Einleitung

Periphere T‑Zell-Lymphome sind eine vielfältige Gruppe maligner Erkrankungen, die von reifen T‑Zellen ausgehen. Die mögliche Metastasierung in das zentrale Nervensystem (ZNS) ist mit diagnostischen und therapeutischen Herausforderungen verbunden. Die sekundäre Beteiligung des ZNS bei T‑Zell-Lymphomen ist zwar selten, hat aber erhebliche klinische Auswirkungen. In Registerstudien wird die Häufigkeit einer sekundären ZNS-Manifestation bei T‑Zell-Lymphomen mit 2,1–8,8 % angegeben [1, 2]. Da diese Angaben jedoch auf Registerdaten beruhen, ist die Aussagekraft begrenzt. Darüber hinaus wird von meist leptomeningealer Beteilung und seltener von parenchymatösen Metastasen berichtet und die bioptische Verifizierung liegt nur in Einzelfällen vor.

Mit diesem Fallbericht und einer narrativen Literaturübersicht sollen die klinischen Merkmale, Diagnosemodalitäten, Behandlungsmöglichkeiten und die Prognose einer sekundären ZNS-Beteiligung bei peripheren T‑Zell-Lymphomen untersucht werden. Patient:innen mit kutanen T‑Zell-Lymphomen, primären ZNS-T-Zell-Lymphomen oder Erstbefall des ZNS wurden von der Analyse ausgeschlossen. In der Literatur werden insgesamt 151 Fälle von sekundärer ZNS-Beteiligung bei T‑Zell-Lymphomen beschrieben. Die am häufigsten beschriebene ZNS-Beteiligung war die isolierte leptomeningeale Manifestation bei 63 % der Patient:innen (n = 80). Zwölf Prozent (n = 15) zeigten ein leptomeningeales und parenchymatöses Verteilungsmuster. Eine isolierte parenchymatöse Beteiligung wurde nur bei 25 % der Patient:innen (n = 32) festgestellt. Von diesen 32 Patient:innen mit rein parenchymatöser Beteiligung wurden nur fünf durch eine Biopsie bestätigt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Muster der ZNS-Beteiligung

ZNS-Metastasierung von T‑Zell Lymphomen ist äußerst selten

Diese Falldarstellung berichtet somit über die sechs in der Literatur beschriebenen und bioptisch verifizierten, parenchymatösen ZNS-Metastasierungen eines peripheren T‑Zell-Lymphoms.

Fallbericht

Eine 48-jährige Frau mit der Anamnese einer Helicobacter-positiven Gastritis und Cholezystektomie stellte sich in der Notaufnahme eines Krankenhauses der Grundversorgung mit seit drei Wochen bestehender anhaltender starker Müdigkeit, trockenem Husten, nummulären kutanen, nicht juckenden Effloreszenzen, Nachtschweiß sowie wiederkehrenden abendlichen Fieberschüben bis zu 39,9 Grad vor. Zu den Laborbefunden gehörten eine Panzytopenie, ein erhöhter C‑reaktiver Proteinspiegel (CRP) und erhöhte Leberfunktionsparameter sowie ein erhöhter LDH-Wert (Tab. 1). Die Patientin wurde isoliert und es wurde eine empirische Antibiotikatherapie mit Ceftriaxon begonnen. In der Baseline-Computertomographie (CT) zeigten sich multiple vergrößerte Lymphknoten mit Befall der Hals‑, Axillar‑, Mediastinal‑, Retroperitoneal- und Leistenregion, die höchst verdächtig für ein Lymphom waren. Eine Splenomegalie mit einem Durchmesser von 16 cm stimmte mit der vermuteten Diagnose überein. Es wurde eine Lymphknotenexstirpation in der linken Leistengegend durchgeführt und die Patientin zur weiteren Untersuchung und Therapie in unser Krankenhaus verlegt.

Tab. 1 Basislaborparameter bei initialer Vorstellung

In unserem Zentrum wurden zur weiteren Diagnostik eine Knochenmarkspunktion, eine Lymphknotenbiopsie (FDG-PET-gesteuert paraaortal) und eine zervikale Lymphknotenexstirpation durchgeführt. Aufgrund der febrilen Neutropenie unbekannter Ursache wurde die Patientin mit Breitspektrumantibiotika und Antimykotika behandelt.

Die diagnostische Vorgehensweise ist herausfordernd

Die diagnostische Untersuchung ergab die Koexistenz von drei verschiedenen Formen hämatologischer Erkrankungen, von denen die erste eine chronische lymphatische Leukämie (CLL) mit einem B‑Zell-Klon in einem Ausmaß von etwa 40 % war. Zweitens wurde ein myeloischer Klon mit dysplastischer Hämatopoese und Blastenzellproliferation in einem Ausmaß von fast 20 % gefunden, was einem MDS-IB2 entspricht. Zusätzlich wurde ein peripheres zytotoxisches T‑Zell-Lymphom aus dem resezierten Lymphknoten diagnostiziert.

Klinisch verschlechterte sich der Zustand der Patientin schrittweise mit anhaltenden Fieberschüben und Entzündungszeichen, die auf eine mehrfache Eskalation der Antibiotikatherapie nicht ansprachen. Schließlich wurde bei signifikant erhöhtem Ferritin, Leberenzymen und einer massiven IL-2-Rezeptorauslenkung eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) diagnostiziert, die im Lymphknotenpräparat retrospektiv bestätigt wurde.

Bei fluktuierenden neurologischen Befunden (verminderte Vigilanz, Gleichgewichtsstörungen) wurde eine Lumbalpunktion durchgeführt, ohne Nachweis maligner Zellen. Das kontrastmittelverstärkte kraniale CT zeigte einen normalen Befund.

Aufgrund der HLH wurde eine immunsuppressive Therapie mit intravenösen Immunglobulinen (IVIGs), Glukokortikoiden und Anakinra (Kineret®) begonnen. Da differenzialdiagnostisch auch ein B‑Zell-Lymphom infrage kam, wurde zunächst auch Obinutuzumab (humanisierter monoklonaler CD20-Antikörper) verabreicht. Außerdem wurden in der Anfangsphase der Lymphomtherapie Cyclophosphamid, Glukokortikoide und Tocilizumab gegeben. Dies führte zu einer Stabilisierung der klinischen Situation und der Laborparameter. Während dieser kritischen Phase wurde die Patientin auf unserer IMCU überwacht.

Nach Erhalt der Lymphknotenbefunde (Nachweis eines T‑Zell-Lymphoms) wurde das T‑Zell-Lymphom als führendes hämatologisches Problem betrachtet, und es wurde eine Therapie nach dem CHOEP-Schema (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Etoposid, Prednisolon) eingeleitet, parallel zur bereits laufenden HLH-Therapie.

Diese therapeutischen Maßnahmen führten zu einer allgemeinen Verbesserung, obwohl die Parameter der hämophagozytischen Lymphohistiozytose (sowohl klinisch als auch im Labor) nie vollständig in den Normalbereich gebracht werden konnten. Die FDG-PET-CT-Bildgebung sowie eine Knochenmarkpunktion nach 3 CHOEP-Zyklen zeigten ein partielles Ansprechen. Die Therapie wurde daher fortgesetzt. Parallel dazu wurde die Patientin in einem frühen Stadium für eine Stammzelltransplantation untersucht.

Leider kam es zwei Monate nach der klinischen Vorstellung der Patientin zu einer akuten neurologischen Verschlechterung, die sich in einer verminderten Vigilanz, schweren holozephalen, therapierefraktären Kopfschmerzen und einem einmaligen generalisierten Krampfanfall äußerte. Die Gadolinium-verstärkte Magnetresonanztomographie (GdMRT) des Gehirns zeigte zwei verdächtige Läsionen im Kleinhirn links (siehe Abb. 2). Es wurde eine antikonvulsive Medikation mit Levetiracetam (2 × 500 mg/Tag) und eine antiödematöse Medikation mit Glukokortikoiden (1 × 16 mg Dexamethason/Tag) festgelegt.

Abb. 2
figure 2

ae Axiale T2-FLAIR-Sequenz: weiße Pfeile zeigen parenchymatöse Läsionen im linken Kleinhirn; fj Axiale T1-gewichtete Gadolinium-Sequenz: weiße Pfeile zeigen Kontrastmittelanreicherung an. © Institut für Radiologie des UK St. Pölten

Die Prognose ist ungünstig

Aufgrund der Seltenheit einer ZNS-Metastasierung des T‑Zell-Lymphoms und zum Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen wurde eine Hirnbiopsie durchgeführt. Fünf Tage nach der ersten GdMRT (siehe Abb. 2) zeigte eine weitere GdMRT (siehe Abb. 3) ein erhebliches infratentorielles Hirnödem mit beginnender Herniation der Kleinhirntonsillen, Hydrocephalus internus und drei neue kortikale/subkortikale Läsionen auf der rechten frontalen und linken okzipitalen subkortikalen Seite. Nach Kontrastmittelgabe zeigte nur die ventrale rechts frontale Läsion eine moderate KM-Anreicherung.

Abb. 3
figure 3

ae Axiale T2-FLAIR-Sequenz: weiße Pfeile zeigen parenchymatöse Läsionen im Kleinhirn sowie ein infratentorielles Hirnödem mit beginnender Herniation der Kleinhirntonsillen, Hydrocephalus internus und drei neue kortikale/subkortikale Läsionen auf der rechten frontalen und linken okzipitalen subkortikalen Seite; fj Axiale T1-gewichtete Gadolinium-Sequenz: weiße Pfeile zeigen Kontrastmittelanreicherung an. © Institut für Radiologie des UK St. Pölten

Der Allgemeinzustand der Patientin verschlechterte sich nach der Hirnbiopsie rapide, und es musste eine extraventrikuläre Drainage (EVD) durchgeführt werden. Sie musste auf die Intensivstation verlegt werden und verstarb kurz darauf, noch bevor ein endgültiges Biopsieergebnis der zerebralen Läsion vorlag. Die abschließende histologische Untersuchung ergab eine ZNS-Metastase des bekannten T‑Zell-Lymphoms.

Literaturübersicht

ZNS-Metastasen bei peripheren T‑Zell-Lymphomen können zum Zeitpunkt der Erstdiagnose oder auch im Rahmen eines Rezidivs auftreten. Zu den häufigsten T‑Zell-Subtypen mit ZNS-Metastasierung gehören periphere T‑Zell-Lymphome (PTCL), anaplastische großzellige Lymphome (ALCL), extranodale NK/T-Zell-Lymphome (ENKTL), akute T‑Zell-Leukämie/Lymphome (ATLL), angioimmunoblastische T‑Zell-Lymphome (AITL) und enteropathieassoziierte T‑Zell-Lymphome (EATL) [1, 3,4,5]. Laut einer schwedischen Registerstudie entwickelten 28 von 625 Patient:innen mit PTCL (4,5 %) im Laufe der Zeit eine ZNS-Metastasierung [6]. Yi et al. berichteten in einer 2010 durchgeführten Studie mit 228 Patient:innen mit PTCL über eine höhere Inzidenz von 8,8 % [2].

Leptomeningeale Beteiligung ist häufiger als Parenchymmetastasen

Je nach Lokalisation im ZNS können Patient:innen eine Vielzahl von klinischen Zeichen und Symptomen wie Kopfschmerzen, Krampfanfälle, fokale motorische und/oder sensorische Defizite, Hirnnervenlähmungen, Gangunsicherheit und kognitive Beeinträchtigungen oder Bewusstseinsstörungen aufgrund eines erhöhten intrakraniellen Drucks, entwickeln [7]. Eine leptomeningeale Dissemination präsentiert sich klinisch unspezifischer, wobei eine meningeale Reizung, Nackensteifigkeit oder Kopfschmerzen oft fehlen können [8].

Bei Patient:innen mit T‑Zell-Lymphom, die neurologische Zeichen und Symptome aufweisen, ist eine umfassende diagnostische Abklärung obligatorisch. Dazu gehören eine vollständige klinisch-neurologische Untersuchung, eine Gadolinium-verstärkte MRT der gesamten Neuroachse, eine Liquoranalyse und/oder eine Hirnbiopsie. Typische MRT-Merkmale von T‑Zell-Manifestationen im ZNS sind parenchymale Herde, die als einzelne oder multiple kontrastmittelanreichernde Läsionen auftreten und häufig mit einem umgebenden Ödem einhergehen. Darüber hinaus legt eine leptomeningeale, subependymale, durale oder Hirnnerven-Kontrastmittelanreicherung eine lymphomatöse Meningitis (LM) nahe [9].

Zu den typischen Befunden einer durch ein T‑Zell-Lymphom verursachten lymphomatösen Meningitis (LM) bei der Lumbalpunktion (LP) und der Liquoruntersuchung (CSF) gehören ein hoher Öffnungsdruck, eine niedrige Glukosekonzentration, eine hohe Proteinkonzentration, eine lymphozytäre Pleozytose sowie eine positive Zytologie und Durchflusszytometrie für maligne Zellen. Obwohl die meisten Patient:innen nicht alle diese Merkmale aufweisen, ist eine völlig normale Liquoruntersuchung selten. Insbesondere die Kombination aus hoher Proteinkonzentration und lymphozytärer Pleozytose wird häufig ohne weitere Auffälligkeiten gefunden [10].

Aufgrund der begrenzten Anzahl veröffentlichter und durch Biopsie bestätigter Fälle gibt es keine Empfehlung für einen diagnostischen Algorithmus oder Therapiestrategien von ZNS-Metastasen bei T‑Zell-Lymphomen. Der therapeutische Ansatz umfasst in der Regel eine Kombination aus systemischer Chemotherapie, intrathekaler Chemotherapie und Strahlentherapie. Systemische Chemotherapieschemata wie CHOP (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison) haben eine gewisse Wirksamkeit gezeigt [11]. Zusätzlich werden hoch dosierte Methotrexat- (MTX-)Chemotherapieschemata eingesetzt, da MTX die Blut-Hirn-Schranke wirksam überwindet und sich im gesamten ZNS verteilt [12, 13]. Die intrathekale Chemotherapie auf Methotrexat-Basis wird häufig auch zur Behandlung des ZNS eingesetzt. Eine Bestrahlung kann eine symptomatische Linderung verschaffen und die lokale Tumorkontrolle verbessern [14]. Eine autologe Stammzelltransplantation kann für einige Patient:innen eine Option sein [15].

Inwieweit die Verabreichung einer ZNS-Prophylaxe vorteilhaft ist, ist Gegenstand aktuellen Untersuchungen [11]. Zing et al. geben an, dass Patient:innen, die im Rahmen der Erstlinienbehandlung eine hohe Dosis MTX erhielten, keine zusätzliche ZNS-Prophylaxe benötigten. Darüber hinaus fehlt es an Daten, die andere Medikamente als MTX als ZNS-Prophylaxe bei T‑Zell-Lymphomen unterstützen [16].

Eine sekundäre ZNS-Beteiligung bei T‑Zell Lymphomen ist mit einer schlechten Prognose verbunden. Im Vergleich zum diffusen großzelligen B‑Zell-Lymphom (DLBCL) sind die meisten PTCL aggressive Erkrankungen mit schlechtem Ergebnis. Veröffentlichte Serien bei ZNS-Rezidiven von PTCL berichten über ein medianes Gesamtüberleben von nur 1–2 Monaten, was mit unserem Fall übereinstimmt [1, 2, 5, 6, 17]. In den meisten Serien beträgt das mediane Gesamtüberleben ab dem Zeitpunkt des ZNS-Rezidivs etwa 3–5 Monate [3]. ALCL, insbesondere der anaplastische Lymphomkinase (ALK)-positive Subtyp von ALCL, scheinen höhere Heilungschancen zu haben als andere PTCL im ZNS [1]. Mehrere Faktoren, darunter der histologische Subtyp, das Alter, der Leistungsstatus und das Ansprechen auf die Behandlung, beeinflussen das Ergebnis der Patient:innen.

Fazit für die Praxis

  • Die ZNS-Metastasierung von T‑Zell-Lymphomen ist ein seltenes und herausforderndes klinisches Szenario.

  • Treten bei Patient:innen mit T‑Zell-Lymphom neurologische Zeichen und Symptome auf, ist eine umfangreiche diagnostische Abklärung einschließlich Neurobildgebung, Liquoranalyse und eventuell Hirnbiopsie unerlässlich.

  • Die Therapieoptionen beinhalten eine multimodale Strategie inklusive systemischer Chemotherapie, intrathekaler Chemotherapie und Strahlentherapie.

  • Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen, um gezielte und effektive Therapien für ZNS-Beteiligung von T‑Zell-Lymphomen zu entwickeln.