Geschätzte Leserinnen, geschätzte Leser!

Ich hoffe, Sie haben einen guten Start in den Herbst. Viele Fortbildungen und Kongresse wurden vom Frühjahr in den Herbst verschoben in der Hoffnung, sie könnten wieder in Präsenz stattfinden. Nun werden die ersten wieder zu reiner Online-Präsenz umgestellt.

Unter den vielen Herausforderungen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind, gibt es noch eine, die vielleicht einen nachhaltigen Effekt haben könnte – reduzierter wissenschaftlicher und klinischer Austausch bei Veranstaltungen mit KollegInnen, der oft unschätzbare Impulse gibt, sei es für klinische Fragestellungen, für wissenschaftliche Projekte, oder um gemeinsam neue Ideen zu generieren und zu verwirklichen.

Die Vernetzung von ÄrztInnen findet nun mittels Online-Tools statt, die notwendige Vernetzung im medizinischen Bereich ermöglichen und das Fehlen von Meetings abfedern.

Inzwischen gibt es auch schon „Standards“ für virtuelle Konferenzen von der Association for Computing Machinery (ACM) [1]. Als erstes neurologisches Meeting wurde die virtuelle Jahrestagung der European Academy of Neurology 2020 wissenschaftlich begleitet, um strukturierte Daten über die Wahrnehmung virtueller Meetings zu erhalten. Nicht überraschend wurde die soziale Interaktion von 56 % der Teilnehmer trotz immensen technischen Aufwands als nicht zufriedenstellend erachtet [2].

Die Online Vernetzung bleibt also die zweitbeste Wahl. Umso mehr sind Journale wie das in Ihren Händen zu begrüßen, das Themen von der Praxis für die Praxis aufgearbeitet und präsentiert.

Wir haben in den letzten Monaten sehr viel über die Folgen der Pandemie gelernt. Die Teststrategien, die angewendet wurden, haben geholfen, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Selten ist auch ein Nasen-Rachen-Abstrich mit Komplikationen behaftet, die Ihnen von Julian Perneczky, Bianca Wuchty und Johann Sellner präsentiert werden. Spezielles Augenmerk ist hier auf die fachgerechte und geschulte Durchführung zu legen. Besondere Beachtung verdienen Hinweise für eine iatrogene Liquorfistel, die selten auftritt, aber potenziell gefährlich ist.

Die psychosozialen Folgen der Coronapandemie zeichnen sich zunehmend ab. Michael Bach und Waltraud Bitterlich präsentieren Daten aus Österreich mit gehäuftem Auftreten von Traumafolgesymptomen. Es besteht begründete Sorge subsyndromaler Ausprägungen mit entsprechendem Risiko psychischer Störungen.

Die klinische Erfahrung und die Arzt‑/Therapeut-PatientIn-Beziehung steht im Mittelpunkt des spannenden Artikels von Dagmar Steinmair, Felicitas Datz und Henriette Löffler-Stastka. Klinische Erfahrung alleine verbessert die Beziehung nicht, das emotionale Erleben der TherapeutInnen ist entscheidend.

Nichtspezifischer Kreuzschmerz ist sehr häufig, stellt aber dennoch diagnostisch wie therapeutisch eine Herausforderung dar. Nenad Mitrovic präsentiert eine herausragende Herangehensweise an PatientInnen mit nichtspezifischem Kreuzschmerz, yellow und red flags, sowie die aktuelle Datenlage zum Management.

In Teil 2 zur Eisen-Therapie des RLS präsentiert Hans-Klaus Goischke Praxiserfahrung mit der Anwendung der Therapie sowie dem notwendigen klinischen Monitoring. Ebenso wird eingehend das Risiko der verzögerten Arzneimittelreaktion sowie der Hypophosphatämie beleuchtet.

Ich hoffe, Sie finden die Lektüre ebenso spannend wie hilfreich in unserer täglichen Aufgabe.