Die Resektion von Leber- und Lungenmetastasen ist eine anspruchsvolle Disziplin, hat sich aber mittlerweile zum chirurgischen Standard etabliert. Selektionierte Patienten profitieren davon durch lange tumorfreie Überlebenszeiten und potenzielle Heilung. Im folgenden Übersichtsartikel wird dargestellt, welche Patienten für die Metastasenchirurgie in Frage kommen. Dazu werden präoperative Abklärung, operative Besonderheiten und das postoperative Management dargestellt.

Metastasenchirurgie im Wandel der Zeit

Bei soliden Tumoren führt meist die metastatische Ausbreitung des Tumors zum Tod. Das venöse Blut aus dem Gastrointestinaltrakt (außer dem unteren Rektumdrittel) und von dortigen Tumoren fließt über die Pfortader durch die Lebersinusoide, bevor es durch die Lebervenen in den systemischen Kreislauf gelangt; damit lässt sich die häufige hepatische Metastasierung gastrointestinaler Primärtumoren erklären. Das venöse Blut aus dem restlichen Körper sowie aus dem unteren Rektumdrittel gelangt über das rechte Herz in die Lungenkapillaren als erste Filterstation. Daher ist generell der häufigste erste Metastasierungsweg von malignen Tumoren die Lunge [15].

Vor 30 Jahren galt der Nachweis von Organmetastasen meist als sicheres Todesurteil [9]. Im Verlauf der letzten Jahre aber haben sich systemische Therapien, d. h. neue Chemotherapeutika, aber auch Substanzen wie Immunmodulatoren, Antikörper und „small molecules“/“targeted therapies“ wesentlich weiterentwickelt. Zusätzlich ermöglichen moderne Operationsverfahren und lokal-ablative Interventionen die Ausweitung zumindest theoretisch kurativer Ansätze bei (limitierter) Fernmetastasierung [9]. Auch wenn dabei hohe Rückfallquoten verzeichnet werden, ist es dennoch häufig möglich, eine klassische palliativ eingeschätzte Situation zumindest in ein chronisches Leiden mit Langzeitüberleben zu verwandeln und in Einzelfällen zu heilen [16]. Am Anfang der Metastasenchirurgie galt noch der Befall von mehr als einem Organ als Kontraindikation zur Resektion.

Sequenzielle Leber- und Lungenresektionen bei Befall beider Organe sind nicht mehr selten

Diese Regel wurde relativiert, und sequenzielle Leber- und Lungenresektionen bei Befall dieser beiden Organe sind keine Seltenheit mehr [15]. Wie weit sich die therapeutischen Grenzen der derzeitigen Leber- und Lungenmetastasenchirurgie in Zukunft noch ausweiten lassen, wird sich zeigen. Da es sich um komplexe Einzelfallentscheidungen handelt und es häufig keine evidenzbasierten Empfehlungen gibt, sollten derartige Therapieentscheidungen immer in interdisziplinären Tumorboards an entsprechenden Zentren getroffen werden.

Lebermetastasenchirurgie heute

Lebermetastasen sind am häufigsten und am besten bei Patienten mit kolorektalem Karzinom untersucht. In 40 % aller Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom liegen isolierte Lebermetastasen vor und in 20 % sind diese primär resektabel [6]. Die Rate an resektablen Befunden kann noch erhöht werden, wenn grenzwertig resektable Patienten einer systemischen Therapie zugeführt werden und regelmäßig reevaluiert werden [7]. Seit Beginn der Metastasenchirurgie vor ca. 30 Jahren konnte die Mortalität von initial 30 % auf heute 1–3 % gesenkt werden. Nach einer R0-Resektion liegt das Fünfjahresüberleben bei bis zu 40–50 % [11] und das Zehnjahresüberleben bei 15–25 %. Das Zweijahresrezidivrisiko ist zwar mit 50–75 % erheblich [11]. Dennoch besteht die einzigartige Chance auf dauerhafte Heilung und es werden bessere Ergebnisse erzielt als mit jeder anderen Behandlungsform [6].

Lungenmetastasenchirurgie heute

Meist handelt es sich bei Lungenmetastasen um Zufallsbefunde in der Verlaufsbildgebung von Tumorpatienten [15]. Obwohl die Lunge das Organ mit der häufigsten Metastasierungsrate ist, gibt es bislang noch keine publizierte prospektive randomisierte Studie, die eine Resektion gegen Chemotherapie vergleicht. Lungenmetastasenresektionen sind nur in den S1-Leitlinien für das Osteosarkom und in den S3-Leitlinien für das kolorektale Karzinom erwähnt, wobei selbst hier keine eindeutige Evidenz aufgeführt wird [16]. Die derzeit besten Daten zum Überleben nach Lungenmetastasenresektion stammt aus dem 1991 gegründeten „International Registry of Lung Metastases“ der Europäischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie [2]. Anhand von über 5000 Patienten, bei denen im kurativen Ansatz eine Lungenmetastasenresektion erfolgte, zeigte sich, dass auch unter wiederholter pulmonaler Metastasenchirurgie ein Langzeitüberleben möglich ist. Somit ist die Chirurgie eine elementare Säule im bereits erwähnten Konzept der Umwandlung einer pulmonal und/oder hepatisch metastasierten Tumorerkrankung in ein chronisches Leiden mir der – wenngleich geringen – Chance auf Heilung. Nach R0-Resektion von Lungenmetastasen ist das Fünfjahresüberleben 30–50 % und das Zehnjahresüberleben 26 %. Damit ist die Chirurgie auch in dieser Situation allen anderen Behandlungsformen überlegen [2, 15].

Präoperative Überlegungen

Derzeit gelten Metastasen in Leber und Lunge als potenziell kurativ resektabel; für andere Organe gibt es zu wenige Daten, als dass eine fundierte Aussage getroffen werden könnte. Eine diffuse Metastasierung schließt einen kurativen chirurgischen Ansatz aus. Aufgrund der möglichen Eingriffskomplexität sollte die Planung des Resektionsausmaßes in präoperativen Tumorboards erfolgen und nicht – wie früher vielfach – erst intraoperativ [7]. Entscheidend sind dabei die technische R0-Resektabilität und das erwartete Volumen an funktionstüchtiger Restleber oder -lunge [3].

Lebermetastasen

Primär resektabel gelten heutzutage Lebermetastasen, wenn der Erhalt von mindestens 25 % funktionsfähigem Parenchym (d. h. gesunde Leber ohne Lebergrunderkrankung bzw. 0,5 % des Körpergewichts, „future liver remnant“, FLR), einer Lebervene sowie einem Lebersegment möglich ist [3, 6, 8, 10]. Unter Chemotherapie kann generell von einem nötigen Restvolumen von 40 % ausgegangen werden [6, 8]. Bei fraglicher Leberfunktion stehen Funktionstests wie der „Indocyanin green clearance lidocain conversion test“ zur Verfügung, die aber nicht überall routinemäßig eingesetzt werden [7]. Häufiger und praktikabler ist die dreidimensionale Lebervolumetrie mit Bestimmung von Resektions- und verbleibendem Lebergewebe (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Verlauf bei einer 52-jährigen Patientin mit primär hepatisch metastasiertem Sigmakarzinom [pT3 pN1b (3/18) M1 (HEP) L1 V1 Pn0 G2, KRAS-Wildtyp]. a Nach Erstdiagnose 04/2013 erfolgte die Behandlung mit 5 Zyklen FOLFIRI plus Cetuximab bis 06/2013. b Darunter waren alle 4 Lebermetastasen im rechten Leberlappen größenrückläufig. c Aufgrund des grenzwertigen Volumens des linken Leberlappens erfolgte 06/2013 die onkologische Sigmaresektion mit simultaner rechtsseitiger Pfortaderligatur. d Nach einem Monat war der linke Leberlappen von 370 auf 600 ml hypertrophiert. e Somit konnte nach 4 weiteren Zyklen FOLFIRI plus Cetuximab 11/2013 die Hemihepatiektomie rechts durchgeführt werden. f 01/2014 zeigte sich eine neue singuläre Lebermetastase im Segment 4a. g Diese wurde 02/2014 interventionell thermoablatiert. h Bis zum Zeitpunkt der letzten Nachsorge zeigt sich die Patientin tumorfrei. HFTT Hochfrequenzthermoablation, Pfortaderlig. Pfortaderligatur, Hemihep. Hemihepatiektomie, Lebermet. Lebermetasta

Bei schweren Begleiterkrankungen sind Individualentscheide nötig

Kontraindikationen einer Resektion stellen eine vorbestehende Leberinsuffizienz, Child-B/C-Zirrhose und andere schwere Begleiterkrankungen dar; in diesen Fällen müssen Individualentscheide getroffen werden. Die Anzahl und Größe der Metastasen ist kein absolutes Kriterium für oder gegen eine Operation, allerdings prognoserelevant (Tab. 1).

Lungenmetastasen

Für die Resektabilität von Lungenmetastasen gelten ähnliche Regeln. Neben der vorausgesetzten Möglichkeit der R0-Resektion ist noch mehr als für die Leber der Erhalt von ausreichend Restparenchym von Bedeutung, da die Kompensation der Lunge nur beschränkt ist und eine Hypertrophie wie bei der Leber nicht möglich ist. Je nach Vorschädigung ist die Resektion von 50 % Lungenparenchym jedoch meistens möglich. Vor großen geplanten Eingriffen ist immer eine Lungenfunktionsanalyse mit Spirometrie und Bodyplethysmographie indiziert, bei fraglichem Befund auch die erweiterte Diagnostik mit Perfusionsszintigraphie und Ergospirometrie [15].

Klassifikationssysteme

Die aktuellen S3-Leitlinien für das kolorektale Karzinom klassifiziert Lebermetastasen in 3 Stadien, wobei das Prinzip dieser Einteilung ebenso auf Lungenmetastasen übertragbar ist [10].

  1. 1.

    Patienten mit primär resektablen Metastasen. Diese Gruppe sollte einer chirurgischen Therapie zugeführt werden.

  2. 2.

    Patienten mit primär nicht resektablen Metastasen, aber einer begrenzten systemischen Tumorlast, sodass durch eine intensivierte Chemotherapie Resektabilität erreicht werden kann. Diese Gruppe von Patienten profitiert am meisten von wiederholten Reevaluationen im Beisein von in hepatobiliärer Chirurgie erfahrenen Chirurgen bzw. Thoraxchirurgen [7].

  3. 3.

    Patienten mit fortgeschrittener Metastasierung, die nach derzeitigem Wissensstand keine Aussicht auf eine kurative Resektion haben. Hier ist eine weniger intensive Therapie je nach Patientenwunsch vertretbar.

Neben der generellen Einteilung in resektabel oder nicht resektabel erlauben weitere Klassifikationssysteme das Abschätzen des postoperativen Überlebens. Für resektable (kolorektale) Lebermetastasen sind der Fong-Clinical-Risk-Score (CRS; [5]) und der Nordlinger-Score [14] die gängigsten (Tab. 1, [3]). Für die Lungenmetastasenresektion gibt es weniger Daten. Hier ist eine Pleurabeteiligung, eine synchrone Lungenmetastasierung, der N-Status des Primärtumors, Lungenmetastasengröße > 3 cm sowie ein mediastinaler Lymphknotenbefall von prognostischer Bedeutung [12, 15].

Tab. 1 Fong-Score [5] und Nordlinger-Score [14] zum Abschätzen des Zweijahresüberlebens nach kolorektaler Lebermetastasenresektion

Das Zweijahresüberleben beträgt beim Fong-Score für 0, 1, 2, 3, 4 und 5 Punkte 79, 76, 73, 67, 45 und 45 Monate. Für den Nordlinger-Score beträgt das Zweijahresüberleben für 0–2, 3–4 und 5–7 Punkte 79 %, 60 % und 43 %.

Lebermetastasenresektion

Operationstechnik

Bei der Lebermetastasenresektion hat ein laparoskopischer Zugang den Stellenwert eines diagnostischen Tools zum Ausschluss einer Peritonealkarzinose vor einer geplanten großen Oberbauchlaparotomie mit mehrstündiger Metastasenresektion. Die eigentliche Resektion erfolgt aufgrund der besseren makroskopischen, palpablen und ggf. intraoperativ sonographischen Beurteilbarkeit häufig offen, insbesondere bei multiplen Metastasen und ausgedehnten Resektionen. Vor Beginn der eigentlichen Leberresektion werden portale Lymphknoten sowie das gesamte Peritoneum inklusive Zwerchfellunterseite und kleinem Becken makroskopisch beurteilt, da Tumorabsiedlungen schnittbildgebend dort am ehesten übersehen werden [6].

Wenn sich auch intraoperativ kein Anhalt auf extrahepatische oder bisher unentdeckte Metastasen zeigt, wird die Leber durch Durchtrennung des Lig. teres hepatis und des Lig. falciforme möglichst frei exponiert, sodass eine bimanuelle Palpation und intraoperative Sonographie möglich ist. Zur weiteren Vorbereitung können Leberarterie, Pfortader und Gallengang dargestellt und angeschlungen werden, um sie im Fall einer unerwarteten Blutung schnell unterbinden zu können (Pringle-Manöver). Dann können die Resektionsgrenzen markiert und unter wiederholter palpabler oder sonographischer Kontrolle die Lebermetastase(n) je nach Lage, Anzahl und Größe anatomisch oder atypisch reseziert werden. Während eine anatomische Leberresektion (Segmentektomie, Mehrsegmentresektion, Hemihepatektomie, erweiterte Hemihepatektomie) tendenziell mit weniger Blutverlust und weniger postoperativen Gallengangleckagen assoziiert ist, werden bei der atypischen Leberresektion anatomische Gefäß- und Segmentgrenzen nicht respektiert (Abb. 1, Abb. 2). Vorteil hierbei ist der Erhalt von mehr funktionalem Restgewebe, was insbesondere bei multifokalen und bilobären Lebermetastasen oder bei vorbestehender Leberfunktionsstörung wichtig ist. Ob die Leberdissektion dabei durch „klassisches“ stumpfes Abpräparieren des Parenchyms zur Freilegung und Versorgung von Blut- und Lymphgefäßen erfolgt (Clamp Crushing, Staplerhepatektomie) oder durch modernere Verfahren wie Ultraschall (z. B. CUSA®), Wasserjet, Radiofrequenzverfahren bzw. bipolare Thermoablation (z. B. 4-Sonden Habib® Sealer) scheint für das Ergebnis eine untergeordnete Rolle zu spielen [11]. Entscheidend ist der erfahrene Umgang mit der jeweiligen Methode sowie das Identifizieren der durch die Resektionslinie verlaufenden Blutgefäße und Gallengänge und deren Versorgung, z. B. durch multiples Clipping [6].

Abb. 2
figure 2

Beispiel eines komplexen Verlaufs bei einer 24-jährigen Patientin mit primär pulmonal metastasiertem Sigmakarzinom [pT4b pN1 (1/47) M1 (PUL) L1 V0 Pn1 G2, KRAS-mutiert]. ac Nach Erstdiagnose 01/2014; aufgrund abdomineller Beschwerden wurde eine onkologische Sigmaresektion durchgeführt. Bereits initial zeigte sich im rechten (a) und linken (b) Unterlappen jeweils eine Lungenmetastase. Die Leber (c) war zu diesem Zeitpunkt unauffällig. d, e Unter Chemotherapie mittels 4 Zyklen FOLFIRI plus Avastin waren die beiden Lungenmetastasen rückläufig. f Jedoch zeigten sich mehrere Lebermetastasen (hier zwei Metastasen in Segment 6 und 7 dargestellt). Der Fall wurde interdisziplinär besprochen; aufgrund des Patientenalters, des starken Therapiewunschs, des exzellenten Allgemeinzustands sowie der Kooperationsfähigkeit war der Konsens, alle nachweisbaren Metastasen zu resezieren. g, h Daher wurde sequenziell 05/2014 ein Keilexzsion der rechten (g) und 06/2014 eine Keilexzision der linken (h) Lungenmetastase durchgeführt. 10/2014 erfolgte die linkslaterale Leberresektion zusammen mit atypischer Resektion der Metastasen in den Segmenten 4b, 5, 6/7 sowie mit Hochfrequenzthermoablation einer Metastase im Segment 6. i Postoperativ besteht Tumorfreiheit

Anästhesiologische Überlegungen

Durch die zentrale Lage der Leber und die Blutversorgung über Pfortader, Leberarterie sowie den direkten Kontakt zur V. cava können Eingriffe starke Schwankungen des Herzminutenvolumens mit sich ziehen. Unabhängig von der operativen Technik senkt ein niedriger zentralvenöser Druck (ZVD < 5 mmHg [8]) während des Eingriffs das Risiko für Blutverlust, Morbidität und Mortalität [6, 13]. Ein niedriger ZVD wird durch ein restriktives Volumenmanagement in enger Absprache mit der Anästhesie erreicht und ist intraoperativ durch die makroskopische Kontrolle des Füllungszustands und der Atemfluktuation in der V. cava beurteilbar. Ein evtl. akut auftretender Blutverlust kann durch das Unterbinden von Pfortader und Leberarterie (Pringle-Manöver) kontrolliert werden. Das Pringle-Manöver erfordert die Ankündigung in kontinuierlicher Zusammenarbeit mit der Anästhesie, um systemische Risiken durch einen plötzlich stark reduzierten Herzindex mit Erhöhung des systemischen Widerstands und konsekutiv gesteigertem Flüssigkeitsbedarf zu vermeiden. Durch das Senken des zentralvenösen Drucks dagegen werden venöse Blutungen während der Parenchymdissektion minimiert [13]. Eine intraoperative Trendelenburg-Lagerung mit einem Neigungswinkel von bis zu 15 ° wirkt sich dabei positiv auf den venösen Rückstrom und die zerebrale Perfusion aus. Zusätzlich kann medikamentös die Nachlast gesenkt werden, um eine gleichbleibend hohe renale Perfusion und glomeruläre Filtrationsrate zu gewährleisten [13].

Weitere Faktoren, um den ZVD zu senken, beinhalten die bereits präoperative Flüssigkeitsrestriktion sowie intraoperativ das Ausnützen des vasodilatatorischen Effekts von Isofluran, Morphin oder einer zusätzlichen epiduralen Anästhesie. Werden der ZVD und Blutverlust auf diese Weise während der Leberresektion niedrig gehalten, so ist zu bedenken, dass sich dadurch das Risiko einer Luftembolie erhöhen kann. Nach Resektion und noch vor Bauchverschluss sollte außerdem ein hochnormaler Venendruck als Belastungstest erzeugt werden, um kleine unversorgte Gefäße zu identifizieren.

Interventionelle Verfahren

Alternativ oder ergänzend können tief gelegene kleine Lebermetastasen lokal-ablativ behandelt werden. Hierbei handelt es sich um Verfahren, die beim hepatozellulären Karzinom angewendet werden. Sie sind jedoch wegen geringer Datenlage für die Therapie von Lebermetastasen eher nur bedingt geeignet. Bei der thermalen Ablation (Radiofrequenzablation, RFA/Hochfrequenzthermoablation, HFTT oder Mikrowellenablation;Abb. 1) werden die Tumorzellen durch Hitzeapplikation über einen perkutanen Katheter verbrannt. Bei der Kryoablation wird ebenfalls mittels Katheter eine lokale Vereisung auf ca. − 40 °C durchgeführt. Ein weiteres Verfahren ist die laserinduzierte Thermotherapie (LITT, Laserablation). Hier wird durch Magnetresonanztomographie gesteuert und nahezu in Echtzeitüberwachung mittels Mono- oder Multilaserapplikatoren eine sphärische Tumorkoagulation erzielt [21]. Die LITT wird derzeit nicht flächendeckend angeboten, sondern in einzelnen Zentren; sie wird dann meistens im Rahmen von klinischen Studien angewandt. Aber möglicherweise können dadurch im Vergleich zu RFA oder Mikrowellenablation günstigere Ergebnisse bezüglich Lokalrezidivrate und Überleben erzielt werden [22].

Eine eher untergeordnete Rolle für die Behandlung von Lebermetastasen spielt derzeit die stereotaktische Bestrahlung. Sie kann z. B. bei singulären zentralen nicht resektablen Metastasen angewendet werden. Bei diffuser Metastasierung hingegen kommt eher eine „innere“ Bestrahlung mittels selektiv verabreichter 90Y-Mikrosphären zum Einsatz (Selektive Interne Radiotherapie, SIRT, oder Radioembolisation). Schließlich kann eine selektive kontinuierliche intraarterielle Chemotherapie („hepatic artery infusion“, HAI) direkt in die Leberarterie mittels spezieller operativ angelegter Pumpen verabreicht werden [18]. Meist wird dabei Fluorodeoxyuridin, beginnend 4 Wochen postoperativ, als „adjvuante“ Therapie infundiert. Dadurch wird einem lokalen Metastasenrezidiv gezielt entgegengewirkt [1]. Es handelt es sich jedoch um einen technisch aufwändigen Ansatz, der mittlerweile wieder verlassen wird [1, 6]. Die selektivere transarterielle Chemoembolisation (TACE) kommt beim uni-/oligofokalen hepatozellulären Karzinom mit eindeutiger arterieller Versorgung zum Einsatz, eignet sich jedoch nur bedingt in der Metastasentherapie.

Maßnahmen bei zu kleiner Restleber

Die ausgezeichnete Hypertrophiefähigkeit der Leber kann man sich zunutze machen, falls initial aufgrund des verbleibenden Restlebervolumens Inoperabilität besteht. Seit 1990 ist die Pfortaderembolisation zur kontralateralen Hypertrophieinduktion beschrieben [8]. Dabei wird in Lokalanästhesie mittels perkutanem transhepatischem Katheter ein Gemisch aus Histoacryl® und Lipiodol® in einen Pfortaderast gespritzt. Alternativ kann der Zugang über eine operativ freigelegte Mesenterialvene in Vollnarkose erfolgen [8]. Meistens kommen diese Verfahren zur Anwendung, wenn bei zu kleinem linkem Leberlappen eine (ggf. erweiterte) Hemihepatektomie rechts geplant ist (Abb. 1). Über einen Zeitraum von ca. 2 bis 4 Wochen hypertrophiert die Restleber um bis zu 50 %, bevor die Resektion durchgeführt wird [6].

Eine Alternative ist die operative Pfortaderligatur

Eine Alternative zur interventionellen Pfortaderembolisation ist die operative Pfortaderligatur. Allerdings ist hier aufgrund distaler arterioportaler Shunts, welche anders als bei der Embolisation nicht verschlossen werden, ein geringerer Volumenzuwachs zu erwarten. Außerdem ist mittels Pfortaderligatur ein rechts erweitertes Ausschalten inklusive der Segmente 4a/b nicht möglich. Bei der Pfortaderembolisation kann dies zusätzlich selektiv durchgeführt werden, um den Hypertrophieanreiz zu erhöhen [20]. Die Pfortaderembolisation führt zu einem durchschnittlichen täglichen Volumenzuwachs von 3,9 ml, die Pfortaderligatur hingegen nur zu 1,7 ml [8].

Eine Weiterentwicklung der Pfortaderligatur ist das Verfahren „associating liver partition with portal vein ligation for staged hepatectomy“ (ALPPS [19]). Dabei wird im Rahmen einer ersten Operation neben der selektiven Pfortaderligatur eine komplette Parenchymdissektion durchgeführt. Die so komplett von Kollateralen abgetrennten Lebersegmente verbleiben mit arteriellem und zentralvenösem Anschluss noch für eine kurze Hypertrophiezeit von 1 bis 2 Wochen in situ und werden anschließend im Rahmen einer zweiten kürzeren Operation entfernt. Mit Hypertrophievolumina von bis zu 74 % könnte dieses Verfahren einen vielversprechenden Ansatz darstellen [6]. Zu bedenken gilt jedoch, dass andere Verfahren wie die Pfortaderembolisation bei geringerer Invasivität zu vergleichbaren Ergebnissen führen [20]. Weiterhin möglich, aber aufwändiger und mit mehr Komplikationsrisiken verbunden ist das klassische zwei- oder mehrzeitige Vorgehen. Dabei werden nur so viele Metastasen auf einmal reseziert, dass das verbleibende gesunde Lebergewebe noch funktionell ausreicht, aber einen Hypertrophieanreiz erhält. Mit einigen Wochen Abstand, meist unter Bridging-Chemotherapie, wird anschließend die nächste Resektion durchgeführt.

Lungenmetastasenresektion

Operationstechnik

Historisch wurde früher zur pulmonalen Metastasenchirurgie als Zugang die mediane Sternotomie mit der Möglichkeit der bimanuellen und bilateralen Lungenpalpation propagiert. Mit Fortschritten in der präoperativen Bildgebung ist derzeit die laterale Thorakotomie der meistempfohlene Zugangsweg. Wenn nötig, kann dies auch sequenziell mit einem Intervall von ca. 4 Wochen beidseitig erfolgen [15]. Aktuelle Empfehlungen befürworten im Einzelfall minimalinvasive videoassistierte Resektionen (videoassistierte Thoraxchirurgie, VATS), z. B. bei älteren Patienten mit langem krankheitsfreiem Intervall und bildmorphologisch eindeutigem Nachweis von lediglich einer oder wenigen thorakoskopisch gut resezierbaren Metastasen [15]. Das offene Verfahren ist jedoch das sensitivste und es können dabei bis zu 20 % mehr Metastasen detektiert werden als sich bildgebend darstellen lassen (Abb. 2, [15]). Die VATS hat ihren Stellenwert eher in der histologischen Sicherung bzw. zum Ausschluss multipler suspekter Lungenrundherde vor Einleitung einer systemischen Chemotherapie oder vor einer onkologisch radikalen Resektion des Primärtumors.

Es sollte immer so parenchymsparend wie möglich reseziert werden

Aufgrund der oft wiederholt nötigen Lungenmetastasenchirugie sollte immer so parenchymsparend wie möglich reseziert werden [15]. Unter onkologisch-radikalen Kriterien mit Einhaltung eines Sicherheitsabstands bedeutet das, dass meist atypische Resektionen erfolgen. Bei kleinen Metastasen unter 2 cm Durchmesser ist dabei ein Sicherheitsabstand von 3 mm ausreichend, bei großen Metastasen wird aufgrund der größeren Wahrscheinlichkeit von Satellitenherden ein Sicherheitsabstand von 10 mm empfohlen [23]. Nur bei sehr großen oder zentral gelegenen Metastasen sollten im Einzelfall anatomische Resektionen in Form von Segmentresektionen, Lobektomien oder gar einseitigen Pneumektomien erfolgen [15, 16].

Ähnlich wie auch bei der Lebermetastasenresektion ist die eigentliche Dissektionstechnik nicht entscheidend, solange dabei nicht unnötig gesundes Lungengewebe geopfert wird. Da dies bei herkömmlichen Klammernahtgeräten teilweise der Fall ist, werden mehrere Alternative beschrieben [15]. Diese sind jedoch tendenziell aufwändiger und können ein erhöhtes Risiko für eine Gefäß- oder Bronchusleckage besitzen. Die Elektrokautherisierung eignet sich für kleine oberflächliche Metastasen. Dabei wird mittels Diathermie disseziert und Blutgefäße, Bronchien sowie auch der entstandene Defekt mittels Naht verschlossen.

Technisch und zeitlich aufwändiger ist die Neodymium:YAG-Laserresektion, die jedoch eine äußerst parenchymsparende und blutarme Resektion auch von zentralen Metastasen ermöglicht. Interstitium, Kapillaren sowie kleine Lymph- und Blutgefäße werden dabei direkt verschlossen, ohne benachbarte Strukturen zu verletzen oder die Palpationsfähigkeit des verbleibenden Lungengewebes zur weiteren Metastasensuche zu beeinträchtigen. In der VATS wird teilweise mit dem LigaSure®-Vessel-Sealing-System gearbeitet. Dabei ergeben sich aber längere Operationszeiten, und die thoraxchirurgischen Erfahrungen mit diesem elektrothermalem bipolaren Gewebeversiegelungssystem sind insgesamt noch begrenzt [23]. Ob eine mediastinale systematische Lymphadenektomie einen Überlebensvorteil bringt, ist unklar [23]. Eher von Bedeutung ist das mediastinale Lymphknotensampling bei fraglichem Lymphknotenbefall zur weiteren Therapieplanung. Da mediastinaler Lymphknotenbefall mit einer signifikant schlechteren Prognose assoziiert ist, sollte bei diesen Patienten eine systemische Chemotherapie diskutiert werden und eine eventuelle Lungenmetastasenresektion kritisch hinterfragt werden [15]. Im Gegensatz zur mediastinalen Lymphadenektomie ist eine lokoregionäre Lymphknotendissektion ohne viel Mehraufwand möglich und kann postoperativ auch bei der Entscheidung über eine adjuvante Chemotherapie hilfreich sein.

Interventionelle Verfahren

Radiologisch-interventionelle Alternativverfahren spielen für Lungenmetastasen noch eine geringere Rolle als für Lebermetastasen. Sie können aber beispielsweise bei komorbiden Risikopatienten zur lokalen Kontrolle eingesetzt werden. Hier steht die perkutane CT-gesteuerte Radiofrequenzablation zur Verfügung, welche jedoch – je nach Metastasenlokalisation – nicht für alle Herde geeignet ist. Auch für Lungenmetastasen kann im Rahmen einer multimodalen Therapie eine LITT durchgeführt werden. Wie bei der Anwendung für Lebermetastasen handelt es sich hierbei um kein Standardverfahren, allerdings scheint die LITT sicher und effektiv für ausgewählte Patienten zu sein [17]. Außerdem kann eine stereotaktische Strahlentherapie durchgeführt werden [16, 23]. Auch wenn es sich nur um einen bedingt kurativen Ansatz handelt, ist dadurch gerade in der palliativen Rezidivsituation eine Überlebensverlängerung bei geringer Komplikationsrate möglich.

Postoperatives Management

Lebermetastasen

Früh postoperativ steht nach Lebermetastasenresektion der Ausschluss einer Blutung oder eines Gallelecks durch klinische, laborchemische und sonographische Kontrollen im Vordergrund. Anhand von Leberfunktionsparametern und Gerinnungskontrollen sollte ein Leberversagen ausgeschlossen werden [6]. Ausreichende Serum-Glukosewerte von mindestens 120 mmol/l und ein frühzeitiger enteraler Kostaufbau sind hilfreich für eine postoperative Sicherung der Organfunktion. Wurde zu viel Lebergewebe reseziert, kann es zum portalen Hyperperfusionssyndrom kommen. Dabei führt das unverändert hohe Minutenvolumen bei reduzierter Gesamtquerschnittsfläche der portalen Gefäße zu intrahepatischer Mikrozirkulationsstörung durch sinusoidale Stauung. Wenn alle funktionellen Reserven aufgebraucht sind, kommt es zu einem postoperativen Leberversagen, das kausal nicht therapiert werden kann. Als supporative Therapie zur Leberregeneration besteht die Möglichkeit einer Verminderung der portalen Perfusion. Dazu kann als Ultima Ratio die A. lienalis ligiert werden oder ein mesenteriokavaler bzw. transjugulärer intrahepatischer portosystemischen Stent-Shunt (TIPSS) angelegt werden [8]. Leberersatzverfahren wie die Albumindialyse oder deren Weiterentwicklung, das Molecular-Adsorbents-Recirculation-System (MARS®) eignen sich für eine kurzfristige Überbrückung bei Leberausfall.

Lungenmetastasen

In 10–15 % der Lungenmetastasenresektionen treten postoperative Komplikationen auf, hauptsächlich Pleuraergüsse. Diese können im Weiteren zu Atelektasen und Pneumonien führen. Daher sollte eine intraoperativ zur Lungenentfaltung eingelegte Thoraxdrainage erst bei nachlassender Ergussfördermenge gezogen werden. Seltener, aber schwerwiegender sind Luftfisteln. Hier beginnt das Spektrum bei kleinen Parenchymfisteln, die meist nach einigen Tagen ohne äußeres Zutun selbstständig verkleben. Zur Verlaufsbeurteilung sind Thoraxpumpen hilfreich, die kontinuierlich das „air leak“ messen und angeben (z. B. Thopaz®). Am anderen Ende des Spektrums stehen Stumpfinsuffizienzen großer Bronchien oder des Hauptbronchus. Bei dieser lebensbedrohlichen Komplikation ist meist eine notfallmäßige Rethorakotomie mit Bronchusübernähung und -deckung nötig. Aufgrund der hohen Rezidivrate haben große Bronchusstumpfinsuffizienzen eine sehr schlechte Prognose. Die Gesamtmortalität nach Lungenmetastasenresektion hängt sehr vom Primärtumor und damit verbundenen Komorbiditäten ab, liegt aber insgesamt unter 2 % [16].

Postoperative Chemotherapie

Trotz vieler Bemühungen und großer prospektiver Studien konnte bisher nicht statistisch nachgewiesen werden, dass eine systemische postoperative Chemotherapie im adjuvanten Setting nach Lebermetastasenresektion einen Überlebensvorteil bringt [6]. Diesbezüglich sind insbesondere die Ergebnisse der EORTC-Studie von Nordlinger et al. [14] zu erwähnen. Trotz fehlender statistischer Signifikanz wird von Nordlinger et al. wie auch von vielen anderen eine adjuvante Chemotherapie nach Lebermetastasenresektion empfohlen [4, 6]. Die Rationale ist die fehlende Nachvollziehbarkeit, warum eine adjuvante Chemotherapie nach R0-Resektion für eine Vielzahl solider Tumoren ab dem Stadium der lymphogenen Metastasierung erwiesenermaßen einen Überlebensvorteil bringt, dies aber für eine hämatogene Metastasierung nicht zutreffen soll.

Während bei Lebermetastasen kolorektale Primärtumoren den Großteil ausmachen, ist das Spektrum bei Lungenmetastasen breiter. Patienten mit multimodal therapierten Keimzelltumoren haben nach R0-Lungenmetastasenresektion meist eine dauerhafte Tumorfreiheit, nicht zuletzt wegen dem generell guten Ansprechen von Keimzelltumoren auf eine Chemotherapie. Metastasen von epithelialen Tumoren rezidivieren häufiger, Sarkommetastasen haben eine noch schlechtere Prognose und bei Melanompatienten ist eine dauerhafte Tumorfreiheit nur sehr selten erreichbar [2, 15]. Somit ist der Primärtumor ausschlaggebend für die Indikationsstellung einer postoperativen Chemotherapie und den langfristigen Verlauf.

Fazit für die Praxis

  • Leber- und Lungenmetastasen schließen ein Langzeitüberleben bei entsprechender multimodaler Behandlung nicht aus.

  • Voraussetzung dafür ist das Erreichen einer R0-Situation durch die chirurgische (ggf. plus interventionelle) Entfernung sämtlicher Metastasen.

  • Eine vollständige Heilung ist für selektionierte Patienten möglich; häufiger wird jedoch ein chronischer Zustand mit Symptomkontrolle und Überlebensverlängerung erreicht.

  • Zur Therapieplanung und Verlaufskontrolle ist die wiederholte Vorstellung von Patienten mit Metastasen in multidisziplinären Tumorboards erforderlich.

  • Multimodale, komplexe Therapiekonzepte in Kombination mit Pfortaderembolisation zur Hypertrophieinduktion erlauben auch die vollständige Resektion bilobärer Lebermetastasen.

  • Die laparoskopische Leberchirurgie hat ihren Stellenwert v. a. in der Resektion von Metastasen im linkslateralen Sektor.

  • Chirurgische, interventionelle und chemotherapeutische Möglichkeiten entwickeln sich laufend weiter, sodass auch für die Zukunft noch weitere Fortschritte erwartet werden.