Einleitung

Mit der Etablierung des personzentrierten Lehrgangs für psychotherapeutische Medizin (PSY3) am Institut für Psychotherapie am NMC (Neuromed Campus) des KUK (Kepler Universitätsklinikum Linz) im Jahr 2013 zog der personzentrierte Ansatz in die psychiatrische Facharztausbildung ein. Der Lehrgang befähigt zur „psychotherapeutische(n) Behandlung vor dem Hintergrund des ärztlichen Berufes“ (ÖAK, Ausbildungsinhalte, online 2023). Psychotherapeutische Mediziner:innen agieren auf Basis des Ärztegesetzes und dürfen im Zuge der ärztlichen Behandlung erlernte psychotherapeutische Methoden anwenden (ÖÄK-PSY-DIPLOME, online). Dies steht diametral zur eigenständigen und unabhängigen Profession der Psychotherapie.

Aus Perspektive der personzentrierten Psychotherapieausbildung stellt sich die Frage, welche gesetzlichen und curricularen Ziele diese Ausbildung verfolgt und inwieweit die Ziele durch die Teilnehmer:innen erreicht werden. Im Rahmen einer Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von Juli 2020 bis Februar 2021 erfolgte nach dem adaptierten Konzept von Steinhardt und Iden (2012) eine formative Evaluierung des PSY3 an Hand von triangulierten qualitativen und quantitativen Erhebungsschritten. Die Durchführung der Evaluation oblag einer Vortragenden des Lehrgangs. Die Form der Selbstevaluation wurde gewählt, um die intrinsische Motivation und die Partizipation an der Weiterentwicklung des Lehrgangs bei den mitwirkenden Personen zu fördern (Altrichter et al. 2006). Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit eine Anschlussfähigkeit an die personzentrierten Psychotherapieausbildung mit dieser Ausbildung gegeben ist. Anhand eines Vergleiches sollen Differenzen und Übereinstimmungen dargestellt werden und Erkenntnisse über die Anschlussfähigkeit der PSY3 zur Psychotherapieausbildung gewonnen werden.

Personzentrierter Ansatz – Charakteristika des Lehrens und Lernens

Der personzentrierten Psychotherapieausbildung und dem PSY3 liegen der personzentrierte Ansatz und damit die Charakteristika des personzentrierten Lehrens und Lernens zugrunde. In der personzentrierten Therapie ist die Person der Therapeut:innen Schlüsselfigur und somit kommt ihrer Bildung und Persönlichkeitsentwicklung in Relation mit Supervisor:innen, Lehrtherapeut:innen und Ausbildungskolleg:innen eine priorisierte Rolle zu. Dieses Lernverfahren zur Entwicklung der individuellen Arbeitsweise im Rahmen des persönlichen Aktionsradius gebietet dem bloßen Erlernen und Trainieren von Techniken bzw. dem Reproduzieren Einhalt (Schmid 2017).

Carl R. Rogers untersuchte Komponenten und Umstände, die sich konstruktiv auf Entwicklung und Lernen auswirken (Kunze-Pletat 2019). Das persönliche Lernen sollte gefördert werden und ein ‚Studenten-Schülerbezogener‘-Ansatz entstand (Rogers 2005 [1972]). Dieser orientiert sich an den Thematiken, Problematiken und Bedürfnissen der Lernenden. Gegenwärtig entspricht dieser Ansatz dem ‚individuellen Fördern‘ von Meyer (2013) oder der ‚Schülerorientierung‘ von Helmke (2021). Ein weiteres zentrales Motiv der Lerntheorie stellt die personzentrierte Persönlichkeitstheorie da. Personen bilden sich weiter, wenn sie sich gewahr werden, dass das Gelernte zur Aufrechterhaltung oder zur Expansion des Selbst beiträgt. Dies führt zum „Lernen als ganze Person: Das signifikante Lernen verbindet das Logische mit dem Intuitiven, den Intellekt mit dem Gefühl, die Vorstellung mit der Erfahrung“ (Rogers 1989).

Lyon (2014) entwickelte signifikantes Lernen mit modellhaften Lehr-Lernsituationen weiter, die in Form von theoriegeleiteten, persönlichen und praxisbezogenen Reflexionsprozessen im Einzel- und Gruppensetting strukturieren und eine Pluralität des Lerngewinns für Auszubildende didaktisch erzielen. Theoriegeleitete Prozessreflexionen protegieren die Fähigkeit zur selbstständigen Theorieentwicklung, fachlichen Explikation des therapeutischen Handelns, dialogischen Kommunikation, Selbst- und Prozessreflexion, Eigenbeurteilung des Lernzugewinns bzw. des therapeutischen Arbeitens und zur Entfaltung der beruflichen Handlungskompetenzen. Prozessreflexionen finden dabei über Praxisfälle, eigene Erfahrungen in Verbindung zu den theoretischen Aspekten, persönlichen theoretischen und praktischen Lernprozessen, sowie dem individuellen Prozess der Persönlichkeitsentwicklung während der Ausbildung statt. Diese Art des Lehrens und Lernens ist erfahrungsorientiert gestaltet und auf die Lernenden zentriert. Das Lernverfahren zur Entwicklung der individuellen Arbeitsweise im Rahmen des persönlichen Aktionsradius gebietet dem bloßen Erlernen und Trainieren von Techniken bzw. dem Reproduzieren anderer Einhalt (Schmid 2017).

Selbstgesteuertes Lernen setzt voraus, dass Auszubildende dazu qualifiziert sind, sich selbst Lernziele vorzugeben, Lernwege autonom zu meistern und die Lernerfolge bzw. Entwicklungen ebenfalls eigenständig zu bewerten. Dazu sind prozedurale und strategische Kenntnisse in den Domänen Metakognition, Arbeitstechnik, Strategie des Lernens und Denkens nötig. Besitzen Auszubildende dies nicht, müsste das Entwicklungsniveau beachtet und entsprechende angeleitete Lernangebote und Orientierungswissen zum Erwerb der Fähigkeit des selbstgesteuerten Lernens bereitgestellt werden (Dubs 2004). Die personzentrierte Lerntheorie ähnelt in ihrer Essenz der konstruktivistischen Didaktik, da das Generieren von Lernsituationen bzw. -milieus hervorgehoben wird (Lehner 2019). Für eine solche Form der Bildung müssen Lehrpersonen über notwendigen Kompetenzen und Spezifika verfügen (Rogers 1988). Dies entspricht den lernfördernden Attributen für Lehrende nach Hattie et al. (2013). Die Fähigkeit zum Selbstverständnis der eigenen Person im Spannungsfeld von Autonomie und Solidarität benötigen authentisch-solidarische Therapeut:innen, um Klient:innen bei ihrer Emanzipation der Autonomie hilfreich sein zu können (Schmid 1994). Dies gilt in gleicher Weise für Auszubildende in der Lehrtherapie. Die Erfahrungen aus Lehrtherapie und Ausbildungs- bzw. Selbsterfahrungsgruppen vereinen die personzentrierten Grundhaltungen und Beziehungsgestaltung mit dem Erleben von Emotionen, Kognitionen, Wahrnehmungen und Bewertungen. Das Erleben des eigenen Spannungszustands, erzeugt durch Autonomie und Solidarität, verstärkt die Sensibilität für das Gegenüber und die Erkenntnis, dass es keine vollkommene Similarität mit dem Gegenüber geben kann (Schmid 1994).

Einen kritischen Punkt in der Ausbildung stellt der Einstieg in die Praxis dar. Mit einerseits einem situativen Druck, der von außen auf die Auszubildenden einwirkt, und andererseits einem innerpersonellen Druck, der durch die Resonanz auf die Umgebung entsteht. In einem dolorösen Entwicklungsprozess erreichen die Auszubildenden innewohnende Stabilität und Libertät. Dies passiert durch die Meisterung von Schwierigkeiten bzw. Ängsten, besonders der Versagensangst, der Diversifikation von psychischen Blockaden, und dem Bestreben, die theoretischen Grundlagen mit dem persönlichen Wachstum zu vereinen (Worsley 2013). Die persönliche Praxiserfahrung lanciert die Reduktion von rigiden verinnerlichten Regelwerken und die Entwicklung von selbstständigen beruflichen Handlungskompetenzen (Dreyfus und Dreyfus 1988). Im psychotherapeutischen Kontext sollte für die berufliche Handlungskompetenz eine Reflexionsstabilität, eigenständige Bewertungen und somit Independenz von Fremdbewertungen eine frei florierende Selbsterfahrung entstehen und schlussendlich die Freiheit des Praktizierens erlangt werden (Worsley 2013).

Im Kompetenzbereich der personzentrierten Psychotherapie lassen sich somit folgende Ziele aufzählen: die Entwicklung der Persönlichkeit, die Fähigkeit zur Gestaltung personzentrierter Beziehungen und die Fähigkeit, adäquat zur Situation selbständig und eigenverantwortlich Therapie zu modellieren und reflektieren (APG*IPS, online 2020). Nach Rogers (2005 [1972], 1988) und Lyon (2014) bedarf es zur Performanz der beruflichen Handlungskompetenzen in der Praxis der Fähigkeit zur Selbst‑, Situations- und Prozessreflexion, einer stabilen Selbstbewertung, der explikativen und dialogischen Kommunikationsfähigkeit, der Fähigkeit zur eigenständigen Theorieentwicklung und des Handelns entlang von verinnerlichten Grundhaltungen und Werten.

Die dreieinhalbjährige PSY3 Ausbildung findet in Kleingruppen und mit Seminaren statt (KUK, online 2019). Durch die Kleingruppen wird der didaktischen Referenz von Löffler-Stastka et al. (2011) entsprochen. Für die Qualität der Lehre empfehlen Löffler-Stastka et al. (2011) die besonderen Merkmale und Anforderungen zum Erlernen der Psychotherapie durch entsprechende Lernsettings, kreative Lehrmethoden und Lernstrategien zu realisieren. Die Ausbildung umfasst die Kerne personzentrierten Lernens durch die Kombination von Theorie, Praxis, Supervision und Selbsterfahrung (Akademie, online 2013). Ob die Teilnehmer:innen des Lehrgangs die gesetzlichen Ausbildungsziele unter Aneignung der personzentrierten methodenspezifischen Charakteristika erreichen wurde anhand der formativen Evaluierung und deren Ergebnisse analysiert, die im Rahmen einer Qualifikationsarbeit durchgeführt wurde (Badegruber 2021).

Methode und Untersuchungsdesign

Die formative Evaluierung des PSY3 nach Steinhardt und Iden (2012) erfolgte in einer adjuvanten Vorgangsweise in fünf Schritten mit mutual verknüpften Untersuchungseinheiten (siehe Abb. 1). Nach einer ersten Analyse der Darlegungen der befragten Personen fand die Taxierung der Erkenntnisse partizipativ statt. Die gewonnen Ergebnisse bildeten die Basis für Ableitung von Handlungsmaßnahmen, die ein weiteres Mal partizipativ bewertet und in adaptierter Form für die Lehrgangsleitung zur Integration aufbereitet wurden. Die Gruppendiskussion mit Teilnehmer:innen der vier Lehrgänge wurde mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring (2015) und der dokumentarischen Gesprächsanalyse zum Erfassen der „konjunktiven Erfahrungsräume“ (Bohnsack 2021) ausgewertet. Das Forschungsinteresse verortete sich bei jenen erlebten Erfahrungen – konjunktiven Erfahrungsräumen, die unabhängig welcher Lehrgang besucht wurde, von den Teilnehmer:innen gemacht wurden. Weiters waren die geteilten handlungsleitenden Werte und Haltungen der Auszubildenden von Interesse. Dazu wurden performativen Strukturen anhand von Wertehorizonten identifiziert und kollektive Orientierungen analysiert (Bohnsack 2020). Die Anwendung mit zwei qualitativen Methoden ergab sich durch die Verschiebung der Interessenslage. Der inhaltliche Erkenntnisgewinn rückte in den Vordergrund und erforderte die zweite Auswertung nach Mayring. Die quantitative Online-Befragung stellte eine explorativ angelegte Studie dar (Döring und Bortz 2016). Die Population (N = 55) bestand aus allen Absolvent:innen und Ausbildungskandidat:innen der PSY3 Lehrgänge am KUK. An der Online-Umfrage beteiligten sich 34 Personen (Rücklauf 62 %) und nach einer Bereinigung und Aufbereitung der Daten verblieben 32 Fälle im Sample. Das Expert:inneninterview erfolgte mit der Lehrgangsleitung. Die Abschlussdiskussion fand mit zehn Teilnehmer:innen online statt.

Abb. 1
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Formative PSY3 Evaluation, Concept Map. (Eigene Darstellung, 2022)

Gesetzliche und curriculare Ausbildungsziele des PSY3 im Vergleich mit der personzentrierter Psychotherapieausbildung

Für den Vergleich der gesetzlichen und curricularen Ausbildungsziele des PSY3 werden die Taxonomiestufen nach Bloom et al. (2015 [1956]) und Krathwohl et al. (1978) verwendet. Sie definieren Zielstufen für den Erwerb von Wissen, der Performanz von Handlungskompetenzen und im affektiven Bereich der Internalisierung von Haltungen, Einstellungen und Werten.

Das Curriculum des PSY3 erfüllt die gesetzlichen Anforderungen der Ärztekammer und orientiert sich an den Vorgaben der ÖÄK-Diplomrichtlinie (ÖAK-Diplomrichtlinie, online 2021). Es fehlt im Curriculum des PSY3 das Korrelat und die Formulierung von inhaltlichen und affektiven Grobzielen.

Für den Vergleich des PSY3 mit personzentrierten Fachspezifika wird vertretungsweise das Curriculum der APG*IPS verwendet. Für den Vergleich wird die ÖÄK-Diplomrichtlinie dem Curriculum der APG*IPS in Tab. 1 gegenübergestellt.

Tab. 1 Vergleich Ausbildungsziele PSY3 – APG*IPS Ausbildungsordnung Fachspezifikum

Die zwei Ausbildungen eint die Deckungsgleichheit der Taxonomiestufen bei den zu erreichenden Handlungskompetenzen. Die in der ÖÄK-Diplomrichtlinie angeführten Ziele im Wissensaufbau sehen keine eigenständige Weiterentwicklung der Theorie vor, daher die niedrigere Taxonomie. Die ÖÄK-Diplomrichtlinie formuliert keine Lernziele im affektiven Bereich, fordert jedoch 150 Arbeitseinheiten Selbsterfahrung (ÖÄK-Diplomrichtlinie, online 2021). Aufgrund der Unterschiede im Aufnahmeverfahren, im Umfang der Lerninhalte (Datler et al. 2021) und in den Taxonomiestufen sind die beiden Ausbildungen nur bedingt vergleichbar.

Ergebnisse der Evaluierung des PSY3-Lehrgangs

Die skizzierten Ergebnisse über den Erwerb von Handlungskompetenzen, Fachwissen, Erfahrungsraum und beruflicher Anwendbarkeit entstammen der Qualifikationsarbeit von Badegruber (2021) zur formativen Evaluierung des PSY3, wobei quantitative und qualitative Erhebungen zusammengeführt werden (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Erwerb von Fachkompetenzen, Online Befragung. (Badegruber 2021)

Die online befragten Personen weisen eine durchwegs (sehr) gute Bewertung des Gelernten in Bezug zu personzentrierten Grundhaltungen, Reflexionskompetenz, Selbst- und Sozialkompetenz aus. Im Sektor personzentrierte Fach- und Methodenkompetenz, theoretische Konzepte, Begriffs- und Faktenwissen bewegte sich die Selbsteinschätzung im Bereich befriedigend bis genügend.

Die Auswertung der Gruppendiskussion und des Experteninterviews nach Mayring (2015) ergab, dass die personzentrierten Grundhaltungen für einige der entscheidende Faktor war, die Ausbildung zu wählen. Die Diskussionsteilnehmer:innen erlebten sich selbst durch Empathie, Gegenwärtigkeit und Absichtslosigkeit als wirkungsvoll in ihrem therapeutischen Arbeiten, wenn ausreichend Zeit für die Klient:innen, die Möglichkeit sich als Person zur Verfügung zu stellen und die Chance zur vertiefenden Beziehungsarbeit vorhanden war. Die Leitung des PSY3 sieht gleichfalls die Entwicklung der Fähigkeit zur personzentrierten Beziehungsgestaltung als gegeben an und betrachtet andererseits das Erleben der Wirksamkeit personzentrierter Beziehungen als Kernstück der Ausbildung (Abb. 3).

Abb. 3
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Aussagen zu den Lehrenden, Online Befragung. (Badegruber 2021)

Online und in der Gruppendiskussion herrschte Einigkeit, dass sich die Lehrpersonen auf persönliche Bedürfnisse der Auszubildenden konzentrierten. Lehrpersonen wurden als positive therapeutische Vorbilder betrachtet.

Im Bereich Fachwissen attestieren sich die Teilnehmer:innen eine schwächer ausgeprägte Fähigkeit zur Entwicklung und Formulierung eigener Theorien. Sie bemängelten ihr Können auf der Metaebene, ihre therapeutischen Behandlungen mit personzentrierten Theorien verbinden und explizieren zu können. Dies erschwerte ihnen den Fachdiskurs mit Kolleg:innen anderer Fachrichtungen (Abb. 4).

Abb. 4
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Theoriebildung, Online Befragung. (Badegruber 2021)

Die individuelle Persönlichkeitsentwicklung fand in den Ausbildungsgruppen, der Supervision und der Lehrtherapie statt. Dabei stand der Zugang zu eigenen Gefühlen, Erleben, innerpsychischen Spannungen, Werten, Normen, Vorurteilen und der wertschätzende Umgang mit sich und den Kolleg:innen im Fokus. Der Mut bzw. das Selbstvertrauen, sich in der Ausbildungsgruppe zu äußern und Feedback zu erhalten, war bedeutend für den Veränderungsprozess.

Ein additiver Modifikationswunsch der Teilnehmer:innen bestand darin, dass der Fokus vermehrt auf das eigene Erleben und dem Lernen von ‚Sich-selbst-Verstehen‘ gelegt wird. Die Leitung hingegen betrachtet die Lehrtherapie als ausreichendes Lernfeld, um Eigenverständnis und individuelles Wachstum zu erzielen.

Die berufliche Anwendbarkeit der personzentrierten psychotherapeutischen Medizin wird im Bezug zum Arbeitskontext unterschiedlich erlebt. Unsicherheiten in der Anwendbarkeit treten besonders im stationären psychiatrischen Setting auf. Das Engramm der Absolvent:innen des Lehrgangs ist äußerst positiv. Dies äußert sich in einer hohen Weiterempfehlungsbereitschaft. Die Lehrgangsleitung zeigt sich gleichfalls mit dem Lehrgang und den therapeutischen Leistungen der Absolvent:innen zufrieden.

Abgeleitete Handlungsmaßnahmen, Veränderungen und Innovationen für den Lehrgang

Die Absolvent:innen reklamierten die Etablierung eines obligatorischen Literaturkanons. Die eigene Theorieentwicklung und Explikationsfähigkeit könnte effektiv durch die Verknüpfung der Inhalte mit den Thematiken der Lehrveranstaltungen, den individuellen Erfahrungen und der Eigenbeurteilung der Erreichung der Lernziele gefördert werden. Eine solcherart gestaltete Lernumgebung und Lerninhalte würden Parallelen zum personzentrierten Bildungsverständnis von Lyon (2014) aufweisen, das versucht, die Freiheit der Wahl und die Selbstverantwortung der Lernenden im Rahmen der vorgegebenen Struktur zu bewahren. Weniger intrinsisch Motivierte sollten gefördert werden, persönlich bedeutende und sinnstiftende Lerninhalte oder praxisrelevante berufliche Bezüge zu entdecken. Das steigert die Eigenmotivation, ohne das Prinzip der Eigenverantwortung und Freiwilligkeit zu verletzen. Die Absolvent:innen erreichen das geforderte Niveau des fachlichen Wissens.

Die Evaluierung zeigte auf, dass die Praxis der psychotherapeutischen Medizin ein höher entwickeltes Fachwissen und Fähigkeit zur eigenständigen Theoriebildung benötigt. Dazu müssten neben dem Anheben der Lernziele in die höchste Taxonomiestufe die ÖÄK-Diplomrichtlinie die psychotherapeutisch medizinischen Curricula verändert werden. Um eine Angleichung an das Niveau, die Inhalte und Umfänge der personzentrierten Psychotherapieausbildung zu erreichen, wurde bereits ein zusätzliches Up-Grade zur Ausbildung etabliert.

Die psychotherapeutische Medizin verbindet Psychotherapie und Medizin. Einerseits könnte durch die Entwicklung eines expliziten Rollenverständnisses für personzentrierte psychotherapeutische Mediziner:innen ein stringentes Berufsbild entwickelt werden, das die Unsicherheiten in der Anwendung im klinischen Alltag reduziert, etwa durch die Deskription und Differenzierung von Rolle und Art der Behandlung mit Hilfe des Evidence Based Practice Modells (Ritschl et al. 2016). Andererseits wäre bei einer Trennung der beiden Professionen eine Klärung vor Beginn der Behandlung nötig, ob eine medizinische oder eine therapeutische Intervention realisiert werden soll. Es müssten unter Bezugnahme der sechs nötigen Bedingungen für Psychotherapie von Rogers (2007) die Voraussetzungen geprüft werden.

Schlussfolgerung

Aus der Synopse der Evaluierung kann dem PSY3 zugesprochen werden, dass das geforderte Ausbildungsziel, die selbstverantwortliche Durchführung von personzentrierter psychotherapeutisch-medizinischer Therapien, tradiert wird. In der Sparte Fachwissen lassen sich bei den Absolvent:innen explizites und implizites Theoriewissen und handlungsleitendes Wissen nachweisen. Die Entwicklung der beruflichen Handlungskompetenz wird im obligatorischen Ausmaß gewährleistet. Die Internalisierung der personzentrierten Grundhaltung und die entsprechende Persönlichkeitsentwicklung finden statt.

Der didaktische Syllabus zeigt, dass Rogers Verständnis von Lehren und Lernen in die Praxis transferiert wird. Der Lehrgang offeriert Optionen zur Entfaltung des eigenen Potenzials und der Herausbildung von fachlichen Kompetenzen. Die Etablierung des personzentrierten Ansatzes in der Fachärzt:innen-Ausbildung kann durchaus als positives Signal für die Pluralität im personzentrierten Ansatzes gewertet werden. Die Entwicklung der Professionen Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin sowie ihrer Berufsfelder, Rollen bzw. Tätigkeitsbereiche wird weiterer gesetzlicher und curricularer Regelungen bedürfen, damit eine kollegiale Zusammenarbeit gewährleistet ist.