Differenzierung

Atypische chondrogene Tumoren (ACT) sind Knochentumoren aus Knorpelmatrix, früher auch als Chondrosarkome G1 bezeichnet [17, 33]. Enchondrome wiederum werden als rein benigne Läsionen angesehen, die – anders als ACT – ein geringes Lokalrezidivrisiko sowie eine vernachlässigbar geringe Tendenz zur malignen Entartung aufweisen. Allerdings ist die Differenzierung zwischen Enchondromen und ACT sowohl aus klinischer als auch radiologischer und histopathologischer Sicht komplex.

Epidemiologie

Im Jahr 2013 wurden Chondrosarkome G1 der langen und kurzen Röhrenknochen durch die World Health Organisation (WHO) von tatsächlich malignen Chondrosarkomen G2 und G3, durch die Namensänderung auf ACT, abgegrenzt [18, 33]. Diese Änderung unterstreicht, dass ACT als Tumoren mit intermediärer Dignität eingestuft werden sollten, da sie sich zwar lokal aggressiv verhalten, aber nur sehr selten metastasieren.

Die Bezeichnung „ACT“ sollte nur im Bereich der Extremitäten verwendet werden

Die Prävalenz von ACT beträgt 0,4 % [35], verglichen mit einer Prävalenz von knapp 2 % (an der Schulter) bis 3 % (am Kniegelenk) für Enchondrome [20, 35]. Sowohl Enchondrome als auch ACT treten mehrheitlich in langen – sowie insbesondere Enchondrome – auch in kurzen Röhrenknochen auf [37]. Die Bezeichnung „ACT“ sollte jedoch nur im Bereich der Extremitäten verwendet werden, während die histologisch niedrigmalignen chondrogenen Tumoren des Achsenskeletts (z. B. Becken, Skapula) als „Chondrosarkom G1“ zu bezeichnen und anders zu therapieren sind, d. h. mittels weiter Resektion [36].

In der Publikation von van Praag et al. aus dem Jahr 2018 wurde über eine kontinuierliche Steigerung der Inzidenz von Enchondromen und – mehr noch – ACT berichtet [31], wobei davon ausgegangen werden kann, dass dieses Phänomen stark mit häufiger werdender Diagnostik wie Röntgenaufnahmen, Magnetresonanztomographie (MRT) bzw. der strengeren Klassifikation von chondrogenen Tumoren anhand radiologischer Kriterien zusammenhängt [33].

Diagnostik

Da Enchondrome und ACT mehrheitlich keine spezifischen Symptome verursachen, werden sie regelhaft als Zufallsbefund im Rahmen einer radiologischen Abklärung wegen anderwärtiger Beschwerden (z. B. degenerative Gelenkveränderungen) entdeckt. Ausnahmen können pathologische Frakturen sein, die häufig an den kurzen Röhrenknochen des Handskeletts auftreten, sowie große kartilaginäre Tumoren der langen Röhrenknochen, bei welchen PatientInnen gelegentlich über Schmerzen berichten [15]. Schmerzen werden hierbei u. a. auf erosive Prozesse der Kortikalis mit mehr oder weniger ausgeprägtem Scalloping zurückgeführt. Dennoch sollte „Schmerz“ nicht als spezifisches Kriterium gewertet werden, da dieses bei PatientInnen mit Enchondromen aufgrund anderer schmerzverursachender Pathologien sogar häufiger vorkommen kann als bei ACT [14].

An die Anamnese schließt sich die klinische Untersuchung an, welche u. a. lokale Druckschmerzen, Schwellungen und Beweglichkeit angrenzender Gelenke abfragen sollte [15]. Danach ist – so nicht schon erfolgt – eine Röntgenuntersuchung der betroffenen Region in 2 Ebenen zu veranlassen, welche erste wesentliche Hinweise auf die Dignität der kartilaginären Läsion gibt (Tab. 1). Wurde am Röntgenbild ein kartilaginärer Tumor diagnostiziert, sollte eine weiterführende MRT oder Computertomographie (CT) durchgeführt werden [30, 40]. Ein besonderes radiologisches Zeichen kartilaginärer Läsionen ist das „Scalloping“, die fokale Arrosion des Kortex (Tab. 1; Abb. 1; 2 und 3; [5, 14]).

Tab. 1 Mögliche radiologische Unterscheidung zwischen Enchondromen, atypischen chondrogenen Tumoren (ACT) sowie Chondrosarkomen G2/3 der langen Röhrenknochen. (Adaptiert nach [13, 15, 21, 24, 33])
Abb. 1
figure 1

Atypischer chondrogener Tumor (ACT) des rechten proximalen Humerus einer 53-jährigen Patientin. Im a.-p.-Röntgenbild kartilaginäre Läsion der proximalen Humerusmetaphyse mit tiefem endostealem Scalloping des Tuberculum majus (a). In der Magnetresonanztomographie (MRT) typische Signalgebung in der T1- (b) und T2-gewichteten (c) Sequenz. In der axialen Aufnahme fokale Kortexdestruktion im Bereich des Sulcus bicipitalis mit kleiner extraossären Tumorkomponente nachweisbar (Pfeild). R rechts

Abb. 2
figure 2

Enchondrom des distalen Femurs rechts bei einer 50-jährigen Patientin, als Zufallsbefund bei Abklärung eines Knie-Verdreh-Traumas entdeckt. Im a.-p.- und seitlichen Röntgenbild solitäre Läsion der distalen Femurdiaphyse mit kartilaginärer Matrix und schwacher Transitionszone (a). Darüber hinaus oberflächliches endosteales Scalloping der ventralen Matrix erkennbar (Pfeilb). Histologisch lappig gebauter, zellarmer Tumor mit teilweise verkalkter, chondrogener Matrix (c, d Ausschnitt von c)

Abb. 3
figure 3

Atypischer chondrogener Tumor (ACT) der proximalen linken Tibia einer 17-jährigen Patientin. Auf den a.-p.- (a) und seitlichen (b) Röntgenaufnahmen elongierte kartilaginäre Läsion mit endostealem Scalloping der medialen Kortikalis. In der koronaren Computertomographie(CT)-Aufnahme tiefes endosteales Scalloping ohne Kortexdestruktion (Pfeilc). In der Magnetresonanztomographie (MRT) Bestätigung der kartilaginären Ätiologie der scharf begrenzten Läsion mit lobulierter Kontur. Typisches hyperintenses Signal in der Fettsuppressions-T2-gewichteten koronaren Sequenz (d) sowie hypointenses Signal in der T1-gewichteten axialen Sequenz (e) sowie septal-noduläre Kontrastmittelanreicherung (f); weder Weichteilkomponente noch Periostreaktion sichtbar. Zustand 2 Monate nach Operation mit Kürettage und Verbundosteosynthese, Patientin beschwerdefrei (g,h). In der Histologie gering bis mittelmäßig zellulärer chondrogener Tumor mit Einschluss von präexistenten Knochenbälkchen (hinweisend auf infiltratives Wachstumsmuster). Verkalkungen nur fokal nachweisbar (i, j Ausschnitt von i)

Mit neuartigen bildgebenden Verfahren wie der dynamischen MRT-Untersuchung, Positronenemissionstomographie-Computertomographie (PET-CT) und computergestützter Texturanalyse wird versucht, zwischen benignen und malignen kartilaginären Läsionen zu unterscheiden [9]. Der Stellenwert einer PET-CT und Knochenszintigraphie in der Differenzierung zwischen Enchondromen und ACT wird jedoch kontrovers diskutiert [2, 33] und ist von fraglicher Signifikanz. In der Knochenszintigraphie reichern ACT bzw. Chondrosarkome G1 vermehrt 99Technetium und 201Thallium an [21]. Allerdings müssen zum einen immer auch andere Gründe der Tracer-Aufnahme ausgeschlossen werden (z. B. lokale Überlastungsreaktionen) [15], zum anderen ist gerade die Sensitivität von 99Technetium gering [21]. In der 18F‑FDG(18Fluorodeoxyglukose)-PET-CT kann zwar zwischen ACT und höhergradigen Chondrosarkomen unterschieden werden, zwischen Enchondromen und ACT gelingt dies aber kaum, aufgrund ähnlicher metabolischer Aktivität [2].

Die alleinige Biopsie zur Differenzierung von suspekten Enchondromen bzw. ACT ist oft nicht hilfreich, da es zu einem „sampling-error“ kommen kann; während Anteile des Tumors höher oder weniger gut differenziert sein können, bekommt der Pathologe nur ausgewählte Regionen zur Begutachtung. Darüber hinaus machen es die histologischen Ähnlichkeiten von Enchondromen und ACT notwendig, die histopathologische Diagnose mit der Bildgebung zu korrelieren [33].

Die alleinige Biopsie zur Differenzierung von suspekten Enchondromen bzw. ACT ist oft nicht hilfreich

Schließlich hängt die Entscheidung für oder gegen eine Biopsie vor definitiver Versorgung von Enchondromen (Abb. 2) bzw. ACT (Abb. 3) u. a. davon ab, ob auf Basis der Bildgebung auch andere Differenzialdiagnosen in Betracht kommen könnten oder ob Malignitätszeichen nachweisbar sind, die auf ein höhergradiges Chondrosarkom (G2/3) hinweisen [33]. Radiologische Malignitätszeichen sind u. a. Osteolysen, periostale Ödemzonen, das Fehlen von eingeschlossenen Fettinseln, permeative oder mottenfraßartige Knochendestruktion sowie Kortexdestruktion und ein extraossärer Weichteilanteil [24, 33, 43].

In der Histopathologie stellen Enchondrome zellarme, gelappte Tumoren mit hyaliner Matrix dar, die von einer dünnen Schicht reaktiven Knochens umgeben ist [16]. In die Matrix eingebettet sind zytologisch unauffällige Chondrozyten, welche in Zellnestern angeordnet sein können [16]. Stellenweise kann die Matrix Verkalkungen aufweisen (Abb. 2; [16]). Demgegenüber sind ACT zellreicher und weisen gering atypische Chondrozyten auf. Darüber hinaus ist ein Entrapment (Einschluss) präexistenter Knochenbälkchen typisch für ACT, was auf ein infiltratives Wachstumsmuster hinweist (Abb. 3; [16]).

Allerdings tendiert man heute dazu, weder bei – auf Basis der Bildgebung vermuteten – Enchondromen noch bei ACT vor definitiver Operation eine Biopsie durchzuführen, sondern die Läsion direkt zu kürettieren, da die Rezidivrate unabhängig vom endgültigen histopathologischen Ergebnis nach Kürettage nicht signifikant höher zu sein scheint [4]. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass die definitive Histologie allein u. U. auch nicht endgültig zwischen Enchondromen und ACT differenzieren kann. So gibt es lokalisationsabhängig Unterschiede im radiologischen und histopathologischen Erscheinungsbild. Enchondrome der Phalangen können – insbesondere, wenn eine pathologische Fraktur vorliegt – sowohl in der Radiologie als auch in der Histologie Zeichen eines aggressiven Wachstums aufweisen. Dieser Tatsache ist es vermutlich geschuldet, dass es in der Literatur keine eindeutige Beschreibung von ACT in den kurzen Röhrenknochen (Finger, Zehen) gibt [3, 23]. Gleichzeitig ist zu beachten, dass höhergradige Chondrosarkome (G2/3) nur sehr selten in kurzen Röhrenknochen lokalisiert sind [41].

Therapie

Watch-and-wait-Ansatz

Deuten alle radiologischen Kriterien auf das Vorliegen eines Enchondroms hin, so reichen klinisch-radiologische Verlaufskontrollen. Dies gilt insbesondere für kartilaginäre Läsionen der kurzen Röhrenknochen, sofern Beschwerdefreiheit und keine Frakturgefahr besteht. Kartilaginäre Läsionen der langen Röhrenknochen bzw. des Achsenskeletts sollten mittels MRT nachkontrolliert und an ein Tumorzentrum überwiesen werden [22]. Ein primäres Zuwarten kann auch bei als ACT einzustufenden Läsionen je nach Situation gerechtfertigt sein, sofern es im Verlauf zu keiner radiologischen Progression kommt, wie etwa einer Größenzunahme > 6 mm innerhalb eines Jahres [8, 27, 28, 32].

Operation

Die operative Therapie von ACT hat sich mit den Jahren durch die Erkenntnis gewandelt, dass diese Tumoren nur lokal aggressiv sind und praktisch nie fernmetastasieren: Von weiten Resektionen wird heute großteils Abstand genommen und eine Kürettage mit oder ohne Anwendung von lokalen Adjuvanzien präferiert [10, 34]. Mit dieser Methodik konnten sehr geringe Lokalrezidivraten von unter 10 % erreicht werden [10, 34, 38].

Lokalisationsabhängige Entscheidung

Kurze Röhrenknochen

Höhergradige Chondrosarkome der kurzen Röhrenknochen sind generell selten [3, 23], und die Unterscheidung von ACT zu Chondrosarkomen ist – wie erwähnt – nicht klar definiert. Werden Enchondrome/ACT der kurzen Röhrenknochen operativ versorgt, dann zumeist im Rahmen von pathologischen Frakturen oder bei bestehender Frakturgefahr. Nach Kürettage kann die Stabilisierung bzw. Füllung des Markraums mit autologer oder homologer Spongiosa sowie resorbierbarem Knochenersatzstoff (z. B. Trikalziumphosphat) erfolgen, wobei bei autologer Beckenkammspongiosa die nicht unerhebliche Entnahmestellenmorbidität berücksichtigt werden muss.

Lange Röhrenknochen

Bei großen ACT der langen Röhrenknochen kann nach Kürettage des Tumorherds aufgrund der postoperativen Frakturgefahr [10] eine prophylaktische Stabilisierung, z. B. mit Plattenosteosynthese, notwendig werden [28].

Die Komplikationsrate ist nach intraläsionaler Operation weitaus niedriger als nach weiter Resektion

Aufgrund höherer Komplikationsraten und potenziell klinisch-funktioneller Nachteile nach Osteosynthese bzw. Verbundosteosynthese ist hierbei jedoch eine individuelle Abwägung erforderlich [26, 27]. Die Komplikationsrate ist nach intraläsionaler Operation dennoch weitaus niedriger als nach weiter Resektion, bei gleichzeitig deutlich besserer postoperativer Funktionalität [34].

Stamm

Am Stamm verhalten sich niedrig maligne chondrogene Tumoren generell aggressiver als am Achsenskelett, weshalb sie – wie eingangs erwähnt – einerseits als „Chondrosarkom G1“ klassifiziert werden, andererseits eher mit weiten Resektionsrändern zu behandeln sind [12, 19].

Adjuvanzien

Adjuvanzien können nach Kürettage des ACT mit dem Ziel angewandt werden, das Lokalrezidivrisiko durch verbliebene Tumorzellen nach dem Auskratzen der Tumorhöhle (intraläsionale Resektion) zu minimieren. Darüber hinaus können sie, wie etwa Polymethylmethacrylat (PMMA, Knochenzement), gleichzeitig zur Defektauffüllung herangezogen werden. Bei PMMA kommt es durch die Hitzeentwicklung im Rahmen der exothermen Reaktion bei Zementaushärtung zu einer Abtötung möglicher randständig verbliebener Tumorzellen. Darüber hinaus ergibt sich der Vorteil einer besseren Erkennbarkeit von Rezidiven im Randbereich zwischen Knochenzementplombe und gesundem Knochen in der weiteren bildgebenden Nachsorge. Neben dem nichtresorbierbaren PMMA können Tumorhöhlen auch mit resorbierbaren Knochenersatzstoffen auf (Tri‑)Kalziumsulfat- und Hydroxylapatitbasis aufgefüllt werden, wobei hier im Vergleich zu PMMA sowohl der thermische Effekt als auch die verbesserte Abgrenzbarkeit von Rezidiven in der Nachsorge wegfallen. Autologe Spongiosa- und Knochenspanplastiken (z. B. Beckenkamm) sollten heute speziellen Indikationen vorbehalten sein. Spongiosaplastiken können etwa bei wachstumsfugennahen ACT angewandt werden, bei welchen die Verwendung von Adjuvanzien aufgrund der zytotoxischen und/oder thermischen Effekte kontraindiziert sind. Knochenspanplastiken wiederum können zur Schienung pathologischer Frakturen von (kurzen) Röhrenknochen herangezogen werden. Allografts (z. B. intramedulläre Strut-Grafts) haben gegenüber Autografts den großen Vorteil der fehlenden Entnahmemorbidität, gleichzeitig ist deren begrenzte Verfügbarkeit eine wesentliche Limitation [34].

Zu dem am häufigsten angewandten Adjuvans zählt neben PMMA auch Phenol [34, 39], mit welchem die Wände der Tumorhöhle in einer Konzentration von 50–90 % für ein paar Minuten benetzt wird. Wegen der hohen Toxizität von Phenol (auch hohes Risiko für den Operateur durch Inhalation) sollte dieses Adjuvans jedoch nicht mehr verwendet werden. Eine kostengünstigere und weniger toxische Alternative stellt Wasserstoffperoxid dar, dessen Effektivität bei Riesenzelltumoren des Knochens bestätigt wurde [25]. Auch flüssiger Stickstoff, welcher mindestens 2‑mal hintereinander in die Tumorhöhle instilliert werden muss, um gute zytotoxische Effekte zu erzielen, kann als Adjuvans zur Anwendung kommen [7, 34].

Radiofrequenzablation

Die Radiofrequenzablation (RFA), welche insbesondere bei Osteoidosteomen zur Anwendung kommt, wurde bisher kaum zur Behandlung von ACT eingesetzt [11]. In einer rezenten Studie aus dem Jahr 2019 wurde gezeigt, dass nach Biopsie mit RFA sowie einer sekundären geplanten Kürettage 3 Monate nach dem Primäreingriff der Tumor bei über 70 % der PatientInnen vollständig durch die RFA zerstört worden war [11]. Dieses Vorgehen ist aus heutiger Sicht für kartilaginäre Tumoren dennoch als experimentell anzusehen.

Nachsorge und Staging

Generell sollte eine jährliche Nachsorge von kürettierten ACT der langen Röhrenknochen mittels MRT durchgeführt werden, wobei das Intervall nach einem Jahr ausgedehnt werden kann, sollte die erste Kontroll-MRT unauffällig sein [39]. Darüber hinaus wird von den Autoren einmalig nach Diagnosestellung eines ACT der Röhrenknochen eine Staging-Untersuchung mittels Thorax-CT empfohlen.

Pitfalls

Enchondromatose

Werden bei einem PatientInnen schon in jungen Jahren mehrere Enchondrome diagnostiziert, sollte dies den Verdacht auf das Vorliegen einer Enchondromatose lenken. Denn 2 ähnliche Syndrome – die Ollier-Krankheit und das Maffucci-Syndrom – sowie die Metachondromatose sind charakterisiert durch das Auftreten von multiplen Enchondromen [36]. Die Ollier-Krankheit und das Maffucci-Syndrom unterscheiden sich dadurch, dass bei letzterem Syndrom zusätzlich vaskuläre Läsionen wie Spindelzell-Hämangiome zu finden sind. Bei der Metachondromatose präsentieren sich PatientInnen sowohl mit Enchondromen als auch Osteochondromen, verursacht durch eine PTPN11-Mutation [36, 42]. Das Maffucci-Syndrom und die Ollier-Krankheit hingegen werden verursacht durch IDH1-/IDH2-Mutationen [29]. Syndromassoziierte Enchondrome weisen ein deutlich erhöhtes Risiko auf, im Verlauf zu Chondrosarkomen zu entarten [36], weshalb bei den PatientInnen eine Nachkontrolle und bei Beschwerden eine weitere Abklärung erfolgen sollte.

Maligne Entartung

Gemäß einer Studie von Altay et al. mit 627 Fällen beträgt das Entartungsrisiko bei benignen kartilaginären Läsionen in Richtung ACT knapp 4 % und in Richtung Chondrosarkom G2/3 unter 1 % [1]. Die Annahme, dass ACT ohne operative Therapie zu höhergradigen Chondrosarkomen fortschreiten, lässt sich dadurch entkräften, dass trotz der steigenden Inzidenz von ACT (welche der forcierten Diagnostik geschuldet sein dürfte) die Inzidenz von Chondrosarkomen G2/3 im gleichen Zeitraum keinen derartigen Anstieg aufweist [6, 33].

Fazit für die Praxis

  • Diagnostik und Therapie von kartilaginären Tumoren erfolgen multidisziplinär.

  • Schmerz ohne alternative Ursache ist klinischer Hinweis auf einen atypischen chondrogenen Tumor (ACT).

  • Tiefes endosteales Scalloping, Größenzunahme im Verlauf, fokaler Kortexdurchbruch an Stellen mit physiologisch dünnem Kortex (z. B. Sulcus bicipitalis) sind ACT-typische radiologische Zeichen.

  • Pathologische Frakturen können bei kartilaginären Läsionen kurzer Röhrenknochen auftreten.

  • Nur Lokalisationen in Extremitäten werden als „ACT“ bezeichnet; histologisch identische Tumoren des Stamms sind als „Chondrosarkome G1“ zu klassifizieren und anders zu behandeln.

  • Ein „sampling error“ ist bei der Biopsie von Enchondromen bzw. ACT aufgrund fehlender Repräsentativität der fokalen Probeentnahme für die gesamte Läsion möglich.

  • Die Therapie von ACT wandelt sich von radikaler Tumorresektion weg zu intraläsionaler Kürettage hin, optional unter Verwendung lokaler Adjuvanzien.