FormalPara Originalpublikation

Song Q, Bates B, Shao YR, Hsu FC, Liu F, Madhira V, Mitra AK, Bergquist T, Kavuluru R, Li X, Sharafeldin N, Su J, Topaloglu U (2022) National COVID cohort collaborative consortium. Risk and outcome of breakthrough COVID-19 infections in vaccinated patients with cancer: real-world evidence from the national COVID cohort. Collaborative J Clin Oncol. https://doi.org/10.1200/JCO.21.02419.

FormalPara Hintergrund.

Krebspatienten sind durch COVID-19-Infektionen besonders gefährdet und weisen eine erhöhte Gesamtmortalität auf [1]. Sowohl die krankheitsbedingte als auch die therapiebedingte Immunsuppression kann einen negativen Einfluss auf die Immunantwort nach COVID-19-Impfungen bei Krebspatienten haben. Diese Studie liefert „real world evidence“ (RWE) über das Impfdurchbruchrisiko bei Krebspatienten, über die Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe und über das Outcome von Durchbruchsinfektionen an einer großen, repräsentativen Patientenkohorte, die durch das National COVID Cohort Collaborative (N3C) Consortium zur Verfügung gestellt wurde.

FormalPara Methoden.

Die Impfdurchbruchkohorte wurde definiert als Patienten, die mindestens eine mRNA-Impfung mindestens 14 Tage vor einer COVID-19-Infektion bekommen hatten und zuvor keine COVID-19-Infektion durchgemacht hatten. Patienten mit einer Karzinomdiagnose und die entsprechende systemische onkologische Therapie wurden anhand von Systematized-Nomenclature-of-Medicine(SNOMED)-Codes identifiziert.

Als primärer Endpunkt wurde eine COVID-19-Infektion 14 Tage nach erster oder zweiter Impfung mit einem mRNA-Impfstoff festgelegt. Als schweres Outcome wurden Tod inklusive Entlassung zum Hospiz, Hospitalisierung, Einsatz von mechanischer Ventilation oder von extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) definiert.

Das Risiko eines Impfdurchbruchs und eines schlechten Outcomes wurde anhand multivariabler logistischer Regressionsmodelle analysiert. Die Modelle wurden angepasst an Alter zum Impfdatum, Geschlecht, Ethnizität, Raucherstatus, Impfstatus (vollständig vs. nur eine Impfung), Impfstoff (BNT162b2 von Pfizer-BioNTech vs. mRNA-1273 von Moderna), Krebsentität, Krebsbehandlung und Komorbiditäten.

FormalPara Ergebnisse.

In der N3C-Kohorte gab es 58.772 COVID-19-positive Patienten mit erfolgter Impfung. Unter dieser Impfkohorte gab es 6860 Fälle mit Durchbruchsinfektion. Hiervon waren 2787 (40,6 %) vollständig geimpft, 4073 (59,4 %) hatten eine einzelne Impfdosis bekommen. In der Kontrollgruppe gab es insgesamt 402.485 Patienten, die keine COVID-19-Infektion hatten. Davon waren 87,3 % vollständig geimpft, 12,7 % einfach geimpft. Der Anteil von vollständig geimpften Patienten war in der Impfdurchbruchgruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe (40,6 % vs. 87,3 %, Odds Ratio [OR] 0,10; p ≤ 0,0001). Unter den 6860 Patienten mit Impfdurchbruch gab es 1460 Krebspatienten, davon 867 vollständig und 593 einfach geimpft. Krebskranke hatten einen signifikant höheren Anteil von vollständig geimpften Fällen mit Impfdurchbruch als Nichtkrebskranke (59,4 % vs. 35,6 %, OR 2,65; p < 0,0001).

Unter den Patienten mit Impfdurchbruch hatten vollständig geimpfte Patienten ein höheres Durchschnittsalter, einen höheren Anteil an schweren Outcomes und positiver Raucheranamnese sowie mehr Komorbiditäten als einfach geimpfte Patienten. Krebskranke mit Impfdurchbruch zeigten ähnliche Trends.

Ein Alter über 65 Jahre, positive Raucheranamnese, solide Tumoren sowie hämatologische Krebsentitäten waren mit einem höheren Impfdurchbruchrisiko assoziiert. Männer und Nicht-hispanic-Schwarze hatten ein geringeres Risiko. Vollständiger Impfstatus sowie Moderna-Impfstoff waren mit einem geringeren Impfdurchbruchrisiko assoziiert.

Patienten mit Leukämie, multiplem Myelom und Lymphom hatten ein höheres Impfdurchbruchrisiko als Patienten mit soliden Tumoren sowie als Nichtkrebskranke. Ein vollständiger Impfstatus senkte das Risiko bei Patienten mit multiplem Myelom, Lymphom und lymphatischer Leukämie. Der Moderna-Impfstoff zeigte einen besseren Schutz für Patienten mit multiplem Myelom.

Patienten älter als 65 Jahre, nicht-hispanic-schwarze Patienten, Patienten mit positiver Raucheranamnese oder mit mehr Komorbiditäten hatten ein größeres Risiko für ein schweres Outcome. Solide sowie hämatologische Krebsentitäten zeigten ein höheres Risiko für ein schweres Outcome als Patienten ohne Malignom. Vollständig geimpfte Personen waren stärker durch ein schweres Outcome gefährdet als nur einfach geimpfte. Der Moderna-Impfstoff war mit einem geringeren Risiko assoziiert als der Pfizer-Impfstoff. Bei Patienten mit multiplem Myelom, Lymphom oder lymphatischer Leukämie zeigte ein zweifacher Impfschutz ein höheres Risiko für ein schweres Outcome als nach einfacher Impfung (nicht signifikant). Der Moderna-Impfstoff zeigte einen besseren Schutz für Patienten mit Lymphom sowie mit lymphatischer Leukämie.

Der Einfluss einer onkologischen Behandlung auf die Impfwirksamkeit wurde ebenfalls untersucht. Proteasominhibitoren sowie Immunmodulatoren waren mit einem signifikant höheren Risiko für Impfdurchbruch assoziiert, ebenso wie eine Medikation mit immunsuppressiver Wirkung. Der Z. n. Knochenmarkstransplantation führte zu einer geringeren Impfwirksamkeit.

FormalPara Diskussion.

Im Rahmen der Studie konnte gezeigt werden, dass Krebspatienten, insbesondere solche mit hämatologischen Malignomen, stärker durch einen Impfdurchbruch und durch schwere Verläufe nach erfolgter/erfolgten mRNA-Impfung(en) gefährdet sind. Dies deckt sich mit früheren Studien, bei denen Krebspatienten geringere Antikörpertiter nach Impfung hatten [2, 3].

Sowohl in der allgemeinen Kohorte als auch unter Krebspatienten zeigte der Moderna-Impfstoff einen höheren Schutz gegen einen Impfdurchbruch. Dieser Effekt war besonders bei Patienten mit multiplem Myelom sichtbar. Insgesamt reduzierten die mRNA-Impfstoffe das Risiko für eine COVID-19-Infektion bei Krebspatienten signifikant.

Kommentar

Die vorliegende Studie zeigt, dass Krebspatienten – insbesondere solche mit hämatologischen Malignomen wie multiplem Myelom und Lymphom – nach mRNA-Impfungen ein höheres Risiko für Durchbruchsinfektionen und schwerwiegende Verläufe haben. Die COVID-19-mRNA-Impfstoffe reduzierten das Durchbruchrisiko für Krebspatienten immer noch erheblich. Weitere Studien werden erforderlich sein, um die Bedeutung von COVID-Varianten und von Booster-Impfungen bei Krebspatienten zu beleuchten.

Fazit für die Praxis

  • Krebskranke haben ein höheres Risiko eines Impfdurchbruchs.

  • mRNA-Impfstoffe reduzieren das Risiko einer COVID-19-Infektion bei Krebspatienten signifikant.