hau P, Sabel MC et al (2016) Complete resection of contrast-enhancing tumor volume is associated with improved survival in recurrent glioblastoma-results from the DIRECTOR trial. Neuro Oncol 18(4):549–556
Niyazi M, Adeberg S, Kaul D, Boulesteix AL, Bougatf N, Fleischmann DF et al (2018) Independent validation of a new reirradiation risk score (RRRS) for glioma patients predicting post-recurrence survival: a multicenter DKTK/ROG analysis. Radiother Oncol 127(1):121–127
Hong DS, DuBois SG, Kummar S, Farago AF, Albert CM, Rohrberg KS et al (2020) Larotrectinib in patients with TRK fusion-positive solid tumours: a pooled analysis of three phase 1/2 clinical trials. Lancet Oncol 21(4):531–540
Di Stefano AL, Fucci A, Frattini V, Labussiere M, Mokhtari K, Zoppoli P et al (2015) Detection, characterization, and inhibition of FGFR-TACC fusions in IDH Wild-type glioma. Clin Cancer Res 21(14):3307–3317
Lim M, Weller M, Idbaih A, Steinbach J, Finocchiaro G, Raval RR et al (2022) Phase III trial of chemoradiotherapy with temozolomide plus nivolumab or placebo for newly diagnosed glioblastoma with methylated MGMT promoter. Neuro Oncol 24(11):1935–1949
Omuro A, Brandes AA, Carpentier AF, Idbaih A, Reardon DA, Cloughesy T et al (2023) Radiotherapy combined with nivolumab or temozolomide for newly diagnosed glioblastoma with unmethylated MGMT promoter: an international randomized phase III trial. Neuro Oncol 25(1):123–134
Reardon DA, Brandes AA, Omuro A, Mulholland P, Lim M, Wick A et al (2020) Effect of nivolumab vs bevacizumab in patients with recurrent glioblastoma: the checkmate 143 phase 3 randomized clinical trial. JAMA Oncol 6(7):1003–1010
Persico P, Lorenzi E, Dipasquale A, Pessina F, Navarria P, Politi LS et al (2021) Checkpoint Inhibitors as high-grade gliomas treatment: state of the art and future perspectives. J Clin Med 10(7)
Di Tacchio M, Macas J, Weissenberger J, Sommer K, Bahr O, Steinbach JP et al (2019) Tumor vessel normalization, immunostimulatory reprogramming, and improved survival in glioblastoma with combined inhibition of PD‑1, angiopoietin‑2, and VEGF. Cancer Immunol Res 7(12):1910–1927
Cloughesy TF, Mochizuki AY, Orpilla JR, Hugo W, Lee AH, Davidson TB et al (2019) Neoadjuvant anti-PD‑1 immunotherapy promotes a survival benefit with intratumoral and systemic immune responses in recurrent glioblastoma. Nat Med 25(3):477–486
Schalper KA, Rodriguez-Ruiz ME, Diez-Valle R, Lopez-Janeiro A, Porciuncula A, Idoate MA et al (2019) Neoadjuvant nivolumab modifies the tumor immune microenvironment in resectable glioblastoma. Nat Med 25(3):470–476
Pace A, Dirven L, Koekkoek JAF, Golla H, Fleming J, Ruda R et al (2017) European Association for Neuro-Oncology (EANO) guidelines for palliative care in adults with glioma. Lancet Oncol 18(6):e330–e40
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft DK A (2014) Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. In: Langversion 1.0, AWMF-Registernummer: 032/051OL. http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html;
Moss AH, Lunney JR, Culp S, Auber M, Kurian S, Rogers J et al (2010) Prognostic significance of the “surprise” question in cancer patients. J Palliat Med 13(7):837–840
Fritz L, Zwinkels H, Koekkoek JAF, Reijneveld JC, Vos MJ, Dirven L et al (2020) Advance care planning in glioblastoma patients: development of a disease-specific ACP program. Support Care Cancer 28(3):1315–1324
Tabatabai G (2023) Neuroonkologie – Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie, 1. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart
Wick W, Dettmer S, Berberich A, Kessler T, Karapanagiotou-Schenkel I, Wick A et al (2019) N2M2 (NOA-20) phase I/II trial of molecularly matched targeted therapies plus radiotherapy in patients with newly diagnosed non-MGMT hypermethylated glioblastoma. Neuro Oncol 21(1):95–105
Alexander BM, Ba S, Berger MS, Berry DA, Cavenee WK, Chang SM et al (2018) Adaptive Global Innovative Learning Environment for Glioblastoma: GBM AGILE. Clin Cancer Res 24(4):737–743
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
Gemäß den Richtlinien des Springer Medizin Verlags werden Autoren und Wissenschaftliche Leitung im Rahmen der Manuskripterstellung und Manuskriptfreigabe aufgefordert, eine vollständige Erklärung zu ihren finanziellen und nichtfinanziellen Interessen abzugeben.
Autoren
P. Bombach: A. Finanzielle Interessen: P. Bombach gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellte Fachärztin für Neurologie. S. Kurz: A. Finanzielle Interessen: S. Kurz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellte Ärztin in Weiterbildung, Universitätsklinikum Tübingen. M. Niyazi: A. Finanzielle Interessen: M. Niyazi gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztlicher Direktor | Mitgliedschaften: Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO), European Society for Radiotherapy and Oncology (ESTRO), Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), Neuroonkologische Arbeitsgemeinschaft (NOA), Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie (ARO). F. Paulsen: A. Finanzielle Interessen: F. Paulsen gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellter Oberarzt für Strahlentherapie | Mitgliedschaften: DEGRO; ESTRO; DKG; NOA; ARO. M. Renovanz: A. Finanzielle Interessen: M. Renovanz gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Stellvertretende ärztliche Direktorin | Mitgliedschaften: NOA; European Association of Neuro-Oncology (EANO); Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (DGNC); European Association of Neurosurgical Societies (EANS); European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC); EORTC Brain Tumor Group (BTG). D. Rieger: A. Finanzielle Interessen: D. Rieger gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Arzt in Weiterbildung in der Abteilung Neurologie mit interdisziplinärem Schwerpunkt Neuroonkologie, Universitätsklinikum Tübingen | Mitgliedschaften: NOA; Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). C. Roder: A. Finanzielle Interessen: Fa. Medac, Reisekostenerstattung für Kongress. – Fa. Zeiss: Beratertätigkeiten im Auftrag des UKT | Fa. Brainlab: Beratertätigkeit im Auftrag des Universitätsklinikums Tübingen. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Angestellter Arzt; geschäftsführender Oberarzt; Universitätsklinikum Tübingen; Klinik für Neurochirurgie. G. Tabatabai: A. Finanzielle Interessen: nur institutionelle Kompensationen an das Universitätsklinikum. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztliche Direktorin | Mitglied im Fachkollegium Neurowissenschaften der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2023–2024) | Mitgliedschaften: erweiterter Vorstand der NOA; DGN; American Society of Clinical Oncology (ASCO); EANO; Neurowissenschaftliche Gesellschaft; Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung; Schweizerische Gesellschaft für klinische Neurophysiologie. M. Tatagiba: A. Finanzielle Interessen: M. Tatagiba gibt an, dass kein finanzieller Interessenkonflikt besteht. – B. Nichtfinanzielle Interessen: Ärztlicher Direktor | Angestellter Arzt als Klinikdirektor, Klink für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Tübingen | Mitgliedschaften: DGNC; Deutsche Gesellschaft für Schädelbasischirurgie.
Wissenschaftliche Leitung
Die vollständige Erklärung zum Interessenkonflikt der Wissenschaftlichen Leitung finden Sie am Kurs der zertifizierten Fortbildung auf www.springermedizin.de/cme.
Der Verlag
erklärt, dass für die Publikation dieser CME-Fortbildung keine Sponsorengelder an den Verlag fließen.
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Additional information
Wissenschaftliche Leitung
H. Christiansen, Hannover
I. Gockel, Leipzig
M.-O. Grimm, Jena
A. Hasenburg, Mainz
A. Hochhaus, Jena
R. Hofheinz, Mannheim
F. Lordick, Leipzig
C. Röcken, Kiel
D. Schadendorf, Essen
M. Untch, Berlin
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
![figure qr](http://media.springernature.com/lw685/springer-static/image/art%3A10.1007%2Fs00761-024-01473-7/MediaObjects/761_2024_1473_Figqr_HTML.png?s=1)
QR-Code scannen & Beitrag online lesen
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Welche Aussage bezüglich der Response-Assessment-in-Neuro-Oncology(RANO)-Kriterien trifft zu?
Bei „Pseudoresponse“ handelt es sich um die transiente Abnahme der Kontrastmittelaufnahme bzw. der assoziierten T2/Fluid-attenuated-inversion-recovery(FLAIR)-Veränderungen unter Therapie mit Immuncheckpointinhibitoren.
Als Basisuntersuchung dient die Magnetresonanztomographie (MRT) des Neurokraniums ca. 3 Monate nach Abschluss der Radiochemotherapie.
Eine kraniale Magnetresonanztomographie(MRT)-Untersuchung innerhalb der ersten 72 postoperativen Stunden ist nicht zwingend notwendig.
Als „Pseudoprogression“ wird eine transiente Zunahme der Kontrastmittelaufnahme bzw. der assoziierten T2/Fluid-attenuated-inversion-recovery(FLAIR)-Veränderungen innerhalb der ersten 3–6 Monate nach Abschluss der Strahlenchemotherapie bezeichnet.
In den RANO-Kriterien werden nur radiographische Parameter berücksichtigt.
Welche Aussage zur Rolle der chirurgischen Resektion ist zutreffend?
Im Falle einer Glioblastomprogression hat die erneute Tumorresektion einen untergeordneten Stellenwert.
Die chirurgische Asservierung von Tumorgewebe dient der Diagnosesicherung und Untersuchung von molekularpathologischen Merkmalen, die für eine Teilnahme an klinischen Studien bzw. zur Analyse zielgerichteter Therapieoptionen wichtig sein können.
Die durch intraoperative Magnetresonanztomographie (iMRT) gestützte Operationstechnik ist der 5‑Aminolävulinsäure(5-ALA)-gestützten Operationstechnik überlegen.
Das Ausmaß der initialen Tumorresektion ist nicht prognosebestimmend.
Eine kraniale computertomographische (CT) Bildgebung ist als postoperativer Ausgangsbefund ausreichend.
Welche Therapie wird nicht als Option im Rahmen der Erstlinientherapie beim Glioblastom, ZNS-WHO-Grad 4 evaluiert? (WHO Weltgesundheitsorganisation, ZNS zentrales Nervensystem)
Erhaltungschemotherapie mit Temozolomid nach dem 5/28-Schema
Fraktionierte Strahlentherapie mit 60 oder 40 Gy
Tumortherapiefelder
Radiochirurgie kombiniert mit Temozolomid
Chirurgische Biopsie oder Tumorresektion
Welche Aussage bezüglich der Therapieempfehlung bei Glioblastomprogression trifft zu?
Die kombinierte Chemotherapie mit Temozolomid und Lomustin gilt als leitliniengerechte Zweitlinientherapie beim Glioblastom.
Häufig wird der Einsatz von Tumortherapiefeldern erwogen.
Die mögliche Teilnahme an klinischen Therapiestudien sollte evaluiert werden.
Die Einbeziehung einer palliativmedizinischen Versorgung spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Nach initialer Radiochemotherapie ist eine erneute Bestrahlung nicht möglich.
Welche Therapie ist kein etablierter Bestandteil des symptomorientierten Therapiekonzepts bei Glioblastomen?
Cannabinoide
Intensive Physiotherapie
Psychoonkologische Beratung
Antikonvulsive Therapie mit Levetiracetam
Thromboseprophylaxe bei dauerhafter Immobilität
Welche Aussage zu klinischen Therapiestudien bei Glioblastomen trifft nicht zu?
Eine mögliche Teilnahme an einer klinischen Therapiestudie muss bei Diagnosestellung und im Falle einer Glioblastomprogression evaluiert werden.
Innovative Therapiekonzepte beinhalten sogenannte zielgerichtete Therapieoptionen.
Innovative Therapiekonzepte beinhalten Immuntherapiekonzepte, bspw. therapeutische Vakzinierungen.
Eine Teilnahme an einer klinischen Studie ist in der Regel nur zum Zeitpunkt der Diagnosestellung möglich.
Die Off-label-Behandlung mittels einer molekular basierten Therapieform im Rahmen von Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM)/des Deutschen Netzwerks für Personalisierte Medizin (DNPM) kann wegweisend und hypothesengenerierend für nachfolgende klinische Studien sein.
Welche Aussage trifft hinsichtlich der Versorgung von Glioblastompatienten zu?
Therapieempfehlungen sollten immer in einem molekularen Tumorboard ausgesprochen werden.
Aufgrund der oft komplexen neurologischen Symptomkonstellation und der erforderlichen multimodalen Therapie bei Glioblastom ist die Behandlung an einem zertifizierten neuroonkologischen Zentrum erforderlich.
Die symptomorientierte Therapie und frühe Einbeziehung von spezialisierten ambulanten palliativmedizinischen Versorgungsdiensten ist bei Behandlung an einem spezialisierten, universitären Zentrum meist nicht erforderlich.
Eine psychoonkologische Betreuung kann die Lebensqualität sowohl von Patienten mit Glioblastom als auch von deren Angehörigen verschlechtern und sollte daher nicht angeboten werden.
Die Teilnahme an einer klinischen Studie ist keine Option, weil es sich um eine unheilbare Erkrankung handelt.
Im interdisziplinären neuroonkologischen Tumorboard diskutieren Sie den postoperativen Fall eines 56-jährigen Mannes mit Erstdiagnose eines MGMT-Genpromotor-methylierten Glioblastoms, ZNS-WHO-Grad 4. Es besteht eine bildgebende Komplettresektion und der klinische Zustand ist sehr gut (KPS 90 %). Eine Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie ist nicht möglich. Welche Erstlinientherapie empfehlen Sie? (KPS Karnofsky-Performancestatus, MGMT Methylguanin-DNA-Methyltransferase, WHO Weltgesundheitsorganisation, ZNS zentrales Nervensystem)
Klinische und bildgebende Verlaufskontrollen im 3‑Monats-Intervall
Alleinige Strahlentherapie
Hypofraktionierte Strahlentherapie mit begleitender Temozolomidchemotherapie
Kombinierte Behandlung aus Strahlentherapie mit Temozolomid und Lomustin
Alleinige Chemotherapie mit Temozolomid
Welche Aussage zum Einsatz von Glukokortikoiden in der Neuroonkologie ist richtig?
Die langfristige Einnahme von Glukokortikoiden ist nebenwirkungsarm.
Die Tageshöchstdosis beträgt 10 mg.
Glukokortikoide sollten dreimal täglich eingenommen werden.
Beim Einsatz von Glukokortikoiden gilt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.
Glukokortikoide benötigen keine prophylaktische Begleitmedikation.
Welche Aussage zu Glioblastomen stimmt?
Glioblastome werden in der überarbeiteten WHO-2021-Klassifikation als ZNS-WHO-Grad 3 eingestuft. (WHO Weltgesundheitsorganisation, ZNS zentrales Nervensystem)
Glioblastome haben eine günstige Prognose.
Der Methylierungsstatus des MGMT-Genpromotors ist nur bei der Therapieentscheidung außerhalb klinischer Studien wichtig (MGMT Methylguanin-DNA-Methyltransferase).
Glioblastome treten überwiegend im jungen Erwachsenenalter auf.
Glioblastome treten überwiegend sporadisch auf.
Rights and permissions
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
About this article
Cite this article
Rieger, D., Renovanz, M., Kurz, S. et al. Glioblastom – aktuelle Therapiekonzepte. Onkologie 30, 145–156 (2024). https://doi.org/10.1007/s00761-024-01473-7
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00761-024-01473-7